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Alt 31.07.2017, 14:17
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Standard Törnbericht Durch und rund Berlin

Törnbericht „Durch und rund Berlin“ mit MY Venus
Vom 17. bis 23. 7. 2017


Vor der Fahrt

Schon Ende 2016 haben wir den Plan zu einem Törn durch und rund Berlin auf einer Charteryacht gefasst. Den UBI-Funkschein habe ich zusätzlich zu meinem Sportbootführerschein aus dem Jahr 2014 erworben, da die innerstädtische Spree von Sportbooten nur mit Funkausrüstung befahren werden darf. Ich habe „5-Sterne-Yachtcharter“ ausgewählt, weil das Unternehmen eine sehr vertrauenerweckende und professionelle Internetpräsenz besitzt, über „Linssen Grand Sturdy“ Yachten mit UKW-Funk verfügt und die Ausgangsbasis in Berlin-Köpenick hervorragend in die Tourplanung passte.

Die Boote beim „5-Sterne-Yachtcharter“ haben durchaus ihren Preis, aber, wie sich herausstellte, sind sie es auch in jeder Hinsicht wert. Das Boot war technisch tadellos in Schuss, vorzüglich gewartet und gereinigt. Die Ausstattung mit Zubehör geht weit über den üblichen Standard hinaus und erreicht Hotelniveau (Bademäntel!). Im Vorfeld fand eine eingehende und kundenorientierte Absprache mit Frau Boehnke vom „5-Sterne-Yachtcharter“ statt, die eine gute Ausgangslage für unseren Törn lieferte.

Nachdem das Boot gebucht und angezahlt war, begann ich mit der Tourenplanung. Ich setzte hier auf Sicherheit und liebe es, schon im Vorfeld sämtliche Tagestörns und Häfen fest zu planen. Erfreulicherweise bieten die meisten Marinas im Berliner Umland mittlerweile Reservierungsmöglichkeiten an, so dass man sich am Ankunftstag nicht erst auf die Suche nach einem Liegeplatz für die Nacht begeben muss, was in der Hochsaison nicht immer einfach ist. Klar, manche lieben die spontane Entscheidung, was bei meiner Art der Tourplanung nicht drin ist, aber mir macht es einfach auch Spaß, schon einige Monate im Voraus mich immer wieder mit dem Törn zu befassen und meiner Vorfreude freien Lauf zu lassen.

Die Fahrtenplanung habe ich mit dem kostenlosen Tool von „Aqua Sirius“ erledigt, was mir sehr benutzerfreundlich erscheint und mir alle erforderlichen Daten für die Fahrt liefert. Marinas finden sich im Netz oder den einschlägigen Hafenführern. Aus einigen vorhergehenden Touren durch Brandenburg verfügten wir bereits über grundlegende Erfahrungen auf den Gewässern des Reviers und kannten bereits einige Häfen, die wir wieder anlaufen wollten. Da uns unsere große Tochter, die als nautischer Offizieranwärter bei einer deutschen Kreuzfahrtreederei zur See fährt, unbedingt begleiten sollte, und unsere kleine Tochter auf die Thüringer Schulferien und zahlreiche Termine ihrer Tanzschule Rücksicht nehmen muss, waren wir terminlich auf ein kleines Fenster im Juli 2017 festgelegt.

Die Crew:
Ralf („49“) - „Master“, Annette („39“) - „General Manager“, Alina (19) – “Chief Mate“ und Linda (14) – “Second Mate”. Master und Chief Mate verfügen über Sportbootführerschein und ich wie erwähnt zusätzlich auch über das Sprechfunkzeugnis. Außerdem habe ich noch im Mai das Revier im Rahmen eines zweieinhalbtägigen Skippertrainings bei der „Marina Lanke“ erkundet. Das hilft, darf aber nicht dazu verführen, es an Respekt vor Boot, Verkehrslage und Hafenmanövern fehlen zu lassen.

