#1
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Überbeanspruchung von Gastfreundschaft
Wir sind imZuge unserer Weltumsegelung mittlerweile in vielen der beliebtesten Ankerbuchten der Welt gewesen und haben die Gastfreundschaft der Einheimischen geniessen duerfen.
Vor zwanzig Jahren waren die vereinzelten Segler fuer die einheimische Bevoelkerung kein Problem. Man hat sie gern und grosszuegig aufgenommen. Mittlerweile liegen aber in Buchten wie in Fatu Hiva schon mal zwanzig Boote. Die waren vorher alle mind. drei Wochen auf See und haben ihren Muell gesammlt. Klar, gehoert sich ja so. Nun stopfen die zwanzig Besatzungen den Mull der letzten Wochen in die Muelleimer des kleinen Dorfes. Die Bewohner verschiffen den Muell auf ihre Kosten dann nach Tahiti. Dann werden die Tanks mit dem kostenlosen Wasser desDorfes wieder aufgefuellt. Uns sagten die Einheimischen, dass sie mittlerweile ihre Gastfreundschaft ein wenig uberbeansprucht sehen. Das kann ich nachvollziehen. Viele der Segler sind mit absoluten Sparbudget unterwegs, haben die Bilge voll mit Dosen von Aldi, Lidl oder einem billigen Supermarkt aus Panama. Die teuren Preise Polynesiens zahlt kaum einer. So belasten wir die Inselbewohner und im Zuge unseres Sparwillens oder -zwangs lassen wir ihnen kaum eine Moegleichkeit ein kleines Geschaeft zu machen. Viele der Segler bedienen sich noch mehr oder weniger respektlos an den Fruechten der Gaerten, was mittlerweile schon den einen oder anderen Streit verursacht hat. Meine Bitte: - Kauft ruhig mal in dem kleinen Laden ein, auch wenn es vielleicht nicht unbedingt noetig ist. - Fragt ob das Obst geflueckt werden darf, es wird immer ja heissen!! -UND: Aergert Euch nicht, wenn fuer einige Leistungen Geld genommen werden wird. Mittlerweile steht zu Diskussion, ob in Fatu Hiva kostenpflichtige Mooringbojen gelegt werden, um Kosten fuer Muell und Wasser an die Segler weitergeben zu koennen. Ich finde das OK, wir sind Gaeste und sollten uns auch so verhalten,was wuerden wir denn dazu sagen,wenn vor unserem Haus fuer drei Monate ein riesen Wohnmobilparken wuerde und seinen Muell in unsere Eimer stopft?? Make smaller Footprints!! Marc www.yagoona.de
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#2
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Hallo Marc,
Du beleuchtest mit Deinem Beitrag eine sicher wichtige Seite des Langfahrtsegelns, aber schwerpunktmäßig nur eine Seite der Medaille. Ich segle seit vielen Jahren in der Karibik (und bin somit über die Südsee nur vom Hörsensagen informiert) und habe da durchaus unterschiedliche Beobachtungen und Erfahrungen gemacht. Ein Großteil der europäischen Segler in der Südsee sind wohl den üblichen Weg durch den Panama Kanal dorthin gekommen. Ich habe ein Problem mit der Vorstellung, dass aus den Seglern, die noch in der Karibik mit sehr properen Schiffen im Werte von Einfamilienhäusern angekommen sind und die sich dort echt mitteleuropäisch verhalten, was Reinlichkeit, Müllentsorgung und Ausgehgewohnheiten angeht, plötzlich knauserige Umweltverschmutzer geworden sind. Was ich wohl feststelle ist, dass es auf vielen Inseln, die bis zu 90% vom Tourismus leben, nach wie vor kaum ein adaequates Angebot für die segelnden Touristen gibt. Die Verantwortlichen für den Tourismus z.B. auf Martinique, den BVIs und auch auf anderen Inseln haben mittlerweile festgestellt (und sagen das auch öffentlich), dass die Segler bedeutend mehr Geld auf den Inseln lassen, als z.B. die riesigen Kreuzfahrtschiffe. O-Ton: die lassen ihre Toten und ihren Müll da, aber kein Geld, da sie alles mitbringen. Die wenigsten Segler leben nur von mitgebrachten Konserven, sondern betrachten die eingedosten