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Alt 24.07.2018, 21:05
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Boot: keins mehr, Charter auch nicht mehr
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Standard Törnbericht 2018 Ostfrankreich

Mosel, Maas, Aisne, Oise, Schelde, Sambre und deren Kanäle mit gelegentlichem Motorstottern

Die Fotos zu diesem Bericht findet man unter:https://www.flickr.com/photos/143175952@N03/

18-05 Bruder Uli und seine Frau Heide bringen uns nach Neumagen-Drohn an der Mosel, wo wir unsere diesjährige Sommertour beginnen wollen. Hier gibt es einen guten Slip, einen Liegeplatz für die erste Nacht, eine Tankstelle, einen Supermarkt und ein gutes Restaurant also beste Voraussetzungen für einen guten Törnstart. Auto und Trailer nehmen die beiden wieder mit nach Hause, weil wir ja nicht hierhin zurückkommen wollen. Der Motor springt nach der letztjährigen Vergaserreinigung nur widerwillig an, aber nach einiger Zeit läuft er rund, am Leerlauf müssen wir noch etwas einstellen, aber das kriegen wir auch noch hin. Es werden im örtlichen Supermarkt noch ein paar Vorräte eingekauft und abends gibt es noch etwas Leckeres zu Essen im Hafenrestaurant Käptn Cook. Dann verbringen wir eine ruhige Nacht.

19-05 Leicht bewölkt und kühl. Nach einem reichhaltigen Frühstück brechen wir auf mit dem Tagesziel Konz an der Saarmündung. Wir kennen fast die gesamte schiffbare Mosel recht gut, daher nehmen wir auch keine Sehenswürdigkeiten wahr. Die mit neuer Technik ausgestatteten Bootsschleusen sind etwas langsamer als früher, Liegeplätze im Unterwasser hat man ihnen aber nicht spendiert. Aber wir haben Glück und die beiden Schleusen von Detzem und Trier sind für uns günstig, nämlich unten und die Tore offen. Eigentlich sollte man vor der Betätigung des Schleusenvorgangs nochmal achteraus schauen, ob nicht noch ein weiteres Boot kommt. Genau das haben wir in Trier vergessen und ein nachfolgendes Boot hat es nicht mehr geschafft. Mit der alten Technik hätten wir das ganz einfach geregelt, aber bei der neuen Technik den Notstop ziehen? Von anderen Revieren wissen wir, daß das ein heftiges Palaver nach sich ziehen kann. Wir hoffen, daß der arme Schlauchbootkapitän auch in den Hafen von Konz kommt, so daß wir uns wenigstens mit einem Bier entschuldigen können. Wir finden in Konz einen guten Liegeplatz, treffen noch ein paar Leute aus Neumagen, denen wir ein paar Tipps für die Saar geben können und dann ist der erste Tag geschafft. Das Bier für unseren Schleusenfehler mußten wir aber alleine trinken.

20-05 Es ist kühl und wolkig, aber kein Regen. Wie immer ist unser Frühstück reichhaltig, denn die Hauptmahlzeit gibt es bei uns erst am frühen Abend. Mittags nehmen wir meist nur eine Kleinigkeit und einen Kaffee zu uns. Alkohol während der Fahrt kommt so gut wie nie vor, bei uns gilt „kein Bier vor vier“. Wir legen um 10:00 ab, unser heutiges Ziel ist Schwebsange, wo wir mit dem mittlerweile auch nicht mehr so billigen luxemburgischen Sprit unseren Tank und die Kanister vollmachen. Am Abend gibt es noch ein heftiges Gewitter, aber wir schlafen gut.

21-05 Die Sonne scheint, wir machen das komplette Verdeck auf, heute wollen wir bis Thionville, dort können wir die Vignette für die französischen Binnenwasserstraßen kaufen. Morgens springt unser Motörchen immer sofort an, aber wenn er warm ist, macht er das nur widerwillig. Irgendwie ist die Vergasereinstellung zu fett. Dafür spricht auch, daß er beim Start immer etwas schwarzen Qualm entwickelt, außerdem stinkt er im Standgas. Da er aber bei normaler Fahrt von etwa 10 km/h völlig normal arbeitet, machen wir uns keine großen Sorgen. In Thionville tobt eine Horde Wassermotorräder rum, einer von ihnen fragt, ob wir einen Liegeplatz suchen. Wir nicken und er geleitet uns zu einem kleinen Clubhafen, wo wir gut und preiswert übernachten können. Durch die nahe Eisenbahn und die Autobahn ist es allerdings recht laut.

22-05 Der Hafenmeister hat uns gezeigt, wo ein Lidl ist, da tragen uns unsere Bordfahrräder hin und wir kommen schwer beladen zurück. Unsere kleinen Klappfahrräder sind unverzichtbar, mit deren Hilfe können wir bequem einkaufen, tanken oder kleinere Landausflüge machen. Wir verstauen alles und legen ab. Hinter der Schleuse Thionville ist das Büro des VNF, wo wir für € 74,80 unsere Vignette zum Befahren der französischen Binnenwasserstraßen erhalten. Sie gilt für 30 Tage. Beim VNF erfahren wir auch, daß heute gestreikt wird. Da wir keine festen Termine haben, lassen wir das mal auf uns zukommen, durch die erste Schleuse sind wir ja schon ohne Probleme durch. An den nächsten beiden Schleusen können wir die alten , viel kleineren Penichenschleusen benutzen, entweder durch Lichtzeichen geregelt oder per Anweisung vom Personal. Alles immer mit viel s’il vous plait, merci, bonjour, aurevoir. Ja, höflich und freundlich sind sie, die Franzosen und immer hilfsbereit. Nur an der Schleuse Metz-Nord macht der Schleusenknecht die Tore nach einem Berufer zu. Wir protestieren laut mit unserer Tröte und das Tor wird nochmal angehalten, so daß wir auch noch einfahren können. Außerdem ist es wohl verpönt, laut über das Wasser oder in die Schleuse zu brüllen, da bemüht man sich schon selbst zum Gesprächspartner zu gehen. So geschehen im alten Hafen von Metz, wir finden einen Liegeplatz ohne Service, aber nach ein paar Minuten erklärt uns ein Mann, daß später hier noch ein Schiff anlegen wird. Also fahren wir zum Jachthafen, der einen teuren und vornehmen Eindruck macht. Etwas später kommt der Hafenkapitän und meint für € 5,- könnten wir da liegen bleiben. Wohlgemerkt inkl. Dusche u. WC. Ganz nüchtern war er aber wohl nicht.