Das Boot:
MY Venus ist eine „Linssen Grand Sturdy 36.9 AC“ mit zwei großen Kabinen mit Doppelbetten (leider nur) 75 PS Volvo-Penta Welle mit rechtsdrehendem Propeller, 11,70m lang und 3,50m breit. Bug- und Heckstrahlruder, Log, Lot, UKW-Funkanlage, Plotter und für eine Charteryacht außergewöhnlich kompletter Ausrüstung, sehr geräumig, insbesondere auch in der Plicht.


Montag, 17.7. „Marina Spreemarine“, Köpenick – „Citymarina Rummelsburg“ (9,5 Km)
Nach einer unspektakulären Anreise mit dem Auto, das wir dann für die Dauer des Törns im unmittelbar benachbarten Parkhaus des „Pentahotels“ (faire 8,- Euro pro Tag) eingestellt haben, trafen wir beim Anleger von „5-Sterne-Yachtcharter“ in Köpenick an der „langen Brücke“ ein und konnten erfreulicherweise sofort um 14.00 Uhr mit der Übernahme der Venus beginnen. Die Einführung war auf unseren Erfahrungsstand zugeschnitten und ließ keine Fragen offen. Auf eine Probefahrt verzichteten wir, weil wir noch am selben Nachmittag ablegen und unser erstes Tagesziel erreichen wollten. Leider muss man auch bei „5-Sterne-Yachtcharter“, wie nahezu bei allen Vercharterern üblich, eine Kaution in bar hinterlegen. Ich weiß nicht, warum die Unternehmen nicht wie Hotels oder im Mietwagengeschäft mit Kreditkarten arbeiten können oder wollen. Na, ja, bei der Rückgabe der Kaution gab es – dies schon einmal vorweg – keinerlei Probleme.

Wir beluden unser Boot mit ein paar Vorräten und etwas Gepäck und konnten nach kurzer Sicherheitsbelehrung der Crew und UKW-Funktionsprüfung gegen 15.45 Uhr aus der Parkbox an der Dahme bei heiterem Himmel und etwa 2 Bft. ablegen. Über Backbord nahmen wir Kurs Richtung Berliner Innenstadt auf unser erstes Etappenziel Rummelsburg.

Schon um 17.00 Uhr trafen wir dort ein. Der Chief Mate fuhr das nicht ganz einfache Anlegemanöver durch die etwas versteckte Hafeneinfahrt und das relativ enge Hafenbecken rückwärts in die Box mit Dalben. Die Crew vom Nachbarboot sparte nicht mit Lob, als sie sahen, dass eine junge Frau am Steuer stand und dabei Seitenstrahlruder nicht benutzte. 22 Euro waren für die Übernachtung fällig, die Nutzung der sehr modernen Sanitäranlagen eingeschlossen. Die „Citymarina“ ist ein echter Hingucker mit ihrer Lounge am Kai und dem kleinen gut geschützten Hafenbecken gegenüber der „Insel der Jugend“. Die Industrieanlagen in unmittelbarer Nachbarschaft merkt man wirklich nicht. Abendessen gab es in der „Hafenküche“ auf dem Gelände. Wirklich vorzüglich die Gerichte von der kleinen aber feinen Karte. Zu einem Landausflug hatten wir danach keine Lust mehr, denn für den nächsten Morgen war schon um 6.00 Uhr Wecken befohlen...


Dienstag, 18.7. „Citymarina Rummelsburg“ – “Altstadthafen Spandau” (25,5 Km)

Heute sollte der navigatorische Höhepunkt des Törns folgen: Die Fahrt durch die Berliner Innenstadt über die Spree. Da ich schon viel über Probleme von Sportbootfahren auf dieser Strecke gehört hatte, wollte ich möglichst früh starten, um dem Höhepunkt des Aufkommens der großen Touristenschiffe zu entgehen. Die Berliner Behörden sehen uns Freizeitschiffer nicht gerne auf der Spree und haben deshalb die Funkausstattungspflicht für den Zeitraum von täglich 10.30 bis 19.00 Uhr verhängt.