Lebensmittel als eiserne Reserve für den Fall, dass es keine frischen Lebensmittel zu kaufen gibt. Und das ist leider häufig der Fall. Die Miniläden der Einheimischen führen auch heute noch ein Angebot, das es vielen Europäern schwer macht, sich damit anzufreunden. Auch wir schätzen weder das allgegenwärtige Corned Beef, schon zehnmal aufgetaute und wieder eingefrorene Chickenwings, noch Stockfisch (aus Norwegen). Wir haben uns aber umgestellt, z.B. von Kartoffeln (die ohnehin nicht aus heimischem Anbau kommen, sondern aus Idaho eingeführt werden) z.B. auf Yams, Casava, Dashin usw. die leider inzwischen auch meist aus Korea eingeführt und nicht mehr selbst angebaut werden. Leider hat der Tourismus dazu geführt, dass immer weniger Einheimische Landwirtschaft betreiben. Auf vielen Karibikinseln muss mittlerweile sogar Zucker eingeführt werden, weil der Zuckerrohranbau als zu mühselig aufgegeben wurde. Ich denke, dass der größte Teil der Segler Mülltonnen auch benutzen würde, wenn sie denn vorhanden wären. Weshalb stellt man in Ankerbuchten keine Mülltonnen auf und knöpft dafür den Seglern einen oder zwei Dollars pro Tag dafür ab? Weshalb kommt nicht ein geschäftstüchtiger Local mit seinem Einbaum zum Schiff und holt dort gegen ein entsprechendes Entgelt den Müll ab? Ich bin sicher, dass die meisten Segler für derartige Angebote gerne bezahlen würden. Selbst große Supermärkte, die mit Seglern gute Geschäfte machen, stellen keine Mülltonnen für den Verpackungsmüll, die leeren Dosen und Flaschen auf. Weshalb nicht? Ich bin davon überzeugt, dass in Fatu Hiva auch dann keine Mülltonnen aufgestellt werden, wenn kostenpflichtige Moorings installiert werden. Man hat kürzlich in Nevis 100 kostenpflichtige Moorings vor dem wunderschönen Palmenstrand auf der Westseite der Insel ausgelegt und das Ankern verboten. (Ich habe noch nie mehr als 20 Schiffe vor dem mehrere km langen Strand vor Anker gesehen). Ein Dinghi-Dock und Mülltonnen für die Segler gibt es bis heute noch nicht. Also schleppt man den Müll in die Stadt und stopft ihn dort in die öffentlichen (meist überfüllten) Garbage Bins und hat ein schlechtes Gewissen dabei. Ich wollte Deinem Beitrag mit meinen Schilderungen nicht widersprechen, sondern wollte nur die andere Seite zeigen. Einerseits die möglicherweise zu sparsamen Segler, anderseits aber auch geldgierige Inselverwaltungen, welche die Segler als willkommene Milchkühe betrachten, die sie nach Belieben melken können, ohne ihnen etwas dafür bieten. Leider tragen auch geschäftstüchtige Einheimische in der Karibik dazu bei, den Enthusiasmus und die Freude der gerade angekommenen Segler kräftig zu dämpfen (vielleicht sogar dauerhaft versauen) , indem sie ihnen z.B. für eine Cocosnuss 5 EC$ abknöpfen, die sie erstens beim Nachbarn aus dem Garten geklaut haben und die man zweitens für 1 EC$ im Supermarkt bekommen kann. Oder, wenn sie zum ersten Mal bemerken, dass ihnen auf dem Markt für ein Tütchen Curry 3 US$ abgenommen werden, während die einheimische Hausfrau nur 2 EC$ (= ca 70 Cents) dafür bezahlt. Das verdirbt den besten Charakter auf die Dauer. Servus Paul |
#3
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Ich fürchte, die meisten Bewohner der Karibik und der Südsee haben vollkommen andere Probleme als sich Gedanken über den Müll zu machen den Touristen - auch die segelnden - anschleppen.
Aber ich fürchte auch, das es zuviel verlangt ist, das die, die den Müll mitbringen ihn auch vernünftig entsorgen. Es wäre schön, wenn segelnde Touristen wirklich zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation auf einigen Inseln beitragen würden, zumindest dort wo es Restaurants und Bars gibt ist das realistisch.