23-05 Es ist sonnig und kühl, wir passieren das größte römische Bauwerk nördlich der Alpen, das Viadukt der Wasserleitung bei Ars sur Moselle. Wir lassen Pont a Mousson vorbei gleiten, für einen Übernachtungsplatz ist es eigentlich noch zu früh, außerdem würden wir gerne mal wieder kostenlos übernachten. Kurz vor Belleville biegt der alte Moselkanal ab, am Anfang ist eine nicht mehr benutzte Schleuse, das wäre der richtige Platz für die Nacht! Doch davor liegt ein gesunkenes Plastikboot und beim darauf folgenden Rückwärtsmanöver kracht unser Außenborder heftig gegen ein nicht sichtbares Unterwasserhindernis. Der Motor läuft, aber das Getriebe macht im Leerlauf rasselnde Geräusche. Wir haben zum Glück eine hydraulische Hebevorrichtung, so daß wir den Schaden einfach untersuchen können. Die Propellerwelle dreht eindeutig rund, nur der Propeller hat eine scharfkantige Macke, aber das kann nicht so schlimm sein. Das rasselnde Geräusch ist nur im Leerlauf hörbar, bei eingelegtem Gang läuft alles wie gewohnt. Wir fahren weiter, denn irgendwo müssen wir übernachten. Gegenüber von Autreville ist ein „Halte Nautique“ in einem Altarm der Mosel ausgewiesen, das wäre doch richtig für uns. Wir machen fest, trinken ein Bier und der Smutje kocht etwas Feines zum Abendessen. Derweil macht sich der Käptn mit der Funktionsweise des Getriebes vertraut, denn so können wir nicht einfach weiterfahren. Ein „Halte Nautique“ ist eigentlich für die Großschiffahrt bestimmt, aber ………..so gegen 21:00 Uhr nimmt ein ziemlich großes Schiff Kurs auf unseren Liegeplatz. Sie haben uns natürlich gesehen, und wir kommen ihrer freundlichen Aufforderung, unseren Platz zu räumen und an ihrer Außenseite die Nacht zu verbringen, gerne nach. Das alles ohne ein unfreundliches Wort.

24-05 Unser Päckchenlieger hat es nicht sehr eilig, so können wir das Getriebeproblem durch Verstellen des Schaltzuges recht einfach lösen. Das hat bis zum Ende unserer Reise funktioniert. Gegen 10:00 verabschieden wir uns von unserem Nachbarn, nachdem wir noch einiges über die Vor- und Nachteile und die Kosten der Binnenschifffahrt gelernt haben. In der Schleuse Pompey-Frouard werden wir höflich aber bestimmt aufgefordert, die Schwimmwesten anzulegen. Wir erreichen den Abzweig des Rhein-Marne-Kanals und werden in der 2. Schleuse kurz vor Toul von einem heftigen Gewitter überfallen. Wir verbleiben in der Schleuse und hoffen, daß kein anderes Schiff auch noch schleusen möchte. Nach 20 min. ist alles vorbei, wir heben die bekannte blaue Stange und leiten den Schleusenvorgang ein. Im Hafen von Toul scheint schon wieder die Sonne. In den nahen Bäumen hält sich eine wilde Horde von Krähen auf, deren Lärm uns ziemlich auf den Geist geht.

25-05 Die Krähen haben schon am frühen Morgen ihren Krach angefangen, daher war die Nacht recht kurz. Wir fahren mit unseren Fahrrädern einkaufen und tanken, um dann die 12 Automatik-Schleusen bis zum Tunnel von Foug unter den Kiel zu nehmen. Vor dem Tunnel müssen wir noch kurz warten, bis ein anderes Boot aus der Gegenrichtung herauskommt, dann springt die Ampel auf grün und wir fahren in die etwa 900 m lange Röhre. Auf der anderen Seite geht es ohne Schleuse bis zur Brücke über die Maas. Wir haben aber beschlossen, nicht bis Paris zu fahren, denn dann wären wir etwa 3 Wochen länger unterwegs, das wären dann 8 Wochen zu zweit auf einem 6m-Boot, das könnte einige Probleme aufwerfen. Und für Paris selbst wäre da noch keine Zeit eingerechnet. So biegen wir in den Maaskanal oder Canal de l’Est ab, um eine für uns komplett neue Strecke zu fahren. Es geht 4 Schleusen in kurzem Abstand hinunter, dann finden wir einen Liegeplatz für die Nacht. Eine Mitarbeiterin vom VNF kommt noch vorbei, fragt ob wir hier die Nacht verbringen wollen und wann wir morgen weiter fahren wollen.

26-05 Wir erledigen unsere Morgentoilette mit einem kurzen Bad im klaren Kanalwasser und starten bei warmem, sonnigen Wetter Richtung Norden. Der Abstand zwischen den Schleusen ist etwa 5-7 km, also eine halbe Stunde. Einen kurzen Tunnel gibt es auch. Es wechseln sich Kanalstrecken und Flußstrecken ab, aber für unsere Reisegeschwindigkeit ist das ohne Bedeutung. Im Kanal darf man 8 km/h, auf der Maas 15 km/h fahren, letzteres schaffen wir sowieso nicht, also fahren wir im Mittel ca. 10 km/h. Die Schleusen werden mit einer Fernbedienung, die wir vor dem Tunnel erhalten haben, von uns selbst bedient. Am Ufer steht ein meist recht gut sichtbarer Empfänger, den muß man mit der Fernbedienung anfunken und wenn ein Blinklicht aufleuchtet, haben wir den Schleusenablauf in Gang gesetzt. An der Schleuse leuchtet ein rotes und ein grünes Licht auf, d.h. unsere Einfahrt wird vorbereitet. Wenn das Tor aufgeht, erlischt das rote Licht und wir können einfahren. In der Schleuse ist ein Apparat mit einer blauen und einer roten Stange. Die blaue Stange muß man nach oben heben, damit setzt man den Schleusenvorgang fort. Die rote Stange ist der Notstop, die muß man runterziehen und dann kommt alles zum Stillstand. Dieser Zustand kann nur vom Personal geändert werden, das kann mitunter dauern. Also außer im Notfall Finger weg von der roten Stange! Wir kommen in den Ort St. Mihiel, der hat einen schönen Anlegesteg auch mit Wasser, aber sonst nichts. Auf einer Infotafel finden wir einen Hinweis auf einen nahen Campingplatz mit Festmachmöglichkeit. Wir fahren dahin und finden das Richtige für die Nacht.

27-05 Es regnet, also bleiben wir erstmal im Bett, schließlich ist ja Sonntag. Zum Frühstück regnet es immer noch, zur Mittagspause auch noch, also bleiben wir eine weitere Nacht hier. Auf dem Campingplatz gibt es Wasser, Dusche und WC, Benzin und Verpflegung haben wir noch genug.