Nachdem wir tatsächlich wie geplant um 7.00 Uhr abgelegt haben, erreichten wir bei sonnigem und fast windstillem Wetter nach ca. 45 Minuten und 6 Kilometern die Schleuse Mühlendamm. Unglaubliches Glück: Wir konnten ohne Wartezeit in die bereits zur Talschleusung geöffnete Kammer einfahren. Das ging so unproblematisch und so glatt, dass wir bereits um 8.20 Uhr am 24-Stunden-Anleger Schiffbauerdamm waren, wo wir tatsächlich, immer noch im Glück, noch einen für uns ausreichend großen Liegeplatz zwischen anderen Sportbooten fanden. Von dort aus bietet sich ein Landgang Richtung Brandenburger Tor und Reichstagsgebäude an, wovon wir gerne Gebrauch machten, uns nebenbei mit Frühstücksmuffins versorgten.

Danach fuhren wir die Venus an allen touristischen Highlights der Bundeshauptstadt vorbei. Wirklich, das muss man vom Wasser aus gesehen haben. Grandios! Dabei wurden wir von der Berufsschifffahrt kaum beeinträchtigt. Da wir über unseren Funk stets mithören konnten, wenn sich die „Großen“ an einem engen Streckenabschnitt anmeldeten, waren wir vor jeder Art von Überraschung geschützt. Trotz mäßiger Geschwindigkeit kamen wir so gut durch, dass wir noch einen Stopp am 24-Stunden-Anleger Charlottenburger Ufer einschoben. Hier trafen wir auch unsere Bootsnachbarn vom Vortag wieder, die sogar noch vor uns losgefahren waren. Leider habe ich das Anlegemanöver am Kai ziemlich minderwertig gefahren, so dass ich mich mit den Strahlrudern andrücken musste und außerdem ziemlich verschwenderisch mit dem begrenzt vorhandenen Liegeplatz umging. Dies führte dazu, dass wir unser verspätetes Frühstück auf der Pflicht recht überstürzt eingestellt haben, um später eintreffenden Booten etwas mehr Anlegeplatz zu bieten. Schade, aber irgendwie habe ich auf jeder Tour einen dieser Aussetzer, die wohl nur mit Konzentrationsmangel zu erklären sind.

Die Schleuse Charlottenburg lief dann wieder gut und rasch. Zwar mussten wir kurz an der Wartestelle für Sportboote festmachen, konnten dann aber bald nach einem Frachter in die Schleuse einfahren. Ich finde das System der Sportbootwartestellen mit eigener Lichtzeichenregelung an den großen Berliner Schleusen sehr vernünftig und für alle Beteiligten bequem. Die dort vorhandenen Gegensprechanlagen braucht man in aller Regel gar nicht zu nutzen, weil das Schleusenpersonal die Vorhäfen ohnehin per Kamera beobachtet.

Bei der Törnplanung hatte ich zunächst die Schleuse Spandau vermeiden wollen, weil ich einigermaßen viel Schlechtes über dieses Nadelöhr gelesen hatte. Da wir aber unbedingt den für uns neuen Altstadthafen Spandau kennen lernen wollten, habe ich mich anders entschieden und wurde natürlich mit entsprechender Wartezeit bestraft. Am Sportbootanleger festgemacht tat sich, obwohl bereits die Gegenschleusung durch war, erst einmal gar nichts, bis dann ein Riesenschubverband zu Berg ging, der so groß war, dass er die Schleuse exklusiv belegte. Wir mussten also abermals warten, bis nach einer weiteren Talschleusung Dutzende von Sportbooten aus der Schleuse fuhren, bevor wir endlich nach insgesamt 90 Minuten Wartezeit hinein durften. Etwas genervt von der Wartezeit gab es in der Schleuse einen kurzen Disput zwischen General Manager und Chief Mate hinsichtlich der Befehlskette an Bord, aber am Ende kamen wir wieder gut aus der Kammer und nahmen Kurs auf unser Etappenziel, den Altstadthafen Spandau, direkt gegenüber der Zitadelle nahe einer Straßenbrücke gelegen.

