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Vier Insel Törn
Eigentlich wollten wir ja schon im Juli los und haben es auch versucht. Aber nach einer Woche Regen und nahezu arktischen Temperaturen haben wir den Urlaub abgebrochen und den größten Teil dann doch lieber in den August verschoben. Am letzten Juli Wochenende sind wir dann endlich los gekommen. Unser point of return Ziel sollte Dangast sein – 14 Tage lang schön gemütlich über die Inseln hin und genauso gemütlich wieder zurück. Als wir Morgens gegen viertel nach neun ablegten wehte es mit ca. Windstärke 3 aus NW. Wir gingen zusammen mit einem Plattboden Richtung Schleuse und mussten vor selbiger warten , weil gerade ein Kutter raus ging. Als die Tore aufgingen preschte ein achterlich schnell aufkommender Bensersieler in mehr als erhöhter Marschfahrt an uns vorbei und lief vor uns ein. Zu allem Überfluss machte er auch noch mitten in der Kammer fest, was ihm im dritten Anlauf dann auch endlich gelang. Wir schoben uns an ihm vorbei und belegten weiter vorn, denn inzwischen waren noch weitere Schleusenwillige hinzugekommen. Beim Schleusen hörten wir dann von achtern grausame Knirschgeräusche. Da war wohl jemandem ein Fender abhanden gekommen und er schrubbte nun mit der Scheuerleiste die Muscheln von der Kammerwand – richtig, es war der Drängler. Aber dieses fiese Geräusch habe ich noch nicht mal ihm gegönnt. Noch während sich die Tore öffneten schmiss der Muschelschubser dann los und preschte an uns vorbei. Wenigstens blieb er sich selbst konsequent treu. “Dei het dat wohl droog…” war der einhellige Kommentar in der Kammer. Wir verließen die Kammer, nachdem sich der Schwell des voraus Fahrenden wieder etwas gelegt hatte und setzten im Schleusenvorhafen die LW-Genua und das Groß. Querab des Meßdalbens trafen wir den Eiligen dann wieder. Entweder wollte er mit zuviel Tiefgang schnippeln oder er hat die falsche Tonnenseite genommen. Auf jeden Fall steckte er bei ablaufend Wasser im Grund und versuchte mit Maschinenkraft – davon hatte er ja genug – wieder frei zu kommen. Wir gingen derweil via Leegde und Bantsbalje auf Kurs. Hochwasser war bereits seit 2 Stunden durch und der Ebbstrom zog uns mit raus. Als wir gut eine Stunde später die Osterems erreichten frischte der Wind auf 4 auf. Das war zuviel für unsere LW-Genua. Wir tauschten sie gleich gegen die Fock aus, da der Himmel nach noch mehr Wind aussah – und so war es auch. Der Wind ging auf 5 und wir steckten das erste Reff ins Groß. Wir hatten nun die klassische Wind gegen Strom Situation in der Osterems und ruckzuck baute sich ein unangenehmer, steiler Hack auf. Die Sorte Hack, die unser kleines Boot manchmal kaum durch den Wind gehen lässt – was wünscht man sich mehr auf einem Kreuzkurs. Aber wir hatten ja Zeit. Tagesetappe war Juist und dazu mussten wir übers Nordland – welches wir an dem Tag frühestens ab 16 Uhr würden passieren können. Also kämpften wir uns weiter gegen den 5er aus Nord vor. Gegen 14 Uhr erreichten wir über die Memmertbalje den Beginn des Nordland-Fahrwassers. Hier ließen wir eben außerhalb des Fahrwassers auf anderthalb Metern Tiefe den Anker fallen und setzten Tee auf – das war bislang noch nicht möglich gewesen. Zunächst mussten wir jedoch das Chaos unter Deck beseitigen, denn alles, was sich zuvor auf den Hundekojen befand, befand sich jetzt auf dem Boden. Nach dem Tee und einem kurzen Nickerchen während eines durchziehenden Regenschauers gingen wir gegen 16 Uhr