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Törnberichte Wie der Name schon sagt. Keine Antwortmöglichkeit!

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Alt 23.01.2004, 01:43
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Standard Überführungstörn von Kiel nach Bremerhaven

Kanalfahrt mit Hindernissen

es hörte sich verlockend an, das Angebot eine 9m Stahlyacht von Kiel nach Datteln zu überführen. Die Kanäle wollte ich ja immer schon mal befahren. Leider reicht meine Zeit nicht für die ganze Strecke, ich sage aber zu bis Bremerhaven mitzufahren. Das die beiden neuen Eigner dieses Bootes nicht viel Ahnung hatten vom Bootfahren störte mich nicht so, jeder hat ja mal angefangen. Deshalb sollte ich ja mit, auf der Fahrt wollten sie dann lernen wie man mit dem Boot umgeht. Das die beiden aber außer den Fahrstunden beim Sportbootschein wirklich überhaupt keine Erfahrungen mit Booten hatten stellte sich dann aber erst am Abfahrtstag heraus.
Am Montag saß ich ab Mittags auf gepackten Sachen und wartete auf den Anruf das ich mich auf den Weg zur Autobahn machen könnte, wo man mich dann an der Ausfahrt einsammeln würde. Es kam kein Anruf, Um 15Uhr erreichte ich dann endlich jemanden um zu erfahren das sie immer noch irgendwo bei Münster wären. Um 20Uhr waren sie dann endlich da, den Wagen bis zum Dach vollgepackt mit Dingen die man wohl auf so einer Überführungsfahrt NICHT braucht: 1 Saxophon, 1 Accordeon, 1 komplette Angelausrüstung! Beim Anblick der Musikinstrumente dachte ich noch das die Fahrt wenigstens nicht langweilig wird mit ein wenig Musik - leider stellte sich heraus das keiner der beiden etwas auf seinem Instrument spielen konnte, wirklich nichts! Aber an einen Werkzeugkoffer, wirklich wichtig, hatten sie nicht gedacht!

Der Mast war ja vom Vorbesitzer schon gelegt worden und mit Holzböcken auf Deck gesichert worden, die Maschine machte auch einen guten Eindruck auch wenn 15PS aus 700ccm für ein 5,5 Tonnen schweres Boot nicht gerade viel sind. Auch das sich, außer einem Hammer, einem Engländer und einem Schraubendreher, kein Werkzeug an Bord befand schien die beiden neuen Eigner nicht sehr zu stören. Ich habe mir erst mal alle Schaps, Backskisten und sonstigen Stauräume angesehen und deren Inhalt begutachtet, man sollte schließlich wissen was an welchem Platz liegt auf einem Boot. Das war meiner "Crew" allerdings ziemlich egal.

Etwas bedenken hatte ich bei der Begutachtung der Elektrischen Anlage, ein Hauptschalter war ja vorhanden aber es ließ sich nichts abschalten damit, Hauptschalter auf 0 - alle Verbraucher sind weiterhin an! Nach einer Weile kam ich dann dahinter das ALLE Verbraucher direkt an die Batterien angeschlossen waren, die Selbststeuerungsanlage hatte noch nicht einmal einen Schalter, sie war IMMER an! Der Hauptschalter war nur dazu da den Ladestrom auf die beiden Batterien zu verteilen, eine Batterie voll - also umschalten auf Batterie zwei. Da wir ja aber ausschließlich unter Motor fahren würden und die Batterien dadurch immer gut geladen werden machte ich mir darüber erstmal nicht so große Gedanken.

Am Dienstag Nachmittag war es dann soweit, alle Instrumentenkoffer, Kleidung und Lebensmittel, die beiden hatten tatsächlich ausschließlich Dosen eingekauft - Erbsensuppe, Linseneintopf, Sauerkrauttopf und Dosen mit Gulasch und Nudeln waren verstaut und es konnte losgehen. Ich "freute" mich schon auf diese "abwechslungsreiche" und "Leichte Kost", bei den Sommerlichen Temperaturen die wir im letzten Jahr hatten bekommt man so richtig Appetit wenn man bei 28°C mal wieder einen deftigen Eintopf serviert bekommt.

Aber erst mal mussten die wichtigsten Knoten geübt werden und den beiden musste erklärt werden wofür die verschiedenen Festmacher sind und wie sie heißen.
Beim herausfahren aus dem Yachthafen von Schilksee hatten wir dann auch schon die ersten "heiklen" Momente - es war Kieler Woche und gerade in dem Moment wo wir ablegten kam eine ganze Armada von Folkebooten in den Hafen, alle unter Segel und wir mit unserem gelegten Mast der vorne und hinten jeweils fast 2m überstand mittendrin.

