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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit! |
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SY ANITA~Norwegen (Bergen-Geiranger-Bergen)~Juni-Juli 2002
Teil 1:
Wie in jedem Jahr vor einem ANITA-Törn dasselbe Gehampel- Seesack packen, zuviel eingepackt, wieder auspacken und alles noch einmal... Endlich startklar Richtung Norwegen, mit verhältnismässig viel wetterfester Kleidung und, ganz optimistisch, sogar einer Badehose. Man weiss ja nie, vielleicht im Golfstrom zu Mittsommer? Wahre Schauergeschichten hatten wir bei der Vorbesprechung erörtern müssen; es ging um Bier- und Zigarettenpreise und um die Unmöglichkeit, vernünftigen Wein in Norwegen kaufen zu können. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, die Beschaffung schon zu Hause zu regeln. Also sollten drei von uns mit dem PKW nach Bergen fahren, schwer beladen mit Rheingauer und Pfälzer Wein, alles zuvor zollmässig geregelt (über das "Sosial- og Helsedirektoratet, Postboks 8152, Dep., 0033 Oslo", das Formular regelt die Einfuhr alkohol. Getränke für den privaten Gebrauch. Die Zollabgaben waren in Bergen an der Fähre zu entrichten- bei den Beträgen empfiehlt sich das Festhalten am Zollcounter!) Mit dem Wagen ging es über Hanstholm/Dänemark mit der Fähre direkt nach Bergen, ein schöner Urlaubsbeginn (Fjordline, fährt nicht täglich, Abfahrt Hanstholm gegen 16.00 Uhr, Ankunft in Bergen am Morgen, im Sommer unbedingt reservieren). Der Rest der Crew reiste mittels Flieger an, Direktflug ab Amsterdam nach Bergen. Bergen ist schon allein eine Reise wert! Die alte Wikinger- und Hansestadt ist ein Highlight. "Bryggen", die eigentliche Altstadt -Weltkulturerbe- besteht aus eng aneinandergebauten Holzhäusern, die mit grossem Aufwand in alter Technik fortlaufend restauriert werden. Die Ursprünge dieser Häuser stammen aus der Hansezeit und man meint, dort heute noch den Geruch von Heringen in Salzlake, geräuchertem und getrocknetem Fisch zu atmen. Unser Schiff lag direkt an der alten Pier vor diesen Häusern, in unmittelbarer Nähe des Marktes (hervorragender, frischer Fisch!!) und der übrigen alten Stadt Bergen. Man sollte sich in dieser lebendigen Stadt unbedingt einen, besser zwei Tage Zeit nehmen und sie "erlaufen"... Schnell spannt sich dann ein Zeitbogen von der Frühzeit der Besiedlung der norweg. Westküste über die Wikinger und die Hanse in die Jetztzeit, alles bereits an der Architektur der Stadt wie in einem Bilderbuch abzulesen. Dennoch fiel die Trennung von Bergen nicht schwer, wir wollten ja schliesslich die Fjorde erleben. Nach Lebensmitteleinkauf am Anreisetag (Preise ca 30% höher als in Deutschland, Euro-Scheine werden gerne genommen) ging es einen Tag später morgens um acht los Richtung Norden, Ziel Geirangerfjord. Das Wetter war im erwarteten Rahmen, Wind 3-4 aus Süd, 3/4.-bedeckt und 15°C, für Norwegen Mitte Juni also normal und ideal zum Segeln. Unser erstes Ziel war der Sognefjord. Ab Bergen segeln wir nordwestlich durch das von Fjorden gebildete, auch von der Grossschiffahrt genutzte Fjordsystem, da bei der Masthöhe unseres Schiffes (fast 25 Meter) wegen Hochspannungsleitungen und Brücken einige andere Durchfahrten versperrt waren. Die Details ergaben sich aus norw. Sportbootkarten im Massstab 1:50.000, für die Planung sind aber Karten im Überseglermassstab notwendig, um das nicht nur auf den ersten Blick verwirrende Fjordlabyrinth überschauen zu können. Man kann der Küstenverkehrslinie folgen, die auch von den Hurtigruten befahren wird. Dieser Kurs ist im norw. Übersegler gestrichelt eingezeichnet und problemlos. (Die Route verläuft bis zur Halbinsel