28-05 Es ist wolkig und schwül, als wir losfahren, vor uns ist noch eine große Peniche vorbeigekommen, also lassen wir uns Zeit, denn die fährt immer allein durch die Schleusen. An der nächsten Schleuse ist nichts, kein Empfängermast, keine Ampel, kein Mensch. Bei näherem Hinsehen wird klar, das ist eine Schleuse mit komplettem Handbetrieb, im Schleusenhäuschen liegt auch eine Kurbel auf dem Schreibtisch. Nach kurzer Zeit kommt ein Auto, da steigt ein VNF-Mitarbeiter aus und macht uns klar, daß diese und die nächsten 16 Schleusen noch von Hand bedient werden, dafür müsse man sich anmelden. Das hat ein französisches Boot, das kurz nach uns kam offensichtlich so gemacht. Wir haben Glück und fahren jetzt mit den Franzosen zusammen bis Verdun. Verdun und seine geschichtsträchtige Umgebung (1.Weltkrieg) haben wir im Rahmen einer anderen Tour schon kennengelernt, also reicht uns ein Einkauf im Leclerc am Bahnhof. In Verdun kann man mitten in der Stadt an einem Steg umsonst liegen, WC und Dusche gibt es aber nicht. Eigentlich wollten wir uns eine Pizza mit aufs Boot nehmen, aber es war Montag, alles geschlossen. Der Abend wird noch durch ein kräftiges Gewitter aufgemischt, dann ist aber Ruhe.

29-05 Wir legen um 9:00 ab und müssen hinter der großen Peniche herbummeln, denn die kann nicht so schnell den kurvenreichen Kanal fahren. Zwar läßt uns der Skipper der Peniche nach der ersten Schleuse überholen, aber wir finden am frühen Nachmittag einen guten Übernachtungsplatz in Consenvoye und weil das Wetter abgekühlt hat, machen wir da Schluß. In der Nähe ist ein Campingplatz, da ist kein Mensch, aber die Toiletten sind benutzbar. Kurz nach uns kommt auch die Peniche wieder in Sicht, sie macht auch hier Schluß. Die nächste Schleuse ist von einer besonderen Bauart, sie hat schräge Wände, wie wir sie schon 2014 an der Yonne und 2010 an der Havel kennengelernt haben. Hier hat man aber noch einen Schwimmsteg eingebaut, der mit dem Wasserstand mitgeht.

30-05 Wir sind wieder um 9:00 unterwegs und treffen an der Schleuse auf die Peniche. Der
Skipper meint, wir könnten neben der Peniche mitschleusen und der Schleusenknecht nickt
zustimmend. Na ja, die werden ihr Arbeitsfeld wohl gut genug kennen, wir machen uns bereit.
Die Peniche fährt ein, für unser kleines Boot bleibt noch etwas Platz daneben. Mit sinkendem
Wasserstand kommt uns die schräge Wand immer näher, aber dann sind wir unten. Wir können
vor der Peniche ausfahren und sind jetzt allein auf der Maas unterwegs, die hier breit und träge
dahinfließt. Ab Schleuse 27 müssen wir wieder unsere Fernbedienung benutzen, an der Schleuse 31
ist aber kein Empfängermast zu sehen. Nach einigem Hin und Her entdecken wir ihn auf der
ungewohnten linken Seite ziemlich zugewachsen. Hinter der Schleuse ist ein Hinweis auf den Hafen
von Stenay, der in einem Altarm liegt. In Stenay gibt es ein Biermuseum, eine Freikarte gibt es für
jeden Liegeplatz, die 2. muß man kaufen. Wir besuchen das Museum und machen uns Gedanken,
wieso es im Weinland Frankreich ein Biermuseum gibt. Aber wir finden ein liebevoll mit
wunderschönen Exponaten ausgestattetes Museum vor. Die Champagne, wo nicht nur die Trauben
für die berühmte Edelbrause wachsen, ist gleich nebenan. Von unserer Tour in 2011 wissen wir, daß
dort auch riesige Mengen von Getreide angebaut werden, das braucht man ja fürs Bier. Außerdem
ist Belgien mit seiner Biertradition auch nicht weit. In der zugehörigen Kneipe kann man auch einiges
probieren und einen Imbiß gibt es auch. Das französische Ehepaar, das wir schon öfter getroffen
haben, setzt sich zu uns, und da sie aus dem Elsaß sind, sprechen sie auch recht gut deutsch. Es wird
einiges über Europa und die Welt diskutiert und auch über familiäre Dinge. Sie sind wie wir auch
glückliche Großeltern.

31-05 Wir können dank unserer Fahrräder hier recht bequem tanken und einkaufen, gegen Mittag
ist das erledigt und wir starten Richtung Sedan. Vor der Schleuse 34 liegen einige Boote und wir
erfahren, daß die Schleuse wohl ein Problem hat. Kurz vor der Schleuse haben wir einen Picknickplatz
gesehen, dorthin fahren wir zurück. Dort steht auch ein Grill, den können wir benutzen und brauchen
unseren Bordgrill gar nicht auszupacken. Es finden sich ein paar Schweinesteaks auf dem Rost ein,
sowie 2 Grillkäse. Es wird eine ruhige Nacht, in der Nähe gibt es weder Eisen- noch Autobahn.

01-06 Es ist kühl und bewölkt und die kombinierte Schleuse mit Brücke steht immer noch auf
Doppelrot. Am Sprechapparat kann man zwar hören wie er ein Telefon anwählt, doch es meldet
sich keiner, außerdem fängt es an zu regnen. Möglichkeiten zum Festmachen gibt es auch keine,
wir haben uns an ein Verkehrsschild angebunden, eigentlich verboten. Als wir überlegen, die paar
100m zurück zu unserem nächtlichen Liegeplatz zu fahren, kommt ein Auto mit VNF-Mitarbeiter.
Er bastelt etwas an der Schleusensteuerung rum, das Tor geht auf und er winkt uns in die Schleuse.
Es regnet weiter als wir in Mouzon am Kurzzeithalt Wasser nachfüllen, die Morgentoilette nach-
holen und unseren Müll entsorgen. Wir fahren weiter und erreichen am Nachmittag Sedan, wo
wir am städtischen Campingplatz festmachen. In der Rezeption bekommen wir Tipps zum
Einkaufen, einen Stadtplan und eine Rechnung über € 12,-/Nacht also so viel wie fast überall.

02-06 Wir frischen unsere Vorräte reichlich auf, fahren noch am Schloß vorbei, und sind gegen
Mittag wieder unterwegs auf der Maas. Wir sind jetzt 2 Wochen unterwegs und haben noch
ca. 3 Wochen vor uns, also biegen wir in Pont a Bar in den Ardennenkanal ab, auch wieder Neuland
für uns. Wir stellen nochmal das Standgas unseres Motors ein, aber das Problem wird sich hier
nicht komplett lösen lassen. Da der Motor auf der Strecke aber rund und problemlos läuft,
versuchen wir damit klarzukommen. 7 Schleusen und ein Tunnel sind es bergwärts bis zur
Scheitelhaltung, wo in der Mitte ein sehr schöner Steg zum übernachten auf uns wartet. Für die
mit uns hochgefahrenen Holländer ist leider kein Platz mehr, aber sie finden ein paar km weiter
auch noch einen Platz. Die Besatzung hat während der Fahrt schon mal Spargel geschält, also ist
das Abendessen schon bald fertig. Der Abend hält ein schönes Vogelkonzert für uns bereit, die
Nutrias kontrollieren ihr Revier und die Nacht ist sehr ruhig.

