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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit!

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Alt 25.06.2010, 06:35
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Standard Segeln - Wattenmeer - Bin dann mal weg....



Dienstag, 22.06.2010 - Der Wetterbericht versprach NW 3 und strahlendem Sonnenschein. Der Tidenkalender zeigte ein Hochwasser um 8:30 Uhr und eines um 20:30 Uhr. Ein idealer Tag um Überstunden zu vernichten!

Also um 7 Uhr statt zur Arbeit rauf aufs Fahrrad und ab zum Boot. Um acht war das Boot dann klar zum Ablegen und um halb neun - pünktlich zum Hochwasser - wurde geschleust. Wie immer zum Morgenhochwasser kam ein Großteil der Greetsieler Granatflotte rein. Mit mir raus gingen die Wappen von Norderney (wieder einmal) und ein Holländer. In der Schleuse machte mir die Wappen etwas zu schaffen. Die machte achtern nicht fest, dampfte permanent in die Spring und drückte ihren Bug zusätzlich mit dem Bugstrahlruder gegen die Wand. Nun hatte ich den Strom von den Schützen der Tore von vorn, das Bugstrahlruder der Ney von achtern plus der ganzen Wirbel ihrer Hauptmaschine. Und dann auch noch allein an Bord an einem Poller der Kammerwand hängen - na toll. Ist aber nix passiert. Ruder festsetzen, extra dicken Fender dazwischen, etwas mehr Leine an der richtigen Stelle, nicht gleich Panik schieben, wenn das Boot etwas quer hängt und generell Ruhe bewahren - dann geht das alles.

Die beiden Mitschleuser verzogen sich ins Leyfahrwasser, Medea nahm Kurs Nord. Wir hatten Hochwasser, Fahrwasser waren also nicht ganz so wichtig. Groß und Genua gingen nach oben und ich hielt mich in grober Richtung an die Bantsbalje. Der Wind kam eher aus WNW-W als aus NW, aber wenigstens kam er mit 3 - vorerst zumindest. Ich musste zwar ein paar Kreuzschläge machen, aber das nun ablaufende Wasser zog mich zusätzlich mit. So kamen wir in Relation zum schwachen Wind schnell voran. Der Spitzenwert auf der Logge war 5,5 Knoten - allerdings mit dem Strom. Mein Plan war die Osterems solange rauszusegeln, bis die Tide kentert und dann wieder zurück zu laufen. Da ich nach draußen aufkreuzen musste, rechnete ich mit weniger Zeit für den Rückweg. Aber das war, wie sich später zeigen sollte, eine Rechnung ohne Rasmus.

Trotz des guten Wetters sichtete ich auf den folgenden Meilen nur vier Sportboote - alles Segler unter Maschine. Hatten wohl Terminstress. Und dann waren da noch acht Granatkutter um mich rum. Ich habe glaube ich mehr Wenden gefahren, um einem Kutter beim Hol auszuweichen, als aufgrund der Wassertiefe. Egal, die Jungs mussten arbeiten, ich hatte frei - logisch, wer dann großräumig Platz zu machen hat.

Direkt bei Lüttje Hörn hab ich eine neue Sandbank gesichtet, die einem Affenfelsen glich. Nur das da keine Affen drauf saßen, sondern Seehunde. Die Bank war mit ihnen sozusagen gepflastert. Entweder haben sich da sämtliche Seehunde aller Inseln an dem Tag zu einer Party getroffen oder wir haben demnächst wieder eine Staupe-Epidemie unter den Seehunden zu erwarten. Auf jeden Fall war das ein imposanter Anblick und ein höllischer Lärm. Der BUND lässt ja gerade untersuchen, in wie weit Seehunde durch uns Sportbootler gestört werden. Meine Empfehlung wäre, sich einmal ins Boot zu setzen, rauszufahren und sich an zugucken wie entspannt sie uns völlig ignorieren - statt Tausende für ein Schreibtischgutachten zu verpulvern. Naja, ich bin kein Mitglied beim BUND, von daher ist es nicht mein Geld, dass da verbrannt wird.

Es ging weiter am Evermannsgat - welches jetzt das Borkumer Wattfahrwasser beherbergt und die ziemlich verlandete Hornsbalje abgelöst hat - vorbei und zum Borkumer Nordstrand hoch. Direkt vorm Borkumer Nordstrand ist es sehr steil und sehr tief. Man kann den Touries im vorbeisegeln fast das Brötchen aus der Hand nehmen. Aber man muss aufpassen: ein Stückchen weiter westlich - vorm Ostland - ragen ein paar Nasen rein, die tote Priele bilden. Wenn man nach Echolot da rein segelt, kommt man nur mit einer 180 Grad Wende wieder raus.

Vom Ostland aus bin ich dann rüber zur Brauers Plate - dem Untergangsort der Madam Pele vor fast sechs Jahren (mehr dazu siehe hier). Ich änderte den Kurs und segelte an der Südeite der Brauersplate entlang. Die Brauers Plate hat sich schon fast zur Sandbank erhoben. Vermutlich auch deswegen wurde das Fahrwasser der Osterems in das Voorentief verlegt. Von dem Wrack der Madame Pele kann nicht mehr viel übrig sein. Es ist zwar noch in der Karte vermerkt, trotzdem ging ein Kutter mit einem Hol direkt drüber - das würde er nicht tun, wenn noch Masten oder Aufbauten aus dem Sand ragen würden. Mit den Gedanken über den völlig sinnlosen Tod der Beiden und die Vergänglichkeit im Allgemeinen kenterte die Tide.

Die Seehund-Party nahe Lüttje Hörn hatte sich offenbar verlagert und fand nun hier statt. Zumindest meine ich in dieselben, an mir immer noch völlig desinteressierten Seehundsgesichter geblickt zu haben. Kurz nach Kenterung der Tide setzte eine Fast-Flaute ein. Zwar machte ich immer noch etwas über drei Knoten FüG, aber bestenfalls noch 0,5 Knoten FdW. Von See aus lief die ganze Zeit die Restdünnung des Wochenendsturms von der englischen Küste rein. Und so flappten die Segel jedesmal, wenn eine Welle den Mast voraus beschleunigten. Ich barg das Groß und wechselte die Genua gegen die Leichtwindgenua, wünschte mir einen Blister, träumte von einem Spinaker und dümpelte mit drei Knoten weiter.

Diesmal ging es noch dichter an Lüttje Hörn heran. Ich schnippelte so jede Menge vom regulären Fahrwasser weg, was normalerweise gut ist, sich aber kurze Zeit später als Fehler erweisen sollte. Denn vorm Einlauf in die Bantsbalje setzt der Strom quer. Ich wollte in West-Ost-Richtung, der Strom setzt hier aber in Nord-Süd. Und das bisschen Wind, was jetzt noch übrig war, konnte den Stromversatz nicht ausgleichen. Also musste der Jockel aus- und mir zum Einlauf verhelfen. Irgendwann nach achtzehn Uhr ging es dann wieder in die Schleuse, gemeinsam mit drei holländischen Booten. Um neunzehn Uhr lag Medea schließlich wieder mit weiteren 50 Meilen auf dem Buckel am Steg. Dann hieß es noch Boot aufklaren (unglaublich, was da noch an Klarieren und Verstauen nach nur einem Tag anfällt), ab aufs Fahrrad und ab nach Haus.

Und jetzt heißt es, das Videomaterial auswerten - mal gucken, ob daraus was wird.
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Viele Grüsse,
Olaf
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