ankerauf und setzten unsere Fahrt Richtung Juist fort. Unter Maschine schoben wir uns mit dem ersten Wasser weniger als zwei Stunden nach Niedrigwasser übers Nordland. Der Wind stand uns genau auf den Kopf und an Kreuzschläge war bei 10-20cm Wasser unterm Kiel nicht zu denken. In der Juister Balje nahmen wir nochmal kurz die Fock dazu, aber beim Leitdamm war der Spaß auch schon wieder zu Ende – Wind aus Nord bei Kurs Nord und kein Platz zum kreuzen. Etwas mehr als zwei Stunden nach Niedrigwasser erreichten wir Juist und wagten den Einlauf in den Sportboothafen. Leider lag ein Holländer quer in der Einfahrt vor Anker – vermutlich schon seit ein paar Stunden. Er zwang uns aus der Rinne raus ins flachere Wasser und schwuppdiwupp saßen auch wir im Schlick. Allerdings nur für ein paar Minuten. Der Schlick gab uns frei und wir konnten weiter rein fahren. Wir fanden einen Platz und merkten beim Anlegen, dass wir direkt am Steg wieder sanft durch den Schlick abgebremst wurden. Sehr schön, denn so war gleich das Bett für die nächste Ebbe gegraben. Gegen 17:30 Uhr waren wir fest und das Boot aufgeklart. Bei späteren Stegrundgängen trafen wir dann Wolfgang und Familie aus Leybucht, unsere Winterlagerkollegen, die Take-it-easy-Crew samt Hund, Jürgen und Andrea, die leider gerade den Absprung Richtung Norddeich machten und Ulrich und Nicole samt Familie. Die beiden folgenden Tage wurden aufgrund der Wetterlage Hafentag, denn dunkle Wolken zogen über die Inseln – Ulrich und Nicoles Tequila-Vorräte trösteten uns Abends jedoch darüber hinweg. Am Mittwoch, nach Durchzog des Frontensystems ging es dann weiter. Die Wettervorhersage war so optimistisch, dass wir den Sprung von Juist nach Spiekeroog außen herum in einem Rutsch wagen konnten. Alternativ zogen wir auch Langeoog in Erwägung, falls uns die Zeit und damit das Tageslicht davon laufen sollten. Wir wollten gegen Hochwasser um 11:30 vorm Gatt sein, um bei kentender Tide und Wind mit Strom durchs Gatt raus zugehen – also legten wir gegen 8:30 Uhr ab. Fini begleitete uns – zumindest bis zum Gatt, denn sie wollte nach Norderney weiter. Bei Wind aus SW konnten wir erst im Memmertwattfahrwasser vernünftig segeln. Hier ging es platt vor dem Laken auf Schmetterlingskurs weiter. Im Gatt trennten sich dann unsere Wege. Fini drehte Richtung Norderney Hafen ab, wir gingen durch das Gatt nach draußen. Unter LW-Genua und Groß zogen wir gemächlich an Norderney vorbei. Außer uns hatten nur noch drei weitere Boote die Segel oben, der Rest lief unter Motor. Die anderen beiden Segler gingen auf Westkurs, wir gingen auf Ostkurs und so waren wir ziemlich schnell allein auf dem Wasser. Als wir die Wichter Ee erreichten, machten wir ein dänisches Boot mit Foliensegeln aus. Das Boot hielt unter vollen Segeln immer wieder auf die Othello Plate zu und drehte kurz davor ab – hielt wieder an anderer Stelle drauf zu und drehte wieder ab. Auf die Frage meiner Steuerfrau “Was machen die denn da?” konnte ich keine Antwort geben. Entweder die Loten für die eigene Karte oder die wissen es nicht besser und suchen den unbetonnten Eingang der Einheimischen. So oder so – bei ablaufend Wasser nicht ohne Risiko. Wir behielten unseren Kurs bei und die Dänen weiter im Auge. Da der südliche Wind bei Passage der Gatten durch die Ablenkung der Landmassen jeweils etwas nach Ost bzw. West drehte, ließen wir Ruder und Segel einfach belegt. Unser Boot folgte so fast automatisch den Rändern der vorgelagerten