03-06 Wir legen um kurz vor 9 ab und fahren zur 1. Schleuse von 27, die den Abstieg zur Aisne
darstellen. Das holländische Paar ist auch schon auf, also fahren wir gemeinsam die 27 Schleusen
zu Tal. Alles klappt wie am Schnürchen, unseren Motor lassen wir einfach immer weiterlaufen, er
ist auch nur einmal ausgegangen. Wenn er gar nicht wieder anspringen will, müssen wir die Haube
abnehmen und direkt am Vergaser Gas geben, dann springt er sofort an. Aber so hoch wollen wir
das Standgas nicht einstellen, denn mit einem kaputten Getriebe wären wir aufgeschmissen. So
ein Außenborder hat ja keine Kupplung. Unterwegs haben wir uns noch der Attacken von zahllosen
Bremsen zu erwehren, jeder hat reichlich Bisse mitbekommen. Die Jucksalbe ist fast leer. Am
Ende der Schleusentreppe geht es durch einen Wald und der Kanal ist total mit Entengrütze bedeckt.
Die 28. Und letzte Schleuse heute ist kurz vor Attigny, wo wir mit zahlreichen anderen Schiffen
übernachten. Unseren Schleusenrekord von 29 Schleusen/Tag aus 2014 https://www.boote-forum.de/showthread.php?t=211521 , 03-07 haben wir nur knapp verpaßt. Zur Belohnung gibt
es ein feines Rindersteak und Artischocken.

04-06 Es ist etwas bewölkt aber trocken. Wir kommen an einem schönen Anleger in Rethel vorbei,
Dort gibt es Dusche und Toilette gratis, außerdem ist in der Nähe eine Tankstelle und ein kleiner
Supermarkt. Wir ergänzen unsere Vorräte, fahren weiter bis zu einem ruhigen Liegeplatz in Vieux
les Asfeld.

05-06 Es ist wieder sonnig, als wir um 9:30 ablegen. Uns kommen 2 Penichen entgegen, wegen
des ziemlich zugewachsenen Kanals haben wir nach der Begegnung einiges Grünzeug im Boot liegen.
Ab hier sind wir auf dem Canal lateral a l’Aisne unterwegs. Ab Berry au Bac ist der Kanal uns wieder
bekannt, aber 7 Jahre und eine umgekehrte Fahrtrichtung lassen ihn uns ganz anders aussehen.
Die Strömung meint es gut mit uns, für die 20 km bis Bourg et Comin brauchen wir 1 ½ Std. Hier
zweigt der Canal de l’Oise a l’Aisne ab, den wir morgen befahren wollen.

06-06 Im Ort gibt es einen kleinen Supermarkt, der Käptn geht auf Einkaufstour. Zurück an Bord
meint die Beste alle Ehefrauen, daß sie ein urologisches Problem hat, Blut im Urin. Und das in
Frankreich, wo unsere Sprachkenntnisse uns zwar vor dem Verhungern und Verdursten bewahren,
aber medizinisch ……….. Wir fahren nochmals in den Ort, dort ist eine Infotafel, da steht etwas mit
„Medicin“ und „Pharmacy“. Im Cabinet de Medicin ist niemand, aber in der Apotheke wissen sie
Bescheid. In etwas holprigem Englisch wird uns erklärt, daß der Doctor gegen 10:00 da sei. Und da
kam er auch gleich in die Apotheke, und anschließend fuhr er mit uns im Schlepptau in den Praxisraum.
Die Untersuchung und die Diagnose können wir hier ausklammern, es gab ein Rezept, das div.
Tabletten für eine Woche vorschrieb, möglichst keinen Alkohol und eine Rechnung über € 25,-. Die
Apotheke wollte für die Pillen auch nochmal € 25,- haben, das sollte unsere Krankenkasse doch noch
übrig haben. Alles in allem wären wir zu Hause auch nicht besser versorgt gewesen. Anschließend
fuhren wir los, 4 Schleusen zu Berg, wo Gabriele mit einer Leine vorher aussteigen mußte, weil in
der Schleusenwand kaum brauchbare Festmacher waren. Dann der 1,5 km lange Tunnel von Braye,
vor uns eine fette Peniche, die uns die Sicht auf das Tunnel ende versperrte und außerdem kräftig
nach Diesel stank. Die fuhr so langsam, daß wir mehrfach den Gang rausnehmen mußten, wobei
einmal der Motor abstarb. Also Haube ab und Neustart, aber inzwischen war auch die hintere Tunnel-
einfahrt nicht mehr zu sehen, es war also noch ein Schiff hinter uns im Tunnel. Da muß man halt mal
die Nerven wegdenken und kühlen Kopf bewahren. Mit einer absolut erfahrenen und coolen Bordfrau
ist das kein Problem. Trotzdem hatten wir für heute genug und fanden im Wendebecken vor der
Schleuse Pargny-Filain einen Steg, wo man gut liegen konnte.

07-06 Es ist kühl und es nieselt. Wir haben 9 Schleusen bis Abbecourt vor uns und wollen nach Chauny
am Canal lateral a l’Oise. Der VNF hat hier viel zu tun, denn der Kanal wächst immer weiter zu, da muß
man schon mal mit grobem Gerät ran. Man sieht immer mal Reste von Eisenbahngleisen und auch
etliche scheinbar nutzlose Betonmasten. Das läßt auf einen früheren Betrieb mit elektrischen
Treidellokomotiven schließen. Gegen Mittag wird es sonnig und warm. Die letzte Schleuse und die
davor liegende Kanalbrücke über die Oise sind total verkrautet, ein Problem, das wir dank der
hydraulischen Hebevorrichtung unseres Außenbordmotors leicht beheben können. In Chauny finden
wir einen Hafen vor, der alles hat. Zum kochen ist es zu warm, also leisten wir uns eine Pizza. Gegen-
über ist ein Pferdemetzger, da gibt es hervorragende Rumpsteaks für Sonntag. Wir erfahren von einem
Belgier, daß die Maas unterhalb des Ardennenkanals einige Tage gesperrt war, also hat sich unser
„Umweg“ auch gelohnt.

