Osmose – Wie entsteht sie und die Beseitigung
Polyesterharzlaminat kann durch Osmose einfach geschädigt werden. Dies liegt am osmotischen Druck, der nichts mit dem physikalischen Druck zu tun hat. Doch was passiert genau?
Erst einmal die Theorie
Wasser gibt es nicht nur in flüssiger Form, sondern auch als Dampfphase und als gelöster Dampf in der Luft. Die Luftfeuchtigkeit über einer Wasseroberfläche ist naturgemäß höher als über einem trockenen Medium. Nach einem physikalischen Gesetz streben alle Moleküle, Atome und Ionen danach, sich gleichmäßig zu verteilen. Gase streben besonders danach, jeden Raum vollständig und gleichmäßig auszufüllen. Dabei durchdringen sie auch Festkörper und nutzen sie als Verteilungsraum. So löst sich unter anderem Sauerstoff in Eisen, Stahl und Edelstahl auf und kann bei bestimmten Faktoren zu Rost führen. Das Gleiche gilt für Wasserdampf. Dabei ist es dem Wasser zunächst egal, ob es in Stahl oder in Polyesterharzlaminat eindringt. Die einzige Abhängigkeit ist die Molekülgröße. Wasser dringt in Materialien ein, die „Öffnungen“ haben, die groß genug für Wasserdampf sind. Weder bei Stahl noch bei Polyesterharzlaminat oder Epoxidharz ist dies der Fall. Das gasförmige Wasser dringt einfach hindurch.
Bisher scheint alles in Ordnung zu sein. Wasser jedoch besitzt eine unangenehme Eigenschaft: Es kondensiert wieder zu flüssigem Wasser, sobald es in die Gasphase übertritt. Dieser Vorgang hängt vom sogenannten Sättigungsdampfdruck ab, der überschritten werden muss, um zur Kondensation zu führen. Dies ist besonders deutlich jeden Morgen an der Taubildung zu beobachten. Hier kommt der Taupunkt ins Spiel. Der Sättigungsdampfdruck ist temperaturabhängig, wobei die Menge an gasförmigem Wasser bei höheren Temperaturen steigt und bei niedrigeren abnimmt. Folglich kondensiert heiße Luft, sobald sie abkühlt und der Taupunkt erreicht wird, wodurch das Wasser in die flüssige Phase übergeht.
Nun gibt es noch einen dritten, für jedes Leben wichtigen Punkt zu beachten. Wie bereits angedeutet, strebt alles nach einer gleichmäßigen Verteilung, nicht nur Gase, sondern auch Flüssigkeiten und sogar Festkörper (obwohl dies im Weltraum ohne Schwerkraft vernachlässigbar ist).
Das gasförmige Wasser dringt in das Laminat ein und verteilt sich dort gleichmäßig. Polyester kann bis zu 10 % Wasserdampf aufnehmen. Sobald das Laminat abkühlt, beginnt das Wasser zu kondensieren, jedoch ohne ausreichenden Platz dafür zu haben. Der Druck im Laminat steigt und infolgedessen die Temperatur, wodurch das Wasser in der Gasphase verbleibt. Obwohl dies jeden Abend geschieht, besteht kein Grund zur Sorge, da ein einzelnes H2O-Molekül keinen Schaden am Laminat verursachen kann. Allerdings kann das gasförmige Wasser in Lufteinschlüssen kondensieren und zu flüssigem Wasser werden. Wenn zudem nicht reagierte Harzbestandteile vorhanden sind, löst das Wasser diese langsam auf. Dies führt zu einer hohen Konzentration an gelöstem Polyethylenterephthalat oder Polycarbonat – den Monomeren für Polyesterharze (PEs) – im Wasser, was äußerst nachteilig ist.
Nun tritt die Osmose in Aktion: Das Wasser mit geringer Konzentration strebt zum Wasser mit höherer Konzentration, um es zu verdünnen und den friedlichen Zustand der gleichmäßigen Verteilung wiederherzustellen. Das hoch konzentrierte Wasser ist durch das Lösen der Monomere zu dick geworden und kann nicht mehr aus seiner Luftblase entweichen. Folglich dringt immer mehr Wasser in die Blase ein. Die Lösung beeinflusst den Dampfdruck und die Verdunstung in einer Weise, die eine höhere Temperatur erfordert. Der Druck im Inneren der Blase steigt, bis es schließlich zur Delamination kommt und der Osmoseschaden sichtbar wird. Die ausströmende Flüssigkeit riecht nach Essig, einem Produkt der Estergruppe (C-O-O-), das mit Wasser zur Essigsäure (CH3COOH) reagiert.
