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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit!

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Alt 12.05.2008, 23:34
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Standard Von Finnland nach Istanbul

Hallo,
wir haben uns am 9.5. auf den Weg gemacht, um über die Ostsee, durch Deutschland zur Donau und weiter zum Schwarzen Meer nach Istanbul zu fahren.
Wer interessiert ist, kann unsere Fahrt unter www.rumbalotte.fi mitverfolgen.
Mike
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Alt 16.01.2009, 08:15
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Standard Von Finnland nach Istanbul/Reisebericht

Hallo,
wir sind in Istanbul angekommen. Ich hänge hier mal einen "Kurzbericht" an , detaillierte Dokumentation auf unserer homepage www.rumbalotte.fi
Mike

Von Finnland nach Istanbul (2008)
Übersetzung des finnischen online-Kurzberichtes
Vollständige Dokumentation unter www.rumbalotte.fi


Finnland - Lübeck

Am 6.5. Leinen los vom Anleger Marjaranta und unsere Fahrt nach Istanbul beginnt. Hinter dem Kapitän liegen vier Monate Arbeit am Boot und auf der Arbeitsliste sind noch viele Punkte nicht abgehakt. Wir haben versucht uns auf die Reise vorzubereiten, indem wir alle möglichen Informationen gesammelt und die Funktionsfähigkeit des Bootes gesichert haben. Wie es aussieht hatten wir allerdings den blinden Passagier, Herrn Murphy, vergessen, der sich schon eine Stunde vor Hanko meldet: die Backbordmaschine läuft heiss. Der Anblick ist mehr als
seltsam: der Keilriemenkopf der neuen Kühlwasserpumpe hängt runter und der Riemen ist los. Unser Monteur kommt am Abend nach Hanko und stellt fest, dass der Keilriemenkopf in der Fabrik nicht fest auf die Achse gespannt war, und er hatte das bei der Montage nicht überprüft. Glück im Unglück: auch die Schrauben der Pumpe der Steuerbordmaschine waren schon locker! Die Pumpen werden in Ordnung gebracht und der erste Schreck der Reise ist verkraftet. Im Hafen in Hanko ist es ruhig, nur neben uns liegt ein Segelboot, welches sich noch am Abend auf den Weg Richtung Nord-Ostsee-Kanal macht.

Am nächsten Tag bemerken wir westlich von Hanko, dass die Backbordmaschine hellgrauen Qualm von sich gibt. Nach einigen Telefonaten ist die Analyse nicht sehr tröstlich: wahrscheinlich hat die Zylinderkopfdichtung vom Überhitzen am Vortag gelitten und Glykol gerät in die Brennkammern. In der Nähe ist keine Hilfe zu bekommen und wir beschliessen, weiter nach Mariehamn zu fahren. Bis Jurmo fahren wir mit beiden Maschinen, danach hauptsächlich nur noch mit der Steuerbordmaschine. Jurmo schläft noch späten Winterschlaf, wir sind allein im Hafen und auf der rauen Insel ist es ruhig.

Am 8.5. von Jurmo nach Mariehamn, wor wir von der Firma Kalmers Hilfe für das Motorenproblem bekommen sollen. Obwohl auch das nicht geklappt hat, möchten wir hier John Lindström für seinen phantastischen Kundenservice und alle Versuche danken. Auf der Fahrt nach Mariehamn unterläuft uns auch ein Planungsfehler, als wir gerade noch rechtzeitig im Foglö-Kanal merken, dass wir hier zwar früher mit unserem Flipper durchkamen aber nicht mehr mit der Grand Banks. Unter dem Kiel fehlt Wasser und der Mast geht auch nicht unter der Brücke durch. Also nichts weiter als umdrehen und wir haben zwei Stunden länger Zeit, uns die prächtige Landschaft der Åland-Schären anzusehen. Im Westhafen von Mariehamn liegen auch nur wenige Boote, aber auf den Stegen und im Restaurant des ASS-Segelklubs herrscht schon reger Betrieb.

Nachdem wir hier also auch keine Hilfe für den Motor bekommen können nehmen wir Verbindung mit Schwager Toni in Flensburg auf, wo es einen Yachtservice und eine John Deere-Vertretung gibt. Wir vereinbaren die Reparatur dort und hoffen, dass wir ohne Probleme mit einer Maschine nach Flensburg kommen. Die Überfahrt über die Ålandsee nach Kappelskär ist ruhig. Das Meer ist spiegelglatt und wir verfolgen auf dem AIS den regen Fähren- und Frachterverkehr. Auf der schwedischen Seite gehen wir in den Bootshafen Rådmansö, wo wir ein sommerliches Paradies vorfinden. Der Wald ist überflutet von Buschwindröschen, Frühjahrsprimeln und Knabenkraut. Später treffen wir unsere Freunde Brita und Klaus und gehen mit ihnen am Abend in Nortälje essen.

Pfingstsonntag geht die Fahrt weiter zur Insel Utö. Jetzt sind wir nicht mehr allein, sondern die Stockholmer Schären sind voll von Segelbooten. Auf der Fahrt stellen wir fest – und auch noch oft danach -, dass es auch an der schwedischen Küste eindrucksvolle Landschaften gibt. Nach der Ankunft in Utö fährt bald die letzte Fähre ab und die Insel lehrt sich in einem Augenblick von den Sonntagsgästen. Im Hafen sind wir nur zu zweit und müssen trotzdem für Längseitsliegen den doppelten Preis bezahlen. Die sommerlichen Temperaturen vom Vortag sind vorbei und in der Nacht verstärkt sich der Wind so stark, dass wir am nächsten Tag beschliessen, hier auf besseres Wetter zu warten. Wir sehen uns die Insel an und freuen uns über die kostenlose Internetverbindung. So wird auch unsere homepage langsam fertig.

Am 13.5. geht es bei immerhin 8°C in Richtung Arkösund. Nach dem Wochenendansturm sind wir wieder allein auf See. Die Sonne scheint, wir geniessen die Fahrt. Der eigentliche Gasthafen in Arkösund erweisst sich als eng und nicht geeignet zum Längseitsgehen. Das Ufer ist flach und steinig. Wir finden einen passenden Platz beim Segelklub Snedskär und alles sieht gut aus, bis plötzlich ein kräftiger Oststurm auffrischt und uns gehen den Anlieger drückt. Alle Fender sind eingesetzt, jetzt hier im Dunkeln weg zu fahren und einen neuen Platz zu suchen, erscheint uns als zu riskant. Über Funk hören wir, dass der Seenotrettungsdienst nach einem kleineren Motorboot sucht. Eines der Patrolienboote fährt mit hoher Geschwindigkeit bei uns vorbei, und die von ihm verursachten Wellen werfen die Rumbalotte so kräftig an den Steg, dass wir grössere Schäden fürchten. Im Endeffekt gingen zwei Weingläser drauf – und die waren leer, aber der Schreck fuhr uns in alle Glieder. Hier konnten wir lernen, wie unerwartet und kräftig sich das Wetter ändern kann. In drei Stunden ist alles vorbei und das Meer wieder ruhig.

Schöne Schärenumgebung am 14.5. auf der Fahrt nach Klintemåla. Zwischendurch kleine Dörfer und Ferienhäuser – wie im Märchenbuch. Am Steg in Klintemåla liegt ein Holländer und einige örtliche Boote. Die Bojen sind so klein,dass wir uns nach den Erfahrungen der letzten Nacht dort nicht hintrauen. Wir legen uns an den nahen Ortsanleger. Der Ort liegt wie ausgestorben da, die Saison beginnt erst Anfang Juni.

