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Kein Boot Hier kann man allgemeinen Small Talk halten. Es muß ja nicht immer um Boote gehen.

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Alt 20.03.2005, 23:26
Esmeralda Esmeralda ist offline
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Standard Manchmal gehören Schiffe auf die STraße

Dieser Artikel stand heute bei uns in der Zeitung und ich fand das ganz interessant. Da da allerdings auch ein Name genannt wird, weiß ich nicht, ob ich es besser ins Werbeforum schieben sollte - aber um den Mann geht es eigentlich gar nicht. Achtung, sehr lang!


Aus dem Kurier am Sonntag
Zitat:

Manchmal gehören Schiffe auf die Straße

Von unserem Redakteur
Ralf Michel

WEYHE. "Früher dachte ich auch, dass Schiffe ins Wasser gehören." Uli Faltus lehnt sich im Fahrersitz seines Lkws zurück und grinst. "Heute sehe ich das anders: Die gehören auf die Straße." Also genau genommen: auf seinen Spezialtransporter. Seit acht Jahren transportiert Faltus Boote. Über Land. Kreuz und quer durch ganz Europa.

So gesehen, ist die "Carl A. Wuppesahl" eigentlich eines von den Booten, die Faltus am liebsten hat. Gut festgezurrt liegt das fünf Tonnen schwere Seenotrettungsboot der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) auf dem Auflieger seines Lkw. Doch an dieser Fahrt wird der Unternehmer aus Weyhe nichts verdienen. Er transportiert das Boot umsonst von Bremen nach Hamburg. Sein ganz persönlicher Beitrag zur Unterstützung der DGzRS. Irgendwie Ehrensache. "Ich hab' so viel mit Schiffen zu tun. Wer weiß, vielleicht brauch ich ja auch mal deren Hilfe."

Ziel an diesem kalten Wintermorgen ist der Hamburger Freihafen. Nach fast 30 Jahren Dienst auf Nord- und Ostsee verschlägt es die "Wuppesahl" in wärmere Gefilde. Nach Fedderwardersiel und Eckernförde heißt der neue Heimathafen Walvis Bay. Die DGzRS schenkt das ausgemusterte Boot den Kollegen vom "Sea Rescue Institute of Namibia", dem Seenotrettungsdienst von Namibia. Für den wesentlichen Teil der Reise in den Süden Afrikas sorgt von Hamburg aus ein Containerschiff, für den Transport des Bootes vom Bremer Betriebsgelände der DGzRS nach Hamburg Uli Faltus.

"Süd-West-Terminal, Kamerunkai, Schuppen 63/64" lautet die Zieladresse im Hamburger Freihafen. Vor dem Gebäude des Zollamtes Waltershof stoppt Faltus seinen 16 Meter langen 11,5-Tonner. "Ich frag lieber nach. Nicht, dass der Schuppen ganz woanders ist und ich komm' mit dem Boot hier nicht mehr raus." Der Hamburger Freihafen ist eine kleine Welt für sich. Mit eigenen Gesetzen und Regeln. Und einem ganz eigenen Menschenschlag. Faltus wird zu einem kleinen Container gelotst. Kaum hat er sein Anliegen vorgebracht, stellt sein Gegenüber erst einmal klar, wer der Chef im Container ist. "Vor halb zwölf läuft hier gar nichts!" Der Kran zum Abladen ist unterwegs, und dann ist sowieso erst mal Pause. Faltus’ Blick geht zur Armbanduhr. Es ist gerade halb elf. Na gut, dann wenigstens schon mal die Papiere klären. Doch die interessieren den Mann mit dem dicken Pulli und der wetterfesten gelben Latzhose herzlich wenig. "Ist das Boot irgendwo markiert?" Faltus zuckt mit den Achseln. Die "Wuppesahl" soll mit dem Containerschiff "Purple Beach" nach Walfischbucht, Namibia. Aber sonst. . .? "Keine Ahnung, ob da was draufsteht. Ich hab' das Boot bloß hier hergebracht."

Falsche Antwort. Oder vielleicht die richtige? Sein Gegenüber kommt genüsslich auf Touren. "Da muss doch `ne Markierung drauf. Wie soll man das denn sonst hinterher wiederfinden?" Heftiges Kopfschütteln, gefolgt von einer weiteren Belehrung. "Das ist ein Stückgutfrachter. Der ist bis zum Rand voll."

"Täglich neue Leute"

Faltus verkneift sich die Frage, wie viele Seenotrettungsboote die "Purple Beach" wohl geladen haben wird. Das war auf jeden Fall ein kluger Schachzug, denn nachdem auf diese Weise geklärt ist, wer hier Ahnung hat und wer nicht, wird der Rollkragenpullover zugänglich. Per Hand füllt er einen Aufkleber mit Namen des Bootes und Bestimmungshafen aus. "Hier, papp den irgendwo gut sichtbar drauf. Der Kran kommt in einer Stunde."

