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Kein Boot Hier kann man allgemeinen Small Talk halten. Es muß ja nicht immer um Boote gehen. |
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Themen-Optionen |
#1
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Das Handwerk, heutzutage...
Moin zusammen
Ich würd gerne mal eure Meinung hören. Und zwar zum Thema Handwerk... Viele von uns sind ja Handwerker. Ich auch. Bootsspezifischer. Und ich hab ganz allgemein den Eindruck, dass das Handwerk, welches ich gelernt habe, am aussterben ist. Ich seh die neuen Ausgelernten und denk' mir, meine Fresse... Können se nix oder wollen se nix können? Aber tu ich ihnen unrecht? Oder ist handwerkliches Können heutzutage nicht mehr gefragt oder schwerer vermittelbar? Oder haben sich die Masstäbe verändert? Ich sehs aber auch bei den Schreinern oder anderen, und meine eine verschlechterung des Handwerks im besonderen und des Könnens im allgemeinen zu bemerken... Und dann ist da noch der Spruch: "Handwerk hat goldenen Boden" Ist dem noch so, heutzutage? Wie seit ihr aufgestellt, so als "Handwerker"? Lg, Alex
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#2
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Hallo Alex,
bestätige Deine Aussage zu 100%. Kommme aus dem Holzverarbeitenden Handwerk. Der "goldene Boden" ist das Wissen, welches man sich angeeignet hat. Nur bezahlen will einem die Investitionen und das Know How nicht mehr.
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Viele Grüße Frank ------------------ Ein Boot - mehr als auf dem Wasser fahren. https://www.boote-forum.de/showthread.php?t=256388
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#3
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Hallo Alex,
Du hast mit deiner Beschreibung schon recht. Bedenke jedoch das die Azubis von heute Ganz anders aufwachsen als Wir.(Ü 50 ) Ich zB. Musste als Jugendlicher zuhause mit Anpacken und wußte schon vor meiner Lehre als Maschinen Schlösser mit meinen Händen umzugehen. Für Mich war es selbverständlich mal so , am Wochenende s, Mopped zu zerlegen oder Auch später an den ersten Autos rumzuschrauben. Aber die Jungs u. Mädels von heut werden noch. Zum Handwerk u. Goldener Boden. Sollte die Entwicklung Fachkräfte Mängel so weiter gehen, dann müssen die Löhner Zwangsläufig steigen. Das heißt der Goldenen Boden könnte für gute Leute kommen. Gruß Wolle
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#4
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Hallo frabo, hallo Wolle...
Danke für die Antworten Ich möchte mit den jungen Leuten ja auch nicht zu hart ins Gericht gehen. Unter anderem wegen dieser Fragestellung wurde z.b. der Beruf des Bootbauers in der Schweiz vor 20 Jahren in den Bootsfachwart und den des Bootbauers 2-geteilt. Ich denke, der "Verfall der guten Sitten" im Handwerk ist allgemein bekannt und beklagt, jedoch gibt es immer wieder diese Stimmen wie von Dir, Wolle, wo du sagst, die Zeit der guten Leute kommt wieder... Ich würde gerne daran glauben und darauf hinarbeiten, das ist mitunter ein Grund für diesen trööt.
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#5
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Hallo an alle mitleser.....
Auch ich bin im Handwerk unterwegs.....und bilde im Augenblick 2 azubis aus.....im gleichen lehrjahr.....und nebenbei .....weil mir langweilig ist.....bei den Prüfungen der Lehrlinge dabei...... Und muss sagen.....die Zeiten haben sich geändert.....und zwar drastisch. Für mich früher War ich stolz und ängstlich zugleich zur Prüfung zu gehen.....gelernt geübt ohne ende....weil das Ziel war....Gesellenbrief zu erhalten.....und heute??? Wenn ich frage wohin eure Berichte?.....Antwort :hatte keine zeit.....Chillen am wochenende..... Wir müssen uns nicht über Nachwuchs im Handwerk beklagen.....es wird immer schwieriger jemanden zu finden, der bereit ist das aus zu führen..... Und nun rächt sich die Zeit wo jedermann nur nach dem preiswerten Handwerker gesucht hat....es war die ganze zeit der lohn sehr niedrig.....und nun fehlen Fachkräfte, und das ist derzeit auf die schnelle nicht auf zu holen..... Auch ich suche Fachkräfte. .....wieviel andere Kollegen auch.....
