Unzuverlässigkeit von Autopiloten auf Booten und die Folgen

[Segelmatt]

Zitat von schwinge

Hoi, wer ist da "man"?

Jede und jeder, die oder der einen AP hat, die Anleitung gelesen (und verstanden) hat und schon mal mehr als 100m damit gefahren ist. Ansonsten verweise ich auf Fraenkies Beitrag.

Grüße

Matthias.

[schwinge]

Tja - so richtig mehr verrät aber auch Fraenkis Beitrag nicht.

Es gibt z.B. in Lemmer einen großen Vercharterer von Segelyachten. Wenn dort eine Segelyacht gechartert wird geht das ohne die "Lappen" die man so hat vorzuzeigen.

Einweisung gibbet nur wenn ausdrücklich gewünscht. Ja, Handbücher sind in Kopie alle vorhanden - nur ganz ehrlich wer zieht sich die alle vor Törnbeginn rein? Wenn ich also die Einweisung wünsche, dann wird, vermutlich nur wenn ich danach Frage, der Autopilot abei kurz erklärt. Das war es.

Will damit ja nur sagen, dass Fehlverhalten menschlich sind und auch Hein Seemann nicht alles was er wissen sollte auch weiß - oder wieder vergißt. Gleichwohl schützt ihn das nicht vor evtl. Folgen.

In sofern bin ich froh über diesen Thread - und den BSU-Bericht werde ich Verein rundreichen.

Gruß, Rainer

[justme]

Moin moin,

Zitat von Segelmatt

Es handelt sich natürlich um teils tragische Unfälle, aber zumindest der Vorfall mit dem wunderschönen Motorboot in Hamburg erscheint mir etwas dubios. Ich fahre nun wirklich viel mit Autopilot (Simrad AP44 VRF), auch und gerade auf Kanälen und Flüssen, sitze dabei aber am Steuer und kann über die Tasten und Regler unmittelbar eingreifen. Jetzt kann das bei Raymarine ja anders sein, aber:

• Händisches Eingreifen, also am Steuerrad drehen, geht immer und "überstimmt" den AP
• ausschalten lässt sich der AP nicht, der hängt im NMEA-Netz, da kann man also auch keine "Sicherung" einbauen
• Einfrieren der Software ist nirgends beschrieben. So gründlich, wie das BSU sonst arbeitet, haben die bei Raymarine niemand an die Strippe bekommen?

in der Absolutheit kann man das allerdings auch nicht sagen:
-wenn auf dem Boot als AP-Antrieb ein Linearantrieb verbaut war kannst Du gerne mal versuchen, am Steuerrad zu drehen - da dreht sich, solange der eingekuppelt ist überhaupt nichts. Passt auch zu der expliziten Erwähnung in dem BSU-Bericht "Der Autopilot griff direkt auf den Ruderstock zu. Das Steuerrad (inkl. Übersetzungssystemen) war bei aktivem Autopiloten außer Kraft und konnte auch nicht bewegt werden."

-gerade in solchen Fällen ist ein Notschalter, der sowohl den AP-Rechner, insbesondere aber vor allem den kompletten Antrieb (Motor UND Kupplung) stromlos schaltet essentiell wichtig (die Kupplungen in Linearantrieben sind stromlos offen), weil man sonst keine Möglichkeit hat, einen nicht wie gewünscht reagierenden AP schnell zu überstimmen. Das scheint auch das gewesen zu sein, was der Unglückskapitän versucht hat, was ihm allerdings, da er nur die Hauptsicherung im Sicherungskasten zur Verfügung hatte nicht mehr gelungen ist.

-das 'Einfrieren der Software' IST die Aussage von Raymarine "Dem Eigner der Yacht sei vom Hersteller mitgeteilt worden, dass der Autopilot softwareseitig „eingefroren“ wäre, der Grund hierfür jedoch nicht hätte geklärt werden können.", nur nicht dem BSU direkt gegenüber. Die ermittelnde WSP-Behörde stand allerdings durchaus direkt in Kontakt mit Raymarine.

Ich kann allerdings auch nicht verstehen, warum der Kollege überhaupt in dieser Situation den AP aktiviert hat, statt kurz in den Leerlauf zu gehen um sein Handy aufzuheben oder jemanden zu bitten, kurz das Ruder zu übernehmen...

lg, justme

[Totti-Amun]

Zitat von justme

-gerade in solchen Fällen ist ein Notschalter, der sowohl den AP-Rechner, insbesondere aber vor allem den kompletten Antrieb (Motor UND Kupplung) stromlos schaltet essentiell wichtig (die Kupplungen in Linearantrieben sind stromlos offen), weil man sonst keine Möglichkeit hat, einen nicht wie gewünscht reagierenden AP schnell zu überstimmen. Das scheint auch das gewesen zu sein, was der Unglückskapitän versucht hat, was ihm allerdings, da er nur die Hauptsicherung im Sicherungskasten zur Verfügung hatte nicht mehr gelungen ist.