08-06 Wir fahren zum Tanken, dort ist auch ein Supermarkt. Auf der anderen Seite der Stadt ist heute
Markt. Scheinbar sind aber nur die üblichen Stände mit billiger Kleidung und sinnlosem Zeug vertreten.
Doch in der Mitte ist eine Halle, da gibt es Spargel und Schinken für heute abend. Gegen Mittag fahren
wir auf dem Canal lateral a l’Oise nach Westen, wir wollen in den Canal du Nord, der hat weniger
Schleusen, als der parallel verlaufende Canal de St. Quentin, den wir auch schon kennen. An der 1.
Schleuse werden wir gewarnt, die Schleusen im Canal du Nord seien für unser kleines Boot recht
heftig. An der 2. Schleuse müssen wir unsere Fernsteuerung in einen Automaten einführen, um den
letzten Schleusenvorgang, für den die Fernsteuerung gedacht ist, einzuleiten. Der Käptn ist aber wohl
zu blöd, die Anleitung in franz., engl., holl. zu verstehen und wirft die Fernsteuerung in den Brief-
kasten. Zum Glück ist aber Personal da, gerade beim Rasenmähen. Die junge Dame spricht engl. und
versteht sofort, welcher Fehler passiert ist. Das ist wohl öfter geschehen. Sie faßt kurz mit der Hand
in den Spalt, wo die Fernsteuerung hineingehört, dann zieht der Käptn die blaue Stange und die
Schleusung beginnt. Wir sind jetzt auf dem Großschiffahrtsweg Schelde-Dünkirchen. Die 1. Schleuse
arbeitet ganz normal, aber es gibt kaum Möglichkeiten zum Belegen der Leinen. I n der 2. Schleuse
fängt auch alles normal an, doch etwa in der Mitte der Füllung kommt ein gehöriger Schwell von unten,
der uns stark von der Wand wegzieht. Wir sind allein in der Schleuse und bekommen das so einiger-
maßen geregelt, aber schön ist das nicht. Der anschließende Kanal hat durchgehend schräge, betonierte
Wände, da kann man nirgends festmachen, geschweige denn übernachten. Außerdem ist ein ziemlicher Frachtschiffverkehr. Wir haben es eigentlich ganz gerne, wenn diese z.T. uralten Kanäle von der Berufs-
schiffahrt gut genutzt werden, denn dann werden sie auch unterhalten und instandgesetzt. Dieser Canal
du Nord ist aber ein recht moderner Kanal (1966 eröffnet), aber für Sportboote so gar nicht geeignet.
Wir fahren bis zur Schleuse Sermaize und legen uns in eine Ecke, wo wir unsere Erdnägel einschlagen
können, um zu übernachten. Dann kommt der Spargel in den Topf, den haben wir uns heute verdient.
Der Käptn macht sich mit der Wirkungsweise der Schleuse vertraut, es ist eine Sparschleuse mit einem
nebenanliegenden Auffangbecken für etwa den ½ Schleuseninhalt. Man kann die Strömungen, die da
bei einer Bergschleusung herrschen, deutlich sehen und auch hören. Das ist nichts für kleine Schiffchen,
und wir beschließen, morgen umzukehren und doch über den Canal de St. Quentin zu fahren.

09-06 Die Nacht ist recht ruhig, wir starten um 9:00 mit der recht starken Strömung sind wir schnell
wieder in Noyon, wo wir mit einer holländischen Peniche gemeinsam schleusen. Dann wieder in den
Canal lateral a l’Oise, an Chauny vorbei und ab jetzt sind wir im Canal de St. Quentin. Der Kanal und
seine Schleusen sind in einem erbärmlichen Zustand. Obwohl immer Doppelschleusen vorhanden sind,
ist eine Schleuse immer gesperrt. Es scheint so, daß immer die Schleuse im schlechteren Zustand frei
gegeben ist, an der anderen wird wohl manchmal gearbeitet. Die blauen Stangen fehlen regelmäßig,
aber da kann man sich mit dem Bootshaken helfen. So kommen wir bis kurz hinter Fargniers, wo wir
an einer geraden Kanalwand bequem festmachen können. An der nahen Eisenbahn liegt auch ein
Stellwerk, die Lokführer scheinen die Besatzung des Stellwerks gut zu kennen, denn jeder Zug läßt
seine Hupe sehr laut erklingen. Das läßt aber in der Nacht deutlich nach. Die Pferde-Rumpsteaks sind
heute dran. Wir lieben beide dieses magere und kräftig schmeckende Fleisch, das hat in Frankreich ja
Tradition.

10-06 Wir legen bei etwas nebligem Wetter ab. Nach dem Abzweig des Canal de la Somme, der aber
gesperrt ist, säumen auffallend viele Gruppen von jeweils ca. 50 Anglern das in unserer Richtung
rechte Ufer. Hier scheint ein Wettbewerb im Gange zu sein, etwa „wer fängt den am gräßlichsten
stinkenden Fisch“ oder ähnliches. Die meisten Angler registrieren freundlich, daß wir ganz nah am gegenüberliegenden Ufer fahren, aber wie immer gibt es auch ein paar Idioten, die uns am liebsten
versenken würden. Besonders bei einer nicht zu vermeidenden Begegnung mit einem anderen Boot
konnte man sehr unfreundliche Töne hören. Angler sind eben etwas Besonderes. Wir steuern den
Hafen von St. Quentin an, den wir von vor 7 Jahren kennen. Oder besser gesagt kannten, denn wir
mußten feststellen, daß der Hafen total verkrautet ist, daß keine Sanitäreinrichtungen bereit sind,
nicht mal Wasser haben wir bekommen. Nach Aussage von Einheimischen ist der Hafen seit 6 Jahren
ohne Leitung, wir bekommen den Code des Haupttores von einem Holländer und können zumindest
einkaufen und tanken. In der Nacht sorgen zahlreiche Frösche für Unterhaltung.