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Es Grüßt Uwe.K. aus U. Mir geht es gut....wenn ich besser klagen könnte wäre ich Rechtsanwalt geworden...
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#6
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Auch ich bin eurer Meinung. ABER schon zu der Zeit als ich Schlosser gelernt habe hörte ich jeden Tag:"Au mann oh mann, wie das nur endet, wenn du erst mal auf die Menschheit los gelassen wirst".
Natürlich gibt es immer weniger Handwerker, weil die Eltern, auch ich möchten, dass die eigenen Kinder es mal besser haben. Also darf ich mich auch nicht wundern, dass ich keine Leute für unsere Baustellen bekomme. Und ich würde fast drauf wetten, dass sich die Erde trotzdem weiter dreht. Gruß Hubert
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Mit Recht in die Zukunft
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#7
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Uwe so geht es Mir auch. Gute Leute sind ra und verdienen auch heute schon ganz gut.
Vor allen sehe Ich auf Baustellen fast keine Handwerker unter 35 -40. Dasheißt hier gibt es absehbar eine Überalterung. Ersetzt werden wir Handwerker vor allen in anspruchslosen Gewerken durch günstige Bulgaren u.s.w. Oftmals noch als Supller oder Scheinselbstige unterwegs. Aber auch hier sehe Ich mittlerweile das sich Qualität und Zuverlässigkeit durchsetzt. Im Verhältnis zu vor 2-3 Jahren wo nur der Preis zählte, hat hier bei den Kunden ein Umdenken eingesetzt. Gruß Wolle
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#8
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Interessante Diskussion wirklich.
Ich bin der Industrie angestellt und beauftrage das Handwerk - komme aber selbst aus dem selben. Muss wirklich sagen- eine sog. Berufsehre gibt es nicht mehr zumindest ab einer bestimmten grösse. Woher kommt das? Vielleicht weil wir alle auf das schnelle Cash und carry geschäft konditioniert wurden von kindesbeinen an. Jeder Betriebswirt und jede Bank wird Dir erzählen was Sie von idealisten hält die ihre raten nicht bezahlen. Jeder rechtsanwalt wird den guten Handwerker loben wenn er sachen nicht berechnet die er obendrauf als leistung gibt, wird ihn aber verklagen wenn eine schraube fehlt. Ist es nicht so, dass die Berufe mit juristischen und betriebswirtschaftlichenhintergrund genau diese idealistische und grundehrliche handwerkerhaltung mit füssen treten? Wohl dem der beides beherrscht- qualität - kundenverständnis und betriebswirtschaftlich solide grundlagen. |
#9
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Wenn ein Handwerker etwas kann, zahle ich als Auftraggeber auch bereitwillig den meist ziemlich horrenden Stundensatz, von dem ich als mittlere Führungskraft nur träumen kann.
Von daher hat Handwerk schon einen Goldenen Boden. Ohne euch geht es auch wirklich nicht qualitätvoll weiter. Wenn das Niveau aber abzusinken droht, so werden die Baumärkte aufgrund der vielen Heimwerker einen noch größeren Umsatz machen und sich überall immer fragwürdigere Verbastelungen der Sparfüchse ausbreiten. Bert
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#10
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Wir suchen auch Personal für die Werkstatt.
Bei Vorstellungen kommt entweder die Abteilung "Nicht die Hände schmutzig machen" oder welche die man noch 1-2 Jahre durchschleifen müsste weil sie einfach keine Ahnung haben. Ob vergessen oder nie gewusst ist dabei nicht ganz klar. Traurig
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#11
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Der Verrechnungssatz ist bei weitem nicht das was der Geselle an Stundenlohn erhält. Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, Berufsgenossenschaftssbeiträge, unproduktive Stunden, Gemeinkosten wie Büro, Büropersonal, Fahrzeuge mit allen Kosten, Urlaub des AN, Unternehmergewinn, Gebäudekosten/Mieteetc. Diese Liste kann man fortführen oder mal im internet nach Stundenverrechnungssatz googeln.
