Zitat von TomM
Osmose ist ein völlig normaler, natürlicher Prozess, der, neben in diversen Materialien, auch in unserem Körper abläuft. Ohne Osmose gäbe es keine Närstoffaufnahme und keine Abführung von schädlichen Resten. Das ist bei Lebewesen so und bei Pflanzen und bei Steinen und sogar in der Erde.
Genau darin liegt doch die Krux begraben, weil Osmose ein so natürlicher Prozess ist findet sie eben statt - auch, und zwar ziemlich kräftig, in gesundem Laminat und sogar nicht nur bei Polyester sonder auch bei dem Wunderprodukt Epoxidharz.
Was schlimm wird, ist der Moment in dem es zu Osmoseschäden kommt.
Osmoseschäden entstehen im Polyesterharzlaminat simpel. Sie erklären sich aus dem osmodischen Druck, der zunächst mal gar nichts mit dem physikalischen Druck zu tun hat.
Was läuft ab? Wasser gibt es ja nicht nur flüssig, sondern auch als Dampfphase und als gelösten Dampf in der Luft (Luftfeuchtigkeit). Naturgemäß ist die Luftfeuchtigkeit über einer Wasseroberfläche höher als über einem trockenen Medium. Nun ist es ein physikalisches Gesetz, dass sich alle Moleküle und Atome und Ionen gleichmäßig verteilen wollen. Das ist bei Gasen, bedingt durch die leichte Beweglichkeit der einzelnen Atome/Moleküle besonders ausgeprägt, sie streben danach jeden Raum vollständig und gleichmäßig auszufüllen. Dabei werden auch Festkörper durchdrungen und als Verteilungsraum genutzt. So löst sich z.B. Sauerstoff nicht unerheblich in Eisen, Stahl und Edelstahl. Das Resultat dieser Lösung kann, beim Eintreten bestimmter Faktoren zu dem führen was Autofaher fürchen, zu Rost. Ebenso verhält es sich mit Wasserdampf (gasförmigem Wasser). Dabei ist es dem Wasser zunächst mal egal ob es in Stahl eindringt oder in Polyesterlaminat. Die einzige Abhängigkeit, die es dabei gibt, ist die Molekülgröße, soll heißen Wasser kommt eben in den Stoff nicht hinein, der keine "Öffnungen" hat die groß genug für Wasserdampf sind. Dies ist aber weder bei Stahl noch bei Polyester oder bei Epoxidharz der Fall. Das gasförmige Wasser "pfeift" hindurch.
So weit, so gut. Nun hat Wasser eine unangenehme Eigenschaft. So, wie es in die Gasphase übertritt, so kondensiert es auch wieder zu flüssigem Wasser. Das ist eine Frage des sog. Sättigungsdampfdruckes, ist der Überschritten, dann kommt es zur Kondensation - im Moment sehr deutlich jeden Morgen an der Taubildung zu sehen. Da kommt doch auch schon das Stichwort, der Taupunkt. Natürlich ist der Sättigungsdampfdruck von der Temperatur abhängig und die Menge gasförmigen Wassers wird mit zunehmender Temperatur höher und mit abnehmender geringer. Also wird heiße Luft, die abkühlt kondensieren - der Taupunkt wird erreicht und das Wasser geht in die flüssige Phase über.
Nun kommt noch ein dritter, und für jedes Leben wichtiger, Punkt hinzu. Oben habe ich es schon angedeutet. das Streben nach gleichmäßiger Verteilung betrifft nicht nur Gase, sondern auch Flüssigkeiten und genaugenommen sogar Festkörper (wobei es bei den letztgenannten eher zu vernachlässigen ist aber im Weltraum ohne Schwerkraft selbstverständlich stattfindet).
Was geschieht denn nun bei einem Osmoseschaden?
Wir vernachlässigen nun erst einmal ob es Polyester oder Epoxidharz ist.
Das gasförmige Wasser dringt in das Laminat ein und verteilt sich dort gleichmäßig. Polyester können bis zu 10% Wasserdampf aufnehmen. Nun kühlt es ab, das Wasser will kondensieren, hat dazu aber keinen Platz. Der Druck steigt, damit die Temperatur und das Wasser bleibt in der Gasphase. Das geschieht jede Nacht und ist nicht weiter beunruhigend, denn so ein einzelnes H2O Molekülchen kann nicht einen Druck ausüben, der dem Laminat schaden würde. Wenn aber im Laminat Lufteinschlüsse sind, dann kondensiert das gasförmige Wasser dort zu flüssigem Wasser. Wenn nun zufällig dort auch noch nicht reagierte Harzbestandteile sind, dann werden diese vom Wasser gelöst (das ist ein langsamer Prozess). Damit ist aber etwas geschehen, was gar nicht gut ist, denn ich habe Wasser mit einer hohen Konzentration an gelöstem Polyethylenterephthalat oder Polycarbonat (den Monomeren für Polyesterharze (PEs)). Tja und nun kommt die Osmose ins Arbeiten, das niedrigkonzentrierte Wasser will zum hochkonzentrierten Wasser, dieses verdünnen, damit der friedliche Zustand der gleichmäßigen Verteilung wieder erreicht wird. Das hochkonzentrierte ist durch das Lösen der Monomere zu "dick" geworden und kann nicht mehr heraus aus seiner Luftblase - also dringt immer mehr Wasser hinein in die Luftblase. Durch die Lösung werden aber Dampfdruck und Verdunstung (Übergang zur Gasphase) dahingehend verändert, dass höhere Temperatur notwendig ist. Der Druck im Inneren der Luftblase steigt, er steigt soweit, dass es zur Delamination kommt - der Osmoseschaden ist sichtbar. die Brühe die beim Aufstehen herausläuft riecht nach Essig, einem Produkt der Estergruppe ( C-O-O- ) das mit Wasser zur Essigsäure ( CH3COOH )reagiert.
So, lange Schreibe kurzer Sinn. Laminate, die länger im Wasser lagen, haben diese Feuchtesättigung schon lange hinter sich. Wenn sie nach ca. 10 Jahren keine Osmoseschäden aufweisen, kann man diese getrost als stabil bezeichnen. Bei tieferer Durchdringung des Laminats kann es dennoch zu Osmoseschäden kommen, denn es können sich ja in tieferen Schichten unreagierte Polyester- oder Epoxidmonomere befinden. Diese tiefen Schäden werden aber sicher nicht "öffentlich", denn die Delamination findet eben in der Tiefe statt und eine Blasenbildung kommt kaum noch vor. das wäre nur durch Feuchtemessung und Prüfbohrungen sicher zu erkennen - trotzdem können natürlich strukturelle Schäden die Folge sein. Aber das ist vielleicht für die Luftfahrt interessant, bei unseren Schiffen können wir das sehr wahrscheinlich vernachlässigen. Unsere Strukturschäden kommen eher von den Dauerbelastungen des Segelns und nicht von der Osmose.
Der graue Rand unter den Haarrissen ist etwas ganz anderes, hier geht es um Verwitterungen und Kunststoffkorrosion, die selbstverständlich bei ungeschützter Oberfläche auftreten, aber ganz sicher nicht zum Totalverlust führen.
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