11-06 Wir frischen mal wieder unsere Vorräte beim Lidl auf, tanken 40 l Sprit, nur wo bekommen wir
Wasser her? Es gibt einen Wohnmobil-Parkplatz, der auch vom Wasser aus erreichbar ist. Das könnte
klappen. Wir starten und stellen fest, daß man an diesem Wohnmobil-Platz nicht festmachen kann,
aber ca. 500m weiter ist eine schöne Kaimauer mit Pollern. Georg läuft mit dem Trinkwasser-Kanister
zum Wohnmobil-Parkplatz, spendiert einem Franzosen 10 min Frischwasser für € 1,- und zweigt 10 l
für uns ab. Mehr bekommen wir nicht innerhalb von 10 min. ins Boot, denn unseren 2. 10 l-Kanister
haben wir zu Hause vergessen. Egal, jetzt geht es weiter bis Lesdins, nach der 5. Schleuse beginnt die
Scheitelhaltung des Kanals. Vor dem 1. Tunnel „Le Tronquoy“ liegt ein belgisches Boot, die Ampel zeigt
rot. Ab 17:00 sollte eigentlich die Durchfahrt frei sein, so unsere Interpretation des Schildes vor dem
Tunnel. Plötzlich ist der Belgier weg, ja der fährt bei Rot einfach in den Tunnel rein. Wir erinnern uns,
daß vor 7 Jahren die gleiche Situation in der Gegenrichtung war und wir ebenfalls bei Rot den Tunnel
durchfahren haben. Wir erreichen das andere Ende und… es schüttet wie aus Eimern. Wir fahren noch
ein paar Minuten, aber bald ist gar nichts mehr zu sehen, wir haben nur einen Handscheibenwischer.
Wir machen vorsichtig am stark bewachsenen Ufer an einer Baumwurzel fest, und warten ab. Nach ca.
½ Std. läßt der Regen nach. Wir werden noch von einer Peniche überholt und tuckern ihr hinterher.
Wir haben uns für morgen früh, 8:30 zur Tunneldurchfahrt angemeldet. Deshalb wollen wir kurz vor
der Einfahrt des 5,7 km langen „Souterrain du Riqueval“ übernachten. Dieser Tunnel wird als Museum
betrieben, er ist noch mit einer Kette und einer Oberleitung ausgestattet, wie das früher in Frankreich
häufiger der Fall war. An der auf dem Kanalboden legenden Kette zieht sich ein Elektroschlepper
entlang, die Kette läuft dabei über ein Kettenrad, das über die Oberleitung elektrisch angetrieben wird.
https://de.wikipedia.org/wiki/Riquevaltunnel

12-06 Der Schleppzug wird heute aus dem Schlepper, 1 Peniche, 1 belgisches Stahlboot und unserem
Schiffchen bestehen. Ein Mitarbeiter des VNF notiert Name und Adresse, weil die Rechnung für die
Durchfahrt zu uns nach Hause geschickt wird. So war es jedenfalls vor 7 Jahren, damals waren es € 22,-,
bis jetzt (24-07-18) war noch nichts im Briefkasten. Der Belgier vor uns läßt seinen Diesel mitlaufen und
korrigiert ständig mit dem Ruder. Dadurch werden auch wir immer wieder beeinflußt, so daß wir
immer wieder nachsteuern müssen. Dadurch kommen wir der Tunnelwand und dem Treidelsteg oft
näher als erwünscht. Bei einem dieser Manöver ist wohl unbemerkt ein Fender abgerissen, aber einen
Ersatz haben wir dabei. Nach 1 ¾ Std. ist der Zirkus vorbei und der Regen hat uns wieder. Wir machen
im Hafen von Vendhuile Mittagspause, gegen 13:15 läßt der Regen nach und wir kommen noch bis
Camprai. Wir kennen diesen schönen Ort schon und lassen heute Abend die Pantry kalt, ein neues
Restaurant bietet eine ordentliche Plate de Jour (Tagesmenue) für € 17,- an, das paßt für heute.

13-06 Wir gehen beim Aldi einkaufen, fahren mit dem Rad zur Tankstelle und gegen Mittag fahren wir
weiter. Nach 5 Schleusen sind wir auf der Großschiffahrtsstraße Schelde. Wir können gleich mit einem
Dickschiff in die 1. Schleuse einfahren, dann ist es noch ca. 1 Std. bis Denain, wo man in einem Altarm
gut liegen können soll. Wir finden auch einen ruhigen Liegeplatz und können aus der Distanz die
Hafenmanöver der Berufsschiffahrt beobachten.

14-06 Unsere Reservegasflasche ist schon seit ein paar Tagen im Einsatz, die wird wohl nicht bis zum
Ende unserer Tour reichen. Als äußerste Reserve haben wir eine leere 3kg-Campinggaz-Flasche dabei,
die man im großen Supermarkt oder im Baumarkt tauschen kann. Leider liegt das passende Anschluß-
stück wohl zu Hause rum. Wir hoffen, im belgischen Mons Ersatz dafür zu bekommen. Wir machen
uns gegen 9:00 auf, nach 2 Schleusen und etwas Regen kommt ein ganz neuer Jachthafen in
Valenciennes in Sicht, zumindest für eine Pause geeignet. Ein sehr freundlicher, gut englisch sprechender Hafenmeister weist uns einen Platz zu und fragt, ob wir über Nacht bleiben. Wir bringen das Gespräch
Auf das Thema Camping-Gaz und er meint, er kenne das System. Er werde zu Hause etwas telefonieren
und um 14:30 wäre er wieder da, dann könne er uns wohl helfen. Pünktlich um halb drei lädt er mich
in sein Auto ein, fährt zielstrebig zu einem Laden, der das passende Anschlußstück hat, aber für die
Gasflasche müssen wir noch eine große Runde drehen. Die aufkommende Unterhaltung dreht sich
um Europa, Kinder, Enkel und den horrenden Straßenverkehr. Wie schon so oft stellen wir eine große
Übereinstimmung in unseren positiven wie negativen Empfindungen zu Fragen unseres gemeinsamen
europäischen Lebens fest. Daß dieses Leben nur noch gemeinsam funktionieren kann, diese Frage
stellt sich meist gar nicht mehr. Wir bekommen unsere Gasflasche, als Dank nimmt er gerne eine Flasche
Wein an, leider haben wir keinen Moselriesling mehr in der Backskiste, so muß ein Chardonnay ran.

15-06 Heute werden wir unser geliebtes Frankreich verlassen, 3 Schleusen und ein langes Stück
führen uns nach Antoing, wo wir einen kleinen kostenlosen Hafen, einen Aldi und eine Tankstelle
in fußläufiger Entfernung wissen. Bei Montagne du Nord erinnern großzügige Kaianlagen und ein
kleines Zollgebäude an vergangene Zeiten, als man mit Personalausweis, Reisepaß, Zollkontrolle
und sinnloser Bürokratie versucht hat, die Handelswege zu beschränken. 2 Fahnen, wie wir sie kurz
danach bei einem Fußballspiel wiedergesehen haben, erinnern uns, daß wir jetzt in Belgien sind.
In Antoing unterqueren wir die TGV-Strecke Köln/Amsterdam-Brüssel-Lille-London und danach
finden wir alles vor so wie vor 7 Jahren. Außer uns liegt nur ein großes britisches Schiff im Hafen,
so daß wir uns einen ruhigen Platz aussuchen können.

