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Elmshorn - Zadar
Die Reise beginnt:
Heute wurde unsere Neuerwerbung "Shirina", eine Neptunus 145 AK Fly, an ihrem Land-Liegeplat verladen und zum Nordhafen in Elmshorn transportiert. Dort wartet sie nun darauf, dass sie morgen gegen 17 Uhr mit Eintreffen der Spring-Tide nach fast zwei Jahren auf dem Trockenen wieder in ihr eigentliches Element zurück darf. Erst einmal gaaanz vorsichtig, weil das kleine Flüsschen Krückau selbst bei hohem Wasserstand nicht überall und sicher tief genug ist. Kann gut sein, dass vor dem richtigen Wasser erst ein paar Meter Schlick rutschen sein muss. Aber die alte Dame, so versicherte uns der Vorbesitzer, kennt das schon und freut sich trotz Schlammpackung darauf, wieder schwimmen zu dürfen. Erste Etappe der Reise in die Adria wird Wedel. Wir brauchen dort noch ein paar Tage, um Shirina ein wenig aufzuhübschen und uns aneinander zu gewöhnen, bevor wir größere Abenteuer gemeinsam bestehen wollen. Wir werden berichten. Hier erst mal ein paar Fotos von der aktuellen Land-Partie. Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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#2
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Zitat:
Herzlichen Glückwunsch zum Neuerwerb, das is ja mal nen richtiger Sprung nach vorn Was die Rutschpartie angeht, da hätte auch ich vollstes Vertrauen in Frank C. und seine Family, die düsen ja jedes Jahr zwei mal durch das Flüsschen
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Gruß Ingo
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#3
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1. Etappe: Elmshorn - Wedel
Die erste Etappe, Elmshorn - Wedel - hat Shirina am Mittwoch, 17.06.15, mit Bravour geschafft. Die beiden Volvos (TAMD 71B) sind perfekt gelaufen - sie wurden ja auch vor dem Einwassern noch fachmännisch betreut und durften sich über frisches Öl, neue Filter und neue Impeller freuen.
Für den schwierigen Teil der Reise, das kleine und nicht nur tidenabhängig sehr seichte Flüsschen Krückau, hatten wir einen Lotsen, der dieses Gewässer als Motorboot-Fahrer wie seine Hosentasche kennt. Auch der bisherige Eigner machte mit seinem Sohn die Überführungsfahrt mit. Für ihn war es eine "Abschiedsfahrt" - für mich eine Einweisungsfahrt. Nach dem letzten Sperrwerk in der Krückau-Mündung, habe ich dann endlich zum ersten Mal selbst das Steuer übernommen. Ein tolles Gefühl! Ein tolles Schiff! Dank der Doppelmotorisierung plus Bugstrahlruder ist das Boot erstaunlich leicht zu manövrieren. So ist es mir (auch Dank versierten Helfern mit vorbereiteten Leinen) dann auch im Hamburger Yachthafen in Wedel auf Anhieb gelungen, Shirina ohne Kollateralschäden in eine relativ enge "Parklücke" zu bugsieren. Das ging so glatt, dass ich selbst von mir überrascht war und mich über ein Lob der Mitfahrer freuen durfte. Tags drauf, bei Regen und Wind gab es dann noch ein weitere, kurze Ausfahrt auf die Elbe. Der Sachverständige, Peter Walusch aus Kiel, war gekommen, um die für sein Gutachten unbedingt notwendige Probefahrt zu machen. Das vollständige, schriftliche Gutachten will er in ein bis zwei Wochen liefern. Vorweg hat er mir aber schon mal versichert, dass er mit der Leistung und dem Zustand der beiden Volvos voll und ganz zufrieden ist. Diese Aussage eines ehemaligen Service-Leiters von Volvo-Penta Europe beruhigt doch schon sehr. Mittlerweile habe ich mit dem "kleinen Refit" begonnen: Die AK (Eigner-Kajüte ist peinlich sauber geputzt - alle Schapps sind von Innen ausgewaschen, Teppichboden shamponiert, Fenster geputzt und eine neue Brause samt Armatur habe ich auch installiert. Auch die ersten Deckenlampen in Dusche und WC sind ausgetauscht. Als eigentlich nicht besonders handwerklich oder hausfraulich begabter Kaufmann bin ich richtig stolz auf mich! Heute in einer Woche kommt die "beste Ehefrau von allen". Eine Menge Arbeit wartet zuvor noch auf mich. Sie soll nichts zu meckern haben! Morgen wird endlich (hoffentlich!) Uli (sunnyxl) auftauchen, um die elektronische Ausrüstung, Funk, Plotter, TV, WLAN etc. auf Vordermann zu bringen. Ob ich dann vor lauter Freude und Spieltrieb an der neuen Technik noch zum putzen komme? Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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#4
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Leider gibt es momentan nicht viel zu berichten: Wir liegen immer noch im Yachthafen Hamburg in Wedel und "basteln" fleissig". Der Vorbesitzer wollte noch neue Drehzahlmesser einbauen - die bereits beschafften VDO-Geräte harmonieren aber nicht mit den Volvos und jetzt sind original Volvo Drehzahlmesser bestellt, die im Laufe der Woche eintreffen sollen.
Aber eine gaaanz wichtige Sache soll hier nicht unerwähnt bleiben: Nach dem Reinfall mit Forum-Mitglied "Sunnyxxl" (siehe Schwarzer Kanal) hat sich Forum-Freund "Snackman" (Marco) gemeldet und uns schon das ganze Wochenenden geholfen, hinter die Geheimnisse der Bordelektrik zu kommen. Auch der SAT-Dom sowie der kleine GSM-Dom sind schon auf dem Radarbügel montiert und werden in den nächsten Tagen angeschlossen. Heute konnten wir mit Marcos Hilfe - besser gesagt, Marco mit meiner bescheidenen Hilfe - dem neuen Funkgerät die ersten Töne entlocken. Auch das vorher nicht funktionierende Radio mit CD "dudelt" nun zu Stefanies Freude fast den ganzen Tag. Marco gebührt dafür ein riesiges Dankeschön! Ohne ihn hätten wir maximal 10% der notwendigen Arbeiten geschafft. Auch mein Sohn Uli ist am Wochenende gekommen (mit großem Anhänger). Er hat sein handwerkliches Geschick als Schreiner in der Pantry unter Beweis gestellt und den neuen Kühlschrank in ein auf Maß gefertigtes "Gehäuse" auf den mm genau eingebaut. Der geht jetzt auch bei Sturm nicht von alleine auf Wanderschaft! Auch ihm und seiner Sandra ein herzliches Dankeschön für dieses arbeitsreiche Wochenende. Gruss Gerd
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#5
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Leider keine guten Nachrichten aus dem Hamburger Yachthafen in Wedel:
Wir mussten feststellen, dass der Dieseltank unserer Shirina zwar wenig aber stetig Diesel verliert. Der Vorbesitzer wird das Problem mit uns gemeinsam lösen - aber es wird nicht nur Geld, sondern vor allem eine Menge Zeit kosten. Der Schlosser auf dem hiesigen Werftgelände warnte eindringlich davor, den 24 Jahre alten Tank noch einmal durch Schweißen zu reparieren. Es sei zu 100% damit zu rechnen, dass er erneut und sofort an anderer Stelle wieder undicht wird. Nun soll gleich ein neuer Tank eingebaut werden - wir warten auf ein Angebot und müssen uns dann mit dem Vorbesitzer über die Kostenteilung einigen. Wir rechnen damit, dass wir mindestens noch weiter 3 Wochen hier in Wedel bleiben müssen. Gruß Gerd
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#6
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Tatsächlich ist es August geworden, bis wir den Hamburger Yachthafenheute endlich mit Ziel Cuxhaven verlassen konnten.
Nun hat "Shirina" einen teilweise erneuerten Dieseltank und wir konnten mit tatkräftiger Hilfe des Forumfreundes "Snackman" -Marco - noch etliche kleinere und größere Reparaturen, Restaurationen, Ein- undUmbauten in Wedel erledigen. Und natürlich haben wir Wedel und Umgebung mit unseren E-Bikes erkundet, soweit es der nordische "Sommer" zugelassen hat. "Sommer"muss man wirklich in Anführungszeichen setzen, denn mehr als die Hälfte der Zeit hat es derart gestürmt und geregnet, dass man keinen Hund vor die Türe gelassen hätte. Dem Sturm (oder besser, unserer eigenen Dummheit) wären beinahe auch unsere nagelneuen Bikes zum Opfer gefallen, die wir bei 11 Windstärken leichtsinnigerweise auf dem Steg neben dem Schiff stehen gelassen hatten. Rummms polterte es nachts um 3 gegen die Bordwand. Beide Räder hatte es vom Steg geweht. Gott sei Dank hatten wir aber jedes Rad an einer Klampe angeschlossen, sonst wären sie wohl komplett in der grünlichen Hafenbrühe verschwunden. So gab es in Bademantel und Unterhose eine erfolgreiche, nächtliche Rettungsaktion bei Sturm und Starkregen. Wedel hatte aber auch schöne Seiten. Der Elbe-Radweg ist sowohl stromauf als auch stromab nur zu empfehlen: Stromabwärts geht es über den Deich durch einewunderschöne Naturlandschaft mit Schafherden, einladenden Bauernhöfen mit Bioladen, Hofcafe und Obst zum selber pflücken. Stromaufwärts geht es an schmucken Häuschen hoch über der Elbe Richtung Blankenese. Je näher man dem Nobelvorort der Hansestadt kommt, desto öfter künden mondäne Villen und Wohnanlagen vom alten und neuen Reichtum der Hamburger Großbürger. Aber wegen des grauseligen Wetters haben die "beste Ehefrauvon allen" und ich beschlossen, dass wir uns doch lieber ein Schloss am(südlichen) Rhein, an der Donau oder noch besser, eine Konoba in Kroatienwünschen, falls uns die gute Fee, die alle Wünsche erfüllt, mal über den Wegläuft und fragt, ob wir umziehen möchten. Wedel hat aber noch eine erwähnenswerte, einzigartige Einrichtung: Das Willkomm-Höft. In Wedel-Schulau (wo übrigens gerade ein alter Yachthafenwieder neu entsteht), werden per Lautsprecher alle von und nach Hamburgf ahrenden Großschiffe mit der jeweiligen Nationalhymne begrüßt oder verabschiedet und das staunende Publikum erfährt so, dass der Frachter XY 249Meter lang und 45 Meter breit ist und gerade aus Shanghei kommt. Vorgestern wurde das aktuell weltgrößte Containerschiff der MSC Linie