Wessem - Versemeer - und zurück

[Carsten Wieczorrek]

Hallo,
ich möchte hier auch einmal einen Reisebericht posten. Vielleicht ist es ja doch für den einen oder anderen interessant.
Ich habe hier zwar schon öfter gelesen, dass diverse Foristen Reisen über die niederländischen Kanäle eher für uninteressant halten, aber ich weiss zumindest aus meinem Heimathafen, dass es dort Bootsnachbarn gibt, die sich so etwas (noch) nicht zutrauen.
Außerdem mögen wir die Kanäle: das sind grüne Alleen, und man kann nach rechts und links in die Landschaft schauen, ohne von Deichen behindert zu werden. Ich kann leider keine Fotos beisteuern, da ich bei Antritt der Reise leider feststellen mußte, dass ich einen Riß/Bruch im Handyglas habe, der genau über die Kameraobjketive verläuft. Meine eigenen Bilder haben gegenwärtig leider eine Qualität, die ich hier nicht veröffentlichen werde.

Das Ziel
Mein Frau wollte unbedingt mal mit dem eigenen Boot "auf das Meer". Sie hatte sich als Ziel das Versemeer ausgesucht. Gut, ist nicht direkt die Nordsee, aber man muss über die Osterschelde, es gibt Quallen und es ist definitiv Salzwasser.

Der Start
Wie hier https://www.boote-forum.de/showthread.php?t=332144 nachzulesen, hat sich unser Start etwas verzögert. Wir sind gegen 1230 in Wessem gestartet. Bootsnachbarn hatten uns abgeraten, da die Schleusen im Wessem-Niederweert-Kanal angeblich Samstags gegen 1600 bis Sonntags 1000 schließen. Uns war das egal, erst einmal losfahren. Wir fahren mit 10,5 km/h. Da ist der Motor am leisesten und wir kommen unter 4 L pro Stunde. Ja, Kühe sind schneller.

1. Tag Wessem - Helmond
Wir sind den Wessem-Niederweert-Kanal bis Niederweert gefahren und dort "geradeaus" auf die Zuid-Willems-Vaart. Die Schleuse Hellmond haben wir per Druckknopf gegen 1850 passiert. Wir haben hinter der Schleuse für die Nacht gegen 1900 fest gemacht. Gegen 2359 Uhr zeigte die Schleuse ein rotes Licht, also keine Sperrung Samstags Abends.

2. Tag Helmond - Tilburg
Wir sind gegen 0915 von der Schleuse losgefahren. Es ist sehr bewölkt, wir frieren etwas. Nach Aarle-Rixtel sind wir links auf den Wilhelminakanal abgebogen. Alle Brücken gehen bei Annäherung automatisch auf. Vor uns fuhr ein kleines niederländisches Boot. Kein Funk. Niemand hat auf die Knöpfe gedrückt. Wir haben die später gefragt: die haben per Handy angerufen, danach waren wir alle unter der Kamera-Überwachung. Nach Eindhoven bleiben wir auf dem Wilhelminakanal und fahren bis Tilburg. Ankunft 1630. Dort übernachten wir im Yachthafen rechts neben der Schleuse. Er ist klein und eng. Es gibt keine echten Stege. Sanitäranlagen sind sehr ordentlich und sauber. Kosten : 1 EUR pro Bootsmeter inkl. Strom und Dusche. Wir haben also für zwei Personen 11 EUR gezahlt. Abendessen im indonesichen Restaurant Melati Dua. Sehr empfehlenswert. Vom Yachthafen etwa 10 Minuten mit dem Fahrrad, ist aber auch zu Fuß zu erreichen. Wer das nicht kann oder will, muss selber kochen.

3. Tag Tilburg - Dinteloord
Wir sind nach dem Frühstück (frisch gebackene Croissants mit Marmelade) gegen 0930 in Tilburg gestartet. Bis zur Schleuse ist es ja nur 1 Minute. Um 1015 waren wir da durch. Es geht Richtung Oosterhout. Dort biegen wir links in den Markkanal ab. Mit uns in der Schleuse ein großes Dings, eine Kreuzung aus Hochseeschlepper und Baggerschiff. Geht ohne Probleme, wir lassen den zuerts rausfahren und überholen dann.
Vor Terheijden biegen wir rechts auf die Mark ab. Bei Stampersgat gibt es Baggerarbeiten, der Kanal ist halbseitig gesperrt. Ist aber breit genug für die Begegnung von Sportbooten. Für Berufler hätte man halt Platz machen müssen. Den Yachthafen Waterkant haben wir um 1620 erreicht. Ich meine, wir haben 23 EUR für Boot, Strom und Dusche gezahlt.