15.5. und Richtung Kalmar. Zu Beginn schlängeln wir uns durch flache Wasser und um bucklige Granitfelsen. Die Landschaft ändert sich laufend. Am Ufer einige Industrieanlagen. Bei Oxelund haben wir genug mit dem Slalomfahren und drehen aufs offene Meer zwischen Küste und Öland. Die Ausbeute auf See heute: 2 Holländer, 1 Schweizer, 1 Engländer, 1 Norweger, 2 Schweden und 2 Frachter. Zwischendurch müssen wir zum Aufwärmen von der Flybridge immer wieder nach unten gehen. Die Ölandbrücke ist schon von weitem zu sehen. Hier bekommen wir einen kleinen Vorgeschmack auf den September, wenn wir hoffentlich unter den Brücken des Bosporus durchfahren werden. Im Hafen in Kalmar ist gut Platz und der Service funktioniert. Wir legen einen Ruhetag ein. Die Stadt macht einen netten Eindruck, obwohl gerade jetzt beim Schreiben sich die Jugend der Stadt auf dem Nachbarsteg versammelt hat und bis nach Mitternacht mit der nächsten Disko darum kämpft, wer den grösseren Lärm zustande bekommt. Also nichts weiter als die Decke über die Ohren, am nächsten Tag geht es nach dem Tanken weiter in Richtung Karskrona.

Am Morgen müssen wir an der Tankstelle auf den Tankwart warten, der erst einmal ein grösseres Schiff betanken war. Wir versuchen, am benachbarten „Miljöanleger“ unseren Schwarzwassertank abzusaugen, aber die wunderschönen Geräte haben keinen Strom. Der Vormittag ist nebelig, wir nutzen dies, um endlich einmal den Radar aktiv einzusetzen und unser automatisches Nebelhorn zu testen. Der Wind kommt von vorne, die Fahrt ist ziemlich feucht. Von einem Windpark mit 5 Windmühlen läuft eine einzige, das kann wohl kaum wirtschaftlich sein. Während der Fahrt beschliessen wir, nicht nach Karskrona zu gehen, sondern bleiben nach Öland an der Südspitze der Küste in Stenshamn. Ein angenehm kleiner Hafen und ein schöner typisch schwedischer Schärenort. Sogar eine Sauna gab es, aber dazu können wir uns nicht aufrappeln.

Von Stensham geht es am nächsten Morgen in direkter gerader Linie Richtung Bornholm. Wir müssen ein belebtes Fahrwasser überqueren und stellen wieder fest, wieviel Nutzen das AIS tatsächlich bringt. Zwischendurch haben wir das Gefühl, dass der „Feind“ von allen Seiten angreift, aber wir sehen genau alle Positionen, Kurse und Geschwindigkeiten der Berufsschiffahrt. Auf Bornholm gehen wir nach Tejn und machen hinter einem Restaurantschiff fest, die Versorgung ist also gesichert. Im Hafen ist es ruhig, am Abend kommt noch ein polnisches Segelboot, in das die absolut mögliche Anzahl Besatzung gepackt ist. Wir bleiben hier auch am nächsten Tag. Mit den Fahrrädern fahren wir nach Gudhjem. Der Hafen ist noch kleiner und enger als Tejn, aber der Ort selbst wimmelt von Touristen. Das Wetter ist angenehm warm und die dänische Frukost schmeckt auf der Terasse am Hafen.

Am 20.5. zurück an die schwedische Küste nach Gislövslägen östlich von Trelleborg. Die Fahrt wird ruhig gleich nachdem wir in die Nähe der Küste kommen. Ein Fischer leert sein Boot eingedeckt in einen Schwarm Möwen. In Gislövsläge können wir hinter den Fischerbooten längseits gehen. Die Rumbalotte passt bestens in die Reihe der kleinen Trawler. Wir spazieren einige Kilometer durch ein parkähnliches Wohngebiet und finden neben der Trelleborgbrücke ein nettes Restaurant, wo wir unsere letzte Mahlzeit auf schwedischem Boden geniessen.

Der nächste Morgen führt uns vorbei an den hohen Kreidefelsen von Moen, die Kamera läuft heiss. Wir stellen fest, dass wir jetzt schon viele Tage immer wieder auf offener See gewesen sind, es gefällt uns. Ich erinnere mich an die Zeit vor 20 Jahren, als ich das erste Mal den Rücken von Porkkala überqueren musste und dabei ganz schön ins Schwitzen geriet. Die Netzzeichen der Fischer machen uns einiges Kopfzerbrechen, da wir nicht wissen, ob wir sie umfahren müssen oder ob wir zwischen den Zeichen durchfahren können. Die dänische Gastflagge wird gehisst und wir kommen in den Hafen von Stubbeköbing. Die Bootsplätze im eigentlichen Gasthafen sind äusserst schmal, uns findet man also mal wieder bei den Fischerbooten im Stadthafen. Vor uns auf der Brücke ist ein Kiosk, der anscheinend den ganzen Ort verpflegt. Am Abend kommt unser Freund Jürgen aus Kopenhagen und wir verbringen einige gemütliche Stunden im örtlichen Pizzarestaurant.

Am 22.5. geht es in die Smålandsgewässer. Zuerst unter 2 schönen Brücken hindurch und danach sind wir stundenlang seelenallein bei schönstem Wetter. Am Ufer sieht man immer wieder Windparks. Der Schiffverkehr beginnt, als wir in die Nähe des Grossen Belts kommen. Ausserdem sind hier unzählige kleine Boote beim Angeln. Unser Ziel ist die Südspitze von Langeland, Bagenkop. Der Hafen ist eine positive Überraschung, viel Platz zum Manövrieren, breite Bootsplätze und insgesamt schön geplant und verwirklicht. Wir können wieder längseits gehen, auf der anderen Seite des Anlegers liegt ein grosses holländisches Segelboot. Der Hafen füllt sich in erster Linie mit deutschen Segelbooten, wir sind das einzige Motorboot an den Gaststegen. Da die Motorreparaturen in Flensburg ohnehin nicht am Wochenende beginnen, bleiben wir hier auch am nächsten Tag. Am Morgen erst einmal grosses Putzen und danach mit den Rädern los. An der Südspitze von Langeland sind einige Naturschutzgebiete eingerichtet, u.a. sind Feuchtgebiete für Frösche und Kröten angelegt; die bedanken sich dafür mit einem stolzen Quak-Konzert. Die Luft ist gefüllt mit Düften der blühenden Bäume, die Natur schon ganz anders als noch vor einigen Tagen weiter im Norden, grün und abwechslungsreich. Als wir in den Hafen zurückkommen ist nur noch ein einziges Segelboot dort; ein komisches Gefühl, auf einmal in den leeren Hafen zu sehen.

Von Bagenkop dann direkt nach Westen Richtung Flensburg. Der Wind bläst von Achtern und Rumbalotte schwankt wie ein Betrunkener. In der Flensburger Förde hunderte von Segelbooten! Später klärt sich, dass hier ein Regattawochenende war. Die Förde sieht interessant aus, am Nordufer Dänemark und am Südufer Deutschland. Wir machen im Industriehafen vor dem Flensburger Yachtservice fest. Schwager Toni empfängt uns dort und wir bereiten uns auf einen längeren Aufenthalt vor. Am Montag werden die erforderlichen Massnahmen und der Terminplan geklärt.