Es hätte schlimmer kommen können, findet Uli Faltus. Das gehört eben dazu im Hamburger Freihafen. Und irgendwie auch zu seinem Job. "Das ist es ja gerade, was Spaß macht. Du lernst täglich neue Leute kennen, stehst immer wieder vor neuen Situationen, auf die du dich einstellen musst." Seit Anfang 1997 ist der 39-Jährige alleiniger Inhaber von "Faltus & Bantje Yachttransporte". Manfred Bantje ist ein Freund, mit dem er die Firma drei Jahre zuvor gegründet hatte. Am Anfang war alles nur eine Idee beim Grillen. Bantje hatte ein Boot in Dänemark und wollte es nach Syke transportieren. Faltus studierte zu der Zeit Elektrotechnik, jobbte nebenbei aber immer wieder als Lkw-Fahrer. "Wir wollten uns für die Tour einen Lkw leihen, ich sollte fahren." Aus dieser Idee entwickelte sich das zunächst gemeinsame Unternehmen. "Wir haben uns einen Lkw gekauft und ein bisschen inseriert. Nichts Großes. Gerade so viel, dass die Kosten wieder reinkamen und ein bisschen Taschengeld übrig blieb."

Doch das "bisschen" entwickelte sich. Immer mehr private Kunden, dazu der eine oder andere Händler... Einen enormen Schub brachte die Zusammenarbeit mit dem Yachtunternehmer Drettmann aus Dreye, inzwischen der Hauptauftraggeber von Faltus. Irgendwann war dies alles nebenbei nicht mehr zu bewerkstelligen. Faltus hängte sein Studium endgültig an den Nagel, machte den Nebenjob zum Beruf. Heute besitzt er zwei eigene Lkws und hat einen Fahrer eingestellt.

"Bloß nicht auf die Landstraße"

Der sitzt heute Morgen hinter dem Steuer des anderen Lkws von Faltus. Ein Teleskoptieflader, dessen Ausleger bis zu einer Länge von 27 Metern ausgefahren werden kann. "Er müsste gerade kurz vor der österreichischen Grenze sein", erklärt Faltus. Ein Bootstransport von Slowenien nach Stavanger in Norwegen. Per Handy erkundigt sich Faltus nach dem Standort seines Kollegen, ein weiterer Anruf stellt sicher, dass das bestellte Begleitfahrzeug an Ort und Stelle ist. "Die Österreicher sind da immer ein bisschen schwierig."

Zwei weitere Anrufe dienen einem Transport am nächsten Tag. Ein Boot, das in die Niederlande soll. Es gibt Probleme mit der ausgesuchten Fahrtstrecke. Faltus hat eine Genehmigung für einen Schwertransport mit 3,95 Meter Breite beantragt. Der zuständige Mann bei der Bezirksregierung in Nordrhein-Westfalen hat angerufen. Die ausgewählte Autobahnabfahrt lässt nur 3,50 Meter zu. "`ne Scheibe vom Boot abschneiden geht nicht", also muss eine Ausweichstrecke her. Alltag für den Unternehmer. Für Transporte bis drei Meter Breite, vier Meter Höhe, 19 Meter Länge und 40 Tonnen Gesamtgewicht hat er eine Dauergenehmigung, alles was darüber hinausgeht, muss einzeln beantragt werden. Das Gewicht ist dabei in der Regel kein Problem, ebenso wenig die Länge der Boote. Knifflig wird es meist nur mit Höhe und Breite der Boote. Generell gilt die Regel: "Möglichst viel Autobahn, bloß nicht runter auf die Landstraße." Aber auch die Autobahn hält Fallen parat, noch dazu welche, die anders als die Höhe von Brücken oder der Radius einer Ausfahrt nur schwer auszurechnen sind: Baustellen zum Beispiel.


"Sieh zu, wie du fertig wirst"

Diesmal hat Uli Faltus Glück. Der Mann, der die Genehmigungen für Schwertransporte in diesem Teil von NRW erteilt, war früher selbst Lkw-Fahrer. Er lehnt den Streckenvorschlag von Faltus zwar ab, schlägt ihm aber zugleich eine Ausweichstrecke vor. "Da gibt es andere, die schmeißen dir das kommentarlos hin. Geht nicht, sieh zu, wie du fertig wirst."

Ein Drittel seiner Arbeitszeit sitzt Faltus am Schreibtisch, tüftelt Routen aus, erledigt den Papierkram. "Am Anfang hab' ich mehr im Büro gesessen als auf dem Bock, aber mit der Zeit bekommt man natürlich Erfahrung."

Und graue Haare. Denn natürlich wiehert auch hier nicht selten der Amtsschimmel. Wobei Faltus die deutschen Amtsstuben verteidigt. "Meistens geht es ganz gut, im Ausland ist es schlimmer." Da kann es dann, wie in Spanien, durchaus auch mal zwei bis drei Monate vom Einreichen eines Antrages bis zur Genehmigung dauern. "Eine Skizze vom Boot, beglaubigte Abschriften von den Fahrzeugpapieren, die Schuhgröße des Fahrers. .., die wollen alles wissen."