Sände. Bei passieren der Accumer Ee war ein Blick auf die Uhr fällig. Am Morgen hatten wir uns vorgenommen hier rein zugehen, wenn wir das Langeooger Gatt gegen 17 Uhr erreichen würden. Nun war es jedoch erst 16 Uhr und so beschlossen wir Richtung Otzumer Balje weiter zu segeln. Querab Langeoog frischte der Wind auf und wir mussten Segel kürzen, also wurde die Leichtwindgenua durch die Fock ersetzt. Kurze Zeit später drehte der Wind von SW auf NE. Der Däne hatte seine Sucherei in der Wichter Ee inzwischen offensichtlich aufgegeben und schoss – gefühlt wie ein Pfeil – an uns vorbei Richtung Spiekeroog. Als wir gegen 18 Uhr, also genau bei Niedrigwasser, die Otzumer Balje erreichten war von ihm nichts mehr zu sehen. Dafür hatte sich Wind jetzt auf Ost eingependelt, hatte auf 4, in Böen 5 zugenommen und wir kreuzten dagegen an. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich der typische, grobe Hack, den unsere Medea auf Kreuzkursen verabscheut. So machten wir etwas, was man nur machen sollte, wenn man genau weiß was man tut: Wir liefen bei Niedrigwasser trotz – oder gerade wegen – der Windverhältnisse ins Seegatt ein. Allerdings – und das ist ganz wichtig – von der 5m Linie, also fast von der Ansteuerungstonne aus. Wir mit unseren 80cm Tiefgang können uns das bei Ostwind erlauben. Aber wie heißt es so schön: Nicht nachmachen! Da liegen nicht von ungefähr auf beiden Seiten Wracktonnen. Bei der Passage hatten wir an der flachsten Stelle im Wellental ca. 60cm Wasser zwischen unserem Kiel und dem betonharten Sand. Nach Passage der äußeren Sände wurde es schlagartig ruhiger. Gegen 19 Uhr erreichten wir dann die Hafen von Spiekeroog. Der “Hafenkanal” hat eine Solltiefe von 80cm – reicht für uns und auch für einen Seekajaken, der uns bis zum Hafen begleitete und mit dem wir noch nett plauderten. Auch den Dänen sahen wir wieder, während er auf Leegerwall und unter vollem Maschinen- und Creweinsatz mit der westlichen Prielkante kämpfte. Mein seitliches Kopfnicken Richtung Außenborder wurde mit einem verneinenden Kopfschütteln und einem Gruß quittiert. Das war auch nur der Form halber, den unsere alte Dame hätte den schweren Pott auch in dreitausend Jahren nicht vom Schlick ziehen können. Etwas dichter vorm Hafen lag noch ein Ausflugskutter auf Grund, dessen Kinder-Passagiere uns lautstark aufforderten sie frei zu schleppen. Das war natürlich erst recht nicht möglich, aber auch nicht erforderlich, denn der Kutter mit Kühltaschenkühlung erledigte das selbst durch schiere Motorleistung – so bleibt die Rinne wenigstens tief. An der Hafeneinfahrt verabschiedete sich der Seekajake Richtung Rampe und wir drehten Richtung Segelverein ab. Der Spiekerooger Hafen war es sehr voll und nach einer Platzrunde fanden wir nichts freies. Auf “sechstes Boot im Päckchen” hatten wir keine Lust, also machten wir erst mal auf einem “roten” Platz provisorisch fest und gingen zu Fuß über den Steg. Ganz hinten bei den Jollen fanden wir noch was und legten wieder ab. Die Passage der “Boxengasse” wurde ein wenig schwierig. Auf der einen Seite fällt die Wattkante steil ab – man hat bei wenig Wasser also auch entsprechend wenig Platz. Auf der anderen Seite finden es einige Kollegen wohl neuerdings amüsant ihre Schlauchboote an extra langer Leine in der Boxengasse treiben zu lassen. Egal, wir haben uns durch dieses Wuhling geschoben und schlussendlich festgemacht. Am Steg trafen wir dann noch Enno und Familie, die Spiekerooger ein paar