begrüßt. Zusätzlich gab es sogar ein Schlepper- Empfangskomitee mit Wasserfontänen und als Dank der „Starwars“-Melodie auf dem Schiffshorn des Ozeanriesen. Alles wunderbarvon unserem Liegeplatz zu sehen und zu hören. Ja: Wedel hat schon was! Wir kommen auch gerne mal wieder. Aber nur, wenn man uns vorher glaubhaft versichert, dass wir nicht noch einmal 6 Wochen bleiben müssen und wenn ein konstantes Hochdruckgebiet für schönes Wettersorgt. Gestern konnten wir dem netten Städtchen und der freundlichen Marina endlichLebewohl sagen. Dafür war Kaiserwetter bestellt und das traf auch (bis auf ein paar Schleierwolken) tatsächlich ein. Mit einsetzendem Ebbstrom ging es mit 1000bis 1200 U/min auf der Elbe mit gut 10 Kt "bergab". Natürlich hart am rechten Tonnenstrich, denn selbst an einem Sonntagmorgen geht es auf der Seewasserstraße fast zu, wie auf der Autobahn: Ein dicker Brummer nach dem anderen. Nur erfreulicherweise gibt es hier keinen Stau. Die Fahrt ging so glatt und machte so viel Spaß, dass wir zwischen Brunsbüttel (Einfahrt Nord-Ostsee-Kanal) und Cuxhaven kurzerhand beschlossen, statt in Cuxhaven zu übernachten, direkt weiter nach Wangerooge zu fahren. Nicht durch’s Wattenmeer, sondern „außen rum“, denn ich schätze die Gefahr, bei 1,30 Meter Tiefgang im Wattenmeer auf „Schiet“ zu laufen, größer ein, als das Risiko, in der Nordsee bei schönem Wetter von einer Monsterwelle erwischt zu werden. So verlief unsere erste Fahrt auf der Nordsee bei ruhiger See, nur leichter Brise und Sonnenschein auch völlig unspektakulär. Wir „hangelten“ uns bei bester Sicht von der hohen Fly problemlos von einer Tonne zur nächsten und die teilweise seichte Zufahrt durch das Seegatt zur Wangerooger Wattseite – dort istdie Hafeneinfahrt – stellte auch keine besondere Herausforderung dar. Eine „aufregende“ Erfahrung hatten wir aber doch: Statt der von Kroatien gewohnten Delphine, hatten wir hier plötzlich eine Robbe vor dem Bug. Die dümpelte, alle Viere von sich streckend, auf dem Rücken vor sich hin und wars ichtlich verärgert, dass unsere Shirina sie nun unbedingt beim Nachmittags-vor-sich-hindösen störte. Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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#7
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Wangerooge - Groningen
Wer „die beste Ehefrau von allen“ (bei Kishon geklaut) anruft, wird (auch wenn er die richtige Nummer hat) seit Sonntag (02.08.2015) im besten Fall mit den Fischen und Krabben im Yachthafen Wangerooge kommunizieren können. Stefanie hat dort ihr nagelneues Apfel-Phone versenkt. „Shit happens!“
So verließen wir dann am Montag mit nur noch einem Telefono an Bord die gastliche Insel mit dem viel zu kleinen Hafen und schipperten bei bestem Wetter weiter nach Norderney. Dort erwarteten uns schon Freunde aus der Heimat, die seit Jahren ein Feriendomizil auf der Insel haben. Wir hatten einen schönen Grill-Abend mit Helga und Victor an Bord. Die „Landratten“ staunten nicht schlecht über den bei uns Bootsfahrern ja mittlerweile sehr bekannten und beliebten Cobb-Grill aber natürlich stand an erster Stelle des Interesses und der Bewunderung unsere Shirina. Shirina hat übrigens weiterhin brav ihren Dienst verrichtet – bis auf die Verbindung zwischen den zwei Diesel-Tanks, die immer noch nicht 100%-ig dicht ist. Es ist nicht viel, was da herauströpfelt. Maximal ein Fingerhut voll am Tag und ich habe Öl-Bindetücher darunter gelegt, sodass nichts weiter in die Bilge laufen kann. Wenn die beiden Kugelhähne geschlossen sind, tropft auch nichts mehr. Also habe ich beschlossen, zunächst nur aus dem ersten, aufrecht stehenden, alten Tank zu fahren. Der hat etwa 1.400 Liter und wir kommen damit bei langsamer Fahrt gut 500 km weit. Dienstag, 04.08.15. Norderney. Da haben wir es wieder: Das Sauwetter! Regen, Regen, Regen. Was für ein besch…eurter Sommer. Erst gegen Abend wurde es wieder trocken und sogar die Sonne lugte für ein paar Momente zwischen den Restwolken durch, bevor sie sich alsbald schlafen legte. Immerhin die Wettervorhersage für Mittwoch verbreitete ein wenig Hoffnung an dem trüben Tag. Die Wetterfrösche sollten Recht behalten: Am Mittwoch konnten wir etwa 2 Stunden nach Niedrigwasser bei erneut besten Wetterbedingungen in Richtung Borkum aufbrechen. Schön entlang der Tonnen durch das „Dove Tief“ vor Norderney, um in tieferes und damit sicheres Fahrwasser zu gelangen. Das war in Bezug auf unser Ziel zwar ein gehöriger Umweg, aber der freundliche Hafenmeister hatte uns vor der kürzeren Strecke durch den „Schluchter“ gewarnt: Der sei für Revierunkundige nicht unproblematisch und nur bei höchstem Wasserstand sicher zu befahren. Also entschieden wir uns für den Umweg. 4 ½ Stunden brauchten wir bis Borkum. Dort gibt es einen Schutzhafen, in dem auch ein Seglerverein Namens Burkana zu Hause ist. Dort war augenscheinlich mehr Platz als im privaten Yachthafen nebenan und wir hatten für den nächsten Morgen ohnehin eine Verabredung mit dem Tankwart im Burkana. Also machten wir dort auch fest. Der Hafen hat den Charme eines reinen Industriehafens – aber auch den Vorteil riesiger Schwimm-Pontons. So mussten wir hier nicht, wie auf Wangerooge und Norderney, wo wir keinen Platz an den Schwimmstegen bekommen hatten, sorgfältig auf die Länge der Festmacher achten, um das Auf und Ab der Tide auszugleichen. Auf Borkum schlug dann die Stunde der Wahrheit beim Tanken: 614 Liter liefen durch den „Rüssel“ des Tankwagens, bis wir die Tanks wieder randvoll hatten. Damit waren wir in 18 Stunden etwa 150 nautische Meilen(277,8 km) gefahren. Macht gute 4 Liter pro Meile (2,21 L/km) oder 34 Liter pro Stunde. Für ein Schiff dieser Größe mit mehr als 20 Tonnen Gewicht erscheinen mir diese Werte akzeptabel. Allerdings sind wir ganz bewusst nur langsam gefahren. Heute, am 6.08. haben wir Shirina vermutlich zu ersten Malseit ihrer „Geburt“ vor 24 Jahren wieder in ihre Heimat, nach Holland gebracht. Von Borkum aus ging es zur Seeschleuse nach Delftzijl in der Emsmündung. Gerade mal ein Meter Schleusenhub zum Emskanal. Das ging so reibungslos und schnell, dass "die beste Ehefrau von allen" und ich kaum Zeit fanden, um uns für das gelungene Schleusenmanöver gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Wer hier zum ersten Mal fährt, ist verblüfft, wenn sich die Brücken bei Annäherung wie von Geisterhand von selbst öffnen. Der Kanal wird mit Kameras überwacht und w enn sich ein Schiff nähert, das wegen seiner Höhe (Wir haben über 6 Meter!) nicht durchpassen würde, wird die Brücke ferngesteuert von der zuständigen Revierzentrale geöffnet: Auf der Straße werden Ampeln auf rot geschaltet und Schlagbäume senkensich bimmelnd, um den Verkehr endgültig zu stoppen. Dann bginnt die Brückenöffnung. Ist die Brücke vollständig geöffnet, wird aus Rot-Grün als Signal für den Skipper Doppelgrün (Achtung, keine politischen Hintergedanken!) und die Brücke kann passiert werden. An den letzten zwei Brücken vor Groningen ging es allerdings nur „halbautomatisch“. Wir mussten auf Kanal 64 um die Öffnung der Brücke bitten, was dann aber auch prompt geschah. Die letzte Brücke vor der Innenstadt, die Oosterhavenbruk kurz vor dem „Passantenhaven“ wird aber nur zu bestimmten Tageszeiten geöffnet.So mussten wir etwa 1 ½ Stunden, bis 17 Uhr 30 warten, bis sich "Sesam-öffne- Dich" diese Brücke für uns auftat. Unmittelbar nach der Brücke beginnt der Hafen für „Passanten“ (Transitgäste) mit einer besonderen Anlegestelle, die Booten von mehr als 12 Metern Länge vorbehalten ist. Strom ist in der Kaimauer "versteckt", Wasser und Toilettenanlagen sind hier ebenso vorhanden, wie Waschmaschine und Trockner. Für zwei Nächste kostet der Service einschliesslich zwei Stunden Waschmaschinen- und Trocknerbenutzung durch die "beste Ehefrau von allen" 60 Euro. Wir wollen uns die alte Universitätsstadt einen Tag lang näher ansehen und am Samstag geht es dann weiter auf der „Staande Mastroute“ – allerdings nicht alleine: Die Fahrt durch die Innenstadt Groningens ist nur zu bestimmten Zeiten im Konvoi möglich. Es gibt einfach zu viele Brücken und wenn man diese individuell für jedes einzelne Boot zu jeder Zeit öffnen würde, gäbe es auf den Straßen der Stadt bestimmt ein heftiges Verkehrs-Chaos. So findet die Durchfahrt der Boote im Konvoi zu festen Terminen am Vormittag und am Nachmittag statt. Eine clevere Lösung, die alle Verkehrsteilnehmer, zu Lande und zu Wasser mobil hält. Eine letzte Anmerkung zu den bisher angelaufenen Häfen, einschließlich unseres Ausgangshafens in Wedel: Überall bewegten sich die Liegegebühren für unser 14,5 Meter langes Schiff einschließlich Strom und Wasser in einem Rahmen zwischen 16 und 20 Euro pro Tag bzw. Übernachtung. In den letzten 15 Jahren nur in Kroatien unterwegs sind wir gaaanz andere Tarife gewohnt. Vielleicht sollten wir die kroatischen Freunde der Firma ACI und andere Marina-Betreiber mal zu einer Studienreise nach Deutschland oder Holland einladen?! Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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Groningen - Dokkum
Für Forum-User, die die holländischen Reviere kennen, beschreibe ich hier vielleicht Belanglosigkeiten. Für uns Adriafahrer , die wir (von einem kurzen Ausflug vor über 16 Jahren abgesehen) zum ersten Mal durch holländische Gewässer fahren, war und ist es ein spannendes Erlebnis, die Vielfalt der Kanäle, Flüsse und Binnenmeere mit all ihren Besonderheiten, Brücken und Schleusen zu entdecken.
