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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit! |
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Anita Schnuppertörns September 2004 Ostsee
Sonntag 12.09.
Nachdem für Samstag und Sonntag viel Wind und viel Regen vorhergesagt war, hab ich die geplante Regatta in Roermond auf unserem Kielzugvogel einfach mal Regatta sein lassen und mich stattdessen bereits am Sonntag Mittag ins Auto gesetzt und bin nach Laboe gefahren, um mal mit einem richtigen Schiff zu segeln. Nach gut fünf Stunden Fahrt bin ich endlich da. Einmal rum ums Hafenbecken und da liegt Sie. Anita! Timm und Rieke hatten mir ja schon vorgeschwärmt, aber Live und in Farbe sieht Sie einfach klasse aus. Achim, Helga und Mechthild sind schon an Bord. Nach einer kurzen Schiffsbesichtigung wird mir meine Koje zugeteilt. Ich teile mir das Vorschiff mit drei Mädels. Damit’s auch passt, wird aus Andreas kurz Andrea. Ich zum Auto zurück, lade meine Tasche aus und schon fängt’s an zu regnen. Na, das kann ja heiter werden, denn der Wind pfeift auch ganz schön. Wieder am Schiff angekommen, ist nicht nur die Tasche schön nass geworden. Aber deshalb heißt es ja Wassersport. Der erste Eindruck der Vorschiffsrohrkojen lässt nichts gutes erahnen, aber nach zwei Tagen Eingewöhnung schlafe ich hervorragend. Im Verlauf des Tages kommen noch Hendrick, Petra, Max, Ibo, Rüdiger und Hubertus an Bord. Als alle da sind, fängt die Schlemmerwoche an. Achim fängt in der Küche an zu zaubern. Die einzelnen Gerichte, die wir im Verlauf der Woche kredenzt bekommen haben, habe ich mir leider nicht alle merken können, weil a. soviel b. so gut und c. so schlechtes Gedächtnis, aber so gut hab ich an Bord noch nie und an Land schon lange nicht mehr gegessen. Zum Essen besucht uns auch Jello Rassau, der 90-jährige Kommodore der SKO, der uns die nächsten Tage begeleiten wird. Nach einer gemütlichen Runde im Salon fällt jeder so gegen 00:00 Uhr in seine Koje. Montag 13.09. Wind, viel Wind. So um die 6 – 7 Bft. Was tun? Erstmal eine umfangreiche Schiffseinweisung für uns Anita – Neulinge. Dann einkaufen. Und schon hat der Wind nachgelassen. Achim schiebt los und organisiert einen Schlepper, denn wir haben Westwind und der steht genau in die Hafeneinfahrt. Kurz darauf kommen unsere Freunde von der DGzRS mit ihrem Tochterboot und schleppen uns aus dem Hafen. Fock setzen und Schleppleine loswerfen ist eins und ab geht’s in Rauschefahrt Richtung Schleimünde. Auf dem Rückweg setzen wir noch den Besan dazu um besser Höhe laufen zu können und die alte Dame legt sich das erstemal schön auf die Backe. Einfach klasse! Je näher wir der Hafeneinfahrt kommen, umso höher steigt der Adrenalinspiegel. Wie wird das Anlegemanöver funktionieren? 32 Tonnen ohne Maschine anzulegen ist schon ne spannende Geschichte. Dazu gehören neben der eigentlichen Planung des Anlegers auch noch mindestens zwei Notfallpläne. Also wird vorbereitet: Bremsleine, viele Fender, Vor- und Achterleine, Buganker, Heckanker und die nautische Notbremse (aus: die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär), die aus zwei Eimern besteht, die am Heck angebracht bei zuviel Fahrt einfach außenbords getreten werden, um die Fahrt zu verringern. Das ist heute aber nicht nötig, da der Wind gedreht hat und uns schön an den Steg drückt und gleichzeitig abbremst. Alles klappt, Anita liegt am Steg und wir haben uns einen Anlegerschluck verdient. Kaum festgemacht, ist Achim schon unter Deck verschwunden und bereitet das Abendessen vor. Was wohl meine Waage dazu sagen wird? Nach köstlichem Essen und einem guten Schluck Wein ist dann wieder gegen Mitternacht Zapfenstreich. Vorher gibt’s jedoch noch eine Lesestunde aus bereits oben angesprochenen Stück Weltliteratur „Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär“ Dienstag 14.09. Auch heute sind wieder 5 – 6 Bft. vorhergesagt. Aber das soll uns nicht schrecken. Die Richtung passt für den Ableger unter Segeln. Vorher ist jedoch Schiff drehen angesagt. Drehen? Von Hand? Ach du meine Güte! Also werden die Bootshaken bereitgelegt, eine lange Führungsleine außen