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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit! |
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Törn Schlei/Rügen/Bodden
Am WE in Arnis zunächst schrauben. Ein von Ugies freundlicherweise vermitteltes neues Echolot eingebaut.
Dieses Lot misst nur die Tiefe und kann nicht noch tausend andere Dinge, die ich nicht brauche, wie Speed, Windstärke und Richtung, Börsenkurse, Barometer und Satellitentv. Das machte die Suche etwas beschwerlich, da Stand alone Geräte offenbar nicht mehr so en vogue sind. Nur als Non-Regatta Segler brauch ich derlei zusätzliche, wenn auch interessante aber teure Dinge nicht. Ich verlasse mich für meine gemütlichen Belange weiter auf den Verklicker, Bauch und killendes Achterlik für die Trimmung. Einen Schalter bekam das Ding auch, indem ich ein ausrangiertes Instrument entfernte, alle E-Sachen rausrupfte, das Chromcover durchsägte, nur den oberen Rand stehenließ, das Glas rausnahm und die leere Hülse dann, mit gemasertem Sperrholz hinterfüttert (flugs beigeschliffen und klar gelackt) indem nun der Schalter sitzt, wieder einsetzte. Statt einer Anzeige thront dort nun ein kleiner Schalter für das Lot, gesichert vom Instrumentencover gegen wilde Stöße mit dem Hintern bei Seegang. Den Schalter möchte ich mittelfristig durch einen ansehnlicheren ersetzen aber dieser funktioniert, das langt zunächst völlig. Hanse nebst Frau auf dem Steg getroffen und kurz über deren Bootsverkauf geklönt. Den ersten von acht Püttingen gezogen um Leckagen mit Pantera zu begegnen. Statt diese nach zu ziehen und zu dichten hatte einer der Vorbesitzer sich wesentlich mehr Arbeit gemacht und alles mit Holzstellagen und Bauschaum zugekleistert. Es eben vernünftig zu machen wäre m.E. effektiver und schneller gegangen. Dieser Pütting wohnt –wie seine Kollegen- auf dem Schanzkleid und ist nur durch das Kleiderschapp zugänglich. Mit dreifach verlängerter 16 mm Nuss und allerlei Flüchen ist er irgendwann besiegt, genau wie mein Rücken und der Nacken, da die kontorsionistischen Fähigkeiten meinerseits doch langsam nachlassen. 31.07.11 Mutter, Schwester und Nichte kommen an Bord, da die Nichte gerne mal Böötchen fahren möchte. Die mit Punkfrisur versehene und allerlei metallenen Gegenständen behängte junge Dame – dennoch war eine zusätzliche Deviationstabelle nicht vonnöten- guckte sich auch alles sehr interessiert an und entdeckte eine bis dato unbekannte Seite an ihrer Mutter, die, obwohl seit Jahren nicht mehr auf einem Boot gewesen, sofort alle Leinenmanöver bis Klarschiff und Segel schiften tadellos regelte, als sei sie nie an Land gewesen. Ist eben doch wie Fahrradfahren, wo man schon als Kind reinwächst, da geht nicht mehr so viel flöten. Wettermäßig hatten wir absolutes Glück für Neulinge, nur leider schläft der Wind, Schlei auswärts, zunehmend ein. In Kappeln passiert uns Forumssegler Niels auf Gegenkurs. Ich nutzte die Zeit um mit dem Bleilot, unter argwöhnischen Blicken von anderen Booten, das neue Lot zu testen und stellte fest, dass es, trotz des dicken GFK ausreichend präzise in Dezimeterschritten anzeigt. Soviel Wahrheit bin ich gar nicht gewöhnt, denn das vorige, uralte, gab in jüngster Zeit statt ernster Tiefenangaben doch eher unverbindliche Vorschläge heraus. Nachmittags, zwei weibliche Heldinnen schwammen sogar kurz in der Ostsee - ich bevorzuge das drauf herumfahren statt mich rein zu legen, beendeten wir den Kurzschnuppertörn in Damp. Hier zogen die drei dann zufrieden wieder ab. Meine Mutter wollte einige Tage später wieder zusteigen. 01.08. Morgens um halb acht, in aller Ruhe, da geschützt ganz innen an der Pier mit dem Bäcker liegend, Leinen eingesammelt und ausgelaufen. Mit Vollzeug und Ostkurs auf die Morgenbrise gewartet, die nach dem Motto: „Die Morgenbrise kommt ganz gewiss, auch wenn es erst am Abend ist“ sich betrüblich viel Zeit ließ, das Boot ebenso. Also Diesel angeworfen und geschoben, bis kurz vor Fehmarnsund. Dann endlich in Sichtweite der Düse an der Brücke erbarmte sich das dort ortsübliche Windchen. Endlich Maschine aus und raumschots bis achterlich das letzte Ministück bis zum Ziel durch den Sund geschlichen. Vor der Ostansteuerung Kurswechsel Süd und mit nunmehr besserem Tempo wegen des jetzt erst halb und dann etwas vorlich einkommenden Windes in den Großenbroder Binnensee verkrümelt und vor Anker gegangen. 