Laminate, die längere Zeit im Wasser verweilen, haben ihre Feuchtigkeitssättigung längst erreicht. Wenn nach etwa 10 Jahren keine Osmoseschäden auftreten, können wir sie getrost als stabil bezeichnen. Trotzdem können tiefere Schichten des Laminats von unreagierten Polyester- oder Epoxidmonomeren betroffen sein und somit Osmoseschäden verursachen. Diese Schäden bleiben jedoch in der Tiefe und sind nicht sichtbar. Nur durch Feuchtemessung und Prüfbohrungen können sie erkannt werden. Trotzdem können strukturelle Schäden auftreten, die jedoch bei Schiffen vernachlässigt werden können, da unsere Strukturschäden eher durch Dauerbelastungen beim Segeln verursacht werden als durch Osmose. Dies ist jedoch für die Luftfahrt von Interesse.
Beseitiung von Osmoseschäden
Kleine Bereiche
Für kleine betroffene Bereiche ist es notwendig, großzügig bis auf das gesunde Material abzutragen. Anschließend sollte die Fläche mehrmals mit klarem Wasser und einer Bürste ausgewaschen werden, ohne die Verwendung von Seife oder Verdünnung. Zwischen den Waschgängen sollte genügend Zeit zum Trocknen eingeplant werden, wobei mindestens sechs Wochen benötigt werden können, manchmal sogar länger.
Um sicherzustellen, dass die Fläche vollständig getrocknet ist, kann eine Plastikfolie von etwa 15x15cm Größe flächig auf die Stelle geklebt werden. Nachdem die Folie rundum mit Klebeband abgeklebt wurde, sollte die Stelle mit einem Föhn erwärmt werden, jedoch nicht zu heiß, um Schäden an der Folie zu vermeiden. Wenn sich nach dem Abkühlen keine Kondensatbildung auf der Innenseite der Folie zeigt, ist die Fläche trocken genug. Alternativ kann die Folie für eine Woche darauf bleiben, vorausgesetzt es ist zwischendurch warm genug.
Sollten tiefe Stellen vorhanden sein, empfiehlt es sich, diese mit Epoxy-Glasfaserspachtel auszuspachteln. Ansonsten kann auch Spachtel für den Unterwasserbereich, wie beispielsweise Watertite von International, verwendet werden. Abschließend sollte die Fläche glatt- und beigeschliffen werden, grob mit 80er und fein mit 150er-Papier.
Für eine langfristige Erhaltung des Bootes ist es ratsam, den gesamten Rumpf von altem Antifouling zu befreien, indem er mit 80er-Papier abgeschliffen wird (unter Verwendung einer Staubmaske!). Anschließend können mehrere Schichten (ideal sind fünf) Gel-shield (z.B. von International) als Osmoseschutz aufgetragen werden.
Grossflächige Bereiche oder der ganze Rumpf
Es steht Arbeit an! Der gesamte Rumpf muss vom Gelcoat befreit werden, bis keine Osmosenstellen mehr erkennbar sind. Meistens geht es bis zur obersten Glasfasermatte, wofür spezielle Fräsen empfohlen werden. Wenn der Rumpf glatt ist, entfällt die Spachtelarbeit. Eine gebrauchte Fräse kann man erwerben oder bei einem Fachbetrieb leihen. Nach der Gelcoat-Entfernung wird der Rumpf fünfmal mit klarem Wasser und einer Bürste gewaschen. Keine Seife, keine Verdünnung und kein Hochdruckreiniger sollten verwendet werden. Nach jeder Wäsche sollte der Rumpf trocken genug sein, um sich trocken anzufühlen. Danach muss der Rumpf austrocknen, wobei er nicht nur trocken sein, sondern auch die Feuchtigkeit abgeben muss, die er durch die Osmose aufgenommen hat. Es wird empfohlen, das Schiff von innen trockenzulegen, Bilgenwasser zu entfernen und für eine gute Belüftung sowohl innen als auch außen zu sorgen. Der Trocknungsvorgang kann je nach Feuchtigkeitsaufnahme des Rumpfes drei bis acht Monate dauern. Um den Trocknungsgrad zu überprüfen, kann man auch eine Plastikfolie verwenden und nicht nur eine Stelle prüfen, sondern auch die dicksten Stellen im Rumpf nicht vergessen. Wenn man sich nicht auf diese Methode verlassen möchte, kann man den Trocknungsgrad auch von einer Fachfirma wie dem International Osmosecenter bestimmen lassen, die Messgeräte dafür haben.
Sobald das Boot vollständig getrocknet ist, kann der Rumpf mithilfe von Watertite von International oder anderen ähnlichen Produkten geglättet und geschliffen werden. Zur Reparatur von Osmose-Schäden bieten sich Osmose-Reparatursysteme von International, Voss-Chemie oder Hempel an. Diese Systeme bestehen aus mehreren Komponenten, die nacheinander mit einer Rolle aufgetragen werden. Insgesamt sind bis zu 7 Schichten erforderlich, wobei jeder Schicht ein Tag Arbeit zugerechnet werden kann. Nach Abschluss der Arbeit wird das Boot gedreht und die Stellen bearbeitet, an denen es gelegen hat. Schließlich wird eine neue Schicht Antifouling aufgetragen. Das gesamte Verfahren erfordert eine Aushärtezeit von etwa 2 Wochen, bevor das Boot wieder ins Wasser gelassen werden kann.