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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit! |
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Segel - Wattenmeer - Überführung im April
Einkranen & Überführung Emden - Greetsiel
Freitag, 16.04.2010 - Vorbereitung Ab Mittag werden die Boote "verfahren". D.h. alle Trailer müssen abgebockt und fahrbereit sein, auch wenn zwischen den Hallen und dem Kranplatz nur 100m Distanz liegen. Wir, also alle Bootseigner, treffen uns mittags und befördern mithilfe der Zugmaschinen ein Boot nach dem anderen ans Tageslicht und bringen mit den Mastenwagen etliche "Spargel" zum Vorschein, die wir entsprechend strategisch günstig platzieren. Nach ungefähr vier Stunden steht und liegt alles da, wo es der Kran Morgen aufpicken soll. Am Abend komme ich noch mal wieder und erledige "kleine Restarbeiten", wie z.B. neue rutschfeste Farbe auf Vordeck aufzubringen. Verdammte Frostperiode in diesem Winter! Samstag, 17.04.2010 - Flugshow Heute ist es soweit. Das Winterlager ist offiziell vorbei und die Boote sollen wieder ihrem Element übergeben werden. Das Wetter kann idealer nicht sein: Strahlender Sonnenschein und Wind um 2-3. Der Kran kommt um zehn und alle sind bereit. Wie immer ist auf die Kranfirma Ulferts aus Neermoor verlass. Pünktlich um kurz vor zehn ist der Kran da und nachdem das Monstrum von einem 120t Mobilkran rückwärts zwischen die im Halbkreis wartenden Boote manövriert wurde, beginnen wir mit dem Aufbau des Kranes. Jeder packt mit an und so ist der Kran in wenigen Minuten einsatzbereit. Ein Boot nach dem anderen schwebt in den Krangurten hängend ins Wasser. Unsere kleine Medea braucht zwischen anpicken und einsetzen keine 5 Minuten. Danach starte ich den Motor und mit noch gelegtem Mast geht es auf eigenem Kiel die nächsten 150m weiter zum Steg des Winterlagers. Hier wird erstmal festgemacht und dann geht es wieder zurück zum Kran, um die nächsten Boote zu wassern. Mittlerweile haben sich zahlreiche Zaungäste eingefunden, die leider manches Mal im Weg rum stehen. Gegen Mittag ist das Spektakel vorbei und vierzehn Boote sind "gekrant" und drei große Masten wurden gestellt. Sogar ein kompletter Kranab- und -aufbau war dabei (umsetzen eines Bootes hinten auf dem Platz). Aber dann können wir den Kran endgültig abbauen und ziehen lassen. Alles hat geklappt und es gab nirgendwo Bruch - so soll es ein. Herta und ich gehen an Bord und klaren auf. Das Wetter ist so gut und der Tag noch so jung, dass wir beschließen den Mast auch gleich zu stellen. Das wollten wir eigentlich erst am Sonntag machen, aber wir sind voller Elan. Während ich das Gewirr aus beigebändselten Wanten, Stagen und Leinen entwirre folgt Herta einer Einladung aufs Nachbarschiff. Walter, der Schlingel, hat sie rübergeholt und zeigt ihr seinen Kat, mit dem er in diesem Sommer nach Tunesien gehen will. Nach einiger Zeit habe ich mein selbstfabriziertes Wuhling aufgedröselt und wir können den Mast stellen. Trotz mangelnder Übung steht der Mast nach ca. 20 Minuten fest verstagt an Deck und den Großbaum schlagen wir nebenbei auch noch an - das Leben ist schön. Sonntag, 18.04.2010 - Platzwechsel Am Montag soll es in aller Frühe von Emden aus Richtung Sommerliegeplatz Greetsiel gehen. Da die Emder Schleusensituation bekanntlich jede noch so gute Planung ruckzuck vernichten kann, verholen wir bereits Heute in den Außenhafen. Von dort kann es dann Morgen zu jeder gewünschten Zeit losgehen. Um halb zwölf frage ich bei der Seeschleuse nach einem Berufer, mit dem wir mitkönnen. Gegen 14 Uhr könnten wir mit, war die Antwort. Nur zweieinhalb Stunden - für Emden am Sonntag gar nicht mal schlecht. Wir wollten trotzdem auf den Warteplatz vor der Schleuse verholen, denn manchmal geht auch unverhofft früher etwas. Wir schmeißen also los und verholen auf den Warteplatz - auf den ehemaligen Warteplatz, um es genauer zu sagen. Denn wo letztes Jahr noch ein Warteplatz für Sportboote war, ist heute Anlegen verboten und Angler nutzen den Platz ausgiebig. Ich gehe trotzdem ran und schiebe Medea in eine freie Lücke zwischen die Angelschnüre. Den Anglern missfällt das zwar, aber das Leben ist schließlich kein Wunschkonzert. Nach einer halben Stunde kreisen weitere Boote im Hafenbecken, kommen näher bis auf Rufweite ran, trauen sich aber wohl angesichts der Angler und er Verbotsschilder nicht längsseits zu kommen. Sie kreisen weiter. Um halb eins will unverhofft ein Berufer rein. Wir schmeißen los und schließen uns dem Kreistanz der mittlerweile vier Sportboote an. Der Berufer kommt raus, der Schleusenmeister lässt Gnade walten und zeigt grün. Von unserem Stegplatz aus hätten wir das nicht mitbekommen, denn über Funk kam dazu nichts - gut, dass wir auf Sichtweite verholt haben. Wie immer ignorieren wir die die Hampelei mit den "Emder Anlegebügeln" und die "Betreten der Schwimmstege verboten!" Schilder. Wer sich das ausgedacht hat, war noch mit einem kleinen Boot unterwegs. Wir stappen also auf den Steg, der Schleusenwärter kennt das nicht anders von uns und grüsst freundlich. Der Schleusenhub beträgt nur 10cm und nach wenigen Minuten geht es raus ins Brackwasser des Außenhafens. Wir machen am Gästesteg des Emder Yachtclubs gegenüber vom Borkumkai fest und klaren das Boot für den morgigen Törn auf. Ein bisschen was ist noch zu tun: Großsegel anschlagen, Groß- und Fockschot rauskramen und noch dies und das. Am frühen Nachmittag verlassen wir das Boot. Montag, 19.04.2010 - Überführung (HW 04:10, NW 10:22) Heute wird überführt. Ich konnte mir frei nehmen, Herta leider nicht - ich muss also allein los. Herta ist allerdings angesichts der Lufttemperatur von -1,5 Grad, die das Außenthermometer kurz vor Sonnenaufgang anzeigt, nicht wirklich traurig drum. Kurz vor halb sieben liefert sie mich beim Boot ab und bleibt bis zum ablegen um 6:45 Uhr. Beim aufklarieren des Vordecks fluche ich zunächst über die neue "rutschfeste" Farbe, denn ich schliddere übers Deck. Allerdings kann die Farbe gar nichts dafür: an Deck befindet sich Eis. Und da hilft auch die beste Farbe nichts. Für die nächsten zwei Stunden erteile ich mir selbst also "Vordecksverbot" und lege die Lifeline für den Fall der Fälle ich Griffweite. Nach dem ich den AB trotz der Temperaturen zum laufen bewegen kann, die Rettungsweste angelegt und die Handschuhe übergestreift habe geht es los. Pünktlich mit Sonnenaufgang schiebt sich Medea aus dem Emder Hafen und lässt Herta winkend zurück. Der Wind kommt schwach aus Nordwest. Hochwasser in Emden war um kurz nach vier und so habe ich noch mehr als eine halbe Tide, die mich zunächst nach Westen und später nach Norden tragen wird. Der jetzt kräftig setzende Ebbstrom trägt Medea mit unglaublichen 7 Knoten FüG und den scheinbar mit Bugwelle entgegenkommenden Fahrwassertonnen sollte man jetzt nicht zu nahe kommen. Medea ist das einzige Boot draußen und so setze ich mich mitten ins Fahrwasser und nutze den stärksten Strom. Hier gibt es zwar auch diese emstypischen Standwellen von fast einem Meter, aber das bremst uns Heute nicht aus. Nach einer dreiviertel Stunde bin ich bereits beim Schöpfwerk und nach einer Stunde liegt der Radarturm an der Knock querab. Mit Kurs auf Manslagt Plate wird es wie immer etwas ungemütlicher und