Das ist sicherlich auch bei den meisten Booten ein generelles Verkabelungsproblem. Zumindest, wenn man vorhandene Punkte nutzt.
Bzw., man muss zusätzliche Leitungen ziehen durchs halbe Boot. Ich habe ja Strom bereits am Ruder wegen der Ruderlageanzeige. Mein Plan war natürlich zunächst, auf die Leitung auch die Hydraulikpumpe zu legen.
Möglicherweise nicht die beste Idee, bzw. muss ich den Schalter halt davor setzen, der dann das Display und diese Leitung schaltet.
Fällt halt die Ruderlageanzeige mit aus...

Warum er nicht einfach den Gashebel zurück gezogen hat und die fahrt rausgenommen hat, bleibt tatsächlich das Geheimnis.

Auf jeden Fall hat mich der Bericht doch etwas aufgeschreckt.

Gruß

Totti

[Tinduck]

Zitat von zooom

...und zumindest in erster Instanz gewonnen, weil der Hersteller (Winnebago) nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß Cruise Control eben nicht dazu ermächtigt den Fahrersitz zu verlassen. Dem Kunden wurden irgendwas von über 1,78Mio US$ zugesprochen. Wie es sich weiter entwickelt hat, weiß ich nicht.
Der Fall war Preisträger des jährlichen "Stella" awards (die Dame, die von McDonalds insgesamt 780.000 US$ erstritten hat, wegen zu heißem Kaffee).

Sorry, aber beim Nachlesen habe ich festgestellt, daß die Geschichte urban legend ist, nett ausgedacht, aber erlogen.

Geht ja gar nicht darum, was wirklich war, sondern um das Mindset dazu.

Ein Autopilot, der nur dafür da ist, stur eine Richtung zu halten (oder vielleicht sogar ein Wegpunkte-Netz abzufahren), darf natürlich nicht unbeaufsichtigt betrieben werden, weil er weder den Schwimmer im Wasser noch das vorfahrtberechtigte Segelboot noch die Uferböschung kommen sieht.

Dass man darauf überhaupt hinweisen muss...

bis denn,

Uwe

[Segelmatt]

Zitat von justme

"Dem Eigner der Yacht sei vom Hersteller mitgeteilt worden, dass der Autopilot softwareseitig „eingefroren“ wäre, der Grund hierfür jedoch nicht hätte geklärt werden können."

Und genau hier sind mir persönlich zu viele hättes und wäres. Ich traue der Darstellung des Skippers einfach nicht. Ein solcher Vorfall, und keine Release Notes oder ähnliches von Raymarine?

Grüße

Matthias.

[blondini]

Hi!

Es gibt selten Unfälle, die auf "höhere Gewalt" zurückzuführen sind. Wenn man lange genug nachdenkt, findet man immer einen menschlichen Fehler, der möglicherweise nachsichtig bewertet werden kann.

Die viel größere Unfallursache ist menschliche Dummheit, Ignoranz und Überheblichkeit, womit natürlich die Leute aus den Unfallberichten taktvollerweise nicht gemeint sind.

P.S.: Wieviele runtergefallene Handys waren schon die echte oder vermeintliche Ursache oder Ausrede nach Unfällen???

P.S. 2: Man sollte immer seinem Schutzengel noch etwas Platz zum arbeiten lassen, ist mir auch schon zu Gute gekommen.

[Federball]

Zitat von Tinduck

.....Ein Autopilot, der nur dafür da ist, stur eine Richtung zu halten (oder vielleicht sogar ein Wegpunkte-Netz abzufahren), darf natürlich nicht unbeaufsichtigt betrieben werden, weil er weder den Schwimmer im Wasser noch das vorfahrtberechtigte Segelboot noch die Uferböschung kommen sieht......

Genau DAS habe ich gemacht : nachts in der Plicht neben dem Autopiloten + versucht, wach zu bleiben, tagsüber auf den Plichtpolstern (natürlich auch mit Lifebelt) gedöst + eingeschlafen. Mit Kurzzeitwecker wachgerüttelt => Rundumsicht : kein Schwimmer, kein Segelboot + nicht 1 Schiff. Ufer gabs sowieso nicht. Zahlenwimpe "1" an Bb : Alles problemlos.
Grüße, Reinhard

[schwinge]

Auf der MS Praunheim wurde sogar (in der kurzen Zeit, in der ich das Vergnügen auf Ihr hatte) Nachts der Autopolot ausgesschaltet und per Hand gesteuert. Und das trotz "gehörigem Ausguck".

