Trailer – bei 3500kg ist noch nicht Schluss!

Trailer – bei 3500kg ist noch nicht Schluss!

Lange hielt sich der Mythos, dass Trailer für Boote über 3500kg nicht zugelassen werden können. Doch wir werden diesen Mythos hier und jetzt entlarven und die gültige Rechtssprechung aufzeigen. Erfahren Sie in unserem Artikel, was wirklich erlaubt ist und wie Sie legal mit Ihrem schweren Bootstrailer unterwegs sein können.

Der Inhalt spiegelt nur die Meinung und Interpretation des Verfassers wieder und ist keine Rechtsberatung. Es ist in der Verantwortung des Fahrzeugführers, sich vor Fahrtantritt ausreichend beraten zu lassen.

Wie alles begann

Nachdem ich auf einer Messe zahlreiche Anbieter von Anhängern mit einer beeindruckenden zulässigen Gesamtmasse von 3850kg entdeckt habe, war mein Interesse geweckt. Ich beschloss, mich eingehend mit den verschiedenen Vorschriften auseinanderzusetzen und meine Erkenntnisse sowie bereits vorhandene Informationen zusammenzufassen. Das Ergebnis meiner Recherchen möchte ich nun präsentieren.

Es ist unumstritten, dass alle Argumente, die auf die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) Bezug nehmen, ihre Richtigkeit haben. Gemäß §42 Abs.1 der StVZO sind Anhänger mit Kugelkopfkupplung und einem zulässigen Gesamtgewicht (bestehend aus Achslast und Stützlast) von über 3,5t nicht für den Einsatz hinter PKWs zugelassen. Jedoch bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass eine Zulassung generell ausgeschlossen ist. Dies wird durch §41 Abs.10 (Auflaufbremse) und §43 Abs.4 Nr.4 (selbsttätig wirkende Anhängerkupplungen) geregelt. Es ist zu beachten, dass hier bewusst der in der StVZO übliche Begriff „Gesamtgewicht“ verwendet wird, um ihn von der weiter unten auftauchenden und auf andere Art definierten „Gesamtmasse“ abzugrenzen.

Es stellt sich die Frage, wieso ein Anhänger genutzt werden darf, obwohl er gemäß der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) eigentlich ausgeschlossen ist. Die Antwort liegt in der Verordnung (EU) 1230/2012 vom 12.12.2012, der Verordnung (EG) 661/2009 vom 13.7.2009 sowie den Vorschriften der EU-Richtlinie 2007/46/EG vom 5.9.2007.

EU Recht vs. StVZO

Um zu verstehen, weshalb diese Regelungen die StVZO umgehen, bedarf es eines kurzen Einblicks in das EU-Recht. Hierbei ist es wichtig, zwischen EU-Richtlinien und EU-Verordnungen zu unterscheiden:

  1. Eine EU-Richtlinie ist ein allgemein gültiger Rechtsakt der EU, welcher von den Mitgliedsstaaten innerhalb einer bestimmten Frist umgesetzt werden muss. Die Zielsetzung ist verbindlich, jedoch bleibt den Mitgliedsstaaten die Wahl der Form und der Mittel überlassen.
  2. Eine EU-Verordnung ist ein allgemein gültiger Rechtsakt der EU, welcher unmittelbar in den Mitgliedsstaaten wirkt. Eine Umsetzung in nationales Recht ist nicht notwendig, da die Verordnung unmittelbar gilt und somit nationale Regelungen übersteuert.

Bis zum 30.11.2009 wurden EU-Verordnungen als „Verordnung (EG)“ bezeichnet, vor dem 1.11.1993 als „Verordnung (EWG)“ und seit dem 1.12.2009 als „Verordnung (EU)“. Alle drei Bezeichnungen gelten jedoch heute als Verordnungen der EU.