02.08. Frühmorgens kein Fatz Wind aber dichte Nebelfelder, Schweinerei! Erstmal abwarten. Gegen 6:30 klarte es auf, nur leider immer noch kein Wind. Unter trügerisch blauem Himmel ankerauf gegangen und mit Ostkurs losgedieselt. Eine weit BB querab liegende Nebelbank schien bis auf einen südöstlichen, flauschigen Ausläufer nicht zu stören. Das erwies sich allerdings als Irrtum, denn das Ding machte Fahrt nach Süd. Kurze Zeit später war alles um mich herum grau und kühl bei Null Sicht. Günstig, das das Radar kaputt zu Hause liegt. Umdrehen wollte ich nicht, trotz der kurzen bislang zurückgelegten Distanz hätte ich dann wieder die Untiefentonne vor Großenbrode erwischen müssen und den Landfall bei Nebel machen, was ja nicht immer so klug ist. Also mit kleinster Fahrt und Lauschpausen sowie Tröte in Griffweite weitergemacht, allerdings wesentlich öfter als sonst die (GPS) Orte in die Karte übertragen. Glücklicherweise zog der Nebel noch gut vor dem Dampfertrack, den ich keinesfalls im Nebel passieren wollte, durch und das blau von oben kehrte zurück. Im Gefolge hatte der Nebel aber generöser weise einen leichten Nordost, daher Maschine aus, Vollzeug und sehr schön bei Null Welle und eben am Wind, weiter Ost gut gemacht. Da keine See stand oder Böen ausgesteuert werden mussten, spielte ich mit der Digitalcamera herum, während der zugeschaltete Charly sich um das Ruder kümmerte. Ich klebte mit Tape die Cam an die Pekhakennock und versuche so Außenbordsaufnahmen. Die leicht Schlagseite fahrenden Ergebnisse müssen aber leider als mäßig eingestuft werden. Kurz vor Warnemünde Groß und Besan weggenommen und nur unter Genua weiter gelaufen, die hat eine Rollanlage und kann sehr schnell und kursunabhängig geborgen werden. Groß und Besan laufen klassisch mit Rutschern. Wenn es Wetter und Manövertechnisch passt, tuche ich die beiden gerne zuerst auf und mache dann unter Genua das Deck klar für Manöver. 15:00 Genua weg, Warnemünde rein und direkt nach SB in den Alten Strom gelaufen wo der Stegkopf an der Ostpier freie Plätze aufwies. Vor einem dort liegenden Katamaran einen Aufschiesser gefahren. Der Kat war allerdings derart breit, dass ich selbst bei knappster Annäherung erst eine Bootslänge vor ihm am Steg längsseits kam, dort stand bereits, freundlicherweise, der Kat-Chef und nahm meine Leine wahr. Dann verholten wir da Boot per Leinen achteraus bis knapp vor den Kat. Zwei (!) zusätzliche Springs und längs gezurrte Fenderpäckchen waren nötig um die Bocksprünge abzumildern, welche durch die dort mit AK herumhuschenden Hafenrundfahrtdämpflinge verursacht wurden. Und wieder mit leichtem Erstaunen die hiesige exorbitante Whooling von Booten und Schiffen aller Arten und Größen beguckt, munter durchsetzt mit allerlei Charter-Winzlingen die, Kraft des Werbespruches an Deck „Führerscheinfrei“, offenbar ohne jedes Risikobewußtsein, und daher entsprechend furchtlos, sich noch dem dicksten Kreuzfahrtschiff vor den Bug warfen. Ihrerseits umkreiselt von Rundfahrtbarkassen, gefüllt mit Besuchern, Bier und lauten Erklärungen der Sehenswürdigkeiten über Lautsprecher, während die regelmäßig einlaufenden dicken Dänenfähren Schneisen durch die Meute ziehen. An Land später einige Kunstwerke aus dem Bereich Sandburg bzw. Skulptur angesehen. Zwar überhaupt nicht mein Geschmack aber großen Respekt vor der immensen Arbeit die die sich teils gemacht haben muss man ihnen wohl zollen. Also Hut ab! 03.08. Morgens an der Küste weiter nach Nordosten hochgelaufen. Der zunächst noch unentschlossene Ostwind frischte auf und ließ ein schönes Segeln am Wind unter Landschutz bis Darßer Ort zu. Ab Darßer Ort war Feierabend mit Landschutz. Der Ost stand nun genau auf die Nase mit solch kurzer Ijsselmeer ähnlicher See. Da ich mir selber einen Termin aufgedrückt hatte, was ja gerne Quatsch ist auf See, ließ ich nur das Groß stehen und kreuzte unter Dieselhilfe Richtung Hiddensee/ Gellen. Geplant waren die Boddengewässer, da ich dort noch nicht war wollt ich gerne bei Licht in Stralsund eintreffen. Unterwegs holte das Rettungsboot jemand nach Darßer Ort rein, der offenbar vor der Tür Grundberührung mit Ruderschaden hat. Die Zusammenhänge waren nicht ganz klar und ich wäre eh nicht rangekommen; aber wieso geht jemand hier bei Ost an eine versandete Leegerwallküste? Natürlich dumm wenn man evtl. schon vorher Probleme hatte und nicht mehr um „die Ecke“ herum in Landschutz kommt. Von SB achtern lief auf gleichem Kurs ein großer Motorkreuzer auf, den ich als Kurshalter SB passieren ließ. Der drehte allerdings querab liegend plötzlich, mit Hartruder, vierkant auf mich zu. Es war niemand auf dem Schiff zu sehen. Nach Notstopp meinerseits und noch während kurzer Überlegung wohin am besten abzuhauen wäre drehte er, nun erschien jemand im Steuerhaus, schon unangenehm nahbei ebenso abrupt zurück nach SB, praktisch sofort wieder mit Hartruder BB und passierte mich in Spuckweite vor dem Bug. Dann setzte er seinen Zickzackkurs weiter fort, so das ich mehrmals seine BB- und mal seine SB Seite einsehen konnte. Ich hatte das schon im Forum beschrieben, wo Hanse zu Recht anmerkte, das man mal nach dem VHF hätte greifen können. Daran hatte ich gar nicht gedacht, ich war nur froh dass er weg war. Während des beschriebenen Manövers hätte allerdings die Zeit für einen Funkversuch gar nicht gereicht. Sicher ist nur, dass er, wie zuvor bewiesen, gut Fahrt gegenan machen konnte. Kreuzen –was er auch nur während der Torkelei um mich herum tat- gegen die See wäre für ihn nicht nötig gewesen dazu stand für einen Eimer seiner Größe zu wenig See. Spät nachmittags erreichte ich das Fahrwasser nach Barhöft in Höhe Gellen an der nördlichen Grenze der hier allgegenwärtigen Schutzzonen. Endlich wieder, wenn auch nur für kurze Zeit, herrliches, dieselloses und schnelles Segeln auf glattem Wasser im Fahrwasser zum