boote-forum.de - Das Forum rund um Boote  

Zurück   boote-forum.de - Das Forum rund um Boote > Reisen > Törnberichte



Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit!

Antwort
 
Themen-Optionen
  #1  
Alt 31.03.2006, 22:56
Benutzerbild von Hexe-Crew
Hexe-Crew Hexe-Crew ist offline
Vice Admiral
 
Registriert seit: 24.06.2004
Ort: Ostwestfalen / Hessen
Beiträge: 1.731
Boot: irgendetwas was man chartern kann
9.516 Danke in 2.909 Beiträgen
Standard Törnbericht Ijsselmeer 1. Teil

Nabend,

da Jörg (VirginWood) hier leider nicht schreiben darf, will ich Euch unseren Törnbericht trotzdem nicht vorenthalten und kopiere ihn jetzt hier rein, da er von Jörg verfasst wurde.
-------------------------------------------------------------------------------------
Sonntag 26. März 2006, 11:30 Uhr, endlich geht es los. Ulli hat sein ersteigertes Boot in Leystad am Ijsselmeer liegen und dieses wollen wir nun nach Kiel überführen.
Die letzten Tage waren durch Planung und Wetterbeobachtungen bestimmt. Am Donnerstag sahen wir noch ein Wetterloch das es uns zulassen würde, vom Ijsselmeer direkt auf die Nordsee raus und dann Nonstop in ca. 2 Tagen bis Brunsbüttel zum Eingang des Nord-Ostsee Kanal. Aber am Samstag sah der Wetterbericht schon wieder sehr böse aus für ein 27 Fuß Segelboot im eiskalten März auf der Nordsee. Wind 6-7 Bf in Böen bis 9 Bf.

Also die umständliche Alternative gewählt: Bis Lemmer segeln, dann den Mast legen und über die Kanäle erstmal bis Wilhelmshafen.

Vollgepackt für eine Weltumseglung holt mich Ulli pünktlich Sonntag mittag in Herford ab. Gut das er einen großen Wagen fährt so hat mein feuerrotes Kuschelkissen auch noch Platz! Auf dem Weg nach Holland schaut jeder mehr zum Himmel als auf die Strasse. Sieht wieder ganz gut aus, die Sonne kommt durch.

Bei angenehmen 15 Grad kommen wir in Leystad an und beladen die "Leya", die auf der Ostsee "Little Grisu" heissen wird. Erstmal alles reinstopfen, aufräumen können wir auf den langen Kanalfahrten noch genug.

16:30 Uhr, Motor an und raus aus dem Hafen...wir wollen schnell los und heute noch Lemmer erreichen. Doch nach wenigen hundert Meter die 1. Panne. Der Motor geht aus...totenstille auf dem Boot! Erneute Startversuche bringen nichts. Er will nicht mehr. Was soll's, wir sind auf einem Segelboot und der Mast steht und an seinem Baum hängt ein Segel, das wir bis jetzt ausgepackt noch nicht gesehen haben.

Also hoch den Lappen und erstmal segeln, damit wir in Ruhe nach dem Motor sehen können. Ich genieße das lautlose dahin rauschen während Ulli auf allen Vieren im Motorraum rumkriecht. Schnell hat er das Problem gefunden, es hatte sich nur eine Schraube gelöst. Dummerweise war die Aufgabe dieser kleinen Schraube das Zusammenhalten des Gasgestänges. Kleine Ursache, große Wirkung wie noch sooft auf diesem Törn. Nach ein bißchen Fummelarbeit hatte Ulli alles wieder zusammen und der Motor sprang auch wieder problemlos an. Da wir aber die 22 sm bis Lemmer eh nicht im Hellen schaffen würden, beschlossen wir weiter zu segeln. Der Wind wurde recht schwach und so kramten wir in den Kisten rum und suchten ein größeres Segeln. In der Ebay-Beschreibung stand was von mehreren Vorsegeln und tatsächlich wurden wir fündig. Eine schöne große nahezu neue Genua sollte uns nun auf 5kn beschleunigen. Leider ließ der Wind noch mehr nach und als es dunkel wurde und wir kaum noch Fahrt machten tuckerte dann wieder der Benziner, der sich aber wie ein richtiger Schiffsdiesel anhört! Um Mitternacht machten wir dann in Lemmer fest.

Montag, 27. März 2006, um 6 geht der Wecker! Wir wollen den Mast legen damit wir schneller durch die Kanäle kommen. 2. Problem...die Sonne ist kaputt...es ist noch dunkel! Wir schieben den Grund auf die Zeitumstellung und trinken erstmal Kaffee. Die Sonne repariert sich selbst und gegen 7 wird es dann auch hell. Glück gehabt, wir können anfangen!
Der Wind hat in den frühen Morgenstunden wie angekündigt kräftig zugelegt. Nicht ideal zum Mastlegen ohne Kran. Ich habe zwar die Mastlegevorrichtung von der "VirginWood" dabei aber sie paßt nicht richtig. Ohne seitliche Führung rauscht uns der Mast auf halben Weg nach unten über die Backbordseite ins Wasser! Ein riesen Schreck in den Morgenstunden aber nichts passiert, wir können ihn an Bord hieven. Dann geht es weiter zur Schleuse die uns in den Princes-Margriet-Kanal führen soll. Hier heißt es aber, wie noch sooft unterwegs, warten, warten, warten...bis endlich ein Berufsschiff kommt.