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#12
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Machen wir doch mal ein Vergleich zwischen damals und heute
Damals als Kind / Jugendlicher brauchten wir nur einen Fußball ein Taschenmesser, Fahrrad, und wenn wir ganz viel Glück hatten durften wir eins von denn drei Fernsehprogrammen ansehen wobei die Eltern bestimmt hatten was man sehen durfte. Egal ob es geregnet geschneit oder sonst was wir waren draußen und was wir hatten waren Freunde. Fahrrad kaputt, "Papa" darf ich mal dein Werkzeug haben ? Antwort, was willst du damit und wenn du fertig bist mache es sauber und lege es dort hin wo es her kam Bei der Mofa ging es weiter nur das man dann zu Weihnachten Werkzeug geschenkt bekam Ich könnte std. so weiterschreiben Und heute. Wo sind die Kinder / Jugendlichen ? Sie sitzen vor der Glotze, Computer und das beste ist sie unterhalten sich per Messenger auch wenn der gegenüber direkt daneben sitzt. Handwerkliches Geschick = 0 Ein wenig Werken ist der Schule am besten noch mit Balsaholz damit es nicht zu Anstrengend ist. Vorstellung: in meiner Zeit, hoffentlich bekommste eine Lehrstelle Vorstellung heute, denke ich mal bis auf Ausnahmen, wird schon irgendwie klappen oder ich gehe weiter zur Schule (was nicht verkehrt sein muss) Dazu kommt auch das Sie sich die Finger nicht mehr dreckig machen wollen. Das ist meine Meinung !!!!!
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Mit besten Grüßen Andreas
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#13
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Richtig, als kleiner angestellter Geselle wirst du im Handwerk nicht reich und ich denke, da liegt auch der Hase im Pfeffer. Alle wollen heute möglichst bequem reichlich Kohle schaufeln, was auch erforderlich ist um die stetig steigenden Kosten zu decken.
Ich habe damals Gas- Wasserinstallateur gelernt und kann ziemlich genau sagen, dass es doch schon recht knapp ist, mit dem Gehalt über die Runden zu kommen. Hinzu kommen die ganz normalen berufsbedingten körperlichen Gebrechen, die sich früher oder später bemerkbar machen. Ich kann es nachvollziehen, dass man da eher schwer Nachwuchs findet. Dies sagt nun natürlich nichts über die Qualität des heutigen jungen Handwerkers aus, die Ausführungen oben treffen den Nagel jedoch schon ziemlich exakt auf den Kopf. Es geht da eher Berg ab, mit dem Anspruch und den Fähigkeiten. Grüße Daniel
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#14
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Wenn PISA verlangt, dass statt früher 10 % heute mindestens 50 % eines Jahrganges Abitur machen und die akademische Laufbahn einschlagen sollen, dann fehlen nun einmal Interessenten für Handwerksberufe. Dafür brauche ich weder Integral- noch Differentialrechnung. Ich kenne einige Handwerker, Gesellen, Meister, Chefs, alle sagen dasselbe: wir kriegen keine Leute. Keine Azubis, keine Helfer, keine Gesellen. Also müssen wir Aufträge ablehnen.
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#15
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Ach ja kleiner Nachtrag
Gelernter Stahlbauschlosser im Hochbau (Kran und Containerbrückenbau) Dann Maschinenbau mit Erfahrung (damals) in Luft und Hydraulik Bereich Dann in einer kleinen Werft gearbeitet Dann Marine und ab auf die Meere Umschulung (Netzwerktechnik) Heute im großen IT Unternehmen Also irgendwie alles mal Durchlebt
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Mit besten Grüßen Andreas
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#16
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Warum sollte heute noch irgendjemand Handwerker werden?
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Ciao Barracuda Der, der keine Zeit mehr hat |
#17
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Ich habe auch seit zwei Jahren einen Azubi an der Backe. Am ersten Tag erzählte er mir das er eigentlich Tischler werden wollte. Er hat eine (1)Bewerbung geschrieben und eine Absage bekommen. Dann er hat er aufgegeben. Seine Mutter hat ihn durch Vitamin B bei uns untergebracht. Also war mir am ersten Tag klar das er eh keine Lust hat.