Durchgang in den Bodden, sozusagen knapp unter der Waldkante von Hiddensee. Kitsch as Kitsch can, blauer Himmel mit einigen Cirren, darunter an BB Wald, Strand, Wasser und halber Wind. Der durch den Ost erwartete starke Gegenstrom setzte auch pünktlich vor dem Durchgang in den Bodden ein und die Tonnen gewannen zwar die Rennen nicht aber sie waren dennoch recht flott unterwegs. Im Fahrwasserbogen nach Barhöft ging es sehr hoch am Wind weiter, so dass ich der Enge des Fahrwassers wegen den Diesel mitlaufen ließ. Vor mir trieb, quer im Fahrwasserbogen, mit killenden Segeln ein polnischer offener Segelkutter mit acht Mann an Bord. Solch schicker offener Marinekuttertyp mit zwei Masten. An Bord schien leichter Zustand zu herrschen. Vier Riemen in hektischem Einsatz und allerlei laute Rufe unter killenden Segeln. Ich quetschte mich knapp am SB Tonnenstrich achtern vorbei als ich merkte dass die auch mich anriefen. Nur war und ist mein polnisch genau so nichtexistent wie deren deutsch…bis einer endlich einen Tampen schwenkte. Achso! Sagt das doch gleich! Schnell die Genua weggerollt und mit Maschine versucht mich im Strom wieder etwas achteraus an sie ran sacken zu lassen, während sie mit AK gegenan pullten. Das war nur etwas tricky, da dort in unmittelbarer Nähe eine Tonne im Weg war und wir, durch den Bogen, westlich aus dem Fahrwasser gesetzt wurden. Da konnte ich aber auch mit -relativ wenig- 1,50m Tiefgang nicht so gut hin, des niedrigen Wasserstandes wegen waren eh ringsum unschöne Schlickbänke zu sehen, teils nur knapp außerhalb des Tonnenstriches. Also pullten die Jungs wie die Weltmeister und der Macker im Bug warf die Leine, behielt aber bedauerlicherweise das längere Ende für sich, das kurze landete im Bach und wir starteten eine neuen Anlauf. Beim zweiten Anlauf war er nicht ganz so geizig und ich belegte den immer noch reichlich kurzen Tampen SB achtern und bat darum mehr Leine nach zu stecken. Das verstand keiner, nicht auf Deutsch, English oder Hände und Füße Gezappel. Da ich andauernd rein flitzen musste um Ruder und Maschinenkorrekturen vor zu nehmen hatten wir in der engen Umgebung auch keine Zeit für längere Diskussionen. Mein Ende war zu kurz um eine sicher Verlängerung an zu stecken, gut Stopperstek und etwas Gefummel aber ich musste ja auch Ruder gehen. Also erstmal losgedaddelt. Die Skipperin des Kutters radebrechte und gestikulierte mir dann ich könne ruhig Speed machen. Aber schon bei 4 Kn über Grund, durchs Wasser des Gegenstromes wegen entsprechend mehr, lief der Kutter aus dem Ruder. Daher gestaltetet sich das letzte kurze Stück bis Stralsund etwas beschaulicher als geplant, mit 2-3 Kn über Grund. Natürlich ist ein Motorsegler eh keine Rennsau aber i.d.R. rechne ich schon 5 Kn als Schnitt bei Törnplanungen. Aufgrund der geradezu vorbildlichen Betonnung war aber der Kurs an sich kein Problem. Wenn man hauptsächlich dänische Mikrotonnen gewohnt ist, glich das hier einer wahren Offenbarung. Ich bin, BTW, allerdings auch von NV Karten mittlerweile zugunsten DK Karten abgekommen. Nach meinem persönlichen (sic) Eindruck sind die DK Karten nicht nur billiger sondern auch besser was den Druck und Details anbelangt. So sind hier grüne Tonnen auch grün gedruckt und es steht nicht nur grün dran. Weiterhin ist mir aufgefallen das bei NV Karten Landmarken etc. auf zwei Blättern derselben Gegend, relativ zum Koordinatennetz, jeweils pro Karte versetzt angeordnet bzw. gedruckt sind. Man muss ja oft durch dieses Sportbootkartensplitting zwischen Karten wechseln, dann sollten aber auch die Längen/Breiten und Distanzen einzelner Teile dazu nicht variieren. Die mittlerweile leicht fröstelnden Kollegen im Tender baten darum bis in die Citymarina mitgenommen zu werden. Eigentlich hätten sie auf dem breiteren Stück zwischen Stralsund und Barhöft wieder kreuzen können…aber da hätte ich auch keine Lust mehr zu gehabt. Also krochen wir weiter. Bei der Ansteuerung Stralsund war es dann doch schon finster. Auf dem Molenkopf stand eine applaudierende Menge Polen, die ihre offenbar schon vermissten Kumpels begrüßten. Nach dem loswerfen verzog sich der Kutter an die Pier. Da etwas Schwell auf den äußersten Schwimmsteg stand und der für eher längere Kollegen gedacht schien, suchte ich weiter innen nach einem Nachtlager, als ich einen Pfiff und „Steg eins ganz durch“ bölken hörte. Lauschend in die Plicht verholt, wiederholte sich der Ruf. `Ach der meint mich! Das ist aber ein Service und das noch so spät!` Also Steg eins gesucht und geguckt was er wohl meint, dahinten ist ja schon der Hafen zu Ende? Aber da bedeutete mir ein schwenkender Arm ganz innen einen Platz direkt neben dem Hafenmeisterhäuschen zu. An dem Arm hing ein zweiter Hafenmeister dran, der mir dann noch bei den Leinen half und um 22:30 konnte ich endlich, drei Stunden hinter dem Zeitplan aber dafür sehr zufrieden mit der Hilfsbereitschaft hier in Stralsund den Stoppschalter des Diesels ziehen. Beim Beine vertreten auf dem Steg um das neuronale Nachdieselgesumme aus den Knochen zu bekommen sah ich mich plötzlich von einem Haufen junger Leute umringt. Die Kuttercrew hatte mich aufgestöbert und überreichte eine Buddel Vodka als Danke schön. Shake hands und Rückmarsch. Aha, also klemmen doch nicht alle der Folgegeneration am PC und verkapseln sich sozial. Schön zu sehen! 