Verstanden hat das damals wohl auser dem "Alten" so richtig niemand.

[Robert67]

Zitat von schwinge

Auf der MS Praunheim wurde sogar (in der kurzen Zeit, in der ich das Vergnügen auf Ihr hatte) Nachts der Autopolot ausgesschaltet und per Hand gesteuert. Und das trotz "gehörigem Ausguck".

Verstanden hat das damals wohl auser dem "Alten" so richtig niemand.

Sollte das Einschlafen verhindern

[schwinge]

Bei 3 Mann auf der Brücke?

[trockenangler]

Zitat von schwinge

Bei 3 Mann auf der Brücke?

18...20...weg
Skat...

[Libertad]

Zitat von schwinge

Bei 3 Mann auf der Brücke?

Auf welcher Brücke sind denn heute noch 3 Mann?

[schwinge]

Hab ja nicht von heute geschrieben, war 1970

[Federball]

Zitat von Libertad

Auf welcher Brücke sind denn heute noch 3 Mann?

CVN- 70 ?
Grüße, Reinhard

[Libertad]

Da spielen Personalkosten auch nicht die erste Rolle

[Totti-Amun]

Zitat von Libertad

Auf welcher Brücke sind denn heute noch 3 Mann?

Auf jedem (Berufs-) Schiff, nehme ich sicher an.
IO, wenn nicht noch der Kommandant, Nav, Rudergänger.
Bei einem Fischer eher nicht, aber ansonsten ziemlich sicher.

Gruß

Totti

[schwinge]

Da täuscht Du Dich.

Schon zu meiner Zeit war tagsüber nur der Wachhabende Offizier auf der Brücke - der Rest hat Rost geklopft oder mit dem Farbeimer unterwegs etc.

bis denne, Rainer

[justme]

Moin moin,

Zitat von Totti-Amun

Auf jedem (Berufs-) Schiff, nehme ich sicher an.
IO, wenn nicht noch der Kommandant, Nav, Rudergänger.
Bei einem Fischer eher nicht, aber ansonsten ziemlich sicher.

Gruß

Totti

ich wage mal leise Zweifel anzumelden - sonst würde nicht z.B. in der See-BV explizit für den Kapitän NK100 die Befähigung zum Ein-Mann-Fahr- und Wachbetrieb als Ausbildungsziel erwähnt werden. Zumindest auf dem typischen Feeder etc. kann ich mir gut vorstellen, daß da zumindest zeitweise nur noch ein Mensch auf der Brücke steht...

lg, justme

[Tinduck]

Zitat von Federball

Genau DAS habe ich gemacht : nachts in der Plicht neben dem Autopiloten + versucht, wach zu bleiben, tagsüber auf den Plichtpolstern (natürlich auch mit Lifebelt) gedöst + eingeschlafen. Mit Kurzzeitwecker wachgerüttelt => Rundumsicht : kein Schwimmer, kein Segelboot + nicht 1 Schiff. Ufer gabs sowieso nicht. Zahlenwimpe "1" an Bb : Alles problemlos.
Grüße, Reinhard

Mitten auf dem Ozean liegt der Fall vielleicht ein wenig anders als in Küstennähe oder gar binnen... wobei man sich dann halt nicht beschweren darf, wenn man auf nen verlorenen Container o. ä. aufbrummt.

bis denn,

Uwe

[Totti-Amun]

Zitat von justme

Moin moin,



ich wage mal leise Zweifel anzumelden - sonst würde nicht z.B. in der See-BV explizit für den Kapitän NK100 die Befähigung zum Ein-Mann-Fahr- und Wachbetrieb als Ausbildungsziel erwähnt werden. Zumindest auf dem typischen Feeder etc. kann ich mir gut vorstellen, daß da zumindest zeitweise nur noch ein Mensch auf der Brücke steht...

lg, justme

Und das auch küstennah? Respekt.
Ich bin mehrfach nachts durch die Belte und da stand ich als Nav durchaus unter Strom.
Ich will mir nicht vorstellen, wie das anders mit der gebotenen Sorgfaltspflicht funktionieren kann und soll.
Aber vielleicht auch der Grund für die Havarien. Gerade wie zuletzt bei Helgoland, dann spricht das ja Bände (leider auch eines der völlig unnötig gesperrten Themen des Forums).

Grüße

Totti