Wir fangen auch nicht gerade sehr früh an zu arbeiten, 7:30Uhr ist Arbeitsbeginn. Die Tage an denen er pünktlich zu dieser Zeit da war kann ich auch an einer Hand abzählen. Begründung seinerseits: ich hab es nicht früher geschafft Sooo, nun der erste Arbeitstag im August 2014 nach dem 4ten Kunden um ca 9Uhr stand ich vor der Tür des nächsten Kunden nur ohne Azubi. Er meinte das er erstmal einen Pause machen müsste und diese ganz in Ruhe mit einer Kippe am Auto lehnend durch zog. Hallo?! Sowas hätte ich mich damals nie getraut! Diese ich nenn sie mal "leck mich am arsch" Einstellung zieht sich durch wie ein roter Faden. Theoretische Führerscheinprüfung 4x durchgefallen, Zwischenprüfung -> durchgefallen. Und es waren immer die anderen schuld. Technisches Verständnis auch gleich null. Wir fahren zur Tankstelle da ich den Luftdruck prüfen wollte. Also ich zu ihm, du drehst die Ventil Kappen ab, ich mach Luft rauf und du drehst sie wieder rauf. Okay, gesagt getan auf allen reifen Luft geprüft, ich häng den schlauch zurück setz mich ins Auto. Lehrling? Keine Spur von ihm Ich seh nach vorn und in alle Spiegel keiner zu sehen. Dann Steig ich aus geh um das Auto da hockt er vorn rechts und hält den Daumen auf das Ventil. Ich frag ihn was machst du denn da? Er sagt das Ventil ist kaputt da kommt Luft raus. Nun denke ich mir, wie lange wollte er da noch sitzen? Oder wollte er während der Fahrt weiter den Daumen drauf halten? Das sind Dinge die ich nicht verstehen kann was da in ihm so vorgeht. Selbständigkeit nicht vorhanden, nur ein & ausatmen schafft er alleine. Ich könnte noch unzählige Geschichten erzählen.... Ich zähle mich mit meinen 36 mal noch nicht zu denen, die noch nach der alten Schule erzogen worden sind. Aber ich war damals hinterher um Führerschein etc. alles zu bestehen und schnellstmöglich hinter mir zu bringen. Das kann ich bei teilen der heutigen Jugend nicht mehr erkennen. Wollen oder können sie nicht?!?
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Nicht nur kleine Kinder speist man mit Märchen ab...
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#18
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Zitat:
Der bekommt keine Lehrstelle...wir haben über 80 Bewerbungen abgeschickt im letzten Vierteljahr...wir haben noch nichtmal eine einzige Absage bekommen....und das kotzt mich MEGA an. So geht man nicht mit Jugendlichen um. Das Geheule (wir kriegen keine Leute) kann ich echt nicht mehr hören...wie soll ich den Burschen denn motivieren weiter zu machen, wenn den Personalern, selbst der Aufwand eine Standardemail zur Absage abzuschicken zu viel ist? Das spricht sich doch rum unter den Jugendlichen...
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Gruß, Jörg!
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#19
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Zitat:
Unternehmen ansehen, hingehen, fragen, Probearbeit, anfangen - Klinken putzen nannte man es früher. Wenn das Papier nicht das darstellt was man kann, muss man sich halt anders von der Masse abheben! Was will er denn werden? Ist er örtlich flexibel, Führerschein/Auto?