Die Schleuse war eigentlich kein Problem, vor- und Achterleine wurden auf dem Schwimmschlengel im Schleusenbecken auf slip genommen, das man die Leinen danach auch dichtholt und belegt hatte ich als selbstverständlich vorausgesetzt, - ein Fehler von mir den das Toplicht des gelegten Mastes zu spüren bekam. Außer der Glühlampe ist aber alles heil geblieben.
In Rendsburg wollten wir dann übernachten, jeder Hafen und jede Mole auf dem Weg nach Rendsburg wurde dann zum an- und ablegen üben genutzt. Rein in den Hafen einen Liegeplatz ausgesucht, alle Leinen und Fender klarmachen, anlegen, ablegen und gleich wieder raus aus dem Hafen.
Am nächsten Morgen kamen die beiden dann nicht in gang, ich bin um halb neun zum Duschen gegangen und dann mit einem geliehenen Fahrrad zum Brötchen holen gefahren. Hab mir schon viel Zeit gelassen dabei, 1 Stunde später kam ich wieder an Bord, außer das sie einen Kaffee gekocht hatten (für mich war aber leider KEINER mehr in der Kanne) war noch nichts passiert - kein Abwasch gemacht, kein Frühstück vorbereitet nichts aufgeräumt unter Deck.
Ich bin zuhause ja auch nicht gerade der ordentlichste, an Bord ist das aber anders, wahrscheinlich auch nur Faulheit von mir weil ich keine Lust habe alles wieder wegzuräumen wenn beim Segeln alles aus den Schränken fliegt und sich auf dem Boden verteilt. Aber was die beiden unter Deck für ein Chaos anrichten konnten war erstaunlich: die Musikinstrumente wurden ausgepackt um zu üben, zehn Minuten später wollte einer Angeln und zusätzlich lagen dann überall Haken, Schwimmer, kleine Bleikugeln etc. herum, auf dem Kajütenboden flogen auch noch leere Wasserflaschen, Pullover, Sonnencreme, Schuhe Notenblätter und anderer Kleinkram herum, es störte sie nicht! Ich wusste ja das ich nur ein paar Tage an Bord bleiben würde, also hab ich mir nur meinen Teil dazu gedacht, solange abends meine Koje wieder freigeräumt ist war's mir egal. Ich bin an Deck geblieben und habe meinen Mund gehalten.

Abends waren wir in Brunsbüttel, am nächsten Tag war ausschlafen angesagt weil wir eh erst um 12.30 Uhr mit Hochwasser von Brunsbüttel nach Otterndorf auslaufen konnten.
Ich hatte ablegen auf 11.00 Uhr angesetzt weil ich vor dem Schleusen noch zur Bunkerstation wollte. Auf die Frage warum denn dann schon um 11 Uhr abgelegt werden muss wenn die Bunkerstation nur 100m entfernt ist, sagte ich den beiden, daß wenn ich 12.00 Uhr gesagt hätte sie sich wieder soviel Zeit gelassen hätten das ein ablegen erst um 13 Uhr möglich gewesen wäre, so hätte ich noch eine Stunde Reserve in der sie fertig werden könnten. Ich glaube sie haben den Wink verstanden.

Die Elbe empfing uns mit schwachem Wind und der Ebbstrom schob uns stetig Richtung Otterndorf. Ich bin vorher noch nie dort gewesen und so holte ich mir die Elbkarte von unten an Deck die ja extra für diesen Törn von den beiden angeschafft worden war. Als ich die Karte genauer studierte, es war übrigens die Berufsschiffahrts-Ausgabe mit den Maßen einer Mittelgroßen Fock, mußte ich feststellen das Otterndorf etwa fünf Zentimeter hinter dem Rand auf der nächsten Karte war. Leider war die Anschlußkarte aber nicht an Bord, wir hatten also keinen Detailplan von der Ansteuerung und der Fahrrinne. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch es wäre kein Problem diesen Hafen auch ohne eine Karte anzulaufen, es kann doch nicht so schwer sein diesen Hafen zu finden. Wie schon erwähnt war ich vorher noch nie dort und wußte nicht das nur eine gaaanz schmale Rinne, die nur auf einer Seite von Pricken begrenzt wird, in den Hafen führt. Die Einfahrt ist, von See kommend, erst spät zu erkennen. Und so passierte es das wir unsere Geschwindigkeit wohl etwas unterschätzt haben und dann während des Frühstücks im Cockpit an Otterndorf vorbeifuhren ohne es zu merken.
Als wir unseren Fehler bemerkten war es zu spät zum umkehren, die schwache Maschine wäre gegen die Strömung nur sehr langsam vorangekommen, so fuhren wir dann gleich weiter bis Cuxhaven und machten im Sportboothafen fest. In der Stadt war keine einzelne Karte zu bekommen, einen ganzen Satz Elbkarten wollten wir dann ja auch nicht kaufen. Im Hafen lieh ich mir dann vom Bootsnachbarn einen Elbatlas und schrieb mir die wichtigsten Einzelheiten für die Ansteuerung daraus ab. Als ich ihm die Karten wieder zurückbrachte gab er unter schmunzeln zu, das er auch schon mal an Otterndorf vorbeigefahren wäre als er die Gegend noch nicht so gut kannte.
Mit der nächsten Flut liefen wir wieder aus und legten nach kurzer Zeit, rechtzeitig zum Sonnenuntergang, in Otterndorf an einem Schwimmsteg an.