Tage zuvor angelaufen haben. Und auch die gute alte Eisbär konnten wir ausmachen. Auch in den folgenden Tagen zwang uns das Wetter dazu, im Hafen zu bleiben. Ein Gewitter nach dem anderen wechselte sich mit einem Platzregen nach dem anderen ab. Zwischen drin kam die Sonne immer mal wieder zum Vorschein und lockte grell. Doch kaum stellte man sich auf sie ein, zog innerhalb weniger Minuten das nächste Gewitter auf. Morgens blieb jemand bei uns am Bug stehen und guckte. Irgendwie kam mir das Gesicht bekannt vor, aber ich kam aber nicht drauf. Er ging überlegend weiter. Kurze Zeit später kam er erneut vorbei, blieb wieder stehen, sah auf den Schiffsnamen und überlegte. “Medea? Olaf?” fragte er. “Jaaaha…?” kam es aus meiner Ecke. “Holger!” sagte er daraufhin und trat näher. Na klar, Holger, jetzt erkannte ich ihn auch wieder. Er lag mit seiner neu erworbenen Dulcibella, Heike und Kindern nur ein paar Boote weiter. Daraufhin mussten wir erst mal wieder ein wenig Childers rezitieren (Thomas hätte wieder seine Freude gehabt) und danach haben wir uns ausgiebig über seine “Neue” unterhalten. So vergingen die Tage und unser eigentliches Ziel Dangast rückte mit jedem Gewittertag in weitere ferne. Als der Wetterbericht auch noch mit einer anhaltenden, kontinuierlichen Westwindlage genau in der Rückreisezeit aufwartete, kamen wir richtig ins Grübeln. In die Jade einlaufen und durch dem Ems-Jade-Kanal zurück? Das wäre machbar, würde aber zwei Tage mit gelegtem Mast unter Maschine bedeuten. Wir entschlossen uns daher, das Ziel aufzugeben und statt dessen die Schönwetter-Vor- oder Nachmittage zu nutzen, um ganz gemächlich wieder gen Westen zu gehen. Wir nutzten einen schönen Nachmittag, um von Spiekeroog nach Langeoog rüber zu gehen. Nahe Hochwasser legten wir ab. Vor den Meßdalben trafen wir Fini, die von Langeoog kommend nun Spiekeroog anlaufen wollte. Ein kurzer Plausch beim “umeinander kreiseln” und dann trennten sich unsere Wege auch schon wieder. Wir gingen anschließend ganz gemütlich über das Wattfahrwasser und überquerten das Hoch kurz nach kenterte der Tide. Dann zog uns der Ebbstrom langsam Richtung Langeoog Hafen, am westlichen Ende diesen langen Elends. Fast fünf Stunden haben wir für die ca. zehn Meilen gebraucht, davon alleine schon zwei um die Stüversplate zu runden. Aber wir haben ja Urlaub und sind nicht auf der Flucht. Auch der Langeooger Hafen ist sehr voll, aber bei den Kleinen vorne an fanden wir noch ein Plätzchen. Nicht zu früh, wie wir recht bald bemerken, denn kaum haben wir das Boot aufgeklart, geht auch schon der nächste schwere Regen über uns hinweg. Schon bald meldet sich der große Bruder vom kleinen Hunger, doch der Smut hat Heute keine Lust. Ich bekniee mich mit Engelsfüßen, aber ich kann mich nicht dazu überreden, den Herd an zuschmeißen, also bleibt Heute die Kombüse kalt. Die Kajüte oben am Hafen sagt uns mehr zu. Doch mittlerweile geht dort ohne Reservierung gar nichts mehr. Der Versuch, einen Tisch draußen zu belegen wird von sehr dunklen Wolken im Keim erstickt. So landen wir nach freundlicher Anfrage schließlich bei einer netten Familie am Tisch, die mit zwei Erwachsenen und drei kleinen Kindern einen Sechsertisch errungen hatten. Und so gibt es eine leckere Fischvariation, Bratkartoffeln und ein kühles Bier. Tags drauf treffen wir dann wieder Wolfgang und Familie (kein Hafen ohne Southerly!) und auch Klaus-Dieter mit seinem Plattboden. Auch Oles Boot machen wir aus, treffen ihn aber