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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit! |
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Segeln - Nordsee - Montags zu den Sänden
Am Montag wollte ich zu den Sänden raus. Die Wettervorhersage sah gut aus: Strahlender Sonnenschein, zunächst SW 2-3, im Tagesverlauf auf N 2 drehend. Und auch die Tide spielte mit, denn Hochwasser war um kurz nach acht Uhr Morgens und um zwanzig vor neun Abends. Auslaufen wollte ich um acht. Als ich das Boot klar machte, liefen etliche Kutter aus. Also machte ich ein wenig langsamer, um dem „Stau“ vor der Schleuse zu entgehen. Als ich ablegte schlief noch alles am Steg und auch vom Nachbarverein machte sich niemand sonst auf den Weg. Auf der letzten Geraden vor der Schleuse hängte ich den Pinnenpiloten ein, machte das Boot schleusenklar und schlug Vorsegeln und Vorschot an. Während ich auf dem Vordeck rumhantiere steuerte der Pinnenpilot Medea brav am Rand des Fahrwassers entlang. Entgegen kam uns jetzt Thomas, mein Liegeplatznachbar. Als unsere Boote langsam aneinander vorbei glitten, tauschten wir Basics aus (Wo kommst Du her?, Wo gehst Du hin?, etc.). Vor der Schleuse drängten sich immer noch einige Kutter. Ich ging auf Warteposition, denn die Schleuse war gestrichen voll. So konnte der Schleusenwärter den Turbo einschalten und mich beim nächsten Hiev wenige Minuten später mitnehmen. Um neun Uhr war ich dann durch. Der Wind stand jetzt bereits auf W und kam mit nur zwei Stärken daher, also kam neben dem Groß nur noch die Leichtwindgenua in Frage. In der Bantsbalje musste ich mehrere Kreuzschläge einlegen, um einerseits den Generalkurs halten zu können und andererseits den Fischern nicht mitten in einen Hol reinzusegeln. Auf dem Kopersand, querab von Lüttje Hörn war dann der Wind fast komplett weg. Ich ließ Medea über eine Stunde einfach treiben und versuchte jeden kleinen Hauch zusammen mit dem Strom zu nutzen, um meinen favorisierten Ankerplätzen näher zu kommen. Das funktionierte auch leidlich und so viel der Anker anderthalb Stunden vor Niedrigwasser, nachdem sich Medeas Kiel sanft in eine mir noch nicht bekannte Sandbarre geschoben hatte. Deutlich konnte man den in der Sonne blinkenden VA-Anker in dem kristallklaren, aber nur 70cm tiefen Wasser sehen. Die berühmte Ankerregel griff nun: Kannst Du den Anker weit vor Niedrigwasser am Grund sehen, bist Du entweder in der Karibik oder es wird gleich schräg an Bord, verdammt schräg. Und das wurde es dann auch. Aber so konnte ich verschiedene Dinge erledigen, wie z.B. den Wasserpass zu reinigen, die letzten Winterbasteleien am Unterwasserschiff inspizieren, etc. Hier auf der Bank war die Welt in Ordnung. Ich zählte mindestens zwanzig große Wattwürmer und zehn Krebse pro Quadratmeter. Granat gab es nicht einzeln, sondern in Schwärmen, die den ganzen Boden bedeckten und lediglich um meine Füße herum kleine Kreise bildeten. Hielt ich zu lange still, fingen sie vereinzelt an, auch meine Füße auf Nahrungssuche abzugrasen. Aufpassen musste man allerdings auf die gelben Haarquallen. Selbst hier im seichten Wasser waren noch einige kleinere Exemplare bis 25cm Schirmdurchmesser auf Beutezug. In dem klaren Wasser sah man sie aber rechtzeitig. Rund Niedrigwasser betrug die Wassertiefe nur noch zwanzig Zentimeter und damit lag ich nur wenige Meter außerhalb der Zone I – aber eben außerhalb und konnte mich entsprechend frei bewegen. Medea lag nun natürlich vollständig auf der Seite. Zum Glück hatte ich rechtzeitig daran gedacht, die Tankentlüftungsschraube zu schließen, bevor sich der Tankinhalt in die Bilge entleeren würde. Und auch unter Deck hatte alles, was übergehen könnte, vorher in eine sichere Position gebracht. Der Tee war natürlich fertig, bevor das Boot die maximale Schräglage erreichte. Wäre ja auch dumm, wenn man aus früheren Fehlern nicht lernen würde. Irgendwann werde ich nochmal ein paar Wattstützenversuche unternehmen, auch wenn ich bislang noch bei keinem Selberbauer ein wirklich überzeugendes Konzept gesehen habe. Spaziergänge, ein gutes Buch, Tee und Gebäck ließen die Zeit im nu vergehen und ehe ich mich versah, schwamm Medea auch schon wieder. Jedes Mal wenn sie hochkommt und aufschwimmt, muss ich immer an die Horrorgeschichten der „nicht mehr aufschwimmenden“ und „im Watt festgesaugten“ Boote denken, die wohl jeder von uns schon einmal zu hören bekam. Ist schon urig, dass sich diese Mär mindestens so hartnäckig hält, wie die der Spinne aus der Kokospalme. Mit dem nun auflaufenden Wasser kam etwas Wind auf, der auf Nord gedreht hatte. Noch vor Anker setzte ich das Groß und barg den Anker. Der Wind fasste ins Segel und drückte das Boot ins tiefe Wasser zurück, während ich vorn den Anker staute. Gutmütig wie Medea manchmal ist, wenn sie gute Laune hat, ging sie selbständig auf Kurs. So hatte ich beide Hände frei und setzte gleich auch noch die Leichtwindgenua. Der Wind war allerdings so schwach, dass das Großsegel auch im Schmetterling nicht vernünftig stand. Also nahm ich es wieder runter und baumte stattdessen die Genua aus. Mittlerweile lagen wir wieder im Strom, die Fischer machten in großer Entfernung Pause und so ließ ich Medea einen Kurs nach eigenem Ermessen wählen – die grobe Richtung stimmte ja. In der Bantsbalje musste ich den Kurs ändern und den Ausbaumer wegnehmen. Der Wind nahm zu und drehte auf Nordost und damit hatte ich nun keinen raumen Wind mehr, sondern segelte bei halbem Wind, manchmal auch am Wind. Am Ende der Balje lag ein großer, deutscher Plattboden zunächst fest, kam mir dann aber unter Maschine entgegen. Ich segelte weit außerhalb des Fahrwassers, weit oben auf dem Sand an ihm vorbei. In der Leegde musste ich dann leider wieder das Boot auf die Schleuse vorbereiten, die Segel bergen und den Jockel anschmeißen. Noch während ich in den Schleusenvorhafen einlief, öffneten sich auch schon die Tore. Nach der Schleusung gegen halb sieben ging es zum Steg und nach dem aufklaren des Bootes und einem kurzen Plausch mit Thomas nach Hause unter die Dusche. Das bisschen rumkreuzen brachte wieder 36 Meilen ins Logbuch. Video: Montag Morgen raus zu den Sänden
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