Die Fahrt von Finnland nach Flensburg verlief vom Motorenproblem abgesehen insgesamt zufriedenstellend. Geregnet hat es nur einmal zwei Stunden lang, sonst schien die Sonne, obwohl es am Anfang doch ziemlich kühl war. In den Häfen in Finnland und Schweden war es noch sehr ruhig, teilweise wie tot; auf der dänischen Seite dann viel belebter. Wir haben uns daran gewöhnt, den ganzen Tag auf offener See zu sein und sind jetzt gespannt, wie es uns wohl auf dem bald beginnenden Abschnitt auf Flüssen und Kanälen gefällt. Die abwechslungsreichen Landschaften in Schweden waren uns eine positive Überraschung, dort gibt es noch viel zu sehen, wenn wir in einigen Jahren wieder im Norden zurück sind. Eine andere Überraschung – negativ – war die schwache Internetstruktur südlich von Kalmar. Die eigene WLAN-Verstärkerantenne hat dort genutzt, wo ein Netzt vorhanden war, aber das war meistens nicht der Fall. In Flensburg findet sich dann ein gutes Internetcafe, also lernt man auch das nun kennen. Die Arbeiten am Boot haben begonnen und wir hoffen, dass wir in 10 Tagen die Fahrt fortsetzen können.

Das dauert allerdings bis 14.6.! Wir haben drei Wochen in Flensburg bei Schwester Christina verbracht. Am 12.6. wurde Rumbalotte zu Wasser gelassen, der 13.6. ging drauf mit Ölwechsel und Packen. Die Probefahrt fiel aus und wird am ersten Fahrtag mit laufendem Überprüfen nachgeholt; alles funktioniert. Wir ändern unseren ursprünglichen Plan und gehen nicht in den kleinen Hafen von Fehmarn sondern auf die gegenüberliegende Seite nach Heiligenhafen. Unterwegs haben wir viele grosse Segelboote gesehen und vor Kiel war starker Fährverkehr.

Von Heiligenhafen geht es am nächsten Tag Richtung Travemünde und Schwartau. Nach dem Durchfahren der Fehmarnbrücke empfängt uns die Lübecker Bucht mit starkem Wind und Regen. Mittendrin fällt der Navigationsbildschirm aus. Das hatte er auch schon vor einem Jahr bei ähnlichem Wetter in der Bucht von Riga gemacht; der Fehler lag am Konverter – wie auch jetzt. Gut dass wir immer auch unsere Papierkarten bereit haben und alle Bewegungen dort dokumentieren. Bei der Ankunft in Travemünde blitzt und donnert es ein einziges Mal, aber anständig; ein interessantes Willkommenheissen, denn gleichzeitig tut sich der Himmel auf und es giesst in Strömen. Wir tanken Diesel für 1,60/l, in Heiligenhafen wollte man 1,70/l! Der Preis hat sich für uns in einem Jahr fast verdoppelt, da wir damals in Finnland noch roten Diesel steuerfrei kaufen konnten. Auf der Trave geht es nun nach Schwartau zum Anleger des Stettiner Yacht Clubs. Wir bekommen Hilfe beim Anlegen und später, als wir den Mast für die kommende lange Binnenstrecke flach legen.


Kanäle

Am 15.6. verlegen wir das Boot auf die andere Seite von Lübeck. Bei der Durchfahrt durch die Stadt müssen wir bei der ersten Brücke schon die Köpfe einziehen. Im Hafen des Lübecker Motorboot Clubs ist Niedrigwasser und zwischendurch liegt der Bug im Uferschlamm. Während des Tages steigt das Wasser wieder und es gibt keine Probleme. Stadtbesichtigung und Internet-Cafe.

Der nächste Morgen sieht uns um 5:30 losfahren. Vor uns liegt der Lübeck-Elbe-Kanal und sieben Schleusen, unsere ersten überhaupt. Die Schleusen sind klein und alles läuft überraschend leicht. Bei den meisten Schleusen kommen wir ohne Warten durch und bleiben dann in Lauenburg, wo der Kanal auf die Elbe trifft. Mittwoch geht es ebenso früh los. Wir überqueren die Elbe bei Sonnenaufgang und fahren in den Elbeseitenkanal, eine lange Röhre, die sich noch nicht richtig in die Landschaft eingepasst hat. Die erste Schleuse ist das Hebewerk Lüneburg. Nach zwei Stunden Warten fahren wir ein und werden dann wie in einer Badewanne 38 m gehoben. Das Hebewerk dürfte einer der weltweit grössten Fahrstühle sein. Oben angekommen gibt es eine herrliche Aussicht zurück nach Norden. Es folgt die Schleuse Uelzen, wo wir 23 m konventionell hoch geschleust werden. Wir fahren nach Wittingen, wo neben den Kanal auf die grüne Wiese ein guter Bootshafen gebaut worden ist. Dort werden wir von einer grossen Gruppe ehemaliger Sportkameraden empfangen, mit denen wir den Abend in der Hafenklause verbringen. Am Donnerstag bleiben wir noch in Wittingen, am Backbordmotor werden die die Einstellungen der Ventile überprüft und die Zylinderdeckelschrauben nachgezogen. Somit ist die Reparatur nun endgültig abgeschlossen. Nachmittags mit den Rädern in den Ort zum Internetten und einkaufen.

Am Mittsommervortag geht es weiter auf dem Elbeseitenkanal zum Mittellandkanal und wir drehen Richtung Westen. Der Mittellandkanal ist älter und verschmilzt meistens in die Landschaft. Es herrscht reger Frachtverkehr, Überholen in der schmalen Rinne ist fast unmöglich. Wir bleiben in Sehne am Anleger auf der Kanalseite. Die vorbeifahrenden Schiffe ziehen das Wasser aus dem Hafen und einen Augenblick später strömt es zurück. In der Nacht ist es aber ruhig. Den Abend verbringen wir beim örtlichen Griechen (Riesenportionen, Minipreise) und danach sitzen wir an Deck und verfolgen das Hin und Her der Dorfjugend unter der naheliegenden Brücke.

Samstag weiter auf dem Mittellandkanal nach Minden. Zuerst in die Schleuse Anderten, wo es 14,5 m nach unten geht. Jetzt haben wir beide Richtungen beim Schleusen durchgemacht, Routine schleicht sich ein. Bei Minden überquert der Kanal die Weser, ein toller Anblick. Übernachtet wird an der öffentlichen Liegestelle, von wo es nur ein kurzer Weg in die Stadt ist. Nach Minden wird der Kanal breiter. Auf der Südseite zieht sich der Teutoburger Wald hin. Es ist heiss und das rächt sich eine Stunde, bevor wir zum nächsten Anleger kommen; kräftiges Gewitter, Regen und Hagel. Die Flybridge war natürlich offen und alle Sitzkissen durch und durch nass. Wir übernachten in der Alten Fahrt Hörstel und ich komme dazu, das Deck zu schrubben, was ich in Finnland nicht mehr geschafft hatte – sieht aus wie neu.

Am 23.6. fahren wir den Mittellandkanal zum Ende und in den Dortmund-Ems-Kanal. Die Landschaften ändern sich kaum. Zwischendurch kleine Wohngebiete aber meistens Wald und Felder. Es ist ruhig bis vor Münster, wo der Flughafen direkt neben dem Kanal liegt und uns die landenden Flugzeuge über die Köpfe fliegen. Zum Abend wieder in einen Altarm, die Alte Fahrt Lüdinghausen. Wir fahren mit den Rädern in die kleine Stadt, besuchen ein Internetcafe und kommen auch noch zum Spargel Essen in einem schönen Restaurant.