Am Morgen des 08.08.15 versammelt sich ein Konvoi von 7 Booten vor der Berlagebrücke in Groningen. Es ist 09 Uhr 10 als der Brückenwärter die erste von 16 (!) Brücken öffnet, die die Boote passieren müssen, um zum Reitdiep Kanal nordwestlich der Stadt zu gelangen, über den sich die „Staande Mastroute“ weiter fortsetzt. Die Fahrt über den Verbindungskanal mitten durch die Stadt ist schon ein besonderes Erlebnis: Altstadtflair aber auch moderne Architektur links und rechts des Wasserweges. Zahllose Wohnschiffe mit zum Teil üppig begrünten „Terrassen“. Zwischendurch gibt es immer wieder kleine Pausen, weil die drei Brückenwärter, die mit dem Fahrrad abwechselnd von Brücke zu Brücke vorauseilen, dann doch nicht ganz so schnell sind, wie die Schiffe auf dem Kanal. Aber in der Regel begrüßt uns schon das laute, die herunterkommenden Schranken begleitende Gebimmel, welches Auto-, Radfahrer und Fußgänger warnt. Es signalisiert die unmittelbar bevorstehende Öffnung. Zug- und Drehbrücken wechseln sich ab. Auch eine kleine Eisenbahnbrücke wird für uns geöffnet. Noch im Stadtgebiet beginnt das Reitdiep. An der Kreuzung des Reitdiep mit dem van Starkenborgh Kanal passieren wir eine Schleuse. Wir müssen wenige Minuten warten, weil ein Berufsschiff unsere Route auf dem van Starkenborgh Kanal quert. Dann schlängelt sich das Reitdiep etwa 31 km durch Wiesen und Weiden der Polderlandschaft. Vor oder hinter kleineren Ortschaften gibt es oft eine Brücke, die sich bei Anruf auf Kanal 84 wieder wie von Zauberhand öffnet. Bis zum Ende des Reitdieps bei Zoutkamp sind es insgesamt 5 Brücken. Schon interessant, wie hier alte Brückentechnik – wir entdecken an einer Brücke ein Schild, das das Baujahr 1885 verrät – mit neuer Fernsteuertechnik ausgerüstet wurde und tadellos funktioniert. Alles geschieht sehr gemütlich. Eile ist hier nicht geboten, sondern verboten: Die höchstzulässigeGeschwindigkeit im Reitdiep beträgt zunächst nur 6 km/h, von der Brücke Roodehaan bei km 24 bis nach Zoutkamp darf man sogar auf 9 km/h beschleunigen. So in etwa halten sich auch alle dran. Vielleicht manchmal in kt statt in km/h - aber niemals haben wir ein Boot in Gleitfahrt gesehen, obwohl auch – wenn auch nur wenige – Gleitboote und Schlauchies unterwegs waren. Der Wasserweg, der eher einem mäandernden Fluss, als einem Kanal gleicht, soll von Groningen nach Zoutkamp mindestens 2,4 Meter tief sein. Das stimmt nicht immer und überall. Wir haben an einigen Stellen auch mal nur 1,80 Meter gelotet. Durch die offene Schleuse und Brücke bei Zoutkamp führt die Staande Mastroute ins Lauwersmeer, eine ursprünglich nach Norden offene Bucht des Wattenmeeres. 1969 bis 1977 wurde die 9000 Hektar große Wasserfläche zum Wattenmeer hin abgeschlossen. 7000 ha Polderland wurden gewonnen und die verbleibende Wasserfläche bildet heute einen flachen Süßwassersee mit zahllosen Liege- und Ankermöglichkeiten, drei Yachthäfen und wunderschöner, geschützter Natur rundum. Aber Vorsicht! Das Gewässer ist flach! Die Fahrrinnen sind ausgetonnt aber unmittelbar Tonnenstrich zu fahren, setzt schon mal Schweißperlen auf die Stirn, wenn das Echolot plötzlich nur noch 1,30 Meter Tiefe zeigt. Shirina hat 1,20 MeterTiefgang! Auch viele der ausgewiesenen Ankerplätze und Anlegestellen wären für uns nicht oder nur bedingt erreichbar gewesen. Nach Süden, später nach Westen führt die Staande Mastroute über das Dokkumer Diep wieder aus dem Lauwersmeer heraus. Eine Schleuse und drei Brücken sind bis Dokkum zu passieren. Das mittelalterliche Städtchen grüßt den Ankommenden mit zwei Windmühlen und dem Kirchturm. Die Staande Mastroute verläuft südlich durch die Zuidergracht um die im 9. Jahrhundert zur Festung ausgebaute Stadt herum. Es gibt zahlreiche Liegeplätze östlich der Woudpoortsbrug - auch für Boote mit etwas mehr Tiefgang geeignet. Wir lagen unmittelbar südöstlich der Brücke auf 2,40 Meter Tiefe. Liegegeld einschließlich Strom und Müllentsorgung: 12,70 Euro. Aldi, Albert Heijn und ein Spar-Supermarkt sind zu Fuß erreichbar. Aber von einem Traditionsschiff mit Musikanten und singenden Marktfrauen wie hier in Dokkum sind wir noch niemals zuvor mit frischem Obst und Gemüse versorgt worden. Einmalig und unvergesslich! Gruss Gerd https://youtu.be/PQfOExrD9F4 https://youtu.be/DfPyNUBvrwM Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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Dokkum -Leeuwarden
Am 10. August haben wir gegen 10 Uhr 30 in Dokkum abgelegt. Ziel war die Hauptstadt der Provinz Frysland, Leeuwarden, in nur 22 km Entfernung. Doch dafür sollten wir über 3 ½ Stunden benötigen. Nicht zuletzt, weil wir vor der ersten Brücke in Birdaad 45 Minuten warten mussten. Dem Brückenwärter war die Mittagspause trotz etwa 20 wartender Boote heilig. Nun denn: Wer auf holländischen Kanälen unterwegs ist, sollte es nicht eilig haben.
In Leeuwarden kamen wir so gegen 15 Uhr an und fanden auf Anhieb einen traumhaft schönen Liegeplatz gleich im Passantenhaven hinter derNoorderbruck: Ruhig und im Grünen gelegen aber trotzdem so nahe an der Altstadt, dass wir unsere Fahrräder an Deck stehenlassen konnten. Nur einen kleinen Fehler hatten wir gemacht: Statt am linken, hatten wir am rechten Ufer angelegt. Das bedingte einen zusätzlichen Fußweg zurück zur Noorderbruck, um in die Altstadt zu kommen. Aber es gab eine tolle Alternative: Den „Blauen Diamant“. Eine Mini-Fähre der Gemeinde Leeuwarden, die im Nebenjob von hübschen Studentinnen betrieben wird. Keine Frage: Da wurde das Fährgeld von 60 Cent gerne aufgerundet. Morgens zwischen 8 und 10und abends zwischen 18 und 20 Uhr ist der Fähr-Service für Passanten-Liegersogar gratis, weil Hafenmeisterbüro, Duschen und Toiletten sich in demgepflegten Park auf der Stadtseite am linken Ufer befinden. Das Liegegeld kann nur an Automaten bezahlt werden. Hierzu benötigt man eine „Jachhavenbetaalkart“, die mir ein freundlicher Holländer, der zufällig zwei davon hatte, überließ. Mit EC- oder Kreditkarte muss am Automaten abhängig von einzugebender Bootslänge und Personenzahl bezahlt werden. Der Automat spuckt eine Quittung und eine Banderole aus, die am Boot anbracht werden muss. Die „Jachthavenbetaalkart“ wird auch benötigt, wenn man Landstrom oder Wasser zapfen möchte: Am Automaten wird zuerst ein Geldbetrag auf die Karte geladen. Dann muss die Karte an der Säule für Strom oder Wasser vor einen Lesergerät gehalten werden. Es werden je 33 Cent pro kw/h oder für etwa 60 Liter Wasser abgebucht. Das ganze Prozedere ist etwas kompliziert und einige, etwas ältere Holländer waren mit der modernen Technik ganz offensichtlich überfordert. Sie schimpften nicht schlecht über den neumodigen Krams und ließen sich in der Situation sogar von einem Deutschen gerne helfen. Man fragt sich wirklich, was das soll: Die Automaten waren bestimmt schweineteuer in der Anschaffung und sind es sicher auch in der Wartung. Der Hafenmeister macht trotzdem seinen Rundgang und kontrolliert die Banderolen an den Schiffen. Warum lässt man ihn dann nicht auch einfach weiterhin kassieren? Nun ja – in jeder Stadtverwaltung sitzt vermutlich ein Technik-Freak, der auf Deubel komm raus alles automatisieren und elektronisieren will und muss. Wasser gebunkert, Strom angeschlossen und ein leckeres Menü in der Pantry mit 4-flammigem E-Herd gekocht. Komfortabel, fast wie zu Hause. So endete der erste Abend in Leeuwarden. Bevor ich es vergesse: Die 22 km von Dokkum nach Leeuwarden waren keineswegs langweilig – auch wenn das Landschaftsbild sich selten ändert: Unendlich erscheinende Wiesen, Weiden, mal ein paar Bäume und Büsche säumen die Ufer. Unterbrochen von kleinen Weilern und hin und wieder mal einer Brücke oder einem kleinen Sportboothafen. Leeuwarden ist wirklich einen Besuch wert! Wir blieben 2 Tage, um die Altstadt mit ihren vielen kleinen Gässchen, unzähligen Restaurants, Boutiken, Läden, Kunst- und Kitschgalerien zu entdecken. Es wechseln sich mittelalterlich anmutende Gebäude mit Häusern des Klassizismus und des Jugendstils ab. Ein beeindruckendes Ensemble, in dem man unter anderem auch Kurioses, wie das Haus der weltbekannten Spionin, Mata Hari, bewundern kann. Auch das Rotlichtviertel hat eine Besonderheit: Es ist eine Zone nur für Erwachsene mit Kind an der Hand aber für Hunde ist der Zugang nicht erlaubt, wie unser Beweisfoto zeigt. Von den Sakralbauten gefiel uns die Jakubiner Kirche mit ihrer Umgebung am besten. Hier befand sich vor dem Krieg auch die jüdische Schule. Ein Denkmal erinnert an die während der Nazizeit deportierten Juden. Immer wieder unbegreiflich, was unsere Großväter und Väter unseren Nachbarn hier und andernorts angetan haben. Noch ein eher pragmatischer Hinweis: Ganz in der Nähe der Noorderbruck befindet sich ein Jumbo-Supermarkt. Der einzige, größere Supermarkt, den wir gefunden haben. Hier kann man billig und gut einkaufen und die Vorräte an Bord auffüllen. Zu Fuß zum Passantenhaven sind es nur 5 bis 10 Minuten – je nach Uferseite. Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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#10
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weitere Bilder zu Leeuwarden
weitere Bilder
Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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Leeuwarden bis Akkrum
Das nächste Etappenziel, Akkrum, ein eher verschlafenes aber niedliches Örtchen, liegt bereits an der „Nieuwe Staande Mastroute“.