04.08 Per SMS Ankunft meiner Mutter am Stralsunder Bahnhof geklärt. Der Hafenmeister zeigte mir am Stadtplan welchen Bus und Haltestelle sie nehmen soll, was ich via SMS weiterleitete. Klappte auch alles wie geplant. Mittags auf der Promenade kam sie mir mit Rucksack auf dem Buckel entgegen geturnt. Leicht außer Atem, da sie es mit 72 Lenzen und als chronische Asthmatikerin als vorteilhafter empfand hinter einem bereits abfahrenden Bus her zu sprinten statt den nächsten zu nehmen. Nachdem die Crew sich nun verdoppelt hat, schnüffeln wir durch das schöne Stralsund und kriechen auf der „Gorch Fock“ bis in die letzten Ecken. Selbst in diesem gerupften, halb renovierten Zustand geht eine Ästhetik von dem Schiff aus die moderne Entwürfe, für meinen Geschmack, nicht vermitteln können. Obwohl auch hier grundsätzlich Form follows Function herrscht erscheint die Synthese einfach stimmiger. Wir wollten uns hier treffen um noch mal einige Ecken anzusehen die meine Eltern 10 Jahre zuvor, kurz vor dem Tod meines Vaters, abgesegelt waren. Er stammte aus Stettin. Bis vor dem Krieg waren die Ostsee und die Boddengewässer quasi sein natürliches Umfeld auf Großvaters motorloser Holzketsch (s. S/W Bild unten) . Dann folgten Marine und Verlust der Heimat. 05.08 Im geordneten Gänsemarsch geht es morgens durch die Brücke Ziegelgraben. Ich hoffe dass die Jungs hier sich nicht mal nach Kappeln verirren und entsetzt das Chaos bestaunen müssen das Sportbootfahrer dort vor der Brücke regelmäßig produzieren. Nach der Brücke Genua dazu gesetzt, die aber nach einem Fahrwasserschlenker in den Trichter zum Greifswalder Bodden zunächst wieder geborgen wurde, da das laue Lüftchen genau gegenan wehte. Kurz nach dem bergen rauschte ein Schlauchboot in Brassfahrt auf uns zu und einer der beiden Herren dort blökte „Nehm`se ma` sofort den Kejel da weg!“ bzw. sinngemäß etwas in der Art. Dienstflagge und Mützen zeugten von hoheitlicher Wichtigkeit. Oh Sakrileg, hatte ich doch nicht in Lichtgeschwindigkeit nach dem bergen der Genua auch den Motorkegel eingeholt. Schwere Schuldgefühle drückten mich nieder, zumal ich doch genau wusste das gesetzte Segel von aufgetuchten praktisch nicht zu unterscheiden sind. Nachdem von offizieller Seite das beheben dieses fundamentalen Missstandes ausreichend beobachtet war, stoben die Unantastbaren in der Aura blütenweißer Gischt davon, die sich bildet wenn man Steuergelder durch großvolumige Außenborder leitet. Nach einer gemütlichen, zunächst Halbwind-, später Amwindstrecke über den Greifswalder Bodden zockeln wir bei Regen in die Peene und laufen Karlshagen an. Sehr beeindruckende Gegend hier, wirklich schön. Spaßigerweise begegnete uns auf dem Bodden ein Ausflugsdampfer, Schweizer Provenienz, dessen niedrig gehaltene, lange und flache Bauart mit großen tief angeordneten Fenstern ich eher in der Binnenfahrt vermutet hätte. Bis mir einfiel, dass der Unterschied zwischen Bodden und Bodensee sicher geringer ist als man vielleicht zunächst denkt. Damit auch die Landmenschen etwas zu gucken hatten produzierte ich in Karlshafen leichtes Hafenkino. Beim einlaufen in eine Box bekniff sich meine auf Slip geführte SB Achterleine am Dalben zwischen solch einer oben aufgesetzten Stahlgabel und dem hochgerutschten Kunststoffschutz des Dalbens derart, das ich sie ums verrecken, erstmal, nicht mehr losbekam. Ganz loswerfen wollte ich sie aber auch nicht, da der Wind genau in die Box stand. Vorne verlangte man fleißig nach weniger Strecke offenen Wassers zwischen Bug und Pier, während ich achtern, erbost mit dem Dalben ringend, dem Wunsch nicht unmittelbar entsprechen konnte, was allerdings fortgesetzte Forderungen von vorne, mangels Verständnis für meine durch knirschende Zähne gepressten Erläuterungen, nicht verstummen ließ. Nach zähem Duell gab es ein ratschendes Geräusch, das entsprang dem sich nunmehr ruckartig und hinterhältig lösenden Festmacher. Direkt gefolgt von einem dumpfen Schlag mit dem der Heckkorb meinen schlagartig entlasteten und somit jäh beschleunigten Ellenbogen wieder abbremste. Musiknochen…Scheibenhonig! 06.08 Hafentag in Karlshagen, das sich, wie offenbar alles hier, seit dem Besuch der Eltern stark verändert hat. Weg vom Handwerk, hin zum Fremdenverkehr. Nicht immer schön aber offenbar nötig für ein wirtschaftliches Auskommen. Wir laufen in den Ort und fahren mit der Bahn nach Peenemünde, wo Mutter enttäuscht sieht, das die Bimmelbahn ihrer Erinnerung und letzten Reise auf dem Museumsgelände steht, statt weiter zu fahren. Der ganze Raketen- und Industriekomplex in welchem sie noch durch verfallene Hallen gestromert sind ist nun hinter Bauzäunen und Sanierungstätigkeiten verborgen. The Show must go on. Nach ausreichender Sondierung der Gegend fahren wir zurück und ich pumpe das Dinghi auf, da wir noch einen Ausflug plus Dieselkauf nach Kröslin planen und Lorenz heute heftig vom Himmel brennt. Durch die Motorerei