16-06 Wir sind recht früh um 8:30 unterwegs, da wir noch nicht wissen, wie weit wir heute fahren
werden. Der Tank und alle Reservekanister sind voll, Kühlschrank ebenfalls. Wir fahren ein paar km
die Schelde wieder hoch und biegen dann in den Canal Nimy ab. Die 1.Schleuse zeigt nach kurzer
Zeit grün, wir werden registriert und man belehrt uns mit einem Grinsen, daß es in der Wallonie
keine Vignettenpflicht gebe, das wäre nur bei den flämischen Belgiern so. Daß die beiden Landesteile
sich nicht grün sind, haben wir schon öfter gemerkt. Vor der 2. Schleuse müssen wir über 1 Std. warten.
Der Grund war ein Viererpack Penichen, das hat wohl etwas gedauert, bis die sich einsortiert haben.
Dafür haben wir in der Folge erstmal freie Fahrt, die beiden Schleusen in unserer Karte entpuppen
sich als Sperrtore, die normalerweise offen stehen. Es gibt auch sonst nur grüne Landschaft zu sehen
und gegen halb 4 passieren wir Mons. Da wir schon mal dort waren und keine Einkäufe vorhaben,
landen wir gegen 5 Uhr im Jachthafen von Thieu. Die Einfahrtsschleuse hat als Besonderheit einen
Schwengel, wie wir ihn von Frankreich kennen, nur den muß man nicht drehen, sondern hochheben.
beim 3. oder 4. Versuch hat es dann geklappt. Ein älterer Mann weist uns in fließendem Englisch
unseren Liegeplatz zu und verweist auf das Lokal des ortsansässigen Jachtclubs. Dort würde er uns
auch die Anmeldung aushändigen. Wir folgen der Empfehlung, trinken ein kräftiges belgisches Bier
und fragen nach etwas essbarem. Wir haben die Wahl zwischen einem Herrentoast und Spagetti.
Wir bestellen die Spagetti für 18:30. Dann ist auch der Engländer, als solchen hat er sich geoutet, da
und hat ein Anmeldeformular und einige touristische Hinweise für uns. Hier am Canal du Centre
werden 75 m Höhenunterschied durch das gewaltige Schiffshebewerk von Strepy- Thieu überwunden.
Eine Aufgabe, die früher 4 hydraulische Hebewerke übernommen haben, die aber nur kleine Schiffe
von etwa 300 to heben können. Diese wollen wir morgen mit dem Fahrrad besichtigen, was vor 7 Jahren
wegen heftigem Regen nicht möglich war. Wir fragen den englischen Hafenmeister noch nach seiner
Meinung zum Brexit, da antwortet er, daß er morgen mal zu uns an Bord kommen wolle, um mit uns
zu diskutieren.

17-06 Nach einem umfangreichen Sonntagsfrühstück satteln wir unsere Klapprädchen und es geht
gleich am Anfang steil hinauf. Aber das sind nur 16 Höhenmeter, wie sie das Hebewerk Nr. 4 auch
heben kann. Dann geht es an schönen Zug- und Drehbrücken vorbei ein paar km den Kanal entlang
bis zum Hebewerk Nr. 3. Wir stellen fest, daß auch dieses Hebewerk offensichtlich in Betrieb ist, das
war vor 7 Jahren nicht so. Auch die Hebewerke 2 und 1 sind betriebsfähig. Wir versuchen,
Informationen zu bekommen, aber die wallonischen Belgier sprechen praktisch nur französisch, da
ist es für uns doch schwierig solch spezielle Auskünfte zu bekommen. Wir fahren rauf bis zum Hebe-
werk Nr.1, das wir vor 7 Jahren noch ziemlich verwahrlost von oben mit dem Boot besichtigt haben.
Später erfahren wir, daß es durchaus möglich ist, kostenlos eine Hebewerksrunde zu machen. Über
die 4 alten Hebewerke rauf und mit dem neuen in einem Rutsch wieder runter. Oder umgekehrt.
Das wollen wir morgen doch mal versuchen, zumindest die 4 alten Hebewerke hoch, das große hatten
wir ja schon mal. Am Abend kommt noch der alte Engländer vorbei und will uns die Gründe für den
Brexit erklären. Es gibt eine durchaus sachliche und friedliche Diskussion, aber die Gründe, die er
anführt sind sehr kleinlich und von britischer Selbstüberschätzung geprägt, so daß wir schon fast
Mitleid haben. Wir erfahren auch, daß er wohl auch einsam ist und krank, er tut uns leid.

18-06 Wir telefonieren um uns für die Hebewerkstour anzumelden, aber leider ist die Antwort:
aujourd'hui impossible, heute nicht möglich. Nach Gründen zu fragen hätte keinen Sinn, unser
Französisch reicht dafür nicht aus. Also stellen wir uns beim großen Hebewerk an, das englische
Boot, das wir in Antoing getroffen haben, ein belgisches Boot und unsere Nußschale dazwischen,
vor uns ein französischer Frachter, der offensichtlich Fußball-Fan ist. Der Aufzug braucht etwa 10 min.
dann ist er oben. Jetzt geht es eine ganze Weile ohne Schleuse weiter, teilweise können wir die
Dächer der Häuser am alten Kanal sehen. Wir biegen in den Canal Charleroi-Bruxelles Richtung
Süden ab, denn wir wollen über die Sambre zurück in die Maas. Nach etwa einer Std. erreichen
wir die nächste Schleuse. Wir schleusen mit dem Franzosen und dem Belgier zusammen, der Engländer
ist wohl etwas schneller gewesen. Dann kommt die Schleuse Gosselies und wir sind wieder zusammen.
Der Belgier meint, es sei wohl etwas kaputt, vor 17:00 würde das nichts mehr. Zur Not könnten wir hier
übernachten, gemütlich wird das aber nicht. Doch kurz vor 5 steht fest, die Belgier haben beim Fußball
gewonnen, und die Schleuse öffnet für uns. Ich will hier aber keinen Zusammenhang dieser beiden
Ereignisse konstruieren. Es geht durch alte, nicht sehr einladende Industriegebiete, zum Teil total ver-
fallen, zum Teil noch in Betrieb. Wir fahren die Sambre ein Stück hinauf, da soll ein schöner Liegeplatz
sein, der „Halte de Marchienne“. Kurz davor liegt eine zur Kirche umgebaute Peniche, also da kann man
sicher sicher liegen. Wir machen fest und suchen in der Nähe nach einem Restaurant, denn zum Kochen
hat die beste aller Ehefrauen heute keine Lust mehr. Wegen des Fußballspiels herrscht ein kräftiges Hup-
Konzert auf den Straßen. Wir finden eine Kneipe, aber da gibt’s nur was Flüssiges, aber nebenan ist ein
Gyros- oder Dönerladen, der darf keinen Alkohol ausschenken. Wir vermuten richtig, die beiden arbeiten
zusammen und nach 20 min. bekommen wir mal was mit richtigen Fritten serviert, schmeckt köstlich.
Noch ein paar Bier und etwas Fußball aus Rußland, dann gehen wir zurück zu unserem Liegeplatz und
liegen auch bald müde in den Kojen.