Nachdem ich den Hafenmeister mittels Urkundsbeweises davon überzeugt hatte, dass ich auch wirklich an diesem Tage einen Liegeplatz reserviert hatte, durften wir unsere bequeme Box behalten. Die Sanitäranlagen auf dem als Büro dienenden Hausboot des Hafenmeisters sparten wir uns für den nächsten Morgen auf, denn wir nutzten die Gelegenheit, das unmittelbar am Hafen liegende „centrovital“ Spa zu besuchen. Swimming-Pool, Sauna und Fitnessbereich sind auf jeden Fall zu empfehlen, wenn man der Enge des Bootes mal entfliehen möchte. Unsere beiden Töchter haben bei ihrem Bad im Spandauer See dann noch mal kurz „Deep Water“ Feeling genießen dürfen, als ihnen, während General Manager und ich zum nahegelegen Discounter unterwegs waren, merkten, dass man ohne zuvor die Badeleiter auszuklappen, tatsächlich nur sehr mühevoll wieder an Bord gelangt. Den Tag beschlossen wir mit einem Abendessen im unmittelbar am Hafen gelegenen Fischrestaurant „Raymons“. Ebenfalls zu empfehlen, wenn auch nicht billig.

Der „Altstadthafen Spandau“ bietet solide Qualität ist aber weder besonders romantisch noch sehr günstig für Landgänge nach Berlin gelegen. Man sollte ihn vorzugsweise anfahren, wenn man von hier aus nach Norden weiterfahren kann, also einem die Schleuse Spandau erspart bleibt.




Mittwoch, 19.7. “Altstadthafen Spandau” – „Stadtanleger Ketzin“ (38 Km)

Am „Stadtanleger Ketzin“ kann man keinen Liegeplatz reservieren weil, so die Dame vom stadteigenen Touristikbüro, „man ja nie weiß, wie viele Boote anlegen wollen.“ Deshalb waren wir gezwungen, trotz Protestes des lebensjüngeren Teils der Crew wieder recht früh zu starten, denn wir wollten unbedingt diesen Hafen ansteuern, den wir von früheren Touren schon kannten und liebten. Wer nach Ketzin zu spät kommt, den bestraft das Leben, also Ablegen gegen 9.00 Uhr, denn vor die Fahrt haben die Götter ja noch die Schleuse Spandau gesetzt.

Wir machten also für die Talschleusung an der Sportbootwartestelle fest und hatten Gelegenheit, zuzusehen, wie an der offenbar dienstbereiten Schleuse zunächst von einem schwimmenden Gerät mit Kran aus Leuchtmittel ausgetauscht wurden (!). Am hellen Tag wohlgemerkt und nicht etwa vor Beginn der Betriebszeiten. Okay, erst einmal Frühstück in der Plicht, ist ja immer romantisch und wesentlicher Bestandteil eines jeden Bootstörns.

Wenige Minuten nachdem mich der General Manager, der sich im Übrigen bemerkenswert häufig in die Aufgaben des nautischen Personals einschaltet, darauf hinwies, dass einer der Fender nur nachlässig an der Reling befestigt war, ich aber für die Sicherheit des Webleinsteks garantierte, wurden wir vom vor uns liegenden Boot angepreit. O Schreck, dort war ein Fender angetrieben, der unseren verflucht ähnlich sah. Okay, Dank an den ehrlichen Finder und schnell wurde der Fender zurück an Bord verfrachtet, wo wir ihn gleich mit einem doppelten Rohrringstek für alle Zeiten befestigt haben.

Schließlich öffnete sich auch die Schleuse Spandau für uns. Hinter einem Frachter fuhren wir ein. Wartezeit dieses Mal nur 45 Minuten, geht doch. Wir nahmen dann Fahrt auf über die Havel, vorbei an Gatow und Kladow, sowie am Wannsee mit seinem sehenswerten Umland. Nördlich von Potsdam ging es dann über den Jungfernsee in den Sacrow-Paretzer Kanal. Dort hielten wir brav die vorgeschriebenen 6 km/h Höchstgeschwindigkeit ein. Als vor einer Baustelle ein Frachter mir klar machte, dass es offenbar einen Unterschied zwischen beruflich und privat gefahrenen 6 km/h gibt, ließ ich ihn vorbei. Leider meinte eine im Kielwasser des Frachters fahrende Charteryacht vom Typ „Bügeleisen“ mein Ausweichen zum Überholen an der Engstelle nutzen zu müssen, so dass ich die Venus nur mit Mühe unbeschadet an der Baustelle vorbei bekam. Unser Trost war, dass sich der Skipper im Führerstand des anderen Bootes mindestens genau so sehr erschreckt wie wir selbst, als er erkannte, dass er wohl etwas forsch im Kanal unterwegs war.