ist doch einiges an Reserve geschrumpft. Großvaters Eimer wurde bei derlei Flautenattacken getreidelt oder man wartete auf Wind, häufig zu Ungunsten der Schule. Die Schlauchboottour nach Kröslin, vorbei an Ankerliegern und dem allgegenwärtigen Schilfgürtel war herrlich, ein wenig wie in Holland. Stimmungsmäßig nur leicht durch die perversen Dieselpreise gedämpft landen wir mit 40 l Reserve wieder in Karlshagen an. 07.08 Mutters Wunsch entsprechend war für den Tag nur der Minihüpfer zum Ruden geplant. Nach einer kurzen Segelei nur unter Genua aus der Peene heraus im Regen, frischt der Wind aus Westen –programmgemäß- schnell auf (Erst der Regen dann der Wind, birg die Segel ganz geschwind. Erst der Wind und dann der regen lass sie stehen sie könnens verdregen) Im Handumdrehen baut sich auf dem kleinen und flachen Bodden eine kurze, steile aber nicht sehr hohe See auf. Jede einzelne mit ihrem ganz privaten Schaumkrönchen. Gegen an dürfte das nass werden. Wir dagegen, halb bis raumschots, liegen wie ein Brett und rutschen flott unter Genua das kurze Stück rüber zum Ruden. Die kleine, der Peene vorgelagerte Insel ist mittlerweile auch komplett unter Naturschutz dem natürlichen Verfall bzw. der „Renaturierung“ überantwortet worden. In der Hafeneinfahrt liegt ein Flach direkt an der Steinpackung, die dort ausgebrachte, durchaus nicht klein(st)kalibrige- Untiefentonne liegt nur zwei oder drei Meter vom Ufer entfernt. An der Außenmole gingen wir längsseits. Leider immer noch Schauer, die sich ja gerne vermehrt während Decksmanövern zu Wort melden. Die Pier war stark verfallen und die stählernen Kantenschützer und Stahlplatten teils zu scharfen Kanten verrostet. Ich musste alle Leinen, die über die Kante liefen, mit Schamfilungslappen und Schläuchen versehen, was sich am folgenden Morgen auch als nötig erwies, zumal ein klein wenig Schwell in den Hafen stand. Überall fanden sich Reste dicker Kabelleitungen und andere Residuen einstiger Infrastruktur. Die ein oder andere Lampenkuppel der ehemaligen Molenlaternen war ab gerostet und hing sprungbereit herunter. Der Beton streckenweise überwachsen und ein bereits auch wieder verfallender Steg aus Stahlrosten überspannte den Schilfgürtel zum Land hin. Ich mag ja so einen etwas morbiden Charme. Daher fühlte ich mich sofort wohl hier. Bis auf einen umzäunten Rundweg im Süden der Zwerginsel ist überall „Betreten verboten“. Nach Vergleich mit den Eintragungen im alten Logbuch hat sich aber immerhin das Liegegeld nicht erhöht, wie sich abends herausstellte. Vorbei an Kiefernwäldchen, einem Plumpsklo und allgegenwärtigen Verbotsschildern folgten wir dem Rundweg. Weiter an einem verfallenen Gehöft und einer rostigen Bake/Lotsenturm ging es zu dem südlich aus der Insel herausragenden, nun eher skelettierten, Wellenbrecher, der der Landgewinnung diente (die komplette Insel ist schon lange von einer Steinpackung umgeben) bzw. die Sandabspülungen vom Nordteil auffängt. An dessen Wurzel steht ein viereckiger Lotsenturm. Dort ist auf verschiedenen Stockwerken die –leider wie so oft militärisch geprägte- Geschichte der Insel beschrieben und illustriert. Etwas feucht-muffig aber sehr interessant. Abends kam das sehr gemütliche ältere Paar, das diesen Naturpark bewohnt und bewacht in den Hafen und kassierte das Liegegeld. 08.08 Der am Vortage böige West ging über Nacht zur Ruhe. Wir liefen aus, zunächst NE am einem vorgelagerten Flach entlang Richtung Oie. Die äußere Ansteuerung sparten wir und gingen schon vorher auf Nordkurs um noch schnell das Flach zu queren da von Süden eine dustere Gewitterfront anmarschierte. Die Segel hingen schlaff herunter und der Diesel schob uns auf tieferes Wasser nördlich des Flachs. Dann hatte die Wolke uns eingeholt und brachte Starkregen und kräftigen südlichen (!) Wind. Wir bürsteten förmlich, mit eigentlich zu viel Zeug, platt vor dem Laken mit den nachlaufenden Seen um die Wette. Südöstlich Sassnitz war die Front durch, nahm aber leider den größten Teils des Windes auch wieder mit. So schlichen wir, nun mit nunmehr eher zu wenig Segelfläche, Spinnaker, Gennacker oder Bollejan u. ä. Faxen habe ich ja nicht, mit gebremstem Schaum unter aufklarendem Himmel weiter nach Norden. Pünktlich beim passieren der Kreidefelsen kam die Sonne hervorgekrochen und lieferte das ein oder andere kitschig-schöne Postkartenmotiv der Klippen. Wir schwenkten dem Verlauf der Insel Rügen folgend auf Kurs West und konnten die Segel bis Lohme nutzen, wo wir dann durch die reichlich enge Einfahrt in das Becken motorten. Dieser winzige, direkt unten an einen Steilhang geklebte Hafen macht seine äußere Mindergröße mehr als nötig mit immens dimensionierten Jochs wett. Bei unseren 34` wäre es ein leichtes gewesen noch jemand halb so großen achtern mit rein zu bugsieren. Das gab einen sehr unschönen Zugwinkel auf die Leinen, so dass wir in einer Huk gelegen es durch Springs auf den Steg ausglichen. Der war seinerseits widerum so hoch das wir mit der Reling dagegen gekommen wären ohne etwas Häkelarbeit. Leinen überkreuz nutzt bei uns, Canoeheck und AB Halterung im Weg, meist wenig. Dann fiel