Durch die Verordnung (EU) 1230/2012 wurde eine Regelung geschaffen, die mit der StVZO konkurriert. Trotz einer Übergangsregelung bis 2014 besteht seit dem 29.4.2009 ein Rechtsanspruch auf die Zulassung von Neufahrzeugen nach EU-Verordnung. Derzeit besteht die Wahl, ein Fahrzeug entweder nach StVZO oder EU-Verordnung zuzulassen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass eine Mischung nicht möglich ist. Wenn ein Fahrzeug nach den Regeln der EU-Verordnung zugelassen wird, ist der Inhalt der StVZO irrelevant. Somit sind Fahrzeuge zulässig, die von der StVZO ausgeschlossen sind, aber von der EU-Verordnung erlaubt werden.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die EU-Richtlinie 2007/46/EG, da sie eine Richtlinie ist, in nationales Recht übertragen werden muss und somit nicht allein die StVZO über regeln kann. Jedoch ist es von Bedeutung zu beachten, dass die Verordnung (EU) 1230/2012 den Inhalt der Richtlinie übernimmt und somit mit ihrem Inkrafttreten verbindlich und unmittelbar gültig wird. Dies gilt auch für die Richtlinien, die in Anhang IV, Teil I der Richtlinie 2007/46/EG aufgeführt sind.

Boots-Anhänger nach EU-Recht

EU Fahrzeugklassen

Beginnen wir zunächst mit der Klassifizierung von Fahrzeugen. Gemäß Anlage XXIX (zu § 20 Absatz 3a Satz 4)der StVZO entspricht die Fahrzeugklasse O2 in den Bereich von Anhängern mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 0,75 Tonnen bis zu 3,5 Tonnen. Dabei ist es wichtig, den ergänzenden Hinweis direkt darunter zu beachten.

Im Fall eines Sattelanhängers oder Zentralachsanhängers ist die für die
Klasseneinteilung des Anhängers maßgebliche Höchstmasse gleich der
von der oder den Achsen des Anhängers auf den Boden übertragenen
Last, wenn der Anhänger mit dem Zugfahrzeug verbunden ist und bis
zum zulässigen Höchstwert beladen ist.

Es bedeutet, dass ein Zentralachsanhänger, auch Tandemtrailer genannt, mit einer höchstzulässigen Achslast von 3500 kg und einer höchstzulässigen Stützlast von 150 kg in die Fahrzeugklasse O2 eingestuft wird.

Definition technische zulässige Gesamtmasse

Wie wird die „technisch zulässige Gesamtmasse“ eigentlich definiert? Hierzu gibt die Verordnung (EU) 1230/2012 im Artikel 2 Absatz 7 nähere Informationen.

„technisch zulässige Gesamtmasse“ (M) bezeichnet die vom Hersteller 
angegebene Höchstmasse des Fahrzeugs in beladenem Zustand, die 
auf der Bauart und der bauartbedingten Leistungsfähigkeit des 
Fahrzeugs beruht; die technisch zulässige Gesamtmasse eines 
Anhängers oder eines Sattelanhängers umfasst die statische Masse, 
die in angekuppeltem Zustand auf das Zugfahrzeug übertragen wird.

Angesichts der unklaren Definition des Begriffs „statische Masse“ bleibt die Situation vorerst unklar. Um Klarheit zu schaffen, greifen wir auf die Hinweise im Anhang V der Verordnung (EU) 1230/2012 zurück.

Bei Anhängern […], die eine bedeutende Stützlast auf die 
Anhängevorrichtung […] übertragen, ist diese Last, dividiert durch 
die Erdbeschleunigung, in der technisch zulässigen Höchstmasse 
enthalten.

Unter der F.1-Nummer im Fahrzeugschein ist die technisch zulässige Höchstmasse als Summe aus der technisch zulässigen Achslast und der technisch zulässigen Stützlast am Kupplungspunkt definiert. Konkret bedeutet dies, dass bei einer zulässigen Stützlast von 150kg und einer zulässigen Achslast von 3500kg die technisch zulässige Höchstmasse tatsächlich 3650kg beträgt und entsprechend im Fahrzeugschein einzutragen ist.