Gegen 14.00 Uhr bogen wir dann aber in die Ketziner Havel ein. Unser Tagesziel lag vor uns. Tatsächlich hatten wir noch mehrere Boxen am Stadtanleger zur Auswahl. Ich fuhr die nächstliegende vorwärts an. Wir machten fest und vor uns lag ein halber Ruhetag mit Schwimmen in der Havel vom Boot aus, Einkaufen und Abendessen. Ketzin ist uns vor allem ein liebgewonnener Anleger, weil man dort vom Boot aus wunderbar Baden kann. Der Second Mate wurde zusätzlich motiviert durch „Schlauchi“, einen aufblasbaren Wassersessel, den wir in einer der Backskisten gefunden haben. Zur Sicherheit haben wir ihn mit einer Festmacherleine am Boot gesichert, denn trotz der relativ abgeschiedenen Lage herrscht auf der Ketziner Havel ein reger Schiffsverkehr.

Leider war der uns von früheren Aufenthalten bekannte Italiener aus der Gaststätte an der Uferpromenade nicht mehr vorhanden und wurde durch heimische Nachfolger ersetzt worden, die zwar bemüht aber nicht sehr professionell den Betrieb übernommen haben. Die Speisekarte war von „Flammkuchen“ dominiert. Als uns bei der Nachbestellung eines solchen allerdings verkündet wurde, er sei „aus“, beschlossen wir, beim nächsten Mal uns in dem sehr gut sortierten örtlichen „Edeka“ Markt für ein Abendessen im Boot zu verproviantieren.

Angesichts der dürftigen Infrastruktur des Anlegers sind 19 Euro für den Liegeplatz, wobei noch der Preis für den Landstrom und jede einzelne Duschen- oder Toilettenbenutzung extra zu rechnen ist, nicht billig. Wir lieben Ketzin ob seiner Romantik trotzdem. Die Aussicht auf die Ketziner Havel und das Licht des Sonnenuntergangs über dem Wasser sind jedenfalls unbezahlbar.


Donnerstag, 20.7. „Stadtanleger Ketzin“ – “Marina am Tiefen See“, Potsdam (31 Km)

An diesem Tag mussten wir nicht ganz so früh aufstehen und konnten unser Frühstück am Liegeplatz genießen. Sogar ein weiteres Eintauchen in die Ketziner Havel war noch drin, bevor wir um 10.00 Uhr aus der Box fuhren. Zwar hatte sich gestern noch ein Spätkommer mit Überbreite in die Box gedrängt, aber es gab ohne Wind und Strom keine Probleme. Kleiner Schreck beim Einbiegen aus der Ketziner Havel in den Hauptfluss, als wir unversehens in den Begegnungsverkehr zweier großer Frachter gerieten. Aber der Chief Mate meisterte die Situation souverän.

Auf unserem Weg nach Potsdam fuhren wir nun über die Havel, vorbei an der Inselstadt Werder und dem Schwielowsee, an dem mit der „Marina Schwielowsee“ beim gleichnamigen Resort ein Luxushafen liegt, der eigentlich einem Boot vom „5-Sterne-Yachtcharter“ würdig wäre. Aber wir hatten für dieses Mal ja andere Pläne.

Bei Caputh hängten wir uns unmittelbar an ein Boot der Wasserschutzpolizei, folgten erstmals dem Gebot zur Abgabe eines „Schallzeichens“ bei der Einfahrt in den engen Kanal und ließen die hier verkehrende Drahtseilfähre passieren. Ein interessanter Ort, aber leider ist mir kein Liegeplatz für ein Boot der Größe der Venus hier bekannt. Also weiter über den Templiner See nach Potsdam.