Diese Route beginnt südöstlich von Leeuwarden und umgeht den von der Berufsschiffahrt viel befahrenen Prinses-Margriet-Kanal. Das hohe Aufkommen an Freizeitbooten war für die Berufsschiffer manchmal hinderlich und umgekehrt gab es für die Sportbootfahrer hin und wieder brenzlige Situationen bei der Begegnung mit den Beruflern. Die neue, an Wergea und Grouw vorbeiführende Route ist auch landschaftlich schöner. Allerdings sind hier nun Heerschaaren von Sportbooten, mehrheitlich Segler, unterwegs und verlangen mindestens genausoviel Aufmerksamkeit, wie die Berufsschiffahrt auf dem Prinses-Margriet-Kanal. Von Leeuwarden bis Akkrum gibt es 4 bewegliche Brücken auf der Strecke. Einmal überquert der Kanal als Aquädukt eine Straße, ein weiteres Mal sogar eine Autobahn. Das war für uns eine spannende Premiere mehr, mit dem Boot über eine Autobahn zu fahren. Nach dem Örtchen Grouw weitet sich der Kanal zu einem Binnensee, dem Pikmeer. Wie schon zuvor beim Lauwersmeer und später auch auf allen anderen Binnenmeeren, sollte man sich unbedingt genau an die Betonnung halten. Diese Binnenseen sind sehr flach und nach meiner Erfahrung stimmen die Tiefenangaben in den Karten durchweg nicht. Das Echolot zeigte immer einige Zentimeter weniger, als in der Karte angegeben. Bei 1,30 Meter Tiefgang wird man dann schon etwas unruhig, wenn auf dem Instrument plötzlich nur noch 1,40 Meter signalisiert werden aber laut Karte 1,8 bis 2 Meter Tiefe vorhanden sein müssten. Ist Akkrum erreicht, fährt mach zunächst nördlich am Dorf vorbei, um dann scharf links unter einer Klappbrücke hindurch in einen Kanalabschnitt namens Meinesloot. Die Brückendurchfahrt erscheint mit einem 4.50 Meter breiten Boot übrigens eng wie ein Geburtskanal: Man ist froh, wenn man am Ende heil durchgeflutscht ist. Unmittelbar danach gibt es links und rechts des Ufers Jachthäfen mit angeschlossenen Campingplätzen. Wir freuten unsüber den letzten, außerhalb des engen Hafenbeckens verfügbaren Platz am Kanalufer in der Anlage „De Drijfveer& Tusken de Marren“. Liegegeld: Euro 20,50 Strom inklusive, Wasser per Münzeinwurf 50 Cent pro 100 Liter. Die Stromversorgung war so lange ok, bis ich wie gewohnt unser Abendessen auf dem Herd zubereiten wollte: Eine von vier Herdplatten wurde nicht warm und als ich eine zweite hinzuschaltete, flog die Sicherung an Land raus. Immerhin: Auf den verbleibenden 2 Platten können wir kochen. Keine Frage: Im Winterlager brauchen wir einen Elektriker. Und zwar einen absoluten Profi, der sich der über die Jahre total verbastelten Elektrik /Elektronik von Shirina gründlich annimmt und diese auf den Stand der Technik und der einschlägigen Vorschriften bringt. Darauf hatte mich der Sachverständige in Elmshorn bzw. Hamburg schon hingewiesen und davor gewarnt, die Grundüberholung der Elektrik auf die lange Bank zu schieben. Nach seiner Erfahrung freuen sich die Versicherungen sehr, wenn im Brandfall eine mangelhafte Elektrik als Ursache nachgewiesen oder auch nur als wahrscheinlich angenommen werden kann. Über Akkrum selbst gibt es nicht viel zu berichten: Ein nettes Straßendorf mit einer guten Infrastruktur für Camper und Wassersportler am Ortsrand. Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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#12
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Akkrum - Lemmer
Unser nächstes Ziel war Lemmer und damit das Ijsselmeer.
Für diese, etwas längere Strecke haben wir einschließlich Brückenwartezeit fast 5 Stunden benötigt. Die Route führt zunächst wieder durch ein kleines Binnenmeer, die Terkapletser Poelen, ein Seitenmeer vom Sneekermeer. Durch das Sneekermeer ging es in den Noarder Alde Wei Kanal, vorbei am Abzweig nach Joure in die Langwarder Wielen und dann in Richtung Südosten über den Skarster Rien Kanal an Boarnszwaag und Scharsterbrug vorbei in das Tjeukemeer. Hier verließen wir die „Nieuwe Staande Mastroute“ um über das Follegasloot Richtung West-Nordwest wieder zum Prinses-Margriet-Kanal zu gelangen. Nach wenigen Kilometern Richtung Süd-Südwest fließt der Kanal durch das „Grutte Brecken“. An dessen südlichen Ende zweigt der Streamkanaal direkt in Innenstadt von Lemmer ab. Lemmer ist ein großes, wenn nicht das größte touristische Zentrum am Ijseelmeer. Weit vor der Stadt gibt es eine ganze Reihe von Jachthäfen am Streamkanaal. Aber wir hatten vor, uns einen Liegeplatz im Passantenhaven in der Innenstadt zu suchen. Vornehmen kann man sich viel. Aber ob’s dann klappt, ist eine ganz andere Frage. In Lemmer lagen die Schiffe bereits in Zweier-, ja sogar Dreierpäckchen in dem nicht besonders breiten Kanal in der Innenstadt. Die enge Durchfahrt erforderte höchste Konzentration. Ein Liegeplatz war absolut nicht zu finden. Also ging es durch eine Klappbrücke und eine Schleuse im Westen wieder aus der Stadt heraus. 5 Euro „Klompengeld“ bezahlt, keinen Liegeplatz bekommen und wegen der schwierigen Passage, die alle Aufmerksamkeit für das Steuern des Schiffes erforderte, kaum etwas von Lemmer gesehen. Schade. Nun ja: Der August ist nun mal eben Hochsaison - auch am Ijsselmeer, auch in Lemmer. Da muss man halt schon sehr früh ankommen, wenn man einen Platz im Passantenhaven in der Stadt haben möchte. Gleich nach der Schleuse erspähten wir an Steuerbord einen freien Platz am Ausgang eines Jachthafens. Der freie Platz lag allerdings schon im „Parkverbot“ des für die „braune Flotte“ reservierten Kais, worauf uns der herbeigeeilte Hafenmeister aufmerksam machte. Hier könnten wir nur bleiben, falls kein Schiff der „braunen Flotte“ den Platz beanspruchen würde. Sonst müssten wir ins Päckchen mit einer 62-Fuss-Riva unmittelbar hinter uns, aber eben noch im Gebiet des Jachthafens. Mit deren Besatzung, die uns beim Anlegen behilflich gewesen war, nahmen wir erst einmal einen ordentlichen „Manöverschluck“ und stellten fest, dass deutsches Bier bei den Holländern doch sehr beliebt ist. Wir hatten Glück. Die „braune Flotte“ – touristische Traditionssegler mit 2, 3 oder gar 4 Masten – benötigte den Liegeplatz in dieser Nacht nicht. Für die nächste Nacht machte uns die Riva Platz und wir lagen ordnungsgemäß in der Marina Lemmer - de Lemsterbaai. Liegegeld 20 Euro pro Nacht plus jeweils50 Cent pro Kw/h Strom oder 100 Liter Wasser. Hier kam übrigens die aus Leeuwarden bekannte „Jachhavenbetaalkart“ wieder zu Ehren. Sie musste nur vom Hafenmeister für Lemmer „aktiviert“ werden und konnte, statt mit EC-Karte, an einem Münzautomat „geladen“ werden. Pikkobello saubere Toiletten der Marina und Münz-Duschen brauchten wir zwar nicht, aber die „beste Ehefrau von allen“ freute sich über Münz-Waschmaschine und –Trockner im Sanitär-Gebäude. Lemmer bietet vor allem ein reichhaltiges Restaurant-Angebot, meist in schönen, alten Giebelhäusern links und rechts des durch das Städtchen führenden Kanals. Ein technisches und historisches Kleinod ist die alte Schleuse, die vom Binnen- zum Buitenhaven führt. Ganz wichtig für uns: Aldi, Lidl und ein Jumbo-Supermarkt gab es nur einen Steinwurf von der Marina entfernt. Auch einen Nautik-Shop, in dem wir neue Festmacher-Leinen für Shirina erstanden. Und dann gab es noch einen ganztollen Laden zum Stöbern für Männers: So etwas wie „Eisen-Kaal“ – ein Paradies für jeden Heimwerker. Fast wie Obi, nurschöner. Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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#13
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Lemmer - Kampen
Hatten wir in Lemmer noch zwei Tage Sonnenschein, so war die Wettervorhersage für den Tag unserer Abreise, den 15.08., nicht mehr ganz so erfreulich. Schon für die Nacht vom 14. auf den 15. war Gewitter und Regen prognostiziert. Vorsorglich hatten wir unsere neuenCamper-Persenninge rund um’s Achterdeck und auch die Flybridge vorne und seitlich geschlossen. Gegen Morgen gab es dann tatsächlich auch einen Schauer aber als wir Lemmer gegen 11 Uhr Richtung Ijsselmeer verließen, lugte hin und wieder sogar ein Sonnenstrahl durch die ansonsten fast geschlossene Wolkendecke.
Die Fahrt durch das Ijsselmeer war eher langweilig. Wir fuhren Tonnenstrich Richtung Süden die Küste entlang. Dort stehen in schier endloser Reihe die modernen, holländischen Windmühlen: Gigantische Windkraft-Anlagen, von uns Ballonfahrern gehasst und gelegentlich als„Ballon-Schreddermaschinen“ bezeichnet. Man mag zum Thema „Energiewende“ stehen, wie man will. Aber diese Dinger verschandeln auch hier das Landschaftsbild aufs Ärgste. Und erst kürzlich haben Naturschützer bewiesen, dass die Windräder nicht nur Ballonfahrer, sondern, besonders nachts, auch Vogelschwärme ernsthaft gefährden. Einen besonderen Anblick bot uns das Ijsselmeer aber dann doch noch: Einen Schleppverband, der aus vielen, kleineren Fischerbooten bestand. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Fängt man so "Hollandse Nieuwe", den Matjes? Den einzigen Küstenort an unserer Route, Urk,haben wir im Wortsinn links liegen gelassen und sind nach Osten in das Ketelmeer abgebogen. Im östlichen Teil des Ketelmeers, im Keteldiep, gibt es tagsüber keine Geschwindigkeitsbegrenzung und ich konnte – Spritverbrauch hin oder her – Shirina endlich mal richtig laufen lassen: 20 Knoten schafft die alte Dame bei 2600 U/min auf beiden Maschinen. Sogar der Bug hebt sich dann, um zu zeigen, dass hier ein Halbgleiter unterwegs ist. Am Stadtrand von Kampen, unserem Etappenziel,war die Schnellfahrstrecke vorbei. In der Einfahrt zum Passantenhaven winkte uns der Hafenmeister zu: Alles voll - wir sollen ein paar Meter zurückfahren in den Buitenhafen. Dort begrüßte uns ein über Funk informierter Kollege und gab uns den letzten verfügbaren Platz in der Hafeneinfahrt. Nun bekamen wir jede Welle der auf der Ijssel vorbeifahrenden Schiffe mit. Unser 50 Meter langes Landstromkabel reichte nicht bis zum Landstrom-Anschluss. Einen Abend lang kam also erstmals unser Generator zum Einsatz, denn an diesem abgelegenen Platz störte das blubbernde Auspuff-Wasser des Fischer-Panda niemanden. Viel Verkehr gibt es nachts auf der Ijssel nicht. So konnten wir trotz des ungünstigen Liegeplatzes fast ungestört schlafen. Kampen begrüßte uns mit Regen. Anfangs mäßig, später mit heftigemDauerregen. „Die Sonne bringt es an den Tag!“ sagt das Sprichwort. Hier brachte es der Regen an den Tag: Shirina ist nicht nur Unten (Seeventil), sondern auch Oben undicht: Es tropfte steuerbord in der Achterkabine auf die „Fensterbank“ und das Wasser hatte sich auch einen Weg in zwei der Oberschränke gesucht. Der Voreigner hatte etwas von „Schwitzwasser“ erzählt – wir standen nun stark beeindruckt und verärgert vor mehr als einem Liter aufgefangenem „Schwitzwasser“, das in einer halben Stunde aus einem Loch hinter der Holzverblendung der indirekten Beleuchtung tropfte, aus dem gleichen Loch übrigens, aus dem auch das 24V Kabel für die Stromversorgung dieser Beleuchtung kommt. Aber der Voreigner hatte es ja gesagt: „Sie haben ein altes Schiff gekauft!“ Kampen bietet mit Passanten- und Buitenhaven nebeneinander gleich zwei gute und günstige Anlegemöglichkeiten. Aber natürlich wird es besonders in der Hauptsaison auch hier recht eng, besonders für größere Schiffe. Die Hafeneinrichtungen, also Duschen Toiletten, Strom- und Wasserversorgung sind in Ordnung und das Hafenmeisterbüro befindet sich praktischerweise gleich im Hafenbistro. Der Weg in die Stadt ist kurz – schon nach zwei, dreihundert Metern beginnt die schöne Altstadt. Hoch am Rathausturm haben die Kampener eine Kuh aufgehängt. Sollte das ein Opfer sein, um Petrus wieder gnädig zu stimmen? Zwei Tage lang hörte und hörte es trotzdem nicht auf zu regnen. Gruss Gerd Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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Kampen - Düsseldorf - Emmerich