leider nie an Bord an. In den kommenden zwei Tagen geht wieder eine Front durch. Macht nichts, wir haben Zeit und auf diese Weise lernen wir Langeoog noch etwas besser kennen. Ein etwas kleiner Segler, ist etwas ungeduldiger und geht raus. Doch bereits direkt vor Hafeneinfahrt wird er von einer Böe zum kentern gebracht. Die zweiköpfige Besatzung trägt Rettungswesten, kann sich am am noch aufschwimmenden Rumpf festhalten und wird kurze Zeit später vom Rettungsboot der DGzRS samt Boot geborgen. Ernsthaft verletzt wird zum Glück niemand. Das Wetter bleibt ein paar Tage so. In einer Regenpause mit Wind um 4 legen wir schließlich ab und wollen von Langeoog nach Norderney. Es ist zwar bedeckt, aber es scheint an diesem Tag zum ersten Mal trocken zu bleiben. Auch Gewitter sind keine mehr zu sehen. Zwei Stunden nach Niedrigwasser legen wir ab, entsprechend ruhig ist es in der Accumer Ee. Bevor wir das Baltrumer Watt erreichen würden, sollte genug Wasser für uns aufgelaufen sein – und so war es dann auch. Laut Wetterdienst steht draußen vor den Inseln eine Welle von 2m. Hier bemerken wir davon zunächst noch nichts. Das ändert sich jedoch, als wir das Baltrumer Watt verlassen und in den inneren Teil der Wichter Ee einlaufen. Insel da – Insel weg – Insel da – Insel weg. Viel weniger als 1,8m Welle läuft da jetzt auch nicht. Also Schotten zu und durch lautet die Devise – die erste Situation in dieser Saison, in der wir in Fahrt die Steckschoten einsetzen. Ein fast dreimal so großer Holländer bügelt da durch wie nichts und ist etwas irritiert darüber, dass wir uns nicht sklavisch an den Tonnenstrich halten, sondern für die Wende einen geeigneten Drilling abwarten. Aber das ist uns egal. Der Drilling kommt und wir können gefahrlos die Wende fahren, bevor der nächste Berg unser Heck zu packen kriegt. Kaum haben wir den Ostzipfel von Norderney erreicht, ist der Zauber auch schon wieder vorbei. Im Norderneyer Wattfahrwasser brist der Wind nach unserer eigenen Messung bis 5 auf. Die Juister Wetterstation verzeichnet zu diesem Zeitpunkt Böen bis 6, wie wir später erfahren. Gegen 16 Uhr haben wir den Lt. Norderney quer ab und der Wind lässt wieder nach. Sturmi und Justus Händel aus Greetsiel begegnen uns auf Gegenkurs – die haben es gut, mit raumen Wind. Gegen 17 Uhr erreichen wir den völlig überfüllten Hafen von Norderney. Wir fahren sämtliche Boxengassen ab – nichts zu wollen. An den Kopfstegen stappelweise Päckchen. Ich rechne kurz im Kopf durch und schlage vor, nach Juist weiter zu ziehen. Im selben Augenblick ertönt ein Pfiff vom Steg und Jörg winkt uns ran. Er hat tatsächlich noch ein verstecktes Eck-Plätzchen für uns in Petto, dass wir schlicht übersehen haben. Strom können wir kriegen, wenn wir wollen, Wasseranschluss direkt am Bug und ein Fingersteg an der Seite – wenn das in einem ansonsten völlig überfüllten Hafen kein Luxus ist, dann weiß ich nicht, was Luxus sein soll. Danke Jörg! Der Strom kommt wie gerufen, den unsere Kühlbox braucht dringend mal wieder etwas Kühlung. Wir klaren das Schiff auf und wollen in den Ort – wir sind mit Erhard verabredet. Doch vorher treffen wir noch Onno und Anja auf einen interessanten Plausch. Norderney selbst ist genauso überfüllt wie der Hafen. Trotzdem bleiben wir ein paar Tage, leihen uns Räder direkt am Hafen und erkunden Ecken der Insel, die wir bislang noch nicht kannten. Auch Fini trifft wieder ein und kann direkt neben uns festmachen, weil ein Dauerlieger-Motorboot