Die Landeshauptstadt selbst ist interessant zu erfahren. Insbesondere der Brandenburger Landtag wird als Landmarke schön erkennbar. Starker Bootsverkehr herrscht hier, unter anderem die berüchtigten „Wassertaxis“, die nicht nur sehr schnell unterwegs sind und entsprechende Wellen produzieren, sondern auch teils kuriose Wende- und Überholmanöver vollziehen, die den Sportbootfahrer manchmal ratlos lassen.

Noch vor der berühmten Glienicker Brücke liegt am Ufer des Tiefen Sees am Rande der „Kulturinsel“ unsere Zielmarina. Da wir auch hier reserviert hatten, war nur noch festzustellen wo wir festmachen konnten. Ich sprang rasch am Kopfsteg an Land und erhielt die gewünschte Auskunft vom Hafenmeister. Wir konnten an den ruhigen Seitensteg, wo wir dieses Mal ohne Dalben rückwärts festmachten.

Potsdam ist natürlich immer einen ausgiebigen Landgang wert. Von der Marina ist man mit wenigen Schritten am Holländerviertel und in der Fußgängerzone der Innenstadt. Wenn in einer Crew die Frauenquote so hoch ist wie bei uns, ist der Bedarf an Kosmetikartikeln und Textilien natürlich kaum zu befriedigen. Zum Abschluss des Shoppingbummels saßen wir noch im hochpreisigen Eiscafé, wo uns der erste Regen der Tour überraschte aber, dank großformatiger Sonnenschirme, nicht schrecken konnte.

Zurück in der Marina gab es einen Aperitif in der Beachbar, nach einer Dusche in der ordentlichen aber für den großen Hafen zu klein dimensionierten, Sanitäranlage, dann ein Abendessen auf der Terrasse des Hafenbistros. Sehr zu empfehlen hier die originellen Nudelgerichte, immer aber auch die Burgers. Für Hundeliebhaber ist es Pflicht, den Hafenhund zu streicheln. Eine Supermarina mit großem Serviceangebot und in Toplage. Allerdings mit 37 Euro inklusiv fünf Frühstücksbrötchen der teuerste Hafen des gesamten Törns.


Freitag, 21.7. “Marina am Tiefen See“, Potsdam – „Bootshaus Roll“, Zeuthen (52 Km)

Heute stand der längste Schlag der Tour an. Außerdem war Langeweile angesagt, denn vom Teltowkanal hat man bislang noch kaum Positives gelesen. Klar, dass es um 8.45 Uhr schon wieder recht früh losging. Das Frühstück wurde im Fahren in der Plicht serviert. Dabei musste der Second Mate feststellen, dass Eier rollen, gern auch über Bord. Dem Vorschlag, ein MoB Manöver zu fahren, bin ich nicht gefolgt.

Gegen 10.00 Uhr waren wir an der sehenswerten Schleuse Kleinmachnow im Teltowkanal. Pflichtgemäß, so wollte es ein Hinweisschild am Sportbootsteg, meldete ich uns und gleich noch ein weiteres Sportboot, das nach uns festmachte, über die Gegensprechanlage beim Schleusenmeister an, um die Auskunft zu erhalten, ich solle mich auf eine längere Wartezeit einstellen. Als ob ich mit einer schnellen Abfertigung gerechnet hätte....Die Schleuse Kleinmachnow verfügt über drei Kammern, von denen eine stillgelegt ist, eine zweite gerade Wartungsarbeiten unterzogen wurde und die dritte für Sportboote nur gemeinsam mit Berufsschifffahrt genutzt werden darf.