Vom Dortmund-Ems-Kanal geht es am nächsten Vormittag in den Rhein-Herne-Kanal. Hier gibt es mehr Industrieanlagen und Häfen aber auch sehr viel Grüngebiete. Überraschend, wenn man denkt, dass das Gebiet zum industriellen Kern Deutschlands gehört. Das Wasser des Kanals ist klar und überall wird geschwommen. Wir bleiben in der Marina Oberhausen, die neben einem riesigen „Erlebniszentrum“ liegt: Restaurants, Vergnügungsparks, Einkausgallerien usw. Das Boot bleibt hier für eine Woche und wir fliegen nach Slowenien, wo wir uns mit alten Kollegen und Freunden treffen. Am 1.7. beginnt dann die interessante Route auf dem Rhein.


Rhein

Mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken und einigen Kilo mehr Lebendgewicht sind wir wieder an Bord. Endlich kommen wir zum Flussfahren auf den Rhein. Wir hatten natürlich Bücher und Törnberichte gelesen und irgendwie waren wir schon gespannt, wie wir mit dem Berufsverkehr und der starken Strömung klar kommen werden. Das Endergebnis schon vorweg: zumindestens für uns war der Rhein nicht schwer zu befahren, wenn man die Bewegungen der Fracht- und später auch Kreuzfahrschiffe beachtet und in der Fahrrinne bleibt, die ausgezeichnet betonnt ist. Vom Ufer aus gesehen sieht die Strömung oftmals unglaublich stark aus, aber beim Fahren selbst merkt man davon eigentlich nicht viel, nur dass die Geschwindigkeit über Grund bei gleichen Umdrehungen 40 % geringer ist als die Geschwindigkeit durchs Wasser.

Von Oberhausen fahren wir am ersten Tag nach Duisburg in die neue – EU-finanzierte – Marina, wo ein altes Industrie- und Hafengebiet umgewandelt worden ist. Auch der Hafen am nächsten Tag in Düsseldorf ist neu und das Hafenbecken wird von phantasievollen Gebäuden eingerahmt, in erster Linie Mediaunternehmen. Köln dagegen hat noch hohen Nachholbedarf, die Hafenumgebung ist eine grosse Baustelle und der Hafen kann nicht mit Duisburg und Düsseldorf verglichen werden. An diesen ersten Tagen sehen wir an den Ufern ziemlich viel Industrieanlagen, aber erheblich weniger, als wir uns selbst vorgestellt hatten.

Nach Köln ändert sich die Landschaft langsam, Berghänge und Burgen bald auf allen Seiten und damit auch viele Kreuzfahrtschiffe unterwegs. Einen schönen Abend verbringen wir in Brohl. Der Club ist klein und nach einem langen Abend tauschen wir die Vereinswimpel. Koblenz ist sehenswert. Am Deutschen Eck mündet die Mosel in den Rhein, über dem Gegenufer tront die Festung Ehrenbreitstein. Von Koblenz nach Süden beginnt die eigentliche Bergstrecke, die in den spannend romantischen Anblicken der Loreley bei St. Goar ihren Höhepunkt findet und dann noch fast bis zum Weinort Rüdesheim weiter geht. Von da an verändert sich wieder das Bild des Flusses. Die Ufer sind flach, der Fluss breit, viele kleine Nebenarme und Uferwiesen. In Mainz angekommen haben wir fast Schwierigkeiten den Anfang des Mains zu finden, der dort gegenüber dem Rhein doch sehr klein und schmal ist. Die Fahrt auf dem Rhein dauerte 10 Tage, wovon wir Ruhetage in Düsseldorf, Koblenz und St. Goar eingelegt hatten.


Main und Main-Donau-Kanal

Für diesen Abschnitt brauchen wir 2 Wochen, wovon 4 Ruhetage. An vielen Tagen fahren wir in der Praxis allein und auch durch die Schleusen kommen wir gut und flexibel durch, Dank dem guten Service der Schleusenwärter. Technisch gesehen ändern sich die Schleusen auf dem Kanal in sogenannte Sparschleusen, bei denen das Wasser von den Seiten kommt, was zwischendurch seltsame Strömungen verursacht. Nach einigem Hin und Her lassen wir die Maschinen laufen und steuern gegen die Strömung, während Ulla die Leinen führt. Mit den Schleusen steigen wir auf 406 m Höhe und überqueren dort die europäische Wasserscheide. Nach Westen münden die Flüsse in den Rhein und Nordsee und nach Süden in die Donau. Die Sparschleusen machen auch beim Runterschleusen etwas Probleme, da beim Einfahren eine starke Strömung von unten kommt, die das Boot leicht verdreht. Hier hilft nichts weiter, als mit etwas mehr Umdrehungen einzufahren und dann abstoppen.

Die Landschaften auf dem Main und auf dem Kanal nach Hilpoltstein sind einfach schön. Die Ufer des Mains werden von Bäumen und Büschen verdeckt, ab Würzburg wird der Fluss von Weinbergen begleitet. Die Kanalstrecke von Bamberg nach Hilpoltstein ist ziemlich eintönig, entweder Landwirtschaft oder Industrie oder dann lange Strecken durch Wald ohne Blickfreiheit. Bei Hilpoltsein öffnet sich die Landschaft, man muss fast den Atem anhalten. Sie wird noch schöner, wenn man bei Dietfurt in das Altmühltal kommt, wo der Kanal mit der Altmühl integriert ist. Auf der ganzen Strecke liegen viele kleine Städte und Dörfer, in denen die alten Strukturen erhalten sind. Dort macht es Spass, durch die Orte zu spazieren und die Angebote der Gastronomie zu probieren. Örtliche Weine haben wir natürlich kräftig gebunkert. Unsere Haltepunkte waren Aschaffenburg, Miltenberg, Lohr, Eibelstadt, Kitzingen, Schweinfurt, Bamberg, Erlangen und Berching. Bei der Ankunft auf der Donau am 27.7. bleiben wir in der Marina Saal bei Donaukilometer 2410. Besonders in Berching hatten wir viel Spass mit dem örtlichen Yachtclub. In vielen Orten finden sich einige Anlegestellen , aber z. B. In Würzburg z.Zt. gar nicht. Besonders mit einem grösseren Boot müssen die Übernachtungsplätze gut geplant werden und man muss frühzeitig unterwegs sein.

Auch die Technik strapazierte mal wieder die Nerven. Ich stellte fest, dass sich unter dem Wellen-/Getriebeflansch Metallabrieb ansammelt und merkte, dass die Schrauben im Flansch nicht richtig angezogen waren. Eigene Werkzeuge und Kraft reichten für die Reparatur nicht aus, aber wir bekamen Hilfe in Eibelstadt. Schlussfolgerung war, dass die Schrauben in Flensburg nicht richtig festgezogen wurden (die waren am Telefon natürlich absolut anderer Meinung) und die Zentrierschraube den Abrieb verursachte. In Saal lasse ich mir gleich noch Rahmen für Fliegengitter der grossen Seitenfenster machen und die Abdeckung unserer Flybridge wird repariert. Jetzt liegen bereits 3200 km und 66 Schleusen hinter uns, vor uns noch einmal eine gleich lange Strecke auf der Donau und dem Schwarzen Meer und 18 Schleusen. Das Wetter war wechselhaft, aber während der Fahrstunden sind wir von stärkerem Regen verschont geblieben. In den letzten Tagen hat das Termometer einen Sprung nach oben gemacht, heute in Saal 31° C!


Auf der Donau bis Wien

Die Donau fasziniert uns von Anfang an. Schnell merkt man, dass hier ein richtiger Fluss ist. Die Strömung variert an den verschiedenen Tagen zwischen 2 und 5 Knoten, wofür sich die Bordkasse bedankt. Der Verbrauch vom Main bis Wien liegt bei 9 l/Stunde, was ungefähr die Hälfte unseres Normalverbrauchs ist.

