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Ein Tag auf dem MLK
Es ist Sonntag, der 31.07.2005. Das Wetter ist norddeutsch durchwachsen und eher dem Herbst ähnlich. Freund Frank und seine Freundin Hella haben mich und meine Meggy zum Bootfahren auf dem Mittellandkanal eingeladen. Sein Boot ist eine 7m lange Freedom mit Namen Nessy, die derzeit in Hannover im Yachthafen List liegt.
Da der Himmel Regen verspricht - er hälts dann auch - wird das Cabrio-Verdeck aktiviert, um es rechtzeitig zu schliessen zu können, wenns denn losgeht. Kurz vor dem ablegen beschäftige ich mich mit den Leinen und denke mir noch so, daß sie ganz schön antik aussehen - sie lassen sich biegen und bleiben dann so - und eigentlich mal ausgewechselt werden sollten. Die Ereignisse später gaben mir recht... Mit einem perfekten Ablegemanöver gings los. Das Bootfahren und der Regen. Cabrio zu, Miky ans Ruder. Blödes Schlangenlinienfahren mit nem Gleiter in Verdrängerfahrt. Es regnet immer heftiger, die Scheibenwischer sind nur zur Zierde da, und Skipper Frank beschliesst, unter einer Brücke anzulegen - jaja, ich, weiss, verboten - und den Regen abzuwarten. Anlegen, Leinen ans Ufergeländer, und gemütlich in der Plicht sitzen und über weiter vorne liegende Schlauchbootfahrer lästern. Ein Kanalschiff kommt vorbei. Es gibt einen Knall, die Vorschiffsleine reisst, das Boot schlägt mit dem Bug halbwegs quer ins Fahrwasser. Frank springt an Land, Achterleine los machen, ich starte die Maschine, um von der Spundwand wegzukommen und den Antrieb nicht zu beschädigen. Wir legen ab, Frank bleibt mit der Leine in der Hand an Land zurück. Ja, die alten Leinen, dachte ichs mir doch... Frank wird immer kleiner, doch wir bleiben nett und kehren zurück. Mein erstes Lämgsseits-Anlegemanöver mit nem Gleiter, alles geht gut und der Skipper kehrt auf sein Schiff zurück. Weiter gehts im nun leichten Regen zur Misburger Schleuse. Kurz vorher zweigt ein Stichkanal ab, der ursprünglich zu einem Industriehafen führt und nur wenig gewerblich genutzt wird (aber wird genutzt, wie wir sehen sollten...). Stattdessen hat sich dort ein Motorbootclub angesiedelt, der auf einer großenb Tafel mit vielen Piktogrammen Gastlichkeit vorgaukelt und Service anbietet. Was diese Clubheinis unter Gastfreundschaft verstehen, sollten wir noch spüren. Wir also neugierig rein in den Kanal. In seinem Verlauf verengt sich dieser und ist von beiden seiten von dichten Büschen und Bäumen bewachsen, die bis ins Wasser hängen. Wir fühlten uns wie im Amazonas. Vor uns kein Boot, hinter uns kein Boot, und an Backbord sahen wir einen Eisvogel, der seelenruhig auf einem Ast saß. Mit gaanz kleiner Fahrt sind wir an ihm vorbei, völlig begeistert. Was für ein schönes Tier, ich persönlich habe noch nie einen in der freien Natur gesehen. Als wir an dem Vogel vorbei sind, ein kleiner Blick nach vor. Schock. Ein Gebirge kommt auf uns zu, die ganze Breite einnehmend. Ein Schubschiff. Wahnsinn. Wo kommt der denn so plötzlich her? Wir drehen und fahren dahin, wo es breiter wird, um den Stahlkoloss vorbeizulassen. Dann gehts wieder in den Amazonas-kanal. Hinter uns ein kleines rotes Plastikbötchen mit Leuten drin und eine große Motoryacht, ca. 15m. Am Endes des Amazonas macht der Kanal einen kleinen Knick und hat an der einen Seite eine Spundwand mit Anlegepollern. Wir beschliessen dort festzumachen Und während wir so dabei sind, kommt das kleine Plastikboot ran und eine Stimme ruft "Sie dürfen hier nicht anlegen! Das ist verboten! Hören Sie: Verboooten!!!" Der Stimme nach ein alter Knacker, dem Tonfall nach so ein Beamtena.... Wir schauen uns an, kein Schild, nix. Aber wer weiss, wir machn wieder los und wollen zurück, da kommt uns das Schubschiff wieder entgegen! Diesmal mit nem Leichter davor. Wir als rüber zu diesem gastlich Yachthafen, um Platz zu machen. Dort beobachten wir noch, wie schwer es ist, eine 15 m Motoryacht mit Bugstrahl und allem Furz und Feuerstein einzuparken, jedenfalls, wenn man es nicht kann. Geld allein ist auch nicht alles... Anlegen wollen wir dort nicht, wir werden misstrauisch vom Clubheim dort von einigen dickbäuchigen Männern beäugt, während wir warten, um den Schubverband vorbeizulassen. Dann fahren wir zurück. Im Amazonasteil kommen uns zwei Yachten entgegen. Aus der einen lugt ein unfreundliches Frauengesicht. Ich grüße freundlich, und sie ruft unfreundlich rüber "Das ist privat!". Am Heck die Kennzeichnung des ansässigen Clubs. So ist das also mit der Gastfreundschaft bei diesen Vereinsmeiern. Die können sich ihr Werbeschild wer weiss wo hinstecken. Wir nehmen es mit Humor. Ein ganzes Stück zurück legen wir - wohl verbotenerweise - an der Spundwand eines aufgegeben Industriehafens an. Wir trinken Kaffee, essen Kuchen, krönen das Ganze mit Sekt und lachen über die Clubheinis. Einmal mehr bin ich überzeugtes Nichtclubmitglied. Der Rückweg ist dann recht ereignislos im Regen, auf dem MLK ist nichts los und das Anlegemanöver im Yachthafen List klappt tadellos. Mein erster Bootstörn dieses Jahr ist vorbei. Einige Stunden hat er gedauert. Wann wohl der nächste ist? Das steht in den Sternen, aber die sind wegen der Wolken nicht zu sehen. Wir hatten unseren Spaß, und immer, wenn Frank und ich uns treffen, heisst es "Das ist verbooten" oder "Das ist privat!" und wir lachen uns scheckig. Miky
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Grüße Miky Wer? Ich?
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