19-06 Mitten in der Nacht wird Gabriele von ungewohnten Geräuschen geweckt, sie steht auf und muß
mit ansehen, wie ein junger Mann das Fahrrad des Käptn’s klaut. Der Käptn selbst hat davon nichts
mitbekommen, über die Gründe wird sinnlos diskutiert. Wir versuchen, die Polizei zu erreichen, aber
welche Nr. hat die? Wir finden in unseren Unterlagen eine Nr. für den Notfall, und die verbinden uns
mit der Polizei. Da aber die Polizei in Belgien nur Straßen, aber keine Liegeplätze kennt, können wir der
gut englisch sprechenden Dame nur unseren Liegeplatz „Halte de Marchienne“ direkt hinter der Kirchen-
Peniche auf der Sambre nennen. Ob das woanders besser funktioniert wollen wir eigentlich nicht erfahren.
Eine lesbare Kilometrierung haben wir auf der ganzen Reise nur auf der deutschen und luxemburgischen
Mosel gefunden. Nach ca. 3 Std. kommt immer noch keine Polizei, also machen wir Frühstück und uns
danach auf den Weg. Es ist noch nicht 7:00, deshalb müssen wir vor der 1. Schleuse etwas warten. Von da
ab geht es recht zügig 6 Schleusen runter nach Namur. Die Sambre ist geprägt von zahllosen Steinbrüchen,
die zusammen mit ein paar Chemieküchen für Ladung sorgen, der Frachtverkehr ist entsprechend
stark, das sorgt aber auch für Instandhaltung und Pflege der schiffahrtstechnischen Infrastruktur.
Also nützt es uns mehr als der Verkehr stört. Ab der Abtei von Floreffe wird die Sambre etwas weniger
industriell, wir nähern uns der Mündung in die Maas in Namur. Doch plötzlich ist Stau, wir hören von
einem Frachter, daß es Probleme mit der letzten Schleuse vor Namur gebe. Wir fahren an ca. 20
Schiffen vorbei, immer ein Auge auf die Abmessungen der Schiffe gerichtet, die seitlich angeschrieben
sind. Wir wissen, wie groß die Schleusen sind und können uns ausrechnen, bei wem wir noch einfach
mit schleusen können. Wir haben Glück, das 1. Schiff in der Schlange ist 80m lang, 9m breit, die
Schleuse hat 112 x 12,5m, da paßt nichts großes mehr rein, aber für unsere 6 x 2,4m Nußschale sollte
es doch reichen. Die Schleuse braucht ewig, bis sie unten ist, die Ursache bleibt uns verborgen. In Namur
sind am Ufer zahllose junge Menschen am feiern, wie wir später erfahren ,haben sie ihren Abschluß,
bei uns Abitur genannt, gemacht und die Ferien fangen an.
Wir fahren noch durch die nächste Schleuse um in Beez im Jachthafen einen Liegeplatz mit Dusche,
aber ohne Klo zu finden. Tanken kann man hier auch nicht, aber im 30 km entfernten Huy soll es eine
Tankstelle geben. Durch das fehlende Fahrrad sind wir plötzlich sehr in unserer Mobilität eingeschränkt,
Der Sprit sollte bis Huy noch reichen, also ist das unser Ziel für morgen.

20-06 Wir starten bei Sonnenschein und sind gegen 10:00 an der 1. Schleuse, es wird auch die letzte
unserer diesjährigen Tour sein. Wir fahren nach 2 Frachtern und einem Schubverband in die Schleuse ein,
dann wird uns gesagt, ganz vorn an dem Schuber festzumachen, da noch ein Frachter kommt. Wir
können zwar als erste wieder ausfahren, aber die anderen Schiffe sind schneller als wir und da die
Maaskanalwände alle glatt betoniert sind, kommt jede Welle mehrmals zurück. Für einen kleinen
Verdränger sehr unangenehm. Gegen Mittag kommt die Stadt Huy in Sicht, der von uns angestrebte
Hafen „Port de Corphalie“ liegt noch etwas stromabwärts, schräg gegenüber des Problem-Atom-Kraft-
werkes „Tihange“. Der Hafenkapitän ist erst um 17:00 zu erwarten. Der Wirt der Hafenkneipe hat
heute Bürotag, den er gerne für ein Schwätzchen und ein paar Bierchen mit uns unterbricht. Wir erfahren
einiges über die flämisch-wallonischen Eigenheiten, aber wie schon so oft lautet das Fazit: Ohne eine
wirksame Europäische Einheit sind wir aufgeschmissen. Gegen 15:00 Uhr nimmt er den Käptn mit seinem
rechtsgelenkten Landrover mit in die Stadt, um noch etwas einzukaufen. Die 3km Fußweg zurück kann man
auch laufen. Wir haben schon mit Dodo (Dominic), dem Hafenkneipier die Slipmöglichkeiten in Lüttich
eruiert, aber hier im Hafen ist ein Superslip, kostenlos und in bestem Zustand, also ist es doch einfacher,
hier die Tour zu beenden. Während der Käptn auf Einkaufstour ist, telefoniert der Rest der Besatzung mit
Tochter Annika und Bruder Uli. Das Ergebnis sagt, daß Uli morgen Mittag mit unserem Auto und Trailer
hier in Huy aufschlägt und wir abends bei Tochter Annika und ihrer Familie zum Grill eingeladen sind.
Besser kann man eine nicht ganz problemlose Sommertour nicht abschließen.

Fazit: Auch wenn wir einen großen Teil der Strecke schon kannten, diesmal sind wir anders herum
gefahren, also sah alles auch anders aus.
Durch die Probleme mit dem Standgas des Motors, haben wir ein paar knifflige Momente erlebt,
wirklich gefährlich war das aber nie.
Wie immer hat unser Boot jetzt ein paar Kratzer mehr, die Scheuerleiste wurde ihrer Aufgabe mehr
als gerecht, dem Motor werden wir wohl eine fachgerechte Vergasereinstellung spendieren müssen.
Die Mosel bis Schengen ist immer wieder reizvoll, danach ist deutlich mehr Industrie vorhanden.
Der Canal de l’Est bzw. die Maas ist nicht aufregend aber durchaus schön. Der Ardennenkanal ebenfalls.
Der Canal de St. Quentin ist auch durchaus schön, könnte aber besser gepflegt sein.
Die Schelde und der belgische Canal du Centre sind Großschiffahrtsstraßen mit teilweise betonierten
Ufern.
Wir waren 4 Wochen und 5 Tage unterwegs, haben 975 km Strecke gefahren, 206 Schleusen, 7 Tunnels
und ein Hebewerk passiert. Wir haben 360 L Sprit verbraucht, das sind ca. 60 L mehr als normal, das
geht sicher auf das Konto der überfetten Vergasereinstellung.
__________________
Der Hübi, zu allem bereit, aber zu nix zu gebrauchen
Mit Zitat antworten top
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