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mit sportlichem Gruß Hendrik __________________ (Stan 4 / Abt. FW)
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#20
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Ciao Barracuda Der, der keine Zeit mehr hat |
#21
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Erfahrungsgemäß steigt die Chance, einen brauchbaren Ausbildungsplatz (als Handwerker oder sonstwo in einem kleineren Betrieb) zu kriegen deutlich an, wenn man entgegen dem heutigen Zeitgeist mal nicht einfach nur eine Standard-Bewerbungsmail verschickt, sondern die Bewerbung in eine vernünftige Form bringt, jemanden drübergucken läßt, der schonmal einen Duden in der Hand gehabt hat, und dann persönlich loszieht und Klinken putzt. Das ist erhöhter Aufwand, klar. In etlichen Fällen wird man vielleicht schon an der Sekretärin hängen bleiben. Aber im Idealfall hat man dafür sofort eine Aussage, einen Gesprächstermin oder zumindest schon mal einen ersten Eindruck hinterlassen. Das Procedere wird bei großen Firmen eher nicht funktionieren, ist aber "im Handwerk" durchaus erfolgversprechend. Aus der Erfahrung der letzten dreißig Jahre heraus kann ich zumindest von mir sagen, daß ich einer persönlichen Initiativ-Bewerbung eher positiv gegenüberstehe, als nur einer Mappe mit nichtssagenden Schulnoten und einem leeren Lebenslauf. Egal, ob auf Papier oder per Mail. mfg Martin
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#22
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Hallo Alex,
ein wirklich sehr interessantes Thema. Ich glaube, wir hatten ja auch schon den einen oder anderen Schnack darüber als "Off Topic" Einstreu in anderen Trööts. Ich denke, dass Handwerk durchaus eine Zukunft hat. Die Frage ist nur, in welcher Form. Einerseits sehen wir, dass im Konsumverhalten der Gesellschaft ein gewisser Paradigmenwechsel stattfindet - mehr Individualität, mehr Regionalität - allerdings kann man derzeit noch kaum beantworten, wie viel davon nur Pseudo-Hype ist und wieviel davon wirklich langfristig übrig bleibt. Andererseits besteht in vielen Bereichen durchaus die Gefahr, dass die "grossen" diesen Trend für sich nützen und ihr Angebot entsprechend abstimmen. Um das mal am Beispiel der Regionalität aufzugreifen: obwohl dieser Trend besteht, habe ich hier in den ländlichen Regionen noch nicht erlebt, dass die guten alten Greissler (oder Tante Emma Läden) ein großes Comeback feiern. Stattdessen stehen halt in den Supermärkten irgendwelche Papptheken mit dem Aufdruck "Gutes aus der Region". Der Konsument schnappt sich also sein Glas Honig (mit wissentlich schief aufgeklebtem Etikett für den naturverbundenen Handwerk-Touch), geht mit dem gelben Plasticksackerl nach Hause und fühlt sich trendig genug. Der Imker aus der Nachbarortschaft hat davon allerdings nichts mitbekommen. Auch der Honig war nicht von ihm. Das Ganze kann man durchaus auch auf handwerkliche Bereich umlegen. Wird der Tischler die nächste Küche liefern, oder ist es dann doch der Möbeldiscounter, der seinen Kunden halt breitere Möglichkeiten an individueller Gestaltung bietet, als bislang? Und dann ist da natürlich noch das Nachwuchs-Problem. Ich war ja über Jahre hinweg durchaus intensiv mit dem Thema befasst - auch in den unterschiedlichsten Gremien der Lehrlingsausbildung. Eine bemerkenswerte Entwickung - speziell im KFZ Bereich - liegt z.B. darin, dass man mittlerweile durchaus differenziert ausbildet: Da gibt es die einen, deren Schicksal es sein wird, ein Leben lang Reifen umzustecken und Auspuffrohre runterzumergeln (im Einzelfall sogar mal einen Laptop an die OBD Buchse zu stecken) und dann gibt es noch eine kleine Zahl an "Spezialisten", die das nötige breite Sachverständnis haben, um auch schwierigere Fehlerdiagnosen zu bewerkstelligen. Die Notwendigkeit dieser Differenzierung ergibt sich wieder in hohem Maße dadurch, dass die Primärschulstufen heutzutage kaum verwertbares Rohmaterial für gehobenere Lehrausbildung in das System einbringen. Ich könnte sicher ganze Bücher über dieses Thema verfassen. Leider fehlt mir dazu die Zeit. Um's etwas abzukürzen: ja, ich glaube schon, dass Handwerk Zukunft hat. Ob diese lukrativ ist, wird im Einzelfall davon abhängen, welche Nischen man erobert. Darüber hinaus wird professionelles und gutes Marketing auch für den Klein- und Kleistunternehmer immer wichtiger, um am Markt erfolgreich zu agieren. Nicht vergessen: wir leben in einer Gesellschaft, der es viel mehr um den Schein, als um das Sein geht
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Cheers, Ingo
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#23
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Zitat:
Selbst nach zwei Wochen waren wir bei ihm noch unsicher, haben seine Mutter zum Gespräch dazu gebeten, einfach um nochmal ihre Einschätzung zum Spross zu hören. Sonst wissen wir oft schon nach ein paar Minuten Gespräch ob das was wird oder nicht. Heute wissen wir seine ruhige, umsichtige wenn ach manchmal lahme Art zu schätzen und werden ihn sicher vermissen, wenn er im Herbst geht.