Die Landschaften sind mal wieder einfach schön. Mal der breite Fluss und Hügel, dann kräftig strömender Gebirgsfluss eingezwengt zwischen Berghänge. Die Schleusen sind länger und breiter als bisher und zwischendurch müssen wir auf die Berufsschiffahrt warten, um geschleust zu werden. Ab der Wachau sieht man dann auch einige Freizeitboote, die ansonsten auf der ganzen langen Strecke durch Deutschland mit Abwesenheit glänzten; die enorm gestiegenen Spritpreise machen sich wohl bemerkbar. Am ersten Fahrtag übernachten wir im Oberwasser der Schleuse Straubing, im Ort selbst gibt es keine Anlegemöglichkeiten. Dann nach Deggendorf in einen ruhigen Hafen und weiter zur Marina Heiningen vor Passau. Hier bleibt Deutschland schon hinter uns und wir kommen nach Österreich. Am 2.8. liegen wir in der Marina Schlögen, wo die Donau zwei 180°-Schleifen macht, ein fantastisches Bild vom Aussichtspunkt oberhalb der Marina. Von Schlögen nach Linz in den Winterhafen. Unsere Tochter Kirsi kommt an Bord und bleibt bis Wien, nette Unterhaltung für die Zweimann-Crew. Die nächsten Anlegestellen sind Wallsee, Emmersdorf und Altenwörth, bevor wir am 8.8. zur Marina Wien kommen, gross und modern. In Wallsee und Altenwörth hocken wir lange Abende mit den Mitgliedern der Clubs zusammen, es gibt immer Hilfe und viele Ratschläge. Beeindruckend waren die Wasserstandszeichen aus der Flut 2002, als das Wasser bis zu 12 m stieg. Auf dieser Strecke haben wir auch etliche Freunde einschliesslich Bruder getroffen, so dass wir nicht viel alleine waren. Die Technik hat problemlos funktioniert und auch über das Wetter können wir uns nicht beschweren; geregnet hat es nachts, tagsüber reichte die Sonne mit warmen Temperaturen. In Wien stellen wir den Mast wieder, die wenigen Brücken vor uns sind hoch genug (hoffen wir). Morgen geht es weiter in die Slowakei nach Bratislava. Hinter uns 3800 km, vor uns 2500 km und 4 Schleusen.


Wien – Budapest

Nach der Freudenau-Schleuse in Wien strömt die Donau wieder kräftig. Bei niedrigen Drehzahlen geht es mit 12 Knoten dahin. Der Fluss wird immer breiter, die Uferwiesen sind Naturschutzgebiete. Trotzdem sieht man viele Sommerhäuschen, von denen die meisten auf hohen Stelzen stehen. Bei Hainburg werden die Ufer wieder steiler. Wir hissen die slowakische Gastflagge an der alten Grenzstation; Dank Schengen gibt es keinen Grenzkontrolle mehr. In Bratislava gehen wir an den Anlegesteg bei Milan, der bei Donaufahren berühmt ist. Bratislava hat eine ansprechende Altstadt/Zentrum,welches man gut zu Fuss in ein paar Stunden ablaufen kann. Eine geführte Runde machen wir am nächsten Morgen, dann 3 Stunden mit Ölwechsel verbracht und somit ist auch hierfür Ruhe bis Istanbul.

Hinter Bratislava verbreitet sich die Donau zu einem grossen See bevor man zum Schleusenkanal Gabčikovo und zur Schleuse kommt. Der Kanal ist eng und der Schwell geht von einer Seite zur anderen, mit einem kleineren Boot hat man da schon zu tun. Der nächste Hafen ist Komarno. Er befindet sich am Ende eines tiefen Hafenbeckens gegenüber einer Werft, ist aber trotzdem sehr ruhig. Wir sind jetzt 4 Donaufahrer, die sich hier alle am Abend einfinden: das deutsche Segelboot Ubena, die französische Romar 1, der holländische Katamaran CO II und die finnische Rumbalotte.

Am nächsten Tag geht es erst einmal weiter mit niedriger Uferlandschaft und Sandstränden, aber bei Esztergom beginnt das ungarische Mittelgebirge und die Donau schlängelt sich dort durch. Es ist schwer zu beschreiben, dass der ganze Tag damit verbracht wird, die verschiedenen Landschaften zu bewundern. Am Abend ankern wir das erste Mal in einem Nebenarm, dem Winterhafen Pilismarot. Im Verlauf des Abends verabschieden sich die Tageslieger mit ihren schnellen Motorbooten und schliesslich sind wir auf dem grossen See nur noch zu Dritt.

Heute sind wir bis Budapest gefahren bei leicht bewölktem Himmel und sehr warmen Temperaturen, noch spät am Abend 34°C. Die Wiking Marina in Budapest schlägt alle Rekorde in Bezug auf Dieselpreis und Liegegebühren, wobei die Infrastruktur und der Service dem allerdings in keiner Weise entsprechen.


Budapest – Belgrad

Budapest verlassen wir am frühen Morgen, da die Donau wegen einer Flugshow für den halben Tag geschlossen wird. Die Fahrt zwischen Buda und Pest in der aufgehenden Morgensonne ist ein schönes Erlebnis. Nach Budapest verändert sich die Donau in ein breites Band und auf der Ostseite beginnt die flache Pusta. Wir finden keine passende Marina oder Hafen und ankern an der Seite im Strom: unter dem Kiel 3 m Wasser und 2 Knoten Strömung. Leicht bleibt das Boot ruhig liegen und der Anker hält gut. Am nächsten Tag geht es nach Baja in den Bootshafen im Zentrum. Sanitätseinrichtungen gibt es nicht, dafür am Ufer reger Betrieb in Unmengen von Cafes und alle Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe. Das erste mal haben wir das Gefühl, im „Süden“ zu sein. Hier treffen wir auch unsere französische und holländische Mitfahrer wieder und mit ihnen bildet sich für den Rest der Strecke eine enge Gemeinschaft. Von Baja geht es weiter nach Mohacs, auch eine kleine nette Stadt. Mit Genehmigung der Polizei können wir an einem grossen Ponton anlegen. Am Morgen dann Ausklarieren aus der EU und Schengengebiet: in einer halben Stunde hatten Grenzpolizei, Zoll und Wasserpolizei alle ihre Formulare ausgefüllt und wir machen uns auf den Weg in das unbekannte Serbien. Weiter oben an der Donau muss es stark geregnet haben, denn das Wasser ist fast einen Meter gestiegen und der Fluss transportiert eine Menge von Holz.

Auf der serbischen Seite klarieren wir in Brezdan ein, alles verläuft in freundlicher Atmosphäre und ohne Probleme. Wir fahren weiter nach Apatin, wo ein neuer Hafen gebaut ist, hier bleiben wir 2 Tage. Am Abend versprüht ein uralter Flieger Gift gegen die Mückenplage über die ganze Stadt und den Hafen, es hilft! In Apatin wird ein ausgezeichnetes Bier gebraut, Jelen Pivo. Die Menschen treffen sich am Abende entweder in den Cafes im Zentrum oder am Ufer der Donau. Nach Apatin ankern wir wieder in einem Nebenarm. Fischer sind bis gegen Mitternacht und früh morgens unterwegs und im Wald brunfen die Hirsche. Hier ist die Strömung nur 1 Knoten stark, aber auch das ist zuviel zum normalen Schwimmen. Wir lassen eine Schwimmleine mit Fender aus; so kann man sich treiben lassen und an der Leine wieder zum Boot zurück ziehen.