Die letzten offenen Punkte

Auflaufbremse

Gemäß der Richtlinie 98/12/EG, Punkt 2.2.2.2 ist es erlaubt, eine Auflaufbremse zu verwenden. Folglich ist es für unseren Tandemanhänger, der in die Kategorie O2 fällt, gestattet, eine solche Bremse zu nutzen.

Anhänger der Klasse O2 müssen mit einer Betriebsbremsanlage
ausgerüstet sein, die entweder eine durchgehende oder eine 
halbdurchgehende oder eine Auflaufbremsanlage ist.

Viele Produzenten von Auflaufeinrichtungen verfahren dahingehend, dass sie ihre Erzeugnisse mit einer Stützlast und einer Anhängelast von 3,5 Tonnen spezifizieren (wodurch sich implizit eine höhere zulässige Gesamtmasse aus Stützlast und Anhängelast ergibt). Um schwerere Anhänger zu ziehen, muss die Auflaufeinrichtung für eine Anhängelast von 3500 kg zugelassen sein und nicht nur für eine höchstzulässige Gesamtmasse von 3500 kg. Bitte beachten Sie diese Vorgabe, um eine sichere und rechtskonforme Nutzung zu gewährleisten.

Nutzung mit einem PKW

Es ist grundsätzlich gestattet, dass ein PKW so einen Anhänger zieht. Dies ergibt sich aus der Verordnung (EU) 1230/2012, Anhang I, Punkt 3.1.1.2, welche besagt, dass Fahrzeuge der Klassen M1 (PKW) und N1 (LKW bis 3,5t) Anhänger mit einer technisch zulässigen Anhängelast von bis zu 3500 kg ziehen dürfen. In der Verordnung 1230/2012 wird auch die „technisch zulässige Anhängelast“ definiert, welche im Artikel 2 Absatz 9 zu finden ist.

„technisch zulässige Anhängelast“ (TM) bezeichnet die Höchstmasse 
eines oder mehrerer Anhänger, die von einem Zugfahrzeug gezogen 
werden können, entsprechend der Gesamtmasse der von den Rädern 
einer Achse oder Achsgruppe auf den Boden übertragenen Last an 
einem mit dem Zugfahrzeug verbundenen Anhänger;

Die Gesamtmasse ist von der Anhängelast zu unterscheiden. Es ist demnach erlaubt, dass ein PKW einen Anhänger mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von über 3500kg zieht, solange die höchstzulässige Achslast von 3500kg nicht überschritten wird. Beachten Sie dabei, dass die Stützlast nicht in die Berechnung der Anhängelast einbezogen wird.

Zusammenfassung

Abschließend lässt sich sagen, dass das Thema Trailer und dessen Gewichtsbeschränkungen ein komplexes Thema ist. Wie wir in diesem Blogbeitrag gesehen haben, gibt es Unterschiede zwischen den Regelungen der StVZO und denen des EU-Rechts. Anhand des Beispiels aus dem Fahrzeugschein konnten wir sehen, dass es durchaus möglich ist, auch mit einem schwereren Trailer legal unterwegs zu sein. Ein Schreiben des Kraftfahrtbundesamtes bestätigt diese Aussagen zusätzlich. Wenn Sie also vorhaben, einen Trailer mit einem Gewicht über 3500kg zu fahren, sollten Sie sich genau über die geltenden Regelungen informieren. Wir hoffen, dass Ihnen dieser Blogbeitrag dabei geholfen hat und würden uns freuen, wenn Sie auch in Zukunft unsere Beiträge verfolgen würden. Schauen Sie gerne regelmäßig auf unserem Blog vorbei und bleiben Sie immer auf dem Laufenden!