#26
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Ich schreib jetzt nix über Krieg und Marine, sondern über Wind.
Von Fehmarn runter nach Grömitz, Wind aus West zunächst um 7, später 8, im gecharterten Folkeboot. Wir mußten den Schlag an dem Tag machen, um das Boot am nächsten Tag in Lübeck zurückgeben zu können. Und - der Chartervertrag hat bis Windstärke 8 zugelassen (tun nicht alle Verträge). Das Boot hatte Reffs im Groß (haben nicht alle Folkeboote), das war schon mal gut. Wir hatten auch das Groß so weit gerefft wie ging und in dem Urlaub mit dem Boot eigentlich überwiegend 5 und 6 gehabt, waren also in Übung. An der Küste runter nach Süden - kein Problem, Groß und Arbeitsfock. Das Boot ist geflogen. Schwell hat das da ja nicht viel gehabt. Dann nach Südwesten Richtung Grömitz - Murks. Erstens hat es da Schwell gehabt und zweitens mußten wir gegen den Schwell Höhe laufen. Mit der Arbeitsfock zum Groß hatte das Boot zu viel Fläche oben, das ging aufs Material, Lage ab 40 Grad aufwärts, Abdrift ohne Ende, ohne Arbeitsfock nur mit gerefftem Groß kam das Boot nicht gegenan. Wir haben dann den Motor zusätzlich zum gerefften Groß zur Hilfe genommen, damit ging es gut, aber es hat wirklich eine Starkwind oder Sturmfock gefehlt und wenn der Motor ausgefallen wäre, hätten wir mit der zu großen Fock das Material hart strapazieren müssen (oder gleich nach Travemünde fahren müssen, da wären wir dann aber bei Ankunft fix und fertig gewesen und hätten wohl auch nicht in den Hafen hineinfahren können, weil wir nicht nach Luv hätten anlegen können. Wir hätten also vor dem Hafen ankern müssen, alles Murks). Wir haben das nach der Abgabe mit dem Vercharterer diskutiert, der wollte das Boot dann auch nachrüsten. Ein anderes Mal hat uns zwischen Langeland und Fehmarn (wieder gechartert) ein Gewitter erwischt. Hui hat das gepustet. Mehr Wind als da haben wir noch nicht auf einem Boot erlebt. Wahrscheinlich 9, vielleicht sogar 10. Regen, Hagel. Zwar nur 20 Minuten oder 1/2 Stunde lang, also noch kaum Schwell. Trotzdem - wenn wir da hätten gegenan müssen, wäre das nur mit Sturmfock gegangen. So hatten wir ewig Seeraum und konnten gerefft raumschots ablaufen. Noch ein anderes Mal (da sind wir nur mitgesegelt) zwischen Mallorca und Ibiza bei Nacht ein Gewitter, Wind hoch bis 8. Stundenlang. Da hatten wir Halbwindkurs und sind mit gerefftem Groß und weit eingerollter Genua gut zurechtgekommen, aber wenn wir hätten gegenan kreuzen müssen, hätte die weit eingerollte Genua da Ärger machen können. Einige Jahre vorher unsere erste Erfahrung mit Starkwind (7) auf unserem ersten eigenen Boot (Gaffelkutter) bei einer Regatta an der Westküste von GB - wir hatten einen erfahrenen Freund als Steuermann dabei, von Beruf Segelmacher. Gerefftes Groß und vorne die Fock (das innere Vorsegel) auch mit einem Reff. Die Fock war ein schönes altes Segel, Baumwolle, dicker Stoff. Zunächst raumschots, dann, kurz vor der ersten Tonne, meinte unser Steuermann, wir könnten ja mal den Motor anmachen und im Leerlauf mitlaufen lassen. Dann die erste Tonne, anluven, Schoten dicht, rrrrraatschhhhh, krachhhh, flap flap flap flap flap flap .... . Ab da als Motorsegler am Wind weiter und ersteinmal die Trümmer der Fock bergen. Dabei gelegentlich bis 25 cm Wasser auf dem Vorschiff, wenn das Boot in die Wellen reingefahren ist. Das Wasser zerrt schon etwas, da muß man sich festhalten. Nach oben schauen ist keine gute Idee, die Mastspitze macht wilde Bewegungen, da kann einem schnell schwindelig werden. Das neue Segel haben wir noch vor dem Anlegen bestellt ... Wegen dieser Erlebnisse war es dann keine Frage, das wir uns für unser jetziges Boot Sturmsegel haben schneidern lassen. Vorbereitet zum Setzen (eigene Schoten, angepasste Vorläufe, eigene Schäkel, ...) sind die auch. Gebraucht haben wir sie noch nicht, toi toi toi. Gute Starkwind oder Sturmbesegelung gehört aber einfach an Bord, wenn man aufs offene Wasser will, weil einen irgendwann doch mal starker Wind erwischt. Wegen unpassender Garderobe keine Höhe laufen zu können, bedeutet im Zweifelsfall, einen Mann über Bord unter Segeln nicht wieder auffischen zu können oder Alternativhäfen nicht anlaufen zu können oder sich von einer Leeküste nicht freikreuzen zu können. Geändert von Hesti (11.10.2012 um 22:54 Uhr)
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#27
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Dor hebbt wi´t mol wedder.