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"Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet." - Hans Magnus Enzensberger. |
#4
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Hallo Fjalar,
ich möchte Dir Deine romantische Sicht auf die Karibik und Französisch Polynesien nicht nehmen. Mach Dich einfach im Internet schlau über Deine Trauminsel. Es ist leider so, dass an all den schönen Plätzen der Welt nicht nur Segler ihre Freude haben wollen, sondern die großen Cruise Ships mit Tausenden von Passagieren, Charterbasen von Moorings, Sunsail und Switch, Tauchbasen und 4-Sterne-Hotels von Hilton und Sandals schon da sind, bevor Dein Anker fällt. Nur die Mülltonne am Strand für die Segler fehlt. Weshalb? Weil kein unmittelbarer finanzieller Nutzen daraus zu ziehen ist. Beispiel: In St. Lucia WI: Natürlich gibt es in der Marina und auf der Werft große Müllcontainer. Klar, die Kunden der Marina und der Werft zahlen. Draußen in der Bay, wo die Schiffe vor Anker liegen, wird man keine Mülltonne finden. Man wird auch bei seinem täglichen Einkauf in z.T. gigantischen Shopping Malls keine Mülltonnen finden. Weshalb auch? Man will zwar gerne an die Segler verkaufen, für ihren Müll ist man aber nicht zuständig. Erinnert das nicht etwas an Deutschland? Die 220 Schiffe der jährlichen ARC finden die Situation vor, dass sie ihren mitgebrachten Müll gut entsorgen können, so lange sie in der Marina liegen und dort löhnen, wenn sie ihr Schiff aber nur 100m weiter in Bucht an den Anker legen ist Schluss mit Service. Egal, ob die Flaschen, Dosen Plastikbeutel usw. im Tante Emma Laden oder in der Shopping Mall gekauft wurden. Ich kenne übrigens kaum einen Segler, der vorwiegend von Konserven leben würde. Ob mitgebracht oder vor Ort gekauft. In meinem ersten Beitrag hatte ich schon geschrieben, dass z.T. mehr als 90% des Inseleinkommens aus dem Tourismus resultiert. Was will man mehr? Auf den französischen Inseln gibt es nun wirklich keinen Grund für Ausreden. In die Überseedepartements fließen Milliarden aus Paris und Brüssel. Es werden mit diesen Geldern z.B. sinnlos kilometerlange und breite Radfahrwege angelegt, obwohl kein Mensch dort mit dem Fahrrad fährt oder gar zu Fuß geht. Mülltonne in der Nähe des Dinghidocks? Richtig, ist nicht! Hier findet man auch eine interessante Betrachtung zu diesem Thema: www.razyboard.com/system/morethread-die-laestigen-einheimischen-hvs-869484-5206928-0.html#go_244126 Servus Paul |
#5
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Bemerkenswerte Effekte sind das. Wenn sich Touristenströme aus hochzivilisierten reichen Ländern in die letzten Paradiese dieser Welt ergiessen, mit welchem Fortbewegungsmittel auch immer, treten - zunächst unerwartete - Probleme auf. Wie fast immer, wenn man in ein funktionierendes Ökosystem eingreift. Das regt immer wieder zum Nachdenken an!
(ich bitte freundlich darum, diese Bemerkung völlig wertfrei und kritikfrei zu verstehen)
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Gruss, Peter |
#6
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moin,
von der zivilisation überrollt sozusagen. ist hier in thailand fast genauso. selbst wo mülltonnen stehen hauen die ihren mist 0,5 m daneben auf den boden. ist ja auch kein wunder, früher haben sie alles in bananenblätter gewickelt und ein bambusspan zum verschließen genommen und getränke waren in kokosnüßen. wenn das weggehauen wurde, war es sowieso dünger und somit prima. der hacken ist, daß sie den modernen quatsch haben wollen, aber noch nicht gelernt haben damit klarzukommen. plastiktüten, flaschen und dosen halten sich halt länger. bis denn
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theorie und praxis sind theoretisch gleich, aber praktisch nicht !!! rechts-schreibfehler sind gewollt und deswegen mit voller Absicht erstellt. wer welche findet, darf sie behalten, verschenken oder auch versteigern. |
#7
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Ich muß hier immer an meine erste Nachtfahrt denken.