Ich habe lange mit der Fortsetzung unseres Reiseberichtes auf mich warten lassen. Dafür gibt es natürlich einen Grund:
Wegen der gravierenden Mängel am Schiff , über die ich ja teilweise bereits berichtet habe, bahnt sich leider eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Voreigner und Verkäufer von Shirina an. In dem jetzt noch außergerichtlichen Verfahren tauschen sich mittlerweile die Rechtsanwälte aus und ich möchte nicht durch weitere Berichte hier im Forum Öl ins Feuer gießen oder diese traurige Entwicklung weiter in die Öffentlichkeit ziehen und breit treten. Denn abgesehen von den jetzt bedauerlichen Meinungsverschiedenheiten haben wir uns mit dem Verkäufer eigentlich gut verstanden. Für Auseinandersetzungen auf fachlicher und juristischer Ebene, zu denen es nun leider gekommen ist, sind Gutachter, Rechtsanwälte und vielleicht am Ende sogar Richter besser ausgebildet. Nur so viel: Tatsächlich könnte es im schlimmsten Fall aufgrund der Vereinbarungen im Kaufvertrag sogar auf eine Rückabwicklung des Kaufs hinauslaufen. Dann wäre die Reise mit Shirina natürlich beendet. Das wäre schade. Aber warten wir ab. Ich hoffe nach wie vor auf eine faire Einigung, notfalls auf eine Entscheidung durch eine Dritte, neutrale Instanz. Hier kann und will ich deshalb nicht mehr über die Probleme und Nöte berichten, die wir mit dem Schiff selbst im Weiteren erlebt haben. Ich beschränke mich deshalb auf Berichte über Land und Leute, Städte und Häfen: Nach dem ergiebigen Dauerregen mit unerwarteten Wassereinbrüchen starteten wir am 18.08. gegen 11 Uhr zu unserem nächsten,recht nahegelegenen Ziel: Der Hansestadt Zwolle. Der Brückenpegel in Kampen zeigte eine Durchfahrthöhe von etwa 6,40 m – wir hatten für Shirina mit allen Antennen eine Höhe über demWasser von 6,48 m ausgemessen und baten deshalb um Öffnung der Brücke. Kein Problem quäkte eine freundliche, weibliche Stimme aus dem Funk zurück und wenige Minuten später konnten wir sorglos passieren. Um nach Zwolle zu gelangen muss man von der Ijssel durch eine Schleuse in einen Kanal abbiegen und im weiteren Fahrtverlauf muss dann noch eine Brücke geöffnet werden. Die Fußgängerbrücke, die in Zwolle schließlich die Zufahrt zum Passantenhafen überspannt, ist aber leider nicht beweglich und die Durchfahrt ist mit 4,40 m für unsere Shirina viel zu niedrig. Die Stadt hat aber für größere Schiffe (ab 12 Meter) alternativ Liegeplätze außerhalb des Passantenhafens direkt an der Thorebeckgracht. Dort, direkt an der Altstadt gelegen, gibt es auch ein unglaublich gut sortiertes Geschäft für Yachtzubehör. Eine wahre Fundgrube. Zum Geschäft gehört auch ein im Kanal liegendes Bunkerboot, das uns für 1,24 Euro / Liter mit 584 Liter Diesel versorgte. Beim Tanken muss man aber gut aufpassen: Die Zapfpistole hat keine Abschaltautomatik! In Zwolle war große Kirmes. Fahrgeschäfte, „Fressbuden“ - alles was zu einem Rummel gehört. Und wir lagen mittendrin. Klar: Auch mitten in der Geräuschkulisse. Uns hat’s die gute Laune nicht verdorben - wir haben uns einfach ins Getümmel gestürzt. Lustig und befremdlich zugleich fanden wir die Geisterbahn unmittelbar vor der Kathedrale. Trotz des Rummels fanden wir hinter der Kirche am Ende doch noch die ruhigen und verträumten Winkel der Altstadt, die den eigentlichen Charme der mittelalterlichen Hansestadt ausmachen. Die nächste Hansestadt auf unserem „Fahrplan“ war Zutphen, 52 km stromaufwärts. Ein absolutes Highlight unserer bisherigen Reise: Eine herrliche Altstadt mit vielen kleinen Geschäften, Cafes, Restaurants und Boutiquen. Es riecht an jeder Ecke nach Geschichte: Prunkvolle Giebelhäuser, hoch aufragende Kirchtürme, mächtige Stadttore in dicken Wehrtürmen und eine teilweise erhaltene Stadtmauer lassen erahnen, dass die ehemalige Hansestadt einst ein enorm wichtiger Handelsstützpunkt gewesen sein muss. Fast mittendrin: Der Vispoorthaven. Klein aber fein, könnte man sagen. Moderate Liegekosten, saubere Sanitäranlagen. Hier sind wir gerne drei Tage geblieben, weil uns das kleine Städtchen so in seinen zauberhaften Bann gezogen hat. Unser nächster Halt, nur 28 km die Ijssel zu Berg, war Doesburg , ebenfalls eine alte Hansestadt an der damals wie heute wichtigen Wasserstraße durch das Gelderland. Der Passantenhafen "St. Doesburgs Goed" erscheint auf den ersten Blick nicht besonders attraktiv: Direkt neben dem Industriehafen, im Sommer 2015 landseitig von Baumaßnahmen an Böschungen und Spundwänden geprägt. Dafür mit großen Stegen und viel Platz, was uns das „Einparken“ sehr erleichterte. Anmeldeformulare liegen am Hafenmeisterbüro aus, das Liegegeld wird mit dem ausgefüllten Formular in eine Plastiktüte gesteckt und in den Briefkasten geworden. Man vertraut den Gästen. Auch hier ist der Weg in die Innenstadt und damit zu Supermarkt und anderen Einkaufsmöglichkeiten nicht weit. Unsere Fahrräder kamen mal wieder nicht zum Einsatz, weil wir wirklich alles gut zu Fuß erreichen konnten. Auch Doesburg besticht mit einem Altstadtkern, der sich sehen lassen kann. Die große Kirche aus dem 15. Jahrhundert, ursprünglich sogar aus dem 12. Jahrhundert, beeindruckt mit ihrem mächtigen Turm. Nachdenklich machte uns eine Hinweistafel zur jüngeren Geschichte des sakralen Bauwerks: Gegen Kriegsende, als die Befreiung durch die Alliierten unmittelbar bevorstand, als es nur noch um wenige Stunden ging, gab es eine letzte, völlig unsinnige Handlung der deutschen Besatzer: Bevor sie die Flucht ergriffen, sprengten sie den Turm der Martinikirche und zerstörten so auch die Glocke, die über Jahrhunderte zum Gebet gerufen hatte. Warum? Darauf gibt es keine Antwort. Nur verständnisloses Kopfschütteln. Nachdem wir so auf einem ersten Rundgang das Städtchen erkundet hatten, ging es zurück zum Boot. Um einem ankommenden Schiff mehr Platz zu geben, beschlossen wir zu „verlegen“. Die beste Ehefrau von allen nahm dazu einen Fender wieder an Bord ohne die Leine von der Reling zu lösen. Beim erneuten Anlegen warf sie den Fender mit„Schmackes“ über die Reling. Leider verpasste sie es, ihren linken Daumen, der unter der Fenderleine lag, rechtzeitig vom Relingsrohr zu nehmen. Sie berichtete später von einem „Knacks“, als die Leine sich über dem Daumen straffte. Das in Doesburg „ergoogelte“Krankenhaus (siehe Bild) entpuppte sich als Pflegeheim, dort wollte ich sie nun doch noch nicht einliefern. Aber eine Indianerfrau kennt ja bekanntlich keinen Schmerz und so blieben wir an Bord, hofften auf Besserung und verabredeten uns mit unseren Bootsfreunden Regina und Olli (Danke!!!), die ihre Wochenenden regelmäßig auf ihrem Boot im Rhederlaag, nur 20 km flussaufwärts verbringen. Die beiden wohnen nur wenige km von unserem Heimatort entfernt und nahmen uns gerne mit dem Auto mit nach Hause ins Bergische Land. Shirina blieb derweil alleine zurück im Rhederlaag, einem tollen Binnenrevier, das es hier im Forum ja sogar zu einem eigenen Trööt gebracht hat. Die Diagnose des Facharztes zu Hause bestätigte dann leider alle Befürchtungen: Der Daumen war gebrochen und damit war klar: Mein „Leichtmatrose“ hatte für die nächsten Wochen den „gelben Schein“ und würde die letzten Etappen nicht mehr mitfahren können. Gott sei Dank fand ich rasch einen Freund, der sich bereit erklärte, diesen restlichen Teil der für dieses Jahr geplanten Reise mit mir zu fahren, denn alleine wollte ich das große Schiff mit meiner relativ geringen Erfahrung nun doch nicht nach Düsseldorf und später nach Emmerich ins Winterlager bringen. Anfang September ging es mit David weiter. Zunächst die letzten km der Ijssel und dann den Rhein zu Berg. Emmerich war die erste Station. Zunächst liefen wir den kleinen „Zollhafen“ an. Mein etwas überaltertes Rheinhandbuch, wies hier auf einen „Gästesteg der Stadt Emmerich" hin. Wir fanden aber nur die Steganlagen des WSA und der WaschPo. Und einen unglaublich riesigen Steg, der aber erstaunlicherweise über keinerlei Festmacherklampen verfügte. Wir "benselten" das Schiff notdürftig an einem der Dalben an. Das Tor auf der Brücke zum Land war gut verriegelt und gesichert. Den Code für das Zahlenschloss könne man telefonisch erfragen, stand auf einer Hinweistafel. Also schnell mal angerufen: Nur für Berufsschiffe! Wir sollten mal bei der WaschPo anrufen und fragen, ob wir ausnahmsweise…..Haben wir gemacht. Freundlich aber bestimmt wurde uns gesagt, dass wir zwar theoretisch liegen bleiben könnten aber sofort Platz machen müssten, wenn Berufsschiffe kämen. Nur für diese sei der Steg zum Übernachten reserviert. Und die kämen mit Sicherheit. Wir sollten also besser zum Yachthafen fahren und dort festmachen. Schade, der „Gästesteg der Stadt Emmerich“ wäre nämlich sehr Stadt nah gewesen - der Yachthafen ist es eher nicht. Dafür hatten wir dort ein Erlebnis der wirklich „besonderen Art“ mit einem Segler: Wir hatten gerade festgemacht und bereits von der sympathischen Hafenmeisterin erfahren, dass es zur Zeit kein Restaurant im Emmericher Yachthafen gibt. Nun klopften wir bei unserem Stegnachbarn, einem Segler, an und baten höflich um Auskunft, ob es in der Nähe eine andere Möglichkeit zur Nahrungs- und Getränkeaufnahme gäbe. Leider nein, war die Antwort und der Skipper verschwand wieder unter Deck. Sekunden später tauchte er wieder auf, hielt mir einen Autoschlüssel unter die Nase und sagte: Nehmt einfach mein Auto. Ich brauche es heute nicht mehr und zu Fuß in die Stadt ist es zu