Abgerechnet wird mit dem Kunden nach Tagessätzen. Mit 650 bis 700 Euro pro Tag schlägt der "kleine" Lkw zu Buche, der "Telesattel" ist 100 bis 200 Euro teurer. Dazu kommen die Nebenkosten, wie für die erforderlichen Genehmigungen. Für einen Bootstransport ohne Extrabreiten oder -höhen von Bremen nach Barcelona sind etwa 4000 bis 4500 Euro zu berappen, rechnet Faltus vor. "Nach Mallorca kommen zwei Tage auf der Fähre dazu, da landet man eher bei 6500 Euro." Probleme bei der Bezahlung gibt es selten. "Aber natürlich sind da auch mal Typen bei, die haben eine Zehn-Meter-Yacht, aber nur für drei Meter Geld." Einmal sei ihm ein Scheck über 9000 Euro geplatzt. Aber auch hier wird man aus Erfahrung klug. Privatkunden werden inzwischen bei ihm wie im Taxi behandelt: "Bezahlt wird vor dem Aussteigen."

Der Kran kommt. Faltus erhält Anweisungen, wo genau er mit seinem Lkw hinfahren soll. Das Seenotrettungsboot soll auf einem Kai zwischengelagert werden, die "Purple Beach" legt erst in einer Woche ab. Schon wenig später schwebt die "Wuppesahl" wie ein Spielzeug an vier Seilen durch die Luft. In dem Moment, als das Boot mit einem sanften Ruck von seinem Lkw gehoben wird, wäre der Job von Uli Faltus eigentlich erledigt. Eigentlich. Aber wie selbstverständlich bleibt der 39-Jährige im inzwischen einsetzenden Schneegestöber stehen. Dirigiert den Kran zu dem Bock, den er kurz zuvor zusammen mit zwei Hafenarbeitern aufgebaut hat. Knarzend schiebt sich der Bootsrumpf in das schmale Gestell. Ein Gummipuffer ist verrutscht. Faltus signalisiert dem Kranführer: Noch mal hoch. Er kriecht unter den Rumpf, bringt den Gummischutz wieder in Position. Im zweiten Anlauf ist alles, wie es sein soll. Die "Wuppesahl" liegt sicher aufgebockt auf dem Kamerunkai, inzwischen von einer dicken Schneeschicht bedeckt. Zeit für den Rückweg nach Bremen.

"Das hat was mit meiner Verantwortung für die Boote zu tun", beantwortet Faltus später die Frage, warum er sich bis zuletzt um das Abladen gekümmert hat. Immerhin eine knappe Stunde hat ihn das gekostet. "Das sind schließlich nicht irgendwelche Kisten, die da abgeladen werden, sondern Luxusgüter, für die meistens einer lange gespart hat." Noch so eine Sache, die das Besondere an seinem Beruf ausmacht. Faltus weiß, dass er Träume transportiert, die sich Menschen verwirklicht haben. Entsprechend sorgfältig geht er mit seiner Fracht um. Lohn der Mühe: "Ich habe es fast immer mit glücklichen Menschen zu tun. Wer kann das schon von sich behaupten?" Außerdem sind glückliche Menschen zufriedene Kunden. "Und die kommen wieder!" Ein guter Ruf ist etwas wert in seiner Branche.


"Schon gar nicht die Yachthäfen"


Im Laufe der Jahre hat sich Faltus ein Netzwerk von Kontakten zu Bootseignern, Händlern und Werften aufgebaut, mit denen er zusammenarbeitet. Und dabei ganz nebenbei auch ein gutes Stück von Europa kennen gelernt. Rund 140 000 Kilometer im Jahr ist jeder seiner beiden Lkws unterwegs. Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Griechenland, Slowenien, die skandinavischen Länder... "Da wäre ich sonst nie hingekommen, schon gar nicht in die Yachthäfen." Den Autorennfahrer Ralf Schumacher hat er auf diese Weise kennen gelernt und den Schlagersänger Matthias Reim. Und gleich zweimal die "Polaris" von Rostock nach St. Tropez transportiert, ein wahrer Traum von Motorboot, das dem schwedischen König Karl Gustav gehört. "Das hat schon was", räumt Faltus freimütig ein, dass ihn sein kleiner Zipfel aus der Welt der Reichen und Schönen nicht unbeeindruckt lässt.

Wie zur Bestätigung klingelt erneut das Handy. Ein Anruf aus Valencia. Dorthin hat an diesem Morgen ein Subunternehmer in seinem Auftrag ein Boot gebracht. "Vielleicht haben Sie davon schon mal gehört - die "Alinghi" aus der Schweiz...?"
Anneke
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