Erfreulicherweise dauerte es nur eine Stunde bis dann ein Frachter aus der Gegenrichtung Schleusung begehrte, so dass die mittlerweile 5 Sportboote auf unserer Seite in den Genuss der Bergschleusung kamen. Wieder einmal mussten wir feststellen, dass Wartezeiten vor der Schleusung offenbar die Konzentration beeinträchtigen, denn unser General Manager, der wie bereits ausgeführt, immer gern auch seemännische Pflichten übernimmt, machte die Achterleine zunächst an der Schleusenleiter fest, um sie dann, auf die Unzulässigkeit dieses Vorhabens hingewiesen, gleich wieder zu lösen. Von divergierenden Kommandos verwirrt, stieg meine arme Frau dann die Schleusenleiter hoch, die Leine in der Hand, um sie am Poller auf der Schleusenmauer festzumachen. Dabei schwenkte natürlich das von der Leine befreite Heck der Venus aus, denn wer kann schon gleichzeitig klettern und ein Boot von 11 Tonnen halten? Sie selbst aber saß mitten auf der Leiter fest, konnte sie mit einer Hand nicht erklettern, wollte aber tapfererweise auch nicht die Leine loslassen. Aber mit vereinten Kräften konnte das Boot doch noch festgelegt und ordnungsgemäß geschleust werden. Der General Manager erhielt zum Trost auf diesen Schreck ein Stück Schokolade und die Fahrt durch den Teltowkanal ging weiter.

Es war dann gar nicht so schlimm wie befürchtet. Über weite Strecken sind die Kanalufer bewachsen und vermitteln ein unverstelltes Naturerlebnis. Es gibt relativ wenig Berufsverkehr, der zudem über Funk immer schon im Vorfeld angekündigt wird und zwischendrin liegt der ungeheuer interessante Hafen Tempelhof, den wir unbedingt auf einer späteren Tour einmal anfahren werden.

Wir befuhren den Teltowkanal bis zu seiner Einmündung in die Dahme und dann diese südwärts, vorbei an der Regattastrecke Grünau bis in den Zeuthener See. Dort befand sich das Tagesziel: Bootshaus Roll. Wir fuhren um 15.15 Uhr vorwärts in eine Box, machten achtern an zwei Dalben fest und freuten uns, diese für Charterfahrer doch recht lange Etappe hinter uns gebracht zu haben. Vom Bootshausbetreiber Karl Roll, bei dem ich im Vorfeld einen Liegeplatz reserviert hatte, freundlich empfangen, nutzten wir die Waschmaschine im Hafen, konnten wieder einmal Müll entsorgen und vor allem ein Bad im Zeuthener See in der herrlichen Nachmittagssonne nehmen. Die Sanitäranlagen im Bootshaus Roll sind sehr ursprünglich, aber sauber und wegen der wenigen Gastlieger auch nahezu immer frei.

Abends freuten wir uns auf den kulinarischen Höhepunkt der Reise, das Restaurant Olympia. Auch hier muss man reservieren und es lohnt sich. Auf der Terrasse wurde ein Menü serviert, das weit über dem Standard liegt, den man von diversen griechischen Restaurants gewohnt ist. Auch der Service ist sehr angenehm und schnell. Erst im Dunkeln gingen wir die paar Meter zum Boot zurück, nahmen noch einen nightcap und legten uns dann schlafen.


Samstag, 22.7. „Bootshaus Roll“, Zeuthen – „Marina Spreemarine“, Köpenick (22 Km)

Heute Morgen hatten wir alle Zeit der Welt. Ein morgendliches Bad im Zeuthener See war noch drin, dann ein Frühstück mit wunderbarem Naturblick, bevor wir nach Begleichen der Rechnung – 17 Euro für Liegeplatz und Strom – gegen 11.00 Uhr die Leinen loswarfen und die letzte Etappe zurück zum Heimathafen der Venus in Angriff nahmen.

Wir steuerten nicht den direkten Weg über die Dahme, sondern fuhren, weil wir noch Zeit und Lust hatten, in den Seddinsee. Dort gerieten wir unversehens in eine Segelregatta. Für uns als Nichtsegler war es nicht einfach, den Kurs der vorfahrtsberechtigten Segelboote zu erahnen, die, voll auf ihr Wettsegeln konzentriert, sich nicht um unsere Venus kümmerten. Wir umfuhren die Regatta dann unmittelbar am östlichen Ufer des Sees, um ihn anschließend zur Einfahrt in den Gosener Kanal zu verlassen.