weit. Ich war baff. Da bot mir ein wildfremder Mensch so einfach sein Auto an. Gibt es so etwas wirklich? Der kennt Dich doch gar nicht, schoss es mir durch den Kopf. Darf, soll man so ein Angebot überhaupt annehmen? Was, wenn ein Unfall passiert? Die Lösung war schnell gefunden: Wir luden Bernhard, so hieß unser hilfsbereiter Nachbar, einfach zum Essen ein. Er nahm die Einladung gerne an. Eine tolle win-win Situation: Bernhard fuhr sein Auto selbst in die Stadtund wieder zurück. Das ermöglichte es mir, auf alkoholfreies Bier beim Essen zu verzichten. Außerdem hatte Bernhard tolle Geschichten auf Lager und erzählte uns, dass er gerade dabei sei, eine Einhand-Weltumseglung mit seinem 7 oder 8 Meter Boot vorzubereiten. Phantastisch! Danke Bernhard! Und alles Gute für Deine große Reise. Den Abend werde ich so schnell nicht vergessen. Motorbootfahrer und Segler können also doch echte Freunde sein. Von Emmerich haben wir außer dem Restaurant leider nur wenig gesehen. Macht aber nichts, da das Boot dort ins Winterlager soll und dann komme ich sicher öfter hin, um nach dem Rechten zu sehen. Da sollte dann auch irgendwann eine kleine Stadtbesichtigung drin sein. Der nächste angelaufene Hafen rheinaufwärts war Wesel. Ein schön gelegener, relativ großer Yachthafen, in dem mehrere Vereine zu Hause sind. Wir haben in einem der Club-Restaurants preiswert, deftig aber unspektakulär (bis auf die WirtinJ)gegessen und sind bald müde in die Koje gefallen. Der Weg in die Stadt war uns zu weit. Und für die vorletzte Etappe nach Duisburg wollten wir früh raus. Einige km stromaufwärts ändert sich das Landschaftsbild völlig: Säumten zuvor Wiesen und Weiden, kleinere Städte und Siedlungen die Ufer, ändert sich kurz vor Duisburg das Bild radikal: Industrieanlagen, Hochöfen und hohe Schlote dominieren die Ufer. Große Schuten warten ankernd auf ihren Einsatz und engen die ohnehin wegen des Niedrigwassers sehr schmale Fahrrinne noch weiter ein. Für die vielen Berufsschiffer ist es bestimmt kein spaßiger Job, hier mit höchster Konzentration auf Verkehr und Wassertiefe durchzukommen. Zahlreiche Hafenausfahrten, Entladestellen, Wendeplätze kommen hinzu. Das erfordert Aufmerksamkeit auch auf Kanal 10 im Funk. Als Freizeitskipper kann man hier verstehen und lernen, warum wir auf dem Rhein nicht die erste Geige spielen können und dürfen, sondern Rücksicht auf die "Dicken" nehmen müssen. AIS ist da übrigens ein richtig tolles Hilfsmittel um zu sehen, was vor und hinter dem eigenen Boot auf einen zukommt. Unverständlich ist allerdings für mich, wenn ich in all' dem Gewusel dann auch noch Kajak- und Kanufahrer mitten in der Fahrrinne sehe. Sind die lebensmüde? Mir kommt das so vor, als ob da jemand im Berufsverkehr mit dem Fahrrad über die A 1 am Leverkusener Kreuz fährt. Die Einfahrt zum Yachthafen Duisburg könnte man übrigens leicht verpassen, wenn da nicht die alten Kräne als Wegweiser im Rheinhandbuch ausgewiesen wären. Durch einen langen Kanal geht es tief in den ehemaligen Holzhafen. Verladestellen rechts und links aber auch Industriebrachen, die den Strukturwandel des Ruhrgebietes weg von Kohle und Stahl markieren. Vom Yachthafen ist man in 10 Minuten zu Fuß mitten in der Innenstadt und in unmittelbarer Nähe des Hafens findet sich ein Viertel mit zahlreichen „In“ - Restaurants. Duisburg ist nach Wesel der erste Hafen mit einer Tankstelle. Weiter stromauf nach Düsseldorf führt der Rhein zunächst durch die ruhrgebietstypische Industrielandschaft. Erst ab Krefeld sieht man immer öfter schicke, alte und neue Wohnhäuser an den Ufern. Bald grüßt die Ruine Kaiserswerth, meines Wissens die nördlichste Pfalz am Rhein, die zur Reichsstadt Kaiserswerth gehörte. Sie wurde erst 1929 von Düsseldorf eingemeindet und zählt heute zu bevorzugten Wohngebieten der Stadt. Unmittelbar nach der Vorbeifahrt an der spektakulären Kulisse der Düsseldorfer Altstadt geht es in den Düsseldorfer Medienhafen. Im Seitenarm unterhalb des Fernsehturmes befindet sich die Marina Düsseldorf. An der Einfahrt zum Yachthafen hat die Wasserschutzpolizei ihre Wache und einen Steg. Die Marina Düsseldorf wird von Familie Gast geführt. Leider sind die Liegeplätze etwas teurer als wir es von Holland, Emmerich oder Wesel gewohnt waren. Aber dafür liegt man auch im feinsten Hafenviertel der Landeshauptstadt mit vielen tollen Restaurants und spektakulärer Architektur rundum. Familie Gast - allen voran die Senior-Chefin - trägt den Namen nicht zu Unrecht. Herzliche Gastfreundschaft wird groß geschrieben. Dazu gehörte auch, dass wir für die 6 Wochen geplanter Liegezeit nicht den Tagestarif zahlen mussten, sondern ein Sonderpreis vereinbart wurde. Außerdem bekamen wir einen Schlüssel zum Marinaparkplatz, wo wir unser von der Familie „angeliefertes“ Auto kostenlos abstellen konnten. Nicht selbstverständlich in einer Stadt, die nicht nur bei den Parkgebühren zum teuersten Pflaster der Republik zählt. Damit war der vorläufig südlichste Punkt unserer Reise erreicht. Jetzt wohnen wir erst einmal wieder an Land und besuchen Shirina nur an den Wochenenden. Eines der "Goldener Oktober-Wochenenden" haben wir noch genutzt, um einen Ausflug nach Krefeld zu machen um dort Bootsfreunde zu besuchen. Der Krefelder Yachtclub hat einen wunderschön gelegenen, kleinen Hafen. Wenn wir nicht weiterfahren wollten, könnte ich mir fast vorstellen, hier einen Heimathafen auf Dauer zu finden. Danke für die Gastfreundschaft! Halt - fast hätte ich es vergessen: Einen Forum-Stammtisch des „Düsseldorfer Chapters“ haben wir auch auf Shirina verbracht. Wo könnte man einen Boote-Forum-Stammtisch auch besser machen? Ich glaube, es hat allen gefallen. Anfang November ging es dann noch einmal zurück, den Rhein zu Tal. Diesmal ins Winterlager nach Emmerich. Hier habe ich einen Hallenplatz für Shirina bekommen können, wo sie warm und trocken auf den Frühling warten kann. Ob und wie es dann weitergeht hängt von vielen Dingen ab. Ich werde gerne und dann hoffentlich positiv auch über den Ausgang des Rechtsstreites weiter berichten. Gruss Gerd Bilder Zwolle: Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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Bilder Zutphen
Bilder Zutphen
Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:15 Uhr)
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Bilder Doesburg
Bilder Doesburg
Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:14 Uhr)
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Bilder Rhederlaag bis Emmerich
Bilder Rhederlaag bis Emmerich
Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:14 Uhr)
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Bilder Emmerich bis Düsseldorf
Bilder Emmerich bis Düsseldorf
Geändert von Gerd-RS (15.11.2015 um 13:14 Uhr)
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Auf der Autobahn von RS nach Emmerich und zurück kenne ich nach dem Winter 2015/2016 beinahe jeden Stein, Baum und Strauch. Wie viele Stunden ich an Shirina geschraubt, repariert, saniert, geputzt und poliert habe - ich habe irgendwann aufgehört zu zählen. Wie viele Teuros dabei noch investiert werden mussten, kann ich zwar nachvollziehen, will das aber mit Rücksicht auf das Nervenkostüm meiner hier mitlesenden, besten Ehefrau von allen, lieber nicht tun. Irgendwie auch ein Selbstschutz, denn wenn sie wüsste...Ein besonderer Dank an die Freunde, die mich hier und da moralisch und handwerklich unterstützt haben. Ohne Euch wäre ich verzweifelt.
Nun. Irgendwann geht auch der längste Winter zu Ende. Die "Baustelle" leider nicht. Shirina wird wohl als "Dauerbaustelle" einen festen Platz in meinem Zeit- und Budgetplan einnehmen. Ende April war es dann endlich soweit: Krantermin in Emmerich. Endlich im Wasser, schon wieder großes Entsetzten: Der neu eingeklebte Borddurchlass mit neuem Seeventil im Heck (das alte war schon beim Kauf vom Sachverständigen bemängelt worden) war wieder nicht dicht. Die hilfreichen Geister um Harry Gories vom Yachthafen Emmerich nahmen es gelassen: "Dat macht nix. Warte ein paar Tage. Da setzt sich dann Dreck rein und dann ist es dicht." Nun ja. Wir haben gewartet. Zunächst sind wir aber von Emmerich nach Krefeld gefahren. Dort haben unsere Freunde Steffi und Axel ihre Neptunus mit Namen Mirage. Baujahr 1972, also nochmal deutlich älter als Shirina. Und schwimmt immer noch. Das gibt Hoffnung. Von Emmerich ging es noch einmal zur gastfreundlichen Familie Gast in den Düsseldorfer Medienhafen. 14 Tage lagen wir dort und hofften immer noch auf den Dreck, der den Borddurchlass abdichten sollte. Es gibt Hoffnungen, die trügen. Irgendwann haben wir uns dann entschieden: Shirina muss noch einmal raus, um das Problem endgültig zu beseitigen. Aber wo? In Düsseldorf gibt es keine Kranmöglichkeit für knapp 20 t und 14,50 Meter Länge. Die nächste Chance bot uns die Firma Pannenbäcker in Köln Mühlheim. Die verfügen über eine Helling, mit der sie bis zu 50 t aus dem Wasser liften können. Zwar mit 220 Euro "pro Operation", mithin 440 Euro für raus und wieder rein nicht gerade billig, aber ein Schnäppchen, nachdem ich heute weiß, was ein Mobilkran am Obermain kostet. Aber dazu später. Pannenbäcker hat dann auch den Borddurchlass repariert. Fachmännisch kurz, schmerzlos und dicht. Endlich. Wir durften noch eine Woche an seinem Ponton im Mühlheimer Hafen liegen, die wir noch zur Vorbereitung unseres weiteren Törns brauchten. Am 02.06.2016 um 10 Uhr 15 ging es dann endlich los. Trotz hohem Wasserstand, knapp vor der Hochwassermarke 1. Gruss Gerd
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#20
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Über das hatte ich die Innenausbau-Firma Szymkowiak kennengelernt. Man suchte ein "Referenz-Objekt" um erstmalig im Yacht-/Bootsbau sein Können unter Beweis zu stellen. Wir wurden uns rasch einig. Josef und Patrick Symkowiak haben Shirina in Pantry und Salon zu neuem Glanz verholfen: Es wurde ein Kunststoff-Laminat von Amtico unter der Dinette und in der Pantry verlegt; im Salon wurden alle Wände sorgfältig mit einer Vinyl-Tapete beklebt. Das Vinyl hatte ich bei Pieper in Gladbeck bereits gekauft und wollte es eigentlich selbst verarbeiten. Die Symkowiaks haben das nun professioneller und sauberer getan, als ich es jemals vermocht hätte. Auch der Boden sieht tadellos aus. Dem Tisch in der Dinette haben wir noch eine neue Marmorplatte gegönnt. Die Bilder sprechen für sich. Ich meine, die gute Arbeit - zumal sie hier über unser Forum angeboten wurde - sollte auch in diesem Törnbericht erwähnt werden. Kontaktdaten der Handwerker gebe ich gerne über PN weiter.