Stattlandet, auf ca. 62° 12' N, innerhalb der Schären und ist deswegen vor starker Dünung aus der Nordsee geschützt.) Schon der erste Segeltag war überwältigend! Bereits gegen 14.00, nach etwas mehr als 40 sm, erreichen wir den Sognefjord, den grössten Fjord Norwegens. Obwohl dieser am Westausgang mehr als 6 sm breit ist, wirkt er monumental. Zwischen Bergrücken von 500 bis 600 m Höhe erstreckt sich die Wasserfläche in allen Schattierungen, von blau über grün bis zu unzähligen Grautönen, abhängig vom Wechselspiel des Lichts, das auch immer neue Motive auf die Berghänge malt. Wir segeln durch eine sich in Minuten immer wieder verändernde Landschaft und können uns an Himmel, Berge und Wasser nicht sattsehen... Hierzu die Musik von E.Grieg - Segeln im nordischen Zauberland! Am späten Nachmittag zeigt das Revier dann kurz einmal, dass es nicht nur friedliches Dahinrauschen bereithält. Nördlich des Sogne, im Tollesund (ca. 61°10'N 005°E) ist plötzlich durch Abschattung der steilen Hänge der Wind weg, um binnen Sekunden dann wieder aufzubrisen, verbunden mit mehrmaligen, raschen Richtungsänderungen um mehr als 180°. Einige Arbeit plötzlich nach entspanntem Fahrtensegeln; wir setzen schliesslich die Sturmfock, nachdem ein paar Stagreiter der Arbeitsfock zu schwächeln beginnen (Fallboen bis 7 bft, ohne vorherige Anzeichen). Nach 76 sm machen wir gegen 20.30 Uhr im Austrefjord in einer einsamen Bucht fest, und die ersten selbstgeangelten Fische wandern in die Pfanne und dann in die hungrigen Bäuche... Recht früh geht es am nächsten Tag weiter Richtung Norden. In der Mündung des Nordfjords grüsst die Nordsee mit kräftiger Altdünung, aber schon bald erreichen wir wieder das durch die Schären beruhigte Fahrwasser. Wir segeln durch malerische Felsgärten und sehen Inseln, die wie unwirklich steil, fast 600 m hoch, aus dem Wasser zu wachsen scheinen. Die Navigation mit dem 50.000er- Karten gleicht bei der zügigen Fahrt fast dem Abreissen von Briefmarken... Über Svelgen (kleiner Industriehafen, aber trotzdem schön vor schneebedeckten Gipfeln gelegen) geht es weiter, an Maloy vorbei rund Halbinsel Stattlandet. Die Seekarte warnt vor: In diesem Seegebiet, wo der Meeresboden von rund 300 m auf etwa 60 m ansteigt, ist mit kräftigem Seegang zu rechnen, weil dort keine Schären vorgelagert sind und der Nordatlantik gelegentlich seine ganze Kraft auf die Küste wirft (nach den Handbüchern können dort Wellen auftreten, die sogar Berufsschiffen gefährlich werden können). Wir erwischen aber ideale Bedingungen und erreichen gegen Abend den Sandsfjorden, also das Fjordsystem, in dem am Ende Geiranger liegt. Der gute Segelwind verlässt uns. 20 Stunden lang geht es mit der motorlosen ANITA nur im Schneckentempo weiter, bis wir schliesslich in einer Bucht etwa 10 sm östlich von Alesund mit der Bugleine an einer Kiefer und mittels Heckanker festmachen. Die Bucht entpuppt sich als Angelparadies, und die Dorsche reissen sich nur so darum, bei uns an Bord kommen zu dürfen. So erhalten wir dann auch intensiveren Kontakt zur einheimischen Bevölkerung: Als für die Zubereitung der Fische Zwiebeln benötigt werden, entern wir, mit einer Flasche Wein bewaffnet, die Klippen. In beneidenswerter Lage, mit Blick über die Bucht auf die Fjorde, liegt ein wahres Traumhaus. Die Bewohner reagieren auf uns, die etwas pflegebedürftig aussehenden und um zwei Zwiebeln bittenden Segler von dem Schiff zu Füssen ihrer Terasse, mit grosser Herzlichkeit. Natürlich gibt es Zwiebeln, und eine Duschmöglichkeit für alle 10 wird ohne Fragen angeboten. Bei Freunden dieser Familie sind wir sofort Gesprächsthema als die verrückten deutschen Segler, die für 2 Zwiebeln eine