ums Schiff rumgelegt und ein Teil der Crew mit Lauffendern ausgestattet. Dann geht’s los! Vorne mit dem Bootshaken vom Steg wegdrücken, an der Führungsleine ziehen und gut auf das Heck achten wegen der langen Überhänge. Puuh, fertig, alles gutgegangen. Dann (fast) alle rauf aufs Schiff, Besan und Fock gesetzt, Fock wird noch fliegen gelassen, Besan dicht, drei Mann schieben am Steg an, aufspringen, Segel dicht, los geht’s. Also ehrlich, mit ner Plastikschüssel würd ich gar nicht auf die Idee kommen. Max ist heute nicht mehr mitgekommen. Er hatte sich am Vortag den sowieso schon angeschlagenen Rücken bei einem missglückten Manöver weiter gezerrt. Auch Petra hatte leichte Rückenprobleme, aber diesen Tag wollte Sie sich nicht entgehen lassen. Auch heute geht’s wieder Richtung Damp, aber heute ist Manövertraining über’m Stoller Grund angesagt. Also Fender bereitlegen und dann „Boje über Bord!!“. Mann, ist das ne Ackerei. Der Langkieler reagiert ja viel langsamer als so ne Bavaria 42. Muss man wirklich viel früher andrehen. Und die läuft ja ohne Ende! Nach ein paar Manövern ist dann auch erst mal Mittagspause angesagt. Zwei Gänge. Mindestens! Danach noch ein paar MOB – Manöver (oder heißen die jetzt nicht POB – Manöver?) und dann ab nach Hause. Und schon geht das Kribbeln wieder los. Geht alles gut? Reicht der Steg aus? Anita läuft langsam mit 1,5 kn auf den Steg zu, ich spring über, belege die Bremsleine - „PENG“ – Bremsleine gerissen. Alles kein Problem. Vorleine fest, Achterleine fest und Anita liegt ruhig am Steg. So, erst mal durchatmen, Bierchen trinken. Die Frage kommt auf, ob wir das Schiff heute noch drehen sollen oder erst morgen. Also morgen, haben ja lange nichts gegessen, dann kochen wir erst mal. Danach alles wie gehabt. Futtern wie die Fürsten, Wein und Bier und zur guten Nacht noch Käpt’n Blaubär. Ich glaub, es war schon Nachts um eins. Nach dem Essen haben uns dann Ibo, Rüdiger und Hubertus verlassen. Dafür kamen Klaus, Gaby, Katrin und Helmut an Bord. Mittwoch 15.09. Heute rächt sich unsere Faulheit von Gestern. Südwind um 8 Bft. drückt uns auf den Steg. Bei dem Wind bekommen wir „Anita“ nicht gedreht. Also bleibt uns nur übrig, einen Hafentag einzulegen. Für Klaus und Gaby ist das zwar blöd, aber sie verkürzen sich den Tag mit einem Ausflug zum U-Boot und zum Marine-Ehrenmal. Wir ergänzen inzwischen, mal wieder, unsere Nahrungs- und Getränkevorräte. Ansonsten wird der Tag mit angeregten Gesprächen und reichlich Seemannsgarn verbummelt. Ach ja, zu Essen gab’s ja auch noch. Dreimal. Mit mehreren Gängen. Nur so, der Vollständigkeit halber. Donnerstag 16.09. So, der Wind passt. Wieder um 5 – 6 Bft., aber aus Südwest. Das heißt, Schiff drehen, diesmal über den Bug. Als Bootshaken raus, lange Leine legen, Fender bereithalten und die Muskeln auf Temperatur bringen. Achim gibt das Kommando „Los“ und schiebt mit dem Bootshaken auf Teufel komm raus. Und schiebt und schiebt. Und Anita bewegt sich vom Steg weg. Und Achim kriegt große Augen. Und schmeißt den Bootshaken weg. Und springt mit einem lauten Fluch Richtung Anita, um nicht komplett auf Tauchstation zu gehen, denn er hat komplett das Gleichgewicht verloren und rettet sich mit diesem Sprung an einen Fender und krallt sich daran fest. Wirklich ein Bild für die Götter. Als dann noch Gaby den Fender umhängen will und feststellt, dass da einer dranhängt ist das Gelächter groß. Damit aber unser Skipper nicht lange in dem 15° kalten Wasser leiden muss, knüpfen Hendrick und ich schnell zwei Schlaufen, mit denen wir Achim wieder an Bord nehmen können. Dann kurz trocken legen und danach schleppt uns der Hafenmeister aus dem Hafen. Auch heute fahren wir wieder Richtung Schleimünde und genießen die Rauschefahrt von „Anita“. Nach einem schönen Segeltag mit reichlich Wind sind wir dann pünktlich zum Abendessen wieder im Hafen. Freitag 17.09. Heute wollen wir wieder Manövertraining am Stoller Grund abhalten. Ich darf das Ablegemanöver fahren und bin doch ein wenig nervös. Aber der Wind passt und wir legen wie Dienstag unter Segel ab. Alles geht gut und mein Puls erreicht irgendwann wieder normale