Gruss Gerd
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#21
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Köln bis Oberwesel
Endlich wieder Wasser unter'm Kiel und das Brummen der Motoren in den Ohren. Auf dem Rhein muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, könnte man von Reinhard May's Fliegerhymne ableiten.
Nachdem es am 01.06. in Köln noch unwetterartig geregnet hatte, begrüßten uns am 02.06. ein aufgelockerter Himmel und jede Menge Treibholz im Wasser. Da war zeitweise heftiges Slalomfahren angesagt! Aber wie sagt "de Kölsch": "Et hätt no immer joot jejange!" Mit 1.800 U/min waren auch gerade mal 5 kt über Grund gegen die Strömung zu machen, während die Logge im Wasser immerhin 9,8 aber auch mal 10,5 kt anzeigte. So hatten wir das relativ lang anhaltende Vergnügen, die Kölner Kulisse mit Dom erst von Norden, dann von Osten und schließlich von Süden betrachten zu können. Zu den modernen Wahrzeichen Kölns zählen seit einigen Jahren die Kranhäuser vor dem Rheinauhafen. Daran anschließend stehen die alten Hafenspeicher. Dieses Hafenviertel am linken Ufer wurde vorbildlich saniert und zählt heute zu den allerbesten Lagen in Köln. Am rechten Ufer, bei Mondorf, werden seit 1945 Schiffe gebaut. Heute hat man sich auf Fahrgastschiffe und Fähren spezialisiert, die das Familienunternehmen Lux als zweites Standbein auch selbst betreibt. So zum Beispiel die Rheinfähre vor der Tür - von Mondorf nach Graurheindorf. Hier hatten wir natürlich schon lange das Siebengebirge mit dem Petersberg, der ehemaligen Nobel-Unterkunft für Staatsgäste am rechten Ufer im Blick und die alte Bundeshauptstadt Bonn mit ihren Rheinauen auf der linke Rheinseite. Zu Berg gesehen, natürlich Bonn rechts und das Siebengebirge mit dem Schwiedermutter-Denkmal (Drachenfels) zu unserer Linken. Eine ganz besondere Attraktion für Bootsliebhaber und Energiesparer gibt es bei Bad Godesberg. Hier hat der Vorstandvorsitzende der Solarworld AG am Ufer seiner historischen Villa in Bonn Plittersdorf einen Steg mit Bootshaus in den Rhein bauen lassen. Steg und Bootshaus sind - wie könnte es anders sein - mit Fotovoltaik-Elementen überdacht und am Bootshaus ist zudem noch ein Wasserrad angebracht, das ebenfalls Strom erzeugt. Das hat natürlich schon Neider auf den Plan gerufen, wie der Bonner Generalanzeiger weiß: http://ga-bonn.de/1453833 Ich gönne Herrn Asbeck seine Villa samt Bootshaus von Herzen. Ein wenig neidisch könnt' ich eher auf die schöne Riva sein, die angeblich unterm dem Solardach schlummern soll. Wenigstens mal mitfahren, würd' ich gern, Herr Asbeck. Kontaktdaten gerne über PN! Unser Tagesziel, die Marina Oberwinter erreichten wir am Nachmittag. Die Sonne war wieder einmal hinter schwarzen Wolken verschwunden. Wir konnten gerade noch so im Trockenen festmachen und die Persenninge auf der Fly zumachen, bevor der erste Regen prasselte. Oberwinter bietet allen üblichen Service und ausreichend Platz. Die Untiefe in der Einfahrt, über die hier im schon mal berichtet wurde, war mit einer kleinen Tonne gekennzeichnet. So hatten wir kein Problem bei der Ansteuerung. Oberwinter bietet - abgesehen vom Regen - schöne Ausblicke, besonders auf den Drachenfels. Allerdings, wie so oft am Rhein, sorgen die Bundesstraße und die Eisenbahntrasse unmittelbar oberhalb der Marina für eine stetige Geräuschkulisse. Das Restaurant "Pfannekuchenschiff" ist übrigens leider immer noch geschlossen. Der Weg von der Marina zum Edeka-Laden ist aber kurz und so konnten wir frisch einkaufen und ich stand am Abend in der Kombüse, um uns ein leckeres Mahl zu brutzeln. Gruss Gerd
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#22
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Oberwinter bis Koblenz
Am 3.06. um 9 Uhr starteten wir in Oberwinter bei trübem aber immerhin zunächst noch trockenem Wetter zur nächsten Etappe. Der Yachtclub Rheinlache in Koblenz war unser Tagesziel.
Bald sahen wir am linken Ufer Remagen mit dem hoch überder Bundesstraße gelegenen Schloß Marienfels. Im Vergleich zu den vielen mittelalterlichen Burgen links und rechts des Rheines ist dieses Schloß, dessen Grundstein erst 1859 gelegt wurde, sehr jung. Besondere Aufmerksamkeit wurde ihm erst in der jüngsten Vergangenheit zuteil, als Thomas Gottschalk Marienfelserwarb und 2013 wieder verkaufte. Der Käufer: Frank Asbeck, Vorstandsvorsitzender der Solarworld AG, der ein Faible für historische Bautenund das nötige Kleingeld hat, um dies auch ausleben zu können. Der Hauptsitz seiner Firma befindet sich übrigens im „alten Wasserwerk“ in Bonn – das einige Jahre den Deutschen Bundestag beherbergte, bevor Bonn als Folge des „Gesetzes zur Vollendung der Deutschen Einheit“ den Status Bundeshauptstadt an Berlin zurückgeben musste. Zahlreiche mittelalterliche Burgen mit bewegter Geschichte links und rechts des Stroms hätten eigentlich mehr Aufmerksamkeit verdient. Praktisch hinter jeder Kurve des Stroms lauerte ein „hoher Herr“ oder sein Landvogt in seinem Gemäuer, um den Schiffern Zoll abzuknöpfen. Wenn man bedenkt, wie viele Jahrhunderte vergehen mussten, bis der zollfreie Warenverkehr innerhalb der EU Wirklichkeit wurde…. Aber statt die schönen Burgen anzuschauen und die Gedanken schweifen zu lassen, mussten wir uns sehr auf Treibholz und den recht starken Berufsverkehr konzentrieren. Der Rhein ist eben keine bummelige Landstraße, sondern eine Autobahn. Um so mehr erstaunte michhin und wieder in meinen Augen eher wagemutige bis lebensmüde Paddler, Kanufahrer oder Ruderer. Sogar einen „Standup-Paddler“ bekamen wir zu sehen. Beiläufig erinnerte Petrus mit dem einen oder anderen Schauer daran, dass Deutschland gerade von nahezu ortsfesten Tiefs umzingelt war. Diese unangenehme Feuchtigkeit von oben veranlasste mich immer wieder, den Fahrstand auf der Fly gegen den Innenfahrstand zu tauschen, von dem man natürlich einen wesentlich eingeschränkteren Blick hat. Die beste Ehefrauvon allen machte dann „Oben“ immer wieder rasch „die Bude dicht“, was sie mit einigen Durchgängen bis zur Perfektion in Schnelligkeit und Präzision entwickelte. Kurz vor Neuwied übernahm sie das Steuer und ich machte mich mit Ohrenschützern auf dem Kopf in den Maschinenraum, um nach dem Rechten zu sehen. Alles in Ordnung: Die beiden Volvos schnurrten wie zwei Kätzchen, keine besonderen Vorkommnisse. Bis ich den Blick auf das Steigrohr am Tank richtete: Oh weia. Wir hatten zuletzt in Krefeld getankt und die heftige Strömung des Rheins hatte ihren Tribut gefordert: Im Schauglas des Haupt-Tanks war fast kein Diesel mehr zu sehen und die beiden „Eisenschweine“ würden schonbald aus dem neuen Alu-Tank nuckeln. Nunja, da sind ja auch noch 500 Liter drin. Aber wieviel davon ist wirklich ausfahrbar? Ich entschied, sicherheitshalber in Neuwied nachzutanken. Nur 200 Liter, denn wir wollten in Oppenheim die Möglichkeit nutzen, Diesel zum Straßentankstellenpreis mit nur geringen Aufschlag (3 Cent) zu bunkern. Wir erreichten den Yachthafen und die Tankstelle Neuwied zur Mittagszeit. Der telefonisch verständigte Hafenmeister und Tankwart in Personalunion bat um etwas Geduld und so warteten wir eine Weile bis wir die 200 Liter in den Tank rauschen lassen konnten. Während der Wartezeit hatte sich das Wetter weiter verschlechtert. Es regnete zeitweise wie aus Eimern und so beschlossen wir, erst einmal noch weiter zu warten. Nach ein oder zwei Stunden sah‘ es besser aus: Die Sonne blinzelte wieder zwischen den Wolken hervor und wir legten ab, um die wenigen, letzten Kilometer nach Koblenz zu schaffen. Aber kaum aus dem sicheren Hafen auf dem offenen Strom, gingen die Himmelsschleusen wieder auf: Wir passierten die Mündung der Mosel und das deutsche Eck wieder einmal im strömenden Regen. Dann das „Wetter-Wunder von Koblenz“: Südlich der Rheinbrücke, praktisch genau in der Einfahrt zum Yachthafen Rheinlache war der heftige Schauer plötzlich vorüber, während es nördlich der Brücke weiter schüttete. Der herrliche, idyllisch gelegene Hafen empfing uns im Sonnenschein. Anlegen und Festmachen konnten wir ohne nass zu werden. Ein freundliches Mitglied des Vereins half uns und gab uns die Telefon-Nummer des Hafenmeisters. Mit der telefonischen Anmeldung erfuhren wir, wo Duschen, Toiletten und ein Anmeldeformularzu finden waren und wie die Liegegebühr entrichtet werden kann. Perfekt. Ich kenne nicht sehr viele aber doch einige Häfen am Rhein. Aber das ist sicher: Koblenz Rheinlache ist einer der schönsten, wenn nicht der schönste Hafen: In einer parkähnlichen Anlage, stadtnahe aber ruhig gelegen und einfach nur schön. Die Bootsfreunde, die das Privileg haben, dort zu Hause zu sein, haben dazu neben dem Rhein auch noch die Mosel und die Lahn als einladende, nahe Ziele. Damit wird das Hausrevier natürlich um ein Vielfaches interessanter und abwechslungsreicher, als es an anderer Stelle sein kann. Na ja: Und einen besonderen Draht zu Petrus haben die Koblenzer zumindest für den Bereich ihrer Marina offenbar auch noch. Gruss Gerd
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#23
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Koblenz - Wiesbaden - Oppenheim
Am 4. Juni verließen wir Koblenz frühmorgens. Nächstes Ziel: Wiesbaden Schierstein. Die besondere Herausforderung unterwegs: Die berühmte Bergstrecke von St.Goar nach Bingen. Bei Hochwasser.