Moin ok, tosomen,
Zitat:
Da haben wir die Sache mal wieder auf dem Punkt. Gruß Rolf (Folkefahrern kann mann eben trauen, die wissen was sie tun.)
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Gott schütze uns vor Storm un slechten Wind - un Seelüd, de an Land wat worden sind. |
#28
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Das Folke war ja "nur" gechartert. Hübsches Boot, Holzrumpf, etwas erhöhtes Kajütdach. Ziemlich komfortabel im Schwell (auf jeden Fall für die Größe). Wenn man bedenkt, dass wir die meiste Zeit in dem Urlaub 5 - 6 hatten und trotzdem einiges an Strecke gemacht haben - das hätte mit einem modernen Boot mit flachem Unterwasserschiff und breitem Hintern vielleicht alles keinen Spaß mehr gemacht.
Einen Tag wollten wir mit dem Teil von Kühlungsborn rüber nach Lolland, Vorhersage war NO um 5. Ging nicht, der Wind hatte zu viel Nord. Also neuer Kurs Burg. Als wir vor der Einfahrt nach Burg waren, war das dann eher Ost mit etwas Nord um 6. Kein Problem hab ich gedacht, ohne Fock mit Halbwind rein in den Hafen. Irgendwie hat der Wind da aber merkwürdige Sachen gemacht, jedenfalls sind wir direkt vor dem Wind bei 6 voll aufgefiert in dem Kanal unterwegs gewesen. Log irgendwo um 6+ Knoten. Irgendein Hochseeangelkutter voller Touristen mußte uns da im Kanal unbedingt noch überholen, während wir gerade ein anderes Boot überholt haben (Bremsen ging ja nicht gut). Aaaarrrrggghhhh. Viel Platz ist da nicht. An der Abzweigung nach Burgtiefe haben wir dann unseren Aufschießer gefahren und das Groß geborgen, das war mir insgesamt alles zu sehr Extremsport. Anschließend kann man darüber lachen und Geschichten erzählen, aber Fakt war, ich hatte mich vollkommen verschätzt in Bezug auf die örtliche Windrichtung und hatte keinerlei Alternativen mehr während des Rittes durch den Kanal bis zum Abzweig Burgtiefe. Wenn wir das Groß dichtgeholt hätten, um Fahrt aus dem Boot zu nehmen, hätte uns das möglicherweise trotz Reff seitlich ausbrechen lassen. Eine Dirk, mit der man den Baum hätte anheben können, um den Winddruck zu reduzieren, hatte das Boot nicht. Das ganze dann bei 6+ Knoten, ein Boot Steuerbord in ein paar Metern Abstand, eines Backbord in ein paar Metern abstand, wir in der Mitte ... Für ein Boot von vorne wäre da kein Platz mehr gewesen. Fazit: Auch Folkebootfahrern kann man nicht immer trauen, die wissen nicht immer, was sie tun. Aber das, was sie tun, tun sie dann zumindest mit verwegener Eleganz. Das Gewitter zwischen Dänemark und Fehmarn war in einer gecharterten Halberg Pazifik. Schönes geräumiges Tourenboot, kann einiges an Wind ab. Sorry, das ich hier etwas aus dem Thema des Tröts rausgesprungen bin. Wobei - das "Warum Geld für gute Starkwind und Sturmsegel ausgeben" gehört irgendwie doch dazu. Geändert von Hesti (12.10.2012 um 22:02 Uhr)
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#29
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@KaiB: es gibt auch eine Sturmfock die man über ein aufgerolltes Segel drüberziehen kann. Nennt sich Galesail. Gibt es z.B bei Oleu.
Wir haben so eine, aber noch nie gebraucht. Auf Grund unseres rel. Langen Mastes habe wir uns noch eine genua 4 aus festem Tuch mit etwas erhöhtem Schothorn bauen lassen. Die nehmen wir bei viel Wind (>6 Bft). Wenn es dann mehr wird, nehmen wir das Groß komplett weg. Nur mit dem Vorsegel läuft das boot noch genug Höhe und sollte bis 8 kein Probelm sein.... Ich hiffe die Sturmfock brauch ich dann nie....
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#30
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Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, dann fragte der TE ob er ein kleines normales Segel an seinem größeren Boot als Sturmfock einsetzen kann - so grundsätzlich gefragt.
Ich meine dazu gibt es 2 Antworten: 1. schau das das Tuch stark ist. 2. schau das die Holepunkte passen. Die Holepunkte sind nicht nur ein gutes Stichwort, sondern das Wichtigste überhaubt in dem Bezug.
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Niemals mit den Händen in den Taschen auf dem Hof stehen, wenn die Frau vorbeikommt! |
#31
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Zitat:
Das die Holepunkte so weit passen um eine Kurs bis ca 40-45Grad zum Segelwind(scheinbarer)fahren zu können ist das Eine,das Andere ist,dass sie den hohen Kräften die ein,ab und an auch mal im Sturm schlagendes, Segel erzeugt standhalten können müssen.Die gebräuchlichen,günstigerweise mit Unterfütterungen durch das Deck aufgebolzten Holepunktschienen könnten da leicht mal überfordert sein. Wenn man das alles bedenkt ist es u.U.sinnvoller sich die 3-4 Qadratmeter von einem Segelmacher schneidern zu lassen,wenn man erwartet auch mal schweres Wetter (und das je nach Bootsgröße ab 5-7Bft der fall)abreiten zu müssen. gruss hein |
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