In der Schleuse lernen wir dann auch schnell die Kraft eines Berufsschiffes kennen. Man sollte doch lieber warten bis dieses fest ist und nicht so dicht auffahren. Die Bewegungen unserer Leya erinnerten mich ein wenig an die meiner Quietscheente in der Badewanne! Die Fahrt nach Groningen über das Sneekermeer, Grouw, und Bergumermeer war trotz heftigen Winden und Regenschauern sehr schön. Schilfuferzonen, tolle Häuser mit "Wasserparkplätzen" und Natur pur mit Enten, Fischreihern und anderen sorglosen Erdbewohnern.

Der gelegte Mast ließ uns ohne Stop viele Brücken passieren und man spart mächtig viel Zeit. Für die restlichen, für die selbst wir noch zu hoch waren ist ein Funkgerät sehr hilfreich. Trotz der frühen Jahreszeit klappte es sehr gut da immer jemand für die Brücken da war. Nicht zuletzt wegen der vielen Berufsschiffe.

Pünktlich zur Dunkelheit erreichten wir Groningen. Allerdings zu dunkel schon für uns den Yachthafen zu finden. Reger Verkehr hier auch nachts auf den Kanälen und die Binnenkäne waren auch noch schneller als wir. Somit mußten wir nicht nur auf den Gegenverkehr achten sondern auch noch auf die Überholer! In der Dunkelheit kein Vergnügen, sehr anstrengend und nicht zu empfehlen. Ein entgegen kommendes Schiff macht auch schnell mal den 5KW Suchscheinwerfer an um zu sehen, ob da im März mitten in der Nacht auch wirklich ein kleines Sportboot sich den Kanal mit ihnen teilt...danach ist man 5 min blind!

Durch den Starkwind aus westlichen Richtungen hatten wir jetzt selbst ohne Antrieb 2 kn Geschwindigkeit drauf. Sehr schwierig vor geschossenen Brücken. Kreise drehen ohne das Ufer zu sehen ist eine spannende Sache! Vor einer diese geschlossenen Brücken passiert dann auch beinahe das Unglück. Beim Versuch an einem Dalben zu warten geht die Maschine aus!!! Ein Startversuch bleibt erfolglos...wir treiben auf die geschlossene Brücke zu! Durchfahrtshöhe ca. 1m ...wir sind aber 2m hoch! In letzter Sekunde kann ich das Boot antriebslos bei 2kn Strömung hinter den Brückenrammschutz steuern und wir bekommen die Leya zum stehen! Zappenduster ist unser Boot...keine Elektronen mehr in der Batterie! Die Drehzahlprobleme (mal zu viel, mal zu wenig) des Motors beachteten wir jetzt nicht mehr...unser Licht und Scheinwerfer hat die Batterie leer gesogen und darum sprang der Motor nicht mehr an. Mitten in der Nacht klammerten wir uns an der Brücke fest und versuchten ruhig zu bleiben. Wenn nur nicht der scheiß Wind so stark drücken würde!

Aber Ulli hat an alles gedacht und auch ein Notstromerzeuger im Gepäck gehabt. Also Jockel an und Strom gemacht, damit wir den Motor wieder an bekommen. Ein dickes Binnenschiff raste dann noch mit 5kn in 2m Abstand an uns vorbei, nur der dicke Abweiser zwischen uns der uns ja auch unsichtbar machte. Was für ein Geschaukele! Gegen 2 Uhr nachts erreichten wir dann nach 75 sm die große Seeschleuse in Delfzil wo uns ein verwunderter Schleusenwärter zusammen mit einem 100m Schiff auf Meeresniveau brachte. Schon ziemlich abgekämpft, übermüdet und durchgefroren ging dann der Motor mitten in dieser Schleuse wieder aus. Ich rechnete schon damit, das wir die restliche Nacht 100 Schleusengänge mitmachen mußten. Während Ulli wieder den Jockel aktivierte erklärte ich dem Schleusenwärter per Funk unsere Lage und er willigte uns 10 min ein. Sie reichten, Glück gehabt! Da wir dringend Strom brauchten funkte ich den Hafenmeister an und fragte nach einem Plätzchen mit Strom für unsere Leya. Nicht ganz einfach für ihn eine 8m Segelyacht zwischen dicken Containerschiffen und Tankern unter zubringen! Ein Schwimmsteg für Binnenschiffe war die einzige Chance für uns. Dort gab es auch einen Stromkasten wo eine Steckdose war, in der kein armdickes Kabel gehörte. Da wir nun in einem richtigen Seehafen lagen ging es nicht, das der Hafenmeister das Liegegeld bar kassiert. Wir bekommen eine Rechnung per Post zugeschickt. Nach einigen Nachfragen zur Schiffslänge, Bruttoregistertonnen und Tiefgang (war alles nicht in seiner Liste drin) kam er zum Ergebnis, das die Rechnung sich auf ca. 8 Euro und 50 Cent belaufen wird! Uns egal, es ist 3 Uhr morgens und wir wollen nur noch schlafen.