Gaaanz früh morgens im Stockdusteren los...und dann dieser Gestank. In der Dämmerung konnten wir dann sehen wie ein "Müllschiff" den ganzen Mist bei ablandigem Wind auf See verbrannte. Das hätten wir auch selber machen können.
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Niemals mit den Händen in den Taschen auf dem Hof stehen, wenn die Frau vorbeikommt! |
#8
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... also, ich weiss nicht so recht, jetzt segele ich nun schon seit über 20 Jahren im Mittelmeer und um die Balearen, aber Mülltonnen für Segler habe ich an den Stränden bzw. Ankerbuchten bis jetzt noch nicht gesehen. Wir sammeln den Müll in mehr oder weniger gut verschlossenen Tüten und bringen ihn in die nächste Marina . ... Also aus meiner Sicht scheint das kein ausschliesslich karibisches bzw. Südseeproblem zu sein.
Wie gesagt, ich rede von Mülltonnen für Segler und nicht von Mülltonnen (eher die sog. "Garbage Bins"), die an den Stränden für die dort "lagernden" Badetouristen aufgestellt sind (meist bereits überfüllt) und von den Seglern (natürlich auch) missbraucht werden. Oder vielleicht schon mal den Container einer "Strandbude", wenn der Besitzer einen den Müll einwerfen lässt. Hat da jemand andere Erfahrungen?
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Man sollte alles so einfach wie möglich erklären, aber nicht einfacher Gruss Uwe |
#9
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Zitat:
In Kroatien wird großen Wert auf die ordnungsgerechte Müllentsorgung gelegt (wo dann letztendlich der Müll landet, ist ein anderes Thema). Aber jeder Bojenpächter ist verpflichtet, den Müll der Mooringlieger mitzunehmen, was meistens auch so gehandhabt wird und in den meisten Buchten stehen Mülltonnen. Vielleicht sind sie manchmal zu klein oder werden nicht regelmäßig geleert - man sieht aber die Bemühungen, die gemacht werden, um das Müllproblem in den Griff zu kriegen. In Krk haben sie jetzt auch Mülltrennung fast wie bei uns eingeführt. Gruß Volker
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Rotwein hat keinen Alkohol! Geändert von Volker (29.05.2008 um 12:50 Uhr) Grund: Rechtschreibfehler korrigiert |
#10
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... na, das ist ja ein Service. Den vermisse ich im "Grössten Segelzentrum im westlichen Mittelmeer" bis heute.
Abgabe Müll - bis jetzt - nur in Marinas bzw. Häfen. Z.B. Porto Colom, Mallorca - dort steht ein Müllcontainer für den öffentlichen Gebrauch an der (Boots-)Tankstelle. Man muss also mit dem Dinghy hinfahren und den Müll abgeben. Kostet allerdings nichts. Allerdings nichts mit Ankerbuchten und auch kein "Service" an einer Mooring (Boje, die verbreitet inzwischen ausgelegt werden). Kassiert wird dort allerdings teilweise für das Festmachen schon. "Freie" Müllentsorgung wird - wird man erwischt - (natürlich) entsprechend geahndet - was ich natürlich richtig finde. Natürlich verstehe ich das Müllproblem, besonders bei Langfahrtseglern (ich bin immer wieder fasziniert bzw. geschockt, was man so täglich an Müll produziert) allerdings glaube ich - sieht man von Ausnahmen ab - dass man ausserhalb von Häfen bzw. Marinas eher selten, wenn überhaupt "offizielle" Müllentsorgungsmöglichkeiten, selbst hier im "zivilisierten" Europa hat. ... Allerdings glaube ich ebenfalls kaum, dass hier jemand riskiert seinen Müll einfach so zu entsorgen. Vielleicht sollte man die gleichen Massstäbe überall anlegen - insofern stimme ich dem Initiator dieses Threads eigentlich ohne Ausnahme zu. ...
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Man sollte alles so einfach wie möglich erklären, aber nicht einfacher Gruss Uwe |
#11
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Zitat:
Gruß Volker SY JASNA
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Rotwein hat keinen Alkohol!
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#12
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Zitat:
Schöne Grüsse, mit viel Mitgefühl .....
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Man sollte alles so einfach wie möglich erklären, aber nicht einfacher Gruss Uwe
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