Nächste Station ist Novi Sad mit einem grossen Bootshafen, vielen selbstgebauten Booten und schwimmenden Wocheendhäuschen. Nach der Hitze der vergangenen Tage regnet es am Abend etwas und es kühlt sich spürbar ab: das hatten wir schon ersehnt. Im Zentrum gibt es grosse Fussgängerzonen, überall Cafes und freier Internetzugang gehört zum normalen Angebot.

Von Novi Sad dann nach Belgrad. Wieder ändern sich die Landschaften. Auf der rechten Seite Steilufer, die linke Seite ist eine flache Ebene. In Belgrad finden wir Platz in der Mündung der Save an einem Restaurantschiff. Hier gibt es wieder sehr viele Boote und Restaurantschiffe. Die Menschen verstehen zu leben.


Belgrad – km 710

Von Belgrad bis Smederevo begleitet am rechten Ufer eine bewaldete Hügelkette die Donau, danach wird es wieder flacher. In Smederevo selbst am rechten Ufer die Überreste einer grossen Burganlage. Die Donau wird wieder breiter und kommt uns mehr wie ein See als Fluss vor. Wir versuchen, einen Ankerplatz zu finden, aber alle Stellen um die vielen Inseln herum erweisen sich als zu flach. Nach etlichen Versuchen gehen wir an den Ponton in Kostolac, wo auch schon unsere französischen und holländischen Mitfahrer liegen. In Kostolac gibt es ein grosses Kraftwerk, und der ganze Ort baut sich darauf auf. Danach ändern sich die Uferlandschaften von bewaldetem Grün in sonnenverbranntes Braungelb. Kurz vor Golubac haben wir plötzlich nur noch 50 cm Wasser unter dem Kiel, aber nach etwas Suchen finden wir zurück in tieferes Wasser. Die Fahrrinnen auf der Donau ändern sich laufend und es heisst, vorsichtig zu sein. Die Ubena mit ihrem grösseren Tiefgang ist bereits sechsmal auf Sand gelaufen und hat einen Anker verloren. Bei Golubac beginnt die Fahrt durch das Eiserne Tor, die Landschaft ist mitunter überwältigend. Die grösste Wassertiefe messen wir hier mit 75 m. Nach dem ersten Abschnitt des Eisernen Tores bleiben wir in Donj Milanovac. Wir machen Bekanntschaft mit einem serbischen Ehepaar, die unbedingt unser Boot kaufen und als Erste auf die Interessentenliste aufgenommen werden möchten, der Preis wäre kein Thema! Sie laden uns auf ihr Boot zum Essen ein und wir verbringen dort einige schöne Stunden. In Donj Milanovac erleben wir auch das erste mal Wind auf der Donau. Am Morgen bläst es aus Osten, was uns am Ponton noch nicht viel stört. Nachmittags dreht der Wind nach Westen und frischt kräftig auf, urplötzlich kocht es um uns herum, der Platz ist nicht mehr sicher. Wir machen ein Blitzablegen und ankern zwischen Bergen in der nahen Mündung des Porečka-Flusses. Hier ist es ruhig, obwohl um uns herum stundenlang Gewitter ziehen.

Am nächsten Morgen Weiterfahrt zum zweiten Abschnitt des Eisernen Tores, wo wir nun zu den engsten Stellen kommen. Danach die grösste Schleuse der ganzen Fahrt: Portile de Fier oder Djerdap 1. Die eine Seite der Schleuse gehört zu Rumänien, die andere Seite zu Serbien. Die Schleusenbetreibung wird wöchentlich gewechselt. In der Schleuse sind zwei hintereinander geschaltete Kammern, beide mit 15 m Höhe. Also erst wird die erste Kammer geschleust, dann in der Schleuse in die zweite Kammer einfachen und diese wird geschleust. Mit dieser Schleuse kommen wir aus der Gebirgsstrecke und die Landschaft ist wieder flach. In Kladovo klarieren wir aus Serbien aus und sind somit 2 Tage „staatenlos“, d.h. ohne Einklarieren können wir nur auf der Donau als internationalem Wasserweg ankern. Hinter Kladovo frischt der Wind wieder mal auf, wir kommen uns vor wie in heimischen Gewässern in den Schären. An einer Flusskrümung finden wir einen Ankerplatz vor einem rumänischen Dorf. Später kommt die rumänische Grenzpolizei vorbei und wünscht uns nach kurzem Gespräch gute Fahrt. Der Wind bleibt auch am nächsten Tag, die Landschaft wird fast steppenähnlich. Beim Eintreffen in der letzten Schleuse unserer Fahrt, Djerdap 2, drückt der NW-Wind von 10 – 12 m/sek. grosse Wellen in die Schleusenkammer. Wir haben Glück, dass wir als erste einfahren können; denn wir brauchen 2 Versuche, bis wir das Boot sicher fest gemacht haben. Bei km 837 finden wir hinter der Insel Girla-Mare einen schönen und geschützten Ankerplatz.

Von hier fahren wir am 31.8. auf die bulgarische Seite nach Vidin zum Einklarieren. Wir können am Ponton der Grenzpolizei bleiben, das Boot wird also gut bewacht. Vidin ist eine gemütlich ruhige Stadt mit einer grossen Festung, Baba Vidi. Auf einem der nahen Restaurantschiffe finden wir örtliche „muikut“ (kleine Süsswassersardellen); die sind so köstlich, dass wir auch noch einmal am nächsten Tag dort essen gehen. Romar 1 und CO II haben in Rumänien einklariert, wir bleiben mit ihnen in SMS-Verbindung. Dagegen kommt die Ubena auch nach Vidin und wir verbringen den Abend zusammen, wobei sie uns von ihren vielen Missgeschicken erzählen. Das letzte war Ankerverlust. Die Pechsträhne setzt sich allerdings fort, denn am nächsten Tag hören wir gerade noch über Funk, dass sie wieder auf Grund gelaufen waren und die Flusspolizei Hilfe organisierte. Das geht bestimmt schon an die Nerven! Wir finden einen herrlichen Ankerplatz bei km 710, wo wir den Nachmittag bei strahlend blauem Himmel verbringen. Auch hier kommt später die rumänische Flusspolizei vorbei. Am Abend setzen Fischer Netze vor die gesamte Öffnung des Nebenarmes, mal sehen, wie wir dort am Morgen raus kommen.


Km 710 – Silistra

Kein Problem beim Ausfahren, die Fischer waren schon früh unterwegs. Wir fahren fast den ganzen Tag allein. Mal wieder erweisen sich viele theoretische Ankerplätze als zu flach, wir ankern bei km 625 im Strom in der Nähe einer einsamen Gaststätte.

Am nächsten Tag ändert sich die Donau einmal wieder mehr in eine Seelandschaft mit vielen Inseln und Nebenarmen. Während des Tages überqueren wir den Längengrad von Helsinki und sind nun zum allerersten Mal mit unserem Boot östlicher als im Südhafen von Helsinki. Das Wetter ist phantastisch: blauer Himmel, morgens 20° C, nachmittags 30°C. Wir fahren bis Šištov, wo wir an einem örtlichen Passsagierschiff längseits gehen können. Kapitän Kasimir lädt uns zum Fischessen ein. Unterhalten können wir uns mit gebrochenem Russisch. Die Landschaft heute war beeindruckend. Besonders widersprüchlich war eine Stelle, wo auf der bulgarischen Seite hohe weisse Kreidefelsen das Ufer bilden und auf der rumänischen Seite grosse, hässliche Industrieanlagen stehen.