Dienstag, 28.März 2006 die Batterie ist wieder voll und wir genehmigen uns ein Frühstücksbuffet in einem Hotel direkt am Hafen. Wir haben etwas Zeit weil wir mit der Flut rüber wollen nach Emden. Von hieraus rauf auf die Nordsee unmöglich. Selbst im relativ geschützten Seehafen Delfzil haben wir heute morgen 43kn Wind!! Aber Westwind und damit dürfte der kurze Sprung rüber nach Emden machbar sein. Wir ziehen uns seefest an, Schwimmwesten werden angelegt, eher zum festbinden der Lifebelts da bei diesen Wassertemperaturen ein Überbordgehen eh tödlich wäre, und starten Richtung Emden. Nach 2 sm wieder ein Schreckmoment...der Motor geht aus! Scheiße, Scheiße, Scheiße... und das mit liegendem Mast! Aber diesmal kann ich ihn sofort neu starten aber sobald ich einkuppele droht er wieder zu verrecken. Wir quälen uns zurück...einer steuert, einer dosiert Gas und Kupplung. Der Regen peitscht uns waagerecht ins Gesicht und der Wind gibt alles...schlimmer geht es kaum. Wir erreichen mit Mühe und Not unseren Liegeplatz wieder und gehen auf Fehlersuche. Diesmal war es der Vergaser. Eine Schraube wollte nicht da bleiben, wo sie hin gehört und so hatte sich das Teil gelöst. Jetzt wurde uns auch klar, warum die Drehzahl sich manchmal selbständig änderte und warum uns der Motor vor der Brücke und in der Schleuse ausging! Nun war aber aufgrund des ablaufenden Wassers in der Ems eine Zwangspause angesagt. Frühestens gegen 18:30 Uhr konnten wir einen neuen Versuch wagen, Emden zu erreichen. Das Wetter besserte sich, die Sonne kam durch und ich spazierte etwas durch die Fußgängerzone von Delfzil. Recht schön, direkt hinter dem Hafen, hätte ich nicht erwartet.

Gegen Abend dann der zweite Versuch die Ems zu queren und diesmal klappte es auch! Zwar noch heftiger Wind aber ein wunderschöner Sonnenuntergang! Aber wie immer wurde es dunkel noch bevor wir ein Nachtquartier gefunden hatten. Da war erstmal wieder das Hindernis Namens Schleuse. Die einzige Chance um diese Jahres - und Nachtzeit zu schleusen ist die große Seeschleuse Emden. Der überaus freundliche Schleusenwärter teilte uns dann auch über Funk mit, wo wir warten sollten damit uns die dicken Pötte nicht über den
Haufen fahren und dann hob er uns völlig allein in den Binnenhafen Emden. Eine Schleuse so groß das man hätte Wasserski drin laufen können. Über Funk hörten wir dann noch mit, das er den Kapitän eines großen RoRo Schiffes vor uns warnte:" Vorsicht beim einlaufen in die Schleuse...da kommt erst noch ein kleines Segelboot raus, das seht ihr nicht!" Mit Hilfe des Schleusenwärters über Funk lotste er uns dann durch diesen großen Hafen bis zu einem Yachthafen wo wir dann sicher und ruhig den Rest der Nacht liegen konnten, aber wiedermal ohne Strom und Dusche. Es ist halt noch keine Saison.

Im Morgengrauen konnten wir dann auch sehen, das die 27 Fuß Leya mit Abstand das kleinste Boot in diesem Yachthafen war...nur Nobelschiffe aber wie Ulli richtig sagte: Ob die wirklich glücklicher sind als wir?"

Von hieraus ging es dann in den Ems-Jade-Kanal. Trotz des wieder saukalten, miesen, regnerischem Wetter eine landschaftlich schöne Strecke. Viele kleine Brücken und Schleusen die bis Aurich unser netter Brücken und Schleusenwärter alle für uns geöffnet hat. Brücke auf, wir durch, Brücke wieder zu, er ins Auto und zur nächsten gefahren, Brücke wieder auf...usw. An einer Schleuse hat er uns dann viel erzählt über den Kanal. Wir waren erst das 4. Boot dieses Jahr aber im Sommer sind es auch mal 60 am Tag!

Der Kanal ist sehr manchmal sehr schmal und ist bis Aurich höher als die Umgebung. Man kann sehr schön die Torflandschaft sehen. Da wir aber unser Stromproblem nicht mit Bordmitteln in den Griff bekamen, seit Sonntag nicht geduscht hatten und selbst ein heißer Grog uns nicht mehr wärmen konnte beschlossen wir, den Törn in Aurich zu unterbrechen. Ulli wird in den nächsten Tagen sein Schiff "modernisieren" und dann geht es weiten Richtung Kiel...

Fortsetzung folgt ….
__________________
Grüsse Ulli
Mit Zitat antworten top
Antwort



Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 20:49 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.8.11 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, vBulletin Solutions, Inc.