ganze Flasche Wein opfern... Es ist Mittsommer. Auf Einladung unserer neuen norwegischen Freunde fahren wir mit ihnen in das nahegelegene Alesund und bestaunen von einem Berg nördlich der Stadt das riesige Sommer-Sonnenwendfeuer. Hunderte von Booten scharen sich um die kleine Leuchtturminsel vor Alesund, ein unvergesslicher Anblick... Alesund ist wie Bergen einen Extrabesuch wert. Die Stadt wurde Anfang des 20. Jahrhunderts durch ein Feuer nahezu völlig zerstört und dann mit tatkräftiger "Hilfe und Planung des deutschen Kaiserreichs", also Wilhelms des II., in reinem Jugendstil wieder aufgebaut. Ein romantischer Hafen liegt in einer malerischen Altstadt, alles umgeben von traumhaften Bergkulissen... Ende Teil 1 |
#2
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ANITA~Norwegen (Bergen-Geiranger-Bergen)~Juni/Juli 2002
Teil 2
Wir erfahren, dass in Norwegen die Mittsommernacht einen Tag später als in Schweden gefeiert wird, am 23. Juni. Und etwas ruhiger als die Nachbarn begeht man sie in Norwegen offenbar auch. Markant sind die vielen Feuer überall an der Küste und die kleinen Parties am Wasser, aber "ekstatisch sich nackt im feuchten Gras wälzende Leiber" (so aber ein Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 25.06.02, der nach meiner Rückkehr zu einer wenig beiläufigen Nachfrage geführt hat...) haben wir leider nicht gesehen. In der Erinnerung haften bleiben sicher auch die hellen Nächte, in denen die Sonne erst kurz vor Mitternacht untergeht, um schon nach etwas mehr als drei Stunden wieder am Horizont, fast noch im Norden, zu erscheinen. Man verliert rasch das mitteleuropäische Gefühl dafür, wie spät es abends eigentlich schon ist, und auch das Einschlafen wird bei der Helligkeit, die die ganze Nacht über herrscht, gelegentlich zum Problem. Unser Ziel war der Geirangerfjord, nur noch schlappe 50 sm von "unserer" Bucht entfernt. Der Vartdalsfjord, in dem wir uns jetzt befinden, erstreckt sich noch rund 10 sm nach Osten, knickt dann nach Süden ab, immer schmaler werdend und endet schliesslich im eigentlichen, wieder von West nach Ost verlaufenden Geirangerfjord. Angesichts fast völliger Windstille geben wir den Plan, mit ANITA den Fjord bis zum Ende zu durchsegeln, auf und nutzen stattdessen die hervorragende Überland-Busverbindung von Alesund nach Hellesylt am Eingang des Geirangerfjords. Wiederum überwältigt uns die majestätische Landschaft - karge Hochplateaus, Gletscher und Berge mit Schneemützen, Bäche und Wasserfälle wie Silberadern auf dunkelgrünem Samt, Wolkenfetzen an den Hängen - abgestreifter Watte gleich... Ab Hellesylt, einem Kurort fast wie am Alpennordrand, fahren wir mit einer Personenfähre durch den Fjord nach Geiranger. Dies ist sicherlich einer der Höhepunkte der Reise, und wir verstehen, wieso gerade dieser Zipfel Norwegen seit mehr als einhundert Jahren Touristen aus aller Welt in seinen Bann zieht. Hier sind die Felswände noch steiler und unwirklich scheint das schwarze Wasser des nur rund 2 - 3 Kabellängen breiten Fjords. Wasserfälle stürzen sich aus mehreren hundert Meter in die Tiefe und sie bedecken den Fels mit Schleiern aus Gischt... Über den eigentlichen Ort Geiranger am Ende des Fjords nur soviel: Der Massentourismus hat hier eine Andenkenbude an die andere gepflanzt; man kann über sie hinwegsehen und den alten Gletscher, der das Tal ausgehobelt hat, bestaunen. Es geht wieder zurück, Kurs Bergen. Regen setzt ein bei 13°C und Wind mit 4 bft aus SW. Während wir nach Westen Richtung Nordatlantik kreuzen, nimmt der Wind langsam zu. Wir wollen mit einem grösseren Schlag über die offene See Richtung Florö segeln, aber nachdem Rasmus zu grollen beginnt und sich