Kilometertafeln, die jeden km anzeigen sollten, fehlen immer öfter und die Betonnung ist unvollständig. Wir müssen uns auf das Navigieren konzentrieren. Die nächste Etappe geht nach Ruse, wo es nach Belgrad die erste Marina gibt. Hafenmeister Boiko verschiebt Boote so lange, bis wir Platz haben. Ruse ist eine positive Überraschung. Das Zentrum des Ortes ist gut gepflegt, weite Parkanlagen und Fussgängerzonen; wir bleiben zwei Tage. In der Marina ist während dieser Tage grösserer internationaler Betrieb als jemals zuvor: 2 Dänen, Holländer, Franzosen, Engländer, Deutsche und wir. Gemäss Hafenbuch waren in diesem Jahr bisher 46 ausländische Boote im Hafen. Ubena beschliesst, für dieses Jahr die Fahrt in Ruse zu beenden und überwintert dort. Im nächsten Jahr geht es mit neuen Kräften und hoffentlich mehr Glück weiter.

Von Ruse fahren wir weiter bis Tutrakan, wo wir am städtischen Ponton anlegen. Es ist Sonntag und die Stadt ist wie ausgestorben. Hier gibt es eine alte pitoreske Fischersiedlung, aber die Häuser sind teilweise in traurigem Zustand. Am Ende der Strasse finden wir allerdings das einzige offene Restaurant der Stadt am Ufer der Donau. An unserem Anlegerponton wird ein Schiff mit Sonnenblumenkernen beladen, der von dort fliegende Staub bedeckt das Boot mit einer fettigen Schicht.

Jetzt folgt der letzte Abschnitt Bulgarien, wir fahren nach Silistra. Heute sind wieder viele Berufsschiffe unterwegs. Vor Silistra fehlen am Anfang eines breiten Rückens mal wieder alle Zeichen. Macht im Prinzip ja nichts aus, aber auf der Karte sind etliche grosse Flachstellen verzeichnet! Langsam arbeiten wir uns vorwärts, kommen an einem aus dem Wasser ragenden Wrack vorbei und landen dann in einer erkennbaren Fahrrinne. In Silistra Festmachen wieder am Polizeiponton. Die Stadt ist relativ gross, aber besteht zum Grossteil aus Betonplattenbauten. Im Zentrum ist viel Betrieb, es ist gerade Silistra-Tag. Den Abend verbringen wir mit Romar 1 und CO II. Sie werden von hier nach Černovoda und von dort über den Kanal nach Constanta fahren. Wir wollen über den Borcea-Arm nach Braila und dann ins Delta. In Constanta werden wir uns wahrscheinlich wieder treffen, da die beiden dort überwintern wollen.


Silistra – Sulina

Am Morgen ausklarieren aus Bulgarien und auf die andere Seite des Flusses zum Einklarieren in Rumänien. Auf der ganzen Fahrt war das Benehmen der Beamten tadellos und besonders die jungen Beamten äusserst freundlichen und sachlich. Einigen scheinen die Änderungen Kopfschmerzen in dem Sinne zu verursachen, dass sie selbst nicht wissen, welche Papiere tatsächlich ausgefüllt werden müssen oder ob sie überhaupt braucht.

Der erste Tag in Rumänien beginnt mit einem zweistündigen Regenschauer, danach klärt sich das Wetter auf. Nach einer Stunde Fahrt kommt eine herausfordernde Situation: in der Karte Flachstellen eingezeichnet, die eingezeichneten Tonnen fehlen und die Route gemäss Karte bringt uns plötzlich nur noch 20 cm Wasser unter den Kiel. Fast eine Stunde verging, um hier durchzukommen. Danach ging es problemlos, denn die Wassertiefen lagen oftmals bei 25 m und am nächsten Tag vor Braila sogar bei 38 m.

Wir fahren über den Bala-Kanal in den Borcea-Arm. Der Kanal schlängelt sich auf seinen zehn Kilometern durch eine schöne Uferlandschaft. Die Ufer des Borcea-Armes sind flach, immer weniger Bebauung, dafür an den Ufern Kühe, Schafe, Schweine und Pferde. Im Fluss immer wieder Fischer mit ihren Netzen. Weiter im Norden öffnet sich der Blick in eine weite flache Ebene. Wir ankern in einer Flusskrümmung bei km 26. Eine Stunde später kommt die englische Zingara, die wir in Ruse getroffen hatten. Sie hatten an der Flachstelle weniger Glück, konnten sich aber mit ihrer eigenen Winsch und Zweitanker vom Grund in tiefere Wasser ziehen.

Am 10.9. geht es erst bis zum Ende des Borcea-Armes, bis wir die letzte Donaubrücke unterqueren und zurück auf den Hauptarm kommen. Jetzt sind die Ufer absolut leer, noch nicht einmal Angler sind zu sehen. Hier und dort ein einsames Gehöft, irgendwo wird Holz eingeschlagen und auf Booten verladen. Die Situation ändert sich als wir nach Braila kommen, wo uns eine richtige „skyline“ begrüsst, welche Gegensätze! In Braila sind Werften und auch Bootsanleger, aber es gibt dort keine Plätze für Gäste. Vor dem Hafenmeistergebäude können wir dann an einem Boot längseits gehen.

In Braila ist ein Grossteil des Zentrums aufgerissen, die Infrastruktur wird erneuert. In der Stadt gibt es schöne Häuser, aber die meisten von ihnen haben jahrzehntelang weder Farbe noch sonstige Instandhaltungsreparaturen zu sehen bekommen, es gibt viel zu tun. Von Braila geht es vorbei an der grossen Hafen- und Werftenstadt Galati, ab hier dies ist Donau wieder Seefahrtsweg und die Entfernungen werden in Seemeilen angegeben. Nach Galati kommen 570 m Uferstrecke Moldawien und danach beginnt auf der Nordseite die Ukraine. Auf diesem Abschnitt sind viele grosse Schiffe unterwegs. Die Landschaft ist weit und offen, an den Ufern wird Holz eingeschlagen mit Pferdewagen abtransportiert. Kurz vor Tulcea teilt sich die Donau: der Chilia-Arm fliesst nördlich durch die Ukraine, wir wenden uns nach Süden auf dem Sfantu Gheorge-Arm. Er führt erst nach Tulcea, dem Zentrum des Deltas. Hier gibt es eine breite Uferpromenade und lebendiges Stadtleben. Der Verkehr im Delta wird meistens auf dem Wasserweg abgewickelt, im Hafen ist reger Verkehr. Wir können am Restaurantschiff Republica längseits gehen. Das Wetter ist inzwischen umgekippt und es ist herbstlich, morgens nur noch 10 - 12°C und windig. Mit einem Touristenboot machen wir einen Ausflug in das Delta: am vormittag giesst es in Strömen, wir alle auf dem Boot werden mehr oder weniger nass; gemeinsam versuchen wir, die Abdeckplane des Bootes gegen Wind und Regen zu halten. Mittags wird im Fischerdorf Mila 23 – zugänglich nur über den Wasserweg – Fischsuppe mit örtlichem Schnaps angeboten. Auf der Rückfahrt lässt der Regen nach und man bekommt ein besseres Bild über das Delta. Baumbedeckte Ufer, die starken Schwankungen der Wasserhöhe sind sichtbar. Kanäle überall, allein wäre man hier schnell verloren. Angler mehr als Vögel und langsames Fahren scheint den örtlichen Bewohnern eine unbekannte Grösse zu sein. Wir bleiben noch einen Tag in Tulcea und bereiten das Boot für die Strecke auf dem Schwarzen Meer vor.