Dieser und vor allem die dann folgende Müggelspree waren sehr gut mit Sportbooten aller Art, darunter auch den beliebten Motorflößen, gefüllt, es war schließlich Wochenende mit strahlendem Sonnenschein. Die Fahrt an Neu-Venedig vorbei über die Müggelspree war trotzdem ein Erlebnis. Leider sind die Kanäle selbst für ein Boot von der Größe der Venus nicht befahrbar.

Anschließend hinaus auf den Großen Müggelsee. Dieser darf von Motorbooten nur innerhalb der ausgetonnten Fahrrinne befahren werden. Segler müssen sich eigentlich aus dieser heraushalten. Das gilt jedoch offenbar nicht für Regattasegler, denn wir mussten kuriose Manöver fahren, um einem Riesenschwarm der windgetriebenen Boote auszuweichen, die die Fahrrinne zunächst aus südlicher Richtung durchquerten, um anschließend nach einer Wende aus nördlicher Richtung zurückzukommen. Die Venus und einige weitere Motorboote
steckten mitten in diesem Pulk der Segler, ein Umfahren war nicht möglich.

Beim Strandbad Friedrichshagen verließen wir den Großen Müggelsee, steuerten das Wassersportzentrum Berlin zum Absaugen unseres Schmutzwassertanks und anschließend die in völliger Idylle hinter der Baumgarteninsel liegende Wassertankstelle Spreves an. Das Betanken war nicht ganz einfach, da das Kartenlesegerät nicht mitspielen wollte, dafür wurden wir aber durch den sehr günstigen Dieselpreis entschädigt.

Leider war der Törn damit schon fast beendet. Gerade noch rechtzeitig vor einem aufziehenden Wolkenbruch fuhr ich die Venus wieder an ihren Heimatanleger. Wir machten ein letztes Mal fest und freuten uns über den völlig schadenfreien Verlauf der Fahrt.

Nach einem kurzen Landgang in die Köpenicker Altstadt konnten wir uns in der Plicht sitzend über das vollkommen wasserdichte Verdeck freuen, das selbst dem mächtigen Gewitter über Köpenick problemlos trotzte. Anschließend ein Abendessen im Pentahotel am Ufer und Zusammenpacken für die Abreise am nächsten Morgen. Es hat sich als sehr sinnvoll erwiesen, nur wenig Kleidung mitzunehmen. Küchenutensilien oder sonstige Ausrüstung waren aufgrund der hervorragenden Ausstattung der Venus ohnehin nicht nötig.


Sonntag, 23.7. „Marina Spreemarine“, Köpenick

Am Sonntag stand nach einem kurzen Frühstück, erfreulicherweise gibt es zwei Bäcker mit Sonntagsöffnung in unmittelbarer Nähe des Liegeplatzes, nur noch die Rückgabe des Bootes an. Diese verlief völlig problemlos, da wir bis auf ein einziges beim Abwasch zerbrochene Weinglas auch keinerlei Schäden am Boot zu beklagen hatten.

Beim abschließenden Bummel über den Verkaufssteg der „Spreemarine“ machten wir eine „Linssen Sedan“ aus, die ziemlich gut zu uns passen würde. Na ja, mal sehen, wenn wir nur nicht in der Wassersportdiaspora Thüringen leben würden...

Der Törn durch und um Berlin mit der Venus war für unsere Crew ein wunderbares Erlebnis, die beste Charterfahrt bislang überhaupt. „5-Sterne-Yachtcharter“ ist uneingeschränkt zu empfehlen, wenn man bereit ist, für ein qualitativ hochwertiges und äußerst komplett ausgestattetes Boot mit einem beispielhaften Charterservice einen angemessenen Preis zu bezahlen.

Das Berlin-Brandenburger Revier verfügt über eine vorzügliche Infrastruktur mit erstklassigen Marinas, die trotzdem noch ein Naturerlebnis ermöglichen. Es sieht so aus, als gäbe es im nächsten Jahr eine Wiederkehr. Doch zunächst noch ein paar Tage Relaxen im A-Rosa Resort am Scharmützelsee als Kontrastprogramm zum Bootsurlaub.
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  #2  
Alt 01.08.2017, 13:31
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Alt 01.08.2017, 13:32
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