4. Tag Dinteloord - Versemeer
Wir haben Waterkant nach dem Frühstück um 1010 verlassen. Direkt nach der Schleuse ist links eine Tankstelle. Die haben wir genutzt. Nach 3 Fahrttagen 120 Liter = 201 EUR getankt. Um 1230 haben wir die Krammersluis, die Sportbootschleuse erreicht. Das hat gedauert, die haben da 14 Boote reingepfercht. Ich lag zum ersten mal im Päckchen in der Schleuse. Sehr ungerechte Situation: ich an der Wand, muss festhalten, die anderen machen bei uns fest und kochen Kaffee...
Mit auflaufendem Wasser fahren wir aus der Schleuse in die Osterschelde. Zuerst bremst das etwas, aber auf dem Weg zum Versemeer hat uns das Wasser mit 15 km/h SOG gedrückt, ohne mehr Gas zu geben. Gegen 1650 haben wir die Schleuse zum Versemeer erreicht und um 1710 im Yachthafen Oesterhaven fest gemacht.

5./6./7. Tag Pause
Wir haben unsere Kanus dabei und gehen paddeln und schwimmen. Sehr sehenswert für Naturliebhaber sind die kleinen Inseln im Versemeer (da gibt es überall Anleger): Gegen Ende Juni blühen dort die Orchideen. Hundertausende. Millionen. Ein weißes Blütenmeer (Sumpfstendelwurz, Epipactis palustris), durchmischt mit roten und violetten Sprenkeln (Knabenkraut, Dactyloriza maculata). So etwas habe ich noch nie gesehen. Die Hafenpreise liegen bei 28 EUR/Tag inkl. Dusche und Strom. Es gibt 2 Fahrräder zum kostenlosen Ausleihen. Supermarkt in 2 Fahrradminuten.
Tip: Fischrestaurant
Wir haben am letzten Tag im Kreeke's Vis gessen. Vom Hafen aus etwa 15 Minuten mit dem Fahrrad. Voranmeldung empfehlenswert. Ist eine Mischung aus Pommesbude und Fischresaturant. Immer voll. Preise je nach Gericht zwischen 15 EUR und oben offen (es gibt Austern). Ich hatte einen Muscheltopf, meine Frau Kibbeling. Wir würden immer wider hingehen.
Den Hafen Oosterhaven und vor allen die sehr nette, kompetente und hilfsbereite Hafenmeisterin, können wir sehr empfehlen. Was die alles zu Wind- und Tidefragen in kürzester Zeit ans Licht gebracht hat: Hut ab.

8. Tag Oesterhaven - Tholen
Wir fahren gegen 0730 los, um die ansteigende Tiede mit zu nehmen. Schleuse gegen 0800. Dann geht es wieder über die Osterschelde Richtung Bergse Diep Sluis, die wir gegen 1020 erreichen. Wieder mit ca. 15 km/h SOG. Tholen ist sehr hübsch, aber sehr klein. Es gibt dort einen extrem empfehlenswerten Eisladen. Hafenkosten 21,50 EUR inkl. Dusche plus Strom per Automat 1 EUR/2KWh.

9. Tag Tholen - Willemstad
Wir fahren gegen 1030 in Tholen los. Über den Rijn-Schelde-Kanal. Zum Glück ist Sonntag und recht wenig Verkehr. Um 1330 erreichen wir die Schleuse Volkerak. Die Sportbootschleuse. Recht lange Wartezeit: trotz offener Tore (wir waren das erste Boot) warten die wohl, bis voll ist. Auch wieder 14 Boote. Päckchen. Ja, wir wieder an der Wand. Willemstad ist sehr hübsch, mit einer vollständig erhaltenen Verteidigungsanlage. Sehenswert. Ein Restaurant, bei dem wir spontan bleiben wollten, haben wir aber nicht gefunden. Also wurde selber gekocht.

10. Tag Willemstad - Werkendam
Wir starten gegen 1030 in Willemstad. Gegen 1155 erreichen wir die Mordijkbrug, gegen 1210 die Bergse Maas. Von dort fahren wir quer durch den Biesbosch nach Werkendam. Achtung: wie letztes Jahr hatten wir im Gat van Van Kampen zwei mal Grundberührung (ist nur Schlamm), folgt dort nicht der weißen Line der Apps, sonder den Tiefenangaben Eurer Karten oder traut Eurem Tiefenmesser. Um 1405 haben wir den Yachthafen WSV Werkendam (erster Hafen rechts) erreicht. Wir haben uns telefonisch angemeldet, dennoch war der Platz Steeg 3 / Platz 34 einfach zu klein für unser Boot. Ist alles sehr eng und klein für meinen Geschmack (ja, ich bin in Wessem mit einer Boxgröße von 5 x 15 Metern und 2,5 Bootslängen zwisch den Steigern etwas verwöhnt). Wir bleiben hier zwei Tage. Hafenpreis liegt bei 13 EUR pro Tag ink. Dusche. Strom vom Automaten für 50 Cent pro irgendetwas. Toiletten und Duschen sind sehr sauber.

So, dass sollte für den Anfang reichen.

Schöne Grüße
Carsten

P. S.: Ich versuche, ein paar Fotos nachzureichen