just ein paar Minuten zuvor via Trailer aufs Festland abwanderte. Bei unseren folgenden Inselstreifzügen sehen wir kuriose Dinge, wie z.B. einen Kinderwagen im Watt. Langsam neigt sich der Urlaub dem Ende entgegen und wir müssen langsam an die Rückkehr denken. Als Abreisezeitpunkt wählen wir die Regatta der Norderneyer aus. Der Wind weht schwach mit 2-3 aus NE, also muss der Strom helfen.Vor der Hafeneinfahrt von Norderney setzen wir Vorsegel und Groß, als plötzlich ein Schlauchboot mit drei “Piraten” längseits kommt: Onno mit seinen beiden Lütten auf dem Weg zum Strand. Wir gehen mit dem letzten Ebbstrom raus und lassen uns von ihm bis ins Gatt ziehen, um dann mit gekenterter Tide unterhalb von Juist wieder “reingedrückt” zu werden. Der Plan funktioniert ganz gut und schnell erreichen wir das Memmert-Wattfahrwasser. Die Passage bei Niedrigwasser erspart uns zudem die grobe See, die sich deutlich sicht- und hörbar draußen auf den Sänden bricht. Von der See von 2m, die laut DWD draußen tobt, erreichen uns nur sanfte Wogen. An diesem Tag meldetet das BSH jedoch 50-75cm weniger Wasser. Das bedeutet, wir würden im Memmert-Wattfahrwasser festkommen. Den niedrigen Wasserstand konnte man auch gut an den Muschelbänken ablesen, die jetzt extrem hoch und trocken lagen. Für diejenigen, die sich immer so wundern, was da so knirscht, wenn sie den Prickenweg verlassen haben wir ein Foto gemacht. Kurze Zeit später saßen wir im weichen Schlick, schmissen den Anker, setzten den Ankerball und Tee auf. Nach einiger Zeit kam ein Kimmkieler auf, der – weil zu dicht – trotz Warnung meinerseits und trotz Warnung seiner Frau auf dem Vorschiff unsere Ankerleine überfuhr. Die Haltekraft unseres Ankers war stärker als die Kohäsion des Schlicks und so zog der Kimmkieler unseren Bug über sein Gangbord und unser Heck über eine muschelbesetzte Pricke. Wir konnten nur tatenlos mitanhören, wie die Muschelschicht eine Lackschicht nach der anderen vom Rumpf frästen, ehe die Pricke unter unserem Heck kurz versank und wie ein Pfeil auf der anderen Seite wieder empor schnellte. Danach brauchte ich erst einmal fünf Minuten für mich allein, um meine Gallensekretion wieder auf ein Normalmaß zu reduzieren. Etwa eine dreiviertel Stunde später – wir liegen mittlerweile mit dem Bug in Wind und Stromrichtung – setzen wir die Fock und gehen Anker auf. Das entschädigt etwas, sind doch Ankermanöver nur unter Segel noch dazu in engen Fahrwassern die schönsten. Wir segeln nur unter Fock über das Hoch und nehmen danach das Groß hinzu. Inzwischen passieren uns auch die ersten Fähren schon wieder. Mehr als 10-20cm Wasser können die hier eigentlich noch nicht unterm Kiel haben. Nach Passage der Nordland-”Ansteuerung” gehen wir wie gewohnt mit Kurs 150 Grad direkt über den Kopersand, müssen jedoch hin und wieder südlicher korrigieren. Es ist eben doch deutlich weniger Wasser da, als normalerweise. Gegen kurz nach 16 Uhr erreichen wir schließlich die Leegde. Der Wind hat inzwischen deutlich aufgefrischt, wir bergen die Segel und gehen in die Schleuse. Eine halbe Stunde später machen wir – zunächst provisorisch – am Steg fest, denn wir müssen zunächst erst einmal einen Niederländer auf unserem Platz bitten zu verholen. Er ist jedoch an Bord, entsprechend schnell sind beide Boote verholt und unsere Medea aufgeklart. Kaum zu glauben, das fast 14 Tage schon wieder um sind. Video: Vier Insel Törn – August 2012
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