Werte. Auch heute ist der Tag wieder mit 5 – 6 Bft. angefangen. Im Laufe des Tages lässt der Wind jedoch immer mehr nach. Das hat zur Folge, das wir immer mehr ausreffen und später auf die 76 qm Genua wechseln, um überhaupt noch nach Laboe zurückzukommen. Im Hafen warten schon „die Neuen“. Letztendlich machen wir dann um 20:45 Uhr eine „Nacht“ - Ansteuerung in Laboe und werden schon sehnsüchtig von Birgit , nochmal Birgit, Michael, Christoph und Maximilian erwartet. Nachdem Anita festgemacht ist bringe ich Klaus, Helmut und Katrin noch nach Kiel. Aber die anderen haben mir reichlich vom Abendessen übriggelassen und Helga hat noch zwei Flaschen Flens für mich in Sicherheit gebracht. Nach der Gute – Nacht – Geschichte fallen dann alle in die Kojen Samstag 18.09. Wir wollen die Nacht in Dänemark vor Anker verbringen. Da nicht ganz klar ist, wie der Wind über Tage dreht laufen wir heute etwas früher aus. Michael fährt heute den Ableger, auch unter Segel. Da der Wind passt, segeln wir unter Fock, Groß und Besan Richtung Sonderborg. Kurz vor Sonderborg geht’s an Steuerbord in die Bucht Hoerup Havn. Da eigentlich keiner Anker - Erfahrungen mit der Anita hat, tasten wir uns langsam in die Bucht rein, die aber für unsere Größe und unseren Tiefgang (2,80 m) reichlich Platz hat. Auf dem von uns ausgesuchten Platz fahren wir unseren Aufschießer, der Anker fällt genauso wie die Segel und Anita liegt in der traumhaften Bucht nördlich der Halbinsel Kegnaes. Sofort wird das Dingi zu Wasser gelassen, denn die dritte Birgit soll aus der Marina in Hoerup Havn abgeholt werden. Unsere Youngsters Christoph und Maximilian machen sich auf den Weg und sind eine Stunde später mit Birgit wieder an Bord. Christoph lässt es sich nicht nehmen und geht kurz darauf ne Runde schwimmen. Alle anderen schauen zu und frieren. Zu Abend gibt’s dann Sushi. Was sonst. Der Abend geht dann recht spät zu Ende. Ich glaub, es war schon Sonntag. Sonntag 19.09. Der Wecker klingelt um 04:45 Uhr. Ich wecke Achim, Hendrick, Michael und Christoph. Gaby wird von allein wach. Wir wollen die anderen schlafen lassen und bereiten das „Anker auf“ – Manöver vor. Um 05:30 Uhr sind wir wieder unterwegs. Da der Wind erst gegen Mittag auf West drehen soll und wir damit rechnen, einen großen Teil der Strecke kreuzen zu müssen, sind wir schon in der Dunkelheit losgefahren. Aber wir haben Glück und müssen nur das kurze Stück aus der Bucht hinaus kreuzen. Danach können wir direkt Kiel Leuchtturm anliegen und fahren mit über 10 kn nach Laboe zurück. Einer nach dem anderen kommt langsam aus seiner Koje. Zum Frühstück gibt’s dann Pfannkuchen. Nach einer schnellen Überfahrt sind wir denn auch relativ früh in der Kieler Förde. Hier überrascht uns dann noch ein kräftiger Regenschauer mit viel Wind, gerade zu dem Zeitpunkt, als ich mein Anlegemanöver fahren will. Was tun, abwarten oder reinfahren? Wir entscheiden uns dann für beides. Nachdem im Innenbereich der Förde die Sicht aufgrund des Regens weiter abnimmt, drehen wir auf die Hafeneinfahrt von Laboe ab. Die Segel gehen früh runter, aber wir haben noch reichlich Fahrt im Schiff. Also nautische Notbremse (Eimer raus). Dummerweise sind aber die Eimer zu hoch gebunden, so dass sie im Wasser aufschwimmen. Doch es geht auch so. Bremsleine raus, Achterleine fest, Vorleine fest und Anita liegt am Steg. Nach dem Essen ( Mariniertes Rindfleisch mit Gemüse auf Reis) schlagen wir noch die Segel ab, denn „Anita“ wird morgen durch den NOK nach Glückstadt geschleppt. Die Saison ist vorbei. Das Schiff wird aufgeklart und jetzt geht’s ans verabschieden. Einmal von „Anita“ und natürlich auch voneinander. Also für mich war’s die beste Segelei bisher und mit Sicherheit nicht das letzte mal auf „Anita“. Ich frag mich nur, ob ich an „normalen“ Yachten überhaupt wieder Spaß haben kann? Andreas
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www.wassersport-steinborn.de Noch sind wir zwar keine gefährdete Art, aber es ist nicht so, daß wir nicht oft genug versucht hätten, eine zu werden. (aus: Die letzten ihrer Art v. Douglas Adams) |
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