Am 15.9. der letzte Donauabschnitt, der durch den Kanal in Sulina bei Donaumeile Null endet. Es ist richtig herbstlich jetzt, der Himmel bedeckt von dunklen Wolken und der Wind bläst aus Nordost. Die Wettervorhersagen versprechen für die nächsten Tage auch keine Besserung. Der einzige mögliche Fahrtag nach Constanta (85 Meilen, 10 – 12 Stunden) scheint übermorgen zu sein. Wir spazieren durch den Ort, wo es überraschend viele Geschäfte und Resaurants gibt. Auch Internetverbindung bekommen wir vom Boot aus zu Stande. Wir sind selbst ein wenig überascht, dass wir nun nach 2400 km Donau hier sind, nach Istanbul sind es nur noch 650 km. Während der Reise haben wir so viele verschiedene Landschaften und Städte gesehen, dass das Erinnern schon Schwierigkeiten bereitet. Es gab keinerlei Probleme mit Grenzpolizei etc. und in keiner Phase haben wir uns unsicher gefühlt. Besonders schön war es, Bekanntschaft mit den anderen Donaufahrern zu schliessen, die jetzt schon alle in Constanta sind. Wir sind wohl die letzen oder einer der letzten Donaufahrer in diesem Jahr.


Sulina – Istanbul

Bei Sonnenaufgang machen wir uns auf den Weg zur letzten Etappe. Von Sulina führt eine 5 Meilen lange Rinne auf das Schwarze Meer. Dort angekommen empfängt uns eine lange Dünung, die uns nach der langen Fahrt auf Kanälen und Flüssen richtig Spass macht, wir sind wieder auf dem Meer. Der Wind bläst mit 6 – 10 m/sek. aus Nordwest, wir setzen unser Stützsegel, welches dass Rollen etwas stabilisiert. Während 10 Stunden Fahrt kommt uns nur ein einziges Passagierschiff entgegen, welches wir schon in Tulcea gesehen hatten. Zweimal begleiten uns Delfine eine kurze Strecke. Am Nachmittag kommt die Sonne heraus, wir fahren von der Flybridge aus. Im Hafen von Constanta finden wir unsere Mitfahrer wieder: Romar 1 und CO II haben schon 6 Tage auf besseres Wetter gewartet und die Zingara begrüsst uns über Funk typisch englisch „ how nice to see you, and in one piece“. Ihre nächtliche Fahrt von Sulina nach Constanta schien etwas unruhig gewesen zu sein, denn Phyl teilte mit, dass ihr Meeresabenteuer hier zu Ende gegangen ist. Auch Jeannine von Romar 1 möchte nicht mehr auf das Meer. In Constanta müssen wir mit dem Heck anlegen, so wird das nun auch schon mal geübt. Unseren Landgång testen wir mit den 4 Beamten, die zum Einklarieren auf das Boot kommen, er hält. Port Tomis ist ein grosser Hafen und es wird an Erweiterungen gearbeitet, die wohl in 2009 fertiggestellt sein müssten. Die Stadt selbst sagt uns nicht besonders zu.

Von Constanta geht es weiter nach Balchik in Bulgarien. Das Meer ist ruhig, wieder begleiten uns Delfine. Das rumänsiche Ufer ist relativ flach, in Bulgarien steigt es wieder an und die Landschaft ist vielfältiger. In Balchik empfängt uns das gesamte Personal der Grenzpolizei; zu dieser Jahreszeit gibt es nicht mehr viele Besucher und sie brauchen auch Abwechslung. Im Hafen sind neue Schwimmstege gelegt, es gibt aber weder WC noch Duschmöglichkeiten. Die Stadt macht einen netten Eindruck, hier beginnt die bulgarische Touristenzone. Nach einem Ruhetag fahren wir weiter nach Nesebar. Wieder schöne Ufer mit weniger schönen Tourismusanlagen. In Nesebar will uns die örtliche Marina nicht bei sich haben – so ist es wohl auch schon anderen ergangen – aber wir finden den einzigen freien Platz im Stadthafen. Die Stadt ist voll mit Touristen, es macht Spass dort einmal durch zu wandern. Von Nesebar wollen wir eigentlich direkt auf die türkische Seite fahren, die Zollstation ist jedoch „wegen Personalmangel“ nicht besetzt. Also fahren wir zum Ausklarieren nach Burgas. Da die Fahrt dorthin einige Stunden in Anspruch nimmt, bleiben wir dort über Nacht in der Marina. Es regnet den ganzen Nachmittag, damit haben wir vom Ort selbst nichts gesehen. Am Morgen dann der notwendige Papierkrieg, bei dem das Wichtigste unser runder Bootsstempel ist , endlich kommt der auch einmal zum offiziellen Einsatz.

Es ist herbstlich sonnig und die Fahrt nach Iğneada in der Türkei verläuft ruhig. Vor dem Ort eine Riesenarmada von grossen und kleineren Fischerbooten, im Hafen ist reger Betrieb bis Mitternacht. Wir ankern etwas abseits im Hafenbecken; einige Offizielle schauen vorbei und erkundigen sich, ob wir Probleme haben. Von Iğneada sind es dann noch 68 Meilen bis zur Einfahrt in den Bosporus. Nach den Wettervorhersagen hätte es keinerlei Probleme geben sollen, aber nach 2 Stunden Fahrt bei Windstille treffen wir auf 4 – 5 m Dünung bei mässigem Wind. Da wir noch bei Tageslicht ankommen wollen, halten wir unsere Reisegeschwindigkeit mit ca. 8 Knoten und werden 6 Stunden lang wie in einer Waschmaschine hin und her geschleudert. Wasser von allen Seiten, der niedrig sitzende Bilgealarm meldet sich und der Kapitaän hängt deswegen im rollenden Boot noch laufend an der Handpumpe. Vor dem Bosporus dann eine Unmenge von Schiffen auf Reede. Wir gehen in den Hafen Poyraz und dort nach drei misslungenen Ankerversuchen – starker Bewuchs und der Anker hält nicht – schliesslich mal wieder zu den Fischerbooten an den Kai. Den Abend verbringen wir mit Aufräumen, Trocknen und wundern uns immer noch über diese Fahrt. Im Navtex wird für das Schwarze Meer Starkwindwarnung für den nächsten Tag gegeben.

26.9. und letzter Fahrtag. Keine Warnungen für den Bosporus und das Marmarameer, leicht bewölkt. Wir telefonieren mit unseren türkischen Freunden und machen uns gegen 10:00 auf den Weg. Vor uns liegen drei Stunden Fahrt, die wir auf dem Bosporus mit seinen phantastischen Anblicken geniessen möchten. Beim Ausfahren aus dem Hafen treffen wir gleich auf die kräftige Dünung des Schwarzen Meeres, die sich aber kurz danach ausläuft. Die Sonne kommt heraus, alles läuft ruhig und gemütlich bis wir zur ersten (alten) Brücke kommen. Der Himmel zieht mit schwarzen Wolken zu, der Wind vom Marmarameer her verstärkt sich und wieder sind wir in einer Hexenküche. Wir drehen nach Süden ab Richtung Marina und haben den Wind nun voll seitlich; da hilft nur noch Geschwindigkeit runter. Von der Marina kommt ein Boot entgegen, das uns den sicheren Weg in die enge Einfahrt in den Hafen zeigt; mit Geschwingigkeit durch und unsere Reise von Finnland nach Istanbul ist am Ziel angekommen. Der Marmarasturm dauerte 4 Stunden, verursachte viel Schaden an Land und kostete einem Minaret und einem darunter gebliebenem Mann das Leben. Wir sind inzwischen sicher bei Freunden, die nächsten Wochen vergehen mit dem Vorbereiten des Bootes für das Überwintern. Die Reise dauerte 4,5 Monate einschliesslich 4 Wochen teils geplanten, teils überraschenden Pausen. In 500 Fahrstunden wurden 3400 Meilen zurück gelegt.
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