Bei St. Goar sprach uns WS 24 auf Kanal 10 an: „Passt auf Treibholz! Bei uns machts alleweil „dong, dong dong!“ „Danke für die Warnung. Kennen wir schon seit Köln. Wir passen auf!“, war meine knappe Antwort. Prompte Antwort der "Freunde und Helfer": "Na da braucht ihr ja kein Radio um Musik zu hören!" Jetzt ging es konzentriert durch die extrem enge Fahrrinne bergauf. Strudel, richtige Stromschnellen zwangen uns Gas zu geben, um den Kurs sicher halten zu können. Ein gutes Gefühl, 2 x 380 PS für zuverlässigen Vortrieb zur Verfügung zu haben. Wir sahen ein Segelboot, dass sich mühsam und auf Tonnenstrich voran kämpfte. Die müssen „alles geben“, um mit maximal 1 km/h bergauf fahren zu können, ging es mir durch den Kopf. Na ja, der Name des Schiffes war „Bummler“ - da wundert man sich nicht. Schierstein kannte ich von meiner ersten Fahrt mit eigenem Festrumpf-Boot, einer Bayliner 2655, im Jahr 2001 gebraucht gekauft bei Marine Lässig in Kahl am Main. Im Hafen Schierstein hatte ich mir damals als blutiger Anfänger die eigene Heckleine in die Schraube gefahren. Als wir jetzt am Nachmittag gegen 16 Uhr erneut in Schierstein einliefen, wimmelte es dort vor eifrigen, jungen Wassersportlern: Schierstein war Gastgeber für Kanu- und Kajak-Regatten; das ganze Hafenbecken war entsprechend in Beschlag genommen. In einer Pause zwischen zwei Wettkämpfen konnten wir den einzig verbliebenen Liegeplatz für Gäste ansteuern. Damit hatten wir einen Logenplatz und bewunderten voller Respekt die jungen Leute, die uns mit viel Spaß und sportlichem Ehrgeiz vorführten, was wahrer Wassersport ist. Nächstes und letztes Ziel auf dem Rhein war Oppenheim. Eigentlich schon über die Main-Mündung bei Mainz hinaus und damit nicht „am Weg“. Aber wir hatten gute Gründe, nach Oppenheim zu fahren: Im Hafen gibt es eine Tankstelle, die nur 3 Cent Aufpreis auf den Straßentankstellen-Preis verlangt. Wenn man über 1.000 Liter Diesel bunkern will, lohnt es sich dann schon, hin und zurück 34 km „Umweg“ in Kauf zu nehmen. Außerdem waren wir mit Freunden aus dem Rheingau und der Pfalz verabredet, die unsere Shirina bewundern wollten. Vom Hafen Oppenheim erreicht man die Altstadt in wenigen Minuten zu Fuß. Den Hafenmeister haben wir auch hier nicht persönlich kennengelernt. Man vertraut darauf, dass Gäste ihren Obolus in den Briefkasten einwerfen. Den Zugangscode für das Hafentor gab es per Telefon. Nicht so toll: Die Stromanschlüsse sind nur mit 2 Ampere abgesichert. Ein bisschen wenig für große Boote mit Boiler, Kochplatte, Kühlschränken und anderen „Stromfressern“. Während wir auf unseren Besuch warteten habe ich dann mal gerechnet und bekam einen gewaltigen Schreck: Seit Krefeld, also stets gegen den Strom, hatten wir einen durchschnittlichen Diesel-Verbrauch von sage und schreibe 6,5 Liter pro Kilometer. Würde das nun die Vorgabe für die ganze Strecke bis Kroatien sein? Mir wurde etwas flau in derMagengegend. Aber schließlich, so tröstete ich mich, waren wir ja auch bei Hochwasser den Rhein zu Berg gefahren. Oft mit 2000 U/min und sogar mehr, um eine Geschwindigkeit von 10 bis 12 kt halten zukönnen. Das würde auf dem nicht so extrem strömenden Main sicher besser und im vergangenen Jahr hatten wir in Holland schließlich auch nicht so viel verbraucht. Später, bergab, würden wir bestimmt auf erträglichere Verbrauchswerte kommen... Oder hatte ich als alter Gleitbootfahrer doch noch nicht begriffen, dass 10 bis 12 kt stromauf für ein 20 t schweres Schiff einfach sehr schnell sind und D-Zug-Zuschlag kosten? Jedenfalls nahm ich mir fest vor, künftig noch langsamer zu fahren. Gruss Gerd
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#24
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Die ersten Main Kilometer bis Frankfurt
Nach unserem Tankstopp und einem feucht-fröhlichen Abend mit Freunden in Oppenheim starteten wir am 6. Juni zu weiteren Abenteuern. 17 km den Rhein bergab zur Mainmündung waren rasch erledigt und ebenso neugierig wie wir, steckte Shirina ihre Nase, ähh, ihren Bug in ein für sie neues Gewässer. Schon bei Kilometer 3 wartete die erste Herausforderung:
Die Schleuse Kostheim. Stefanie und ich hatten zwar die ein oder andere, meist kleine Schleuse in Holland gemeistert, aber nun warteten allein auf dem Main 34 Großschleusen auf uns. Wir meldeten uns auf Kanal 20 und hörten erfreut, dass die Kammer zur Bergschleusung fertig sei und wir ohne anzuhalten einfahren sollten. Was hatte man uns nicht alles über lange Wartezeiten erzählt. Und über mürrische oder gar unfreundliche Schleusenwärter! Ich bat darum, möglichst vorsichtig das Wasser einströmen zu lassen – wir seien Anfänger und müssten uns erst ans Schleusen gewöhnen. Die freundliche Antwort des Schleusenwärters ließ ahnen, dass er ein breites Grinsen im Gesicht gehabt haben muss: „Wir haben hier nur 3 Meter Fallhöhe – da braucht ihr euch keine Sorgen zu machen: Das schafft ihr!“ Wir haben’s geschafft. Genauso wie alle 33 weiteren Main-Schleusen: Ohne großen Stress, ohne Zwischenfall. Mit Respekt und Konzentration aber ohne Angst. Und fast immer ohne lange Wartezeit dafür aber ausnahmslos mit rundweg freundlichem Schleusenpersonal! Irgendwann näherten wir uns dem Frankfurter Flughafen. Jedenfalls zogen die Airliner im Endanflug sehr tief über den Main und unsere Köpfe hinweg. Faszinierend für einen Hobby-Piloten, die "großen Brüder" in Landekonfiguration über dem zweiten Hobby, unserem Schiff, beobachten zu können. Unser Ziel war der Westhafen Frankfurt. Hier hatten wir uns telefonisch angemeldet und auch bereits einen Platz in einer Box direkt hinter der Fußgängerbrücke, die die Hafeneinfahrt überspannt, zugewiesen bekommen. Von der Länge passte es so gerade. Aber die Breite der Box, in der noch ein älteres, holländisches Plattbodenschiff vertäut war, ließ nur wenige Millimeter Luft zwischen den Fendern, dem Steg auf der einen und der Bordwand des alten Holländers auf der anderen Seite. Eigentlich hätte es einen Schuhanzieher gebraucht, um Shirina da hinein zu bugsieren. Aber es klappte auf Anhieb, was mir ein großes Lob der besten Ehefrau von allen einbrachte. Die Marina Westhafen Frankfurt ist umfasst von neuen Büro- und Wohnblocks. Die meisten Liegeplätze sind fest vergeben, vermutlich an die Mieter oder Eigentümer der am Wasser liegenden Wohnungen. Der Pächter und Hafenmeister war wieder einmal nicht vor Ort und hatte uns gebeten, alles mit dem Wirt des kleinen, schwimmenden Cafe Emile zu regeln. Hier bezahlten wir das Liegegeld – 24 Euro pro Nacht – und bekamen den Schlüssel zum Tor der Steganlage. Man liegt mitten in der Großstadt und trotzdem relativ ruhig. Nur die Sirenen der Krankenwagen, die zum nahegelegenen Krankenhaus rasen, stören gelegentlich. Hier in Frankfurt stießen unsere Freunde Helga und Günter zu uns. Sie waren mit dem Zug angereist und wollten uns nun bis Würzburg begleiten. Günter Lengnink, Autor zahlreicher nautischer Führer für die Adria, freute sich, mit uns auch einmal ein Binnengewässer zu erkunden. Wir freuten uns über die Gesellschaft und die versierte, tatkräftige Hilfe an Bord. Und so wurden es dann auch wunderschöne, gemeinsame Tage an Bord und Landgänge mit vielen touristischen und kulinarischen Highlights am unteren und mittleren Main. Gruss Gerd
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#25
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Frankfurt - Aschaffenburg
Am 08. Juni starteten wir nun zu viert an Bord mit Ziel Aschaffenburg. Wir hatten den Hafenmeister des Motorboot- und Wasserskiclub Aschaffenburg angerufen, wussten, dass wir willkommen sein würden und vor allem, dass Platz für uns vorhanden wäre.
9 Brücken passierten wir nach dem Westhafen allein im Stadtgebiet Frankfurt. Selbst bei relativ hohem Wasserstand kein Problem. Aber Shirina misst etwa 5,50 über der Wasserlinie – da schaut man lieber mal vorher in die Bücher und kontrolliert die Brückenhöhen. Die vier Schleusen Offenbach, Mülheim, Krotzenburg und Kleinostheim meisterten wir problemlos. Mit der besten Ehefrau von allen im Zusammenspiel mit Günter hatte ich nun ein Top-Schleusenteam und brauchte mich selbst nur noch um's An- und Ablegen zu kümmern. Eigentlich war es schon vorher klar, dass es keinen Sinn machen würde, ein vor uns langsam fahrendes Frachtschiff zu überholen, denn an der nächsten Schleuse würden wir natürlich auf genau dieses Frachtschiff wieder warten. Aber hin und wieder sollen und wollen ja die Turbolader auch mal zeigen, dass sie noch vorhanden sind und funktionieren. Also wurden zwischendurch mal 10 Minuten Gleitfahrt mit 20 kt als Abwechslung zur normalen Bummelfahrt-Geschwindigkeit mit maximal 8 kt eingelegt. Bei Hanau passierten wir Schloss Phillipsruhe, eines der bedeutenden, barocken Baudenkmäler Hessens und kurz darauf erreichten wir bei Kahl am Main die hessisch-bayrische Landesgrenze. Danach teilt der Fluss noch das eine oder andere Mal die Länder Hessen und Bayern und sogar Baden Württemberg kann im späteren Verlauf des Mains einige Flusskilometer zur Hälfte für sich in Anspruch nehmen. Am Nachmittag, gegen 17 Uhr, näherten wir uns Aschaffenburg, der „Pforte zum Spessart“. Schon von weitem grüßte das hoch über der Stadt gelegene Schloss Johannisburg, Anfang des 17. Jahrhunderts im Stil der Renaissance aus rotem Sandstein erbaut. Leider war es zum Teil eingerüstet. Dafür erstrahlte das ebenfalls hoch über dem Ufer thronende „Pompejanum“ im schönsten Sonnenschein. Nicht nur der Bayernkönig Ludwig II, sondern bereits Ludwig I hatte einen Faible für prachtvolle Bauten. Er ließ die Villa in Aschaffenburg 1840 bis 1848 als Nachbau eines römischen Wohnhauses errichten. Unseren Liegeplatz am Kopfsteg mussten wir uns in Aschaffenburg mit einem weiteren Boot teilen. Kein Problem, der Steg war gerade lang genug. Die Wege für nautische Selbstversorger sind in Aschaffenburg allerdings lang: Zum Bäcker gut 800 Meter; zum Supermarkt gut 2km durch die schöne Stadt. Gruss
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