Wir hatten uns abends noch erkundigt wann die Schleuse in den Elbe-Weser Schiffahrtsweg öffnet und freuten uns das wir uns am nächsten Morgen nicht beeilen mussten und ausschlafen konnten. Am nächsten Morgen wurde ich um 6.15Uhr durch ein Klopfen geweckt, erst dachte ich es wäre der Hafenmeister, es war aber der ältere Herr von dem Stahlboot hinter uns. Er Bat mich unser Bot zwei Meter nach vorn zu verholen weil er seinen gelegten Mast setzen müsse und zu wenig Platz hätte. Ich dachte noch das man sich in Tidengewässern wohl nicht immer aussuchen könnte wann man ausläuft und unser Nachbar deshalb schon so früh auf den Beinen wäre. Ich also nur mit T-Shirt und Unterhose bekleidet auf den Steg und mache unsere Leinen los um das Boot etwas nach vorne zu verholen, etwas an der Vorleine gezogen, nichts passiert, ich ziehe etwas stärker und dann mit aller kraft, dann sehe ich auch schon das der Wasserpass etwa 15cm über der Wasserlinie liegt und anscheinend der Kiel im Hafenschlick feststeckt. Mit enormer Anstrengung gelingt es mir das Boot etwa 30cm nach vorn zu verholen, anscheinend reicht unserem Nachbarn dieser Platzgewinn aus, denn er ist schon mit dem Jütbaum beschäftigt. Ich nehme an er möchte mit dem auflaufendem Wasser in 1 Std. auslaufen und erkundige mich danach. "Nein, wir bleiben heute noch hier, fahren morgen weiter Richtung Hamburg" -- Ich merke wie sich mir die Nackenhaare sträuben, wenn er sowieso den Tag hier bleibt, warum mußte ich dann mitten in der Nacht aufstehen und 5 Tonnen Stahl nur Mit Muskelkraft durch den Hafenschlick ziehen? Mit einem Fluch auf alle Frühaufstehenden Rentner verschwinde ich wieder in meiner Koje und versuche den Ärger zu vergessen.

Die Schleuse in Otterndorf in den Kanal ist schon was Besonderes, man muss durch einen Tunnel Fahren um in die Schleuse zu kommen. Das geht aber nur bei einem bestimmten Wasserstand, sonst ist der Tunnel zu niedrig. Der Schleusenmeister erzählt uns dann auch von einer Motoryacht die bei auflaufendem Wasser in den Tunnel gefahren ist und in der Mitte stecken blieb, nur mit Schwierigkeiten und erheblichen Beschädigungen ist das Boot wieder freigekommen.

Die Kanalfahrt verlief dann ohne größere Schwierigkeiten, mal davon abgesehen das wir uns in einer Kurve festfuhren, als Ostseefahrer hatte ich ja keine Ahnung das man auf Kanälen die Außenseite der Biegungen benutzt weil die Innenseite oft durch Ablagerungen versandet ist. Der Kanal ist aber wirklich sehr schön, wenn man plattes Land und Wiesen mag.
Am Abend machten wir dann an einer kleinen Steganlage direkt vor der Schleuse fest. Wir gingen abends noch in die Stadt, etwas essen, endlich wieder etwas leckeres, einen Döner.
Eine Woche später hörte ich das die beiden tatsächlich in Datteln angekommen sind, ohne größere Havarie. Jetzt soll das Boot noch überholt werden und dann soll es für 6 Monate über die Französischen Kanäle bis ins Mittelmeer gehen.
Ich wünsche beiden viel Glück bei ihrem Vorhaben.
Jan
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