uns das zweite, mehr olfaktorisch wahrnehmbare Phänomen des Hafens auf: Gestank, infernalischer Gestank, ein Miasma irgendwo zwischen Laternenpfahl ganz unten und Schwefelwasserstoff. Bei näherem hinsehen glucksten auch unablässig Blasen an die Oberfläche, offenbar Faulgas geschwängert. Das Wasser selbst war graugrün, trüb und mit Modder und Algenfetzen versetzt. Möglicherweise ein Nebeneffekt der Wasserbaumaßnahmen, mit denen der Grundwasserspiegel im Hang gesenkt wird, seit 2005 ein Bergrutsch einen guten Teil des Abhanges abgehen ließ. Naja, morgen geht es weiter, dachten wir in Hinblick auf das Odeur. Überflüssig zu schreiben dass wir hier zwei Tage mit Westwind – wo wir hinwollten - einwehten. Da wir das aber noch nicht wussten, pilgerten wir, erst fröhlich, dann atemlos, die endlose Treppe zum oberhalb des Hanges gelegenen Dorfes hoch und prüften die Gegend. Oben roch es auch nicht so streng. 09/10.08 Es stank immer noch, selbst der starke bis in Böen stürmische West mit Regenflagen der seit der Nacht blies half kein bisschen dagegen. Bei Prüfung des westlich gelegen Terrains fand sich auch Gestank und schwärzlicher Schmodder. Also warteten wir mild umschmeichelt von Kloakengerüchen auf Chance nach Westen. Da inzwischen starker Schwell in der Minieinfahrt stand und wir doch relativ heftig in den Festmachern ruckten und zukehr gingen, steckte ich noch zwei Springs zusätzlich. Dann wandte ich dem Gestank den Rücken und wanderte, teils im Wald, teils am steinigen Strand, Richtung Kliff. Hier und da gingen einige Segler raus, nach Osten lief es ja gut. Nur durfte es in der engen Einfahrt keinen Ärger mit der Maschine oder dem Schwell geben. Es ist so eng das man da recht flott auf Stein semmelt, im Zweifelsfall also nicht unbedingt perfektes Auslaufwetter. Einer brach seinen Ausflug nach Ost ab und bolzt den Weg zurück, was durchaus weitgehende Einblicke in die Güte seines Unterwasseranstriches zu lässt. Unter den Klippen fand ich eine Holztreppe zum Obergeschoss und begann den langen Aufstieg im Regen. Voller Neid sah ich allüberall umgestürzte Buchen, die zwar unwegsam lagen aber für Jahre unsere Öfen zu Hause hätten füttern können. Alles voll damit! Und ich durfte bzw. konnte nicht dran, schon stark frustrierend solch Anblick. Tantalus hatte sich bestimmt ähnlich gefühlt. Oben angekommen stand ich plötzlich auf einem mit Bussen und Leuten gefüllten Parkplatz. Hektik, Stimmengewirr, Gewimmel, nix für mich, zweimal wurde penetrant versucht mir Reklamezettel für irgendwelche Pinten aufzudrängen. Sofort vermisste ich den friedlichen Gestank und Sturm in Lohme. Alles brandete zu einem Kassengang, an welchem zu lesen stand, das man neben unverzichtbaren Weltsensationen auch mal von oben herunter sehen dürfe, alles für 6€. Was ist los? Wieso sperren die denn ihre Klippen kostenpflichtig ein? Auf Möns Klint latscht man doch einfach durch den Busch und guckt runter wo man möchte? Daher sparte ich mir die Sensation, was der sicher völlig gleichgültig war und wanderte zurück in vertraut müffelndes Gebiet. Am nächsten Tag rupften wir die Reste des Treadmasters vom Aufbau. Das Vorhaben begann schon vor Tagen, nur sind die spröden Reste recht zäh im Kleber. An diesem zweiten Tag fühlten wir uns schon praktisch heimisch und meine Mutter log mir häufiger vor, dass sie den Geruch gar nicht mehr wahrnähme. 11.08 Der Wind drehte abflauend auf Ost, allerdings mit Regen, das war ungewöhnlich. Der Wetterzettel machte uns Glauben der Ost frische mild fächelnd auf und drehe –viel, viel später- auf SW. Morgens ausgelaufen, zunächst Kurs Arkona. Der Wettermann hatte gelogen, der Regen blieb, der Ost lag in Agonie und schwand dahin. Vor Schmetterling und Diesel passierten wir Arkona im grauen Dunst und nehmen Kurs auf Mön. Dann, binnen Minuten, drehte der Wind auf SW und nahm sehr schnell und stark böig zu. Der Regen blieb treu, kam nur halt jetzt von vorn. Um Klintholm anliegen zu können mussten wir sehr hoch an den Wind. Zu hoch für meine bevorzugte Starkwindbeseglung – Genua und Besan. Daher packte ich den Besan weg und wir liefen unter Groß und Genua weiter. Trotz relativ stark zunehmender und vorlicher See machten wir gute Fahrt aber es war etwas ungemütlich und wir zogen häufig das Leeschanzkleid durch den Bach. Da Lage nicht unbedingt Tempo heißt rollte ich die Genua - ungern , da weder gut für das Segel noch für dessen Profil am Wind- etwas ein. Nun drückte das Wasser in Lee nur noch ab und zu durch die Speigatten herein und wir liefen wesentlich trockener, mussten aber einen Tick voller laufen. Der starken Abdrift wegen koppelte ich fleißig mit, da wir bei der miesen Sicht im Regen nicht auf das Klint brummen wollten. Wir antworteten auf einen Notruf aber keine Reaktion. Ein Berufer rief auch in kurzen Intervallen nach einem Segler in Not. Ich weis nicht ob wir denselben meinten. Das Höhe kneifen hatte geklappt, wir lagen gut frei vom Klint das aber erst unangenehm spät in Sicht kam. Ein SB voraus laufender Segler ging auf Gegenkurs und passierte uns in Lee. Kurz darauf funkte er uns an: Sie hätten Probleme mit dem Diesel, ob