Medea hat das erste Wasser der Saison an Deck. Bislang ist mir nur ein Sauger begegnet und bis auf 2 Meilen kam der auch nicht heran. Ansonsten bin ich ganz allein unterwegs. Um kurz vor halb neun steht Manslagt Plate querab. Medea ist viel zu schnell unterwegs und so schieb ich uns ganz dicht an die Emshörnplate (Emshörnrinne: HW 02:55, NW 09:16) bis auf die 2m Linie ran. Hier wird es deutlich ruhiger und langsamer, auch wenn man ständig auf die Tiefe achten muss. Die jetzt hoch aufragende Plate ist keine 20m entfernt und besteht aufgrund der Strömung aus hartem Sandwatt. Da aufbrummen wäre nicht so toll. Und so suche ich mir abseits des Fahrwassers mit dem Lot meinen Weg durch die Sände. Gegen halb zehn brumme ich dann auf, allerdings kontrolliert. Pünktlich zum Niedrigwasser erreiche ich das Wattenhoch in der Osterems nahe der Tonne O35b. Der Anker fällt, die Thermoskanne wird herausgekramt, die Brötchen ausgepackt und die kleine Kocher-Heizung unter Deck angeschmissen. Trotz Wollpullover, Schwerwetterkleidung und Handschuhen ist es lausig kalt - unter Deck immerhin dank der Sonne acht Grad, an Deck gefühlt minus fünfzehn. Aber der heiße Tee und die Kocher-Heizung bringen schnell wieder Blut in die unterkühlten Glieder. Unsere Schmalspurheizung schafft das unmögliche: in knapp 10 Minuten herrschen unter Deck muckelige 20 Grad. Ich überlege kurz, wie lange wohl die Bordvorräte reichen und ob ich bis zum Hochsommer nicht einfach hier liegen bleiben sollte. Aber nach dem Durchwärmen verfliegen die Gedanken wieder. Onkel Dietzel versucht verzweifelt Leute in die DP07 Konferenz zu bekommen und der Revierfunk Ems meldet weiterhin gute Bedingungen und keine Warnungen. Alles ist gut! Anderthalb Stunden später habe ich keine Lust mehr zu warten. Eigentlich weiß ich jetzt schon, dass das Wasser noch nicht reichen wird - Gemeldeter Wasserstand war +/- Null. Aber ich will trotzdem weiter und so lichte ich den Anker und der Flutstrom schiebt Medea weiter auf das Wattenhoch rauf. Beim nächsten Tonnenpärchen komme ich schon wieder fest. Als ich wieder etwas zurückgehe, damit der Kiel nicht so sehr im Sand mahlt entdecke ich südöstlich des Fahrwassers einen gut laufenden Strom - besser als der im Fahrwasser. Nach der Devise "Strom gleich Tiefgang" gehe ich gut eine Kabellänge raus aus dem Fahrwasser und umfahre das Wattenhoch südöstlich des Fahrwassers. Da läuft eine schöne Rinne mit bestimmt 20-30cm mehr Wasser. Ohne weitere Grundberührung komme ich durch. Ab jetzt habe ich ein kurzes Stück, ungefähr zweieinhalb Meilen, gegenan, bis zum Leyfahrwasser. Ein Granatkutter am südwestlichen Rand des Hamburger Sand kommt in Sicht, als Medea ins Leyfahrwasser abdreht. Kurz danach kommt das erste Sportboot des Tages - ein großer Motorkreuzer - in Sicht. Gegen viertel nach Zwölf erreicht Medea den Schleusenvorhafen. Am Schöpfwerk neben der Schleuse wird gearbeitet und LKWs passieren die Schleusenbrücke, daher muss ich kurz warten und mache am Wartesteg fest. Eine Viertelstunde später ist die Schleuse für mich auf und nach einem kurzen Plausch mit dem weltbesten aller Schleusenwärter mache ich an der Kammerwand fest. In 60 Sekunden geht es 1,5m abwärts, schon gehen die Tore wieder auf und Medea läuft in das Greetsieler Speicherbecken ein. Ganz gemächlich lasse ich sie durch das Naturschutzgebiet ziehen und gegen viertel nach eins läuft sie in den Greetsieler Hafen ein und macht am Steg fest. Damit gehen die ersten 30 Meilen dieser Saison mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von sagenhaften 5,5 Knoten zu Ende.
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