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Grüße Mario www.arche-stendal.de www.facebook.com/arche.stendal/ Jack London: Die Aufgabe des Menschen ist zu Leben, nicht zu existieren. Ich verschwende meine Tage nicht mit dem Versuch sie zu verlängern, Ich nutze meine Zeit
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#24
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Moinsen
Wir leben in der Zeit des Hyperkonsums der Beliebigkeit und des Mittelmasses, wozu brauchts da noch Handwerk? Wer kann mit den Begriffen Wagner, Bötcher Schuhmacher, Müller, Ziegelbrenner, Drechseler, Stellmacher... inhaltlich noch was anfangen? Und doch waren das Handwerker, die bis zum zweiten Weltkrieg Bestandteil der Arbeitswelt waren. Verschwunden Beispiel Küfer Bier, Äpfel, Wein, empfindliche Agrarprodukte, kam tradiionell in Fässern. Zum Leertransport wurden diese auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt zum wiederbenutzen. Dann kamen die Metallfässer. Billiger, an ner Maschiene auch von nem angelerntem Arbeiter herzustellen, dafür auich nicht so haltbar. (verschmutzung) Heute sind selbst diese Fässer ne austerbende Gattung, kunstoff bzzw Tank zu Tank mit Schlauch ist jetz in. Für andere Güter nimmt man Plastikkisten, auch da brauchst kein Handwerk bei. Gut, Ressorcen werden zwar deutlich mehr verbraucht aber für den Augenblick alles deutlich billiger. Kluppe, windeisen, Biegefeder.... welcher "Klempner"Azubi lernt heute den Gebrauch? Plastik Lego Rohrsysteme, auch da brauchst kein Handwerker mehr um die ineinanderzuschrauben.Und günstigewr für den Kunden auch. alledings mit der Wiederverwertbarkeit ..... Löten? Schweissen? immer weniger, Kleben ist angesagt. Leichter zu verarbeiten und haltbarkeit genauso gut. (In immer mehr Bereichen)...... So alle 3 bis 4 Jahre stelle ich Flechthürden her (ca 50 STck), die Haselruten dazu fallen in den Hecken ab. Die Hürden stelle ich tradionell her( mit Transportloch für den Hirtenstab), achte jedoch auch auf ne optisch "gefälliges" Aussehen,. Die Hürden werden im Strassenrandverkauf angeboten und landen natürlich in (städischen) Gärten. Für ne einzellne Hürde brauch ich ca ne Stunde zur Herstellung. (Ich bin nicht geübt und achte auf die Flechtoptik). Der "Marktpreis" liegt bei 40 € pro Hürde. Ich habe keine direkten Materialkosten, aber der Erlös fliesst in den LW Gewinn mit ein, so bleiben für ne Stunde arbeit ca 26 e für mich. Wenn es noch ausreichend Schäfer geben würde, die dann auch noch ihre Herden einhürden würden, ( Welcher Dumsel würde sich im Zeitalter der Weidenetze mit den schweren Hürden rumplagen?) wären die Preise natürlich auch andere. Was müsste son Hürdenmacher heute wohl am Tag herstellen um bei den heutigen Abgaben, Beiträgen und notwendigen Versicherungen sein Auskommen zu haben? Schreiner, Tischler .. wer ist bitteschön bereit nen hohen vierstelligen Betrag für nen handwerklich gebauten Schrank zu zahlen. Gut da könnten dann die Kindeskinder noch was von haben, aber da ist der Modetrend eh nen anderer. Vor noch nichtmal hundert Jahren hatte der durchschnittliche Bürger drei bis fünf Kleidungstücke. (Plus Wäsche) Diese aber in einer handwerklichen Web und Schneiderqualität, das die Stücke in Notzeiten vom Pfandleiher angenommen wurden. Heute? Primark