wir sie nach Klintholm einschleppen könnten. Ich bat sie über Stag zu gehen dann würden wir sie einsammeln. Prompt funkte ein Seefunkprimat dazwischen, natürlich zu feige, wie eigentlich immer in solchen Fällen, ein Rufzeichen oder Namen zu nennen, mutmaßlich gemütlich im Hafen sitzend, mit dem wahrlich hochintelligenten, arrogant-dümmlichen Hinweis das Segelboote doch auch segeln könnten. ATIS hat doch manchmal Vorteile, die Zahl dazwischen quatschender Schwätzer und Stegsegler dürfte, der fehlenden Anonymität wegen, wohl geringer sein. Das einschätzen der Situation vor Ort und entsprechende Entscheidungen sollten solche Kubiktrottel doch besser den Leuten die es betrifft überlassen. Unter den Wetterbedingungen, recht kräftiger auflandiger SW, Regen mit sehr schlechter Sicht, war den Kollegen aber ein einlaufen unter Segel zu riskant. Abends erfuhren wir überdies, dass sie dieses Boot noch nicht sehr lange segelten. So war im Nachhinein ihre Vorsicht verständlich. Wir drehten und liefen ihnen in Lee entgegen, als sie nah genug heran waren, drehten wir auf und parallel liegend nahm Mutter die Leine BB achtern wahr. Ich bat noch darum eine Pütz nach zu schleppen, da ich fürchtete das dies leichtere und schnellere Boot uns nach dem Kurswechsel vor den Wind, zum einlaufen, ins Heck surfen könnte. Da die Schleppleine am BB achtern aufgehängten Außenborder schamfilte, verlängerte ich den Tampen und verholte die Leine zum SB Poller. Meine arme Mutter wurde unterdessen nass und nässer bei der Leinenwache in der Plicht. Im Gemeindehafen lieferten wir sie an der Pier ab und gingen rüber an den Steg der Westmole. Dieser Steg ist ein Stück niedriger als unser Freibord, darauf sitzen kurze viereckige (!) Poller. Bevor ich eine zweite Leine rüberbringen konnte war die erste, beim geringsten Zug, schon wieder am nassen, bemoosten Poller hoch- und abgerutscht. Da der Wind uns schnell vom Steg wegdrückte durfte ich den ganzen Anlauf wiederholen. Bei diesem etwas flotter gefahrenen Anleger sprintete ich flugs auf den Steiger wo ich auf dem schmierigen Grün auch folgerichtig ausrutschte, nun waren die nassen Klamotten auch noch etwas grün. Mit Rundtörns und bei gebändselt blieben die Festmacher dann aber die Nacht über auf den Pollern. Abends bekamen wir eine Buddel Whiskey von der geschleppten Crew geschenkt. Und man erzählte uns das an diesem Tag in Böen bis acht Beaufort auf dem Zeiger gestanden hätten. Das erschien mir, gefühlt, etwas zu hoch gegriffen. Allerdings weis ich nicht wie genau diese Anemometer sind und inwiefern die Mastbewegungen das Ergebnis evtl. beeinflussen. Jedenfalls war es noch ein nettes Gespräch zwischen nassen Seekarten, tropfenden Kleidungsstücken und feuchten Polstern. Ob der Diesel mangels Sprit oder verstopftem Filter aussetzte erfuhren wir nicht mehr, da weder da Wetter noch das Liegegeld uns länger als eine Nacht hier in Klintholm festhalten sollte. 12.08 Wir stapften morgens, stark verhüllt, mit Säcken voller Wäsche durch den Regen und verbrachten den Vormittag vor dem Münztrockner und Wäschetrommel. Ahh, so fühlt sich also trockene Wäsche an, sehr schön. Hielt nur leider nicht allzu lange an der Zustand. Mittags liefen wir vor abflauenden und auf Ost drehenden Wind raumschots noch die kleine Strecke westlich in den Grönsund. Diesen segelten wir, unterstützt durch Schauer, hoch bis Bogö, ein Minihafen gegenüber Stubbeköbing. Dort fand sich ein schöner Platz direkt an der Pier, der geringe Schwell wurde noch geringer als sich später jemand hinter uns packte. Da vorne auch schon jemand lag war die kurze Pier damit bereits gut voll belegt. Der Regen legte eine Pause ein, so dass wir noch einen kleinen Landgang unternahmen. Der Größe des Ortes und des Hafens entsprechend geriet dieser recht kurz. 13.08 Ich stand morgens im Regen und grübelte wie ich am intelligentesten eine Leine auf die andere Hafenseite bekäme. Denn der Ost drückte uns auf die Pier und der Platz zum ausdampfen und wenden war sehr begrenzt, vorne und achtern lagen ja auch noch eng die Kollegen. Wie gerufen gurkte ein kleiner Gleiter los, den ich anpreite. Er war so nett und hängte unsere Leine auf einen Dalben gegenüber. Damit erledigten sich alle Maschinenmanöver mit langkieltypischen Hartruderlagen sowie vielen Vor- und Zurückpulls bei Drehern, wir holten an der Leine den Bug auf die andere Hafenseite, lagen friedlich quer im Becken im Wind und klarten in Ruhe auf. Nach loswerfen der Leine hielt ich das Heck mit kurzen Standgaspulls, der Wind erledigte den Rest der Drehung und wir liefen aus und unter Segeln weiter durch den Sund. Der eklige Nieselregen nahm zu Beginn der Reise wieder häufig die Sicht. Aber westlich der Brücke bei Vordingborg ließ der Regen nach. Es war immer noch stark bedeckt aber die Sicht wurde zunehmend besser. Der achterliche Wind stand, wenn auch mitunter schwächelnd, das ganze Smalandfahrwasser durch. Zwischen Omö und dem Dampfertreck, am Eingang zum Großen Belt, begab er sich dann vollständig zur Ruhe. Bei Flaute und bleiern glatter See motorten wir um Langelands Nordhuk und gingen nach Lohals. Geplant war eigentlich Thurö-Bund aber das hätte bei fortdauern der Flaute drei weitere Motorstunden geheißen, und das macht wenig Spaß. Der Wind erschien auch erst am nächsten Vormittag wieder, womit wir entschuldigt waren. Lohals, der alte Hafen, ist klein, gemütlich, sauber und man kann Fischkutter und allerlei Sportboote begucken, schlicht gesagt ein lohnender Besuch zumal auch noch das Wetter aufklarte. 14.08 Morgens taperten wir ins „Binnenland“ und ergänzten im Supermarkt unseren Pantrybestand an schmackhaftem dänischem Yoghurt-Weichgummibrot. Meine, nur während Segeltörns gepflegte, Sucht nach Cola reduzierte ich auf ein Minimum. Das fällt nicht ganz so schwer wenn man jeden schweren Tropfen einen Kilometer auf dem eigenen Buckel zum Boot tragen muss. Anschließend ausgelaufen und bei zunächst auffrischendem Ost wunderbar im glatten Wasser an der Westküste Langelands nach Süden in den Svendborg Sund gesegelt. Bei einschwenken in das Fahrwasser in den eigentlichen Sund stempelte der Wind aus und ging in die Mittagspause. Der Strom setzte uns entgegen und weder Beschwörungen oder Flüche noch durchdringende Blicke auf die Tonnen bewirkten eine nennenswerte Fahrt voraus über Grund. Eher das Gegenteil schien der Fall. Da überdies Regen einsetzte packten wir ein und wir liefen unter Maschine das Ankermanöver in der Bucht Thurö-Bund im nun strömenden Regen. Der Regen prasselte anschließend bis in den nächsten Vormittag hinein. Abends ging relativ nahe vor uns eine weitere Yacht vor Anker. Der Grund ist hier verschlickt und teils stark verkrautet. Dem steilen Winkel, trotz Wind, seiner Ankerkette zufolge hatte der Vordermann evtl. viel zu wenig Kette gesteckt. Wir beschlossen das im Auge zu behalten, da er im Falle des Falles und unveränderter Windrichtung in uns rein driften könnte. Streng nach Drehbuch ging er bei einsetzender Dunkelheit im strömenden Regen auf Slip. Auf VHF reagierte er nicht. Als er geschätzt fast unseren Anker erreicht hatte weckte ich ihn mit der Tröte. Bei erscheinen von Menschen in der Plicht lag er bereits in Wurfweite etwas vorlicher als querab und reichlich nah. Schwer zu glauben aber soweit zu beobachten machte er den gleichen Fehler noch einmal und ging wieder auf Drift. Nach einem dritten Anlauf mit Nachbesserung schien Ruhe. In der Nacht drehte der Wind beruhigenderweise um 180°. Weil, wenn man Ankerwache für andere mitgehen muss ärgert man sich schon. Sowas ist immer unangenehm, man weis auch nie genau wie man den Leuten gegenüber reagieren soll. Ob Kritik, oder Erklärungen, alles kann ja auch missverstanden werden und man selber wird als Trottel oder Motzkopp hingestellt. Andererseits kann ich auch auf etwaige nächtliche Rammings verzichten. 15.08 Wir nutzten die Regenpause und zogen weiter Stück für Stück die Beschläge und setzten sie mit Pantera und Kontermuttern wieder ein. Das ist, trotz Routine, immer noch sehr aufwendig. Im wenige cm breiten aber bis 50 cm hohen Schanzkleid ist oft kaum eine flache Hand unter zu bringen. Vieles geht nur über Tasterei. Um erst einmal heran zu kommen müssen Schapps, Lampen, Blenden etc. abgebaut werden. Mit allerlei Geschräubel ging der Tag zu Ende. 16.08 Am späten Morgen ankerauf und durch den Sund nach Lyö verholt wo wir wieder vor Anker gingen. Ich setzte meine kleinen Baustellen fort während von Lyö ein periodisches „Patong-Patong-Patong“ der Ramme herüber scholl. Die Leutchen sind noch immer schwer mit der Vergrößerung und dem Ausbau Ihres Hafens beschäftigt. Aufgrund später einsetzender Schauer machen wir Feierabend an den kleinen Baustellen. 17.08 Wir gingen still und leise unter Segeln ankerauf und verlassen die Bucht. Es gibt viele schöne Dinge beim Segeln, wenn man den selbstauferlegten Stress mal übersieht. Dazu gehört das Ankern und vor allem das leise kreuzen über der Kette, bequem bei jeder Wende die Lose aufholen, mit dem letzten Schlag den Anker an Deck wuchten und weiter abfallen auf Kurs, herrlich. Naja zumindest hier auf dem sandigen Boden. Wenn man natürlich Pütz um Pütz über jeden Meter eingeholter und verschlammter Kette lenzen muss, weicht die Romantik zugegebenermaßen schon mal milden Verwünschungen. Das oben erwähnte still und leise hielt betrüblicherweise nur bis Skjoldnäs vor. Der eh ungünstige südliche Wind pennte mal wieder ein und unsere Reise endete wie sie begann, mit Dieselei. In der Einfahrt Schleimünde sahen wir erstaunt, dass Teile der Ummauerung des südlichen Molenkopfes abgebrochen waren. Zurück in Arnis begannen wir noch einige Baustellchen, Fenster dichten etc.. Eine Leckage die mir öfters eine feuchte Koje beschert (i.d.R. dann, wenn ich mal bei Dauerregen oder schwerer See klugereise vergessen habe die Polster hoch zu stellen) harrt noch ihrer Entdeckung. Ich umkreise sie aber bislang hat sie sich erfolgreich versteckt. Bis zum Sieg hält die Improvisation aus Windeln und einem Gefäß an der Abtropfstelle. Nach Abschluss der Arbeiten fuhren wir zu Muttern, die hier in der Nähe wohnt und nach einer letzten Übernachtung machte ich mich klar für die Rückreise ins Rheinland.
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