die See zu Brechern von bis zu 6 m Höhe auftürmt, geben wir das Vorhaben zunächst auf. Da sind sie, die beschriebenen Wellen an der Schelfkante, und sie nerven mit verbogenen Relingstützen und ramponiertem Gleichgewichtssinn! Nach zwischenzeitlichem Beidrehen und Aufklaren geht es zurück und wir laufen den kleinen Ort Hareid, südwestlich von Alesund, an. Am nächsten und übernächsten Tag sind wir wieder draussen und erreichen schliesslich Florö, eine mittelgrosse Stadt mit Hafenflair. Unser Liegeplatz ist nobel, direkt vor einem Hotel an dessen Privatkai, der uns wie selbstverständlich und kostenlos freigegeben wird. Einmal mehr erfahren wir die unkomplizierte Herzlichkeit und Offenheit der Norweger, wie sie vielleicht gerade uns Deutschen besonders auffällt... Am nächsten Tag segeln wir weiter nach Süden und erreichen schliesslich wieder den Sognefjord. Einen Versuch, bei nördlichem Wind in einer vermeintlich in Lee gelegenen Bucht vor Anker zu gehen, müssen wir wegen heftiger Fallwinde jenseits von 6 bft abbrechen. Schliesslich machen wir in Eivindvik, einem gemütlich - verschlafenen Örtchen etwas südlich des Sognefjords, fest. Mein Versuch, die örtliche Kneipenkultur kennenzulernen, endet in Enttäuschung. Die einzige Gaststätte dort erinnert an den Wartesaal im Bahnhof Wanne-Eickel; Norwegen hat eindeutig seine Schönheiten woanders... Noch ein wunderbares Segeln durch die Fjord- und Schärenküste, noch eine Übernachtung in einer einsamen Bucht und dann liegt schliesslich, von einem herrlichen Sonnenuntergang verzaubert, die Einfahrt nach Bergen vor uns, und wir machen an alter Stelle am 01.07. um 00.15 fest. Zwei Tage später wird es mit der Fähre zurückgehen, und diese zwei Tage lassen sich mit einem Wort zusammenfassen: Dauerregen. Bergen zeigt sich als regenreichste Stadt Europas von seiner besten Seite; sie kam uns schon vor zwei Wochen verdächtig vor - es gibt dort ein Spezialgeschäft für die Reparatur von Regenschirmen... Gesegelt wurden 476 sm. Navigation im Wesentlichen nach den norwegischen Sportbootkarten, die sehr detailreich und oft am besten mit einer Kartenlupe lesbar sind. Unterwasserfelsen sind nur teilweise, durchgängig aber in der Nähe regelmässig befahrener Gewässer, mit Spieren markiert, sonst nur nach der Karte auszumachen. Tonnen, auch Untiefentonnen, tragen keine Toppzeichen! Das Revier ist mit einer Vielzahl von "Wichtelmännchen", kleinen weissen Leuchttürmchen mit roten Kappen, gut befeuert. Der Sportbootverkehr ist gering, vor allem Seglern begegnet man nördlich von Bergen eher selten. Versorgung in nahezu allen Häfen problemlos, einschliesslich Stromanschluss; die Norweger sind sehr entgegenkommend. Mit Grundkenntnissen in Englisch ist die Verständigung praktisch überall möglich. Weitere Fragen, auch nach nautischer Literatur, beantworte ich gerne. Ach so, noch eins: Die Badehose hätte ruhig zu Hause bleiben können! Und noch ein paar Bilder: vor Heckanker und Bugleine an Land, Nähe Alesund. In dem roten Haus gab es die Zwiebeln... ohne Worte 1 ohne Worte 2 Geirangerfjord, "Sieben Schwestern" Geirangerfjord Am Sognefjord Riesen im Wasser ...fast Mitternacht, vor Bergen Bryggen, Bergens Altstadt im Regen
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Gruss, Helmut DGzRS - Fördermitglied werden! |
#3
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...hab Euch oben noch ein paar Fotos "zum Träumen" eingestellt... (Danke, Cyrus, für die Hilfestellung)
Und ich hoffe, Ihr habt DSL ;) ? Die Bilder sind leider etwas gross geraten . Dafür nicht Helmut... Sind schon kleiner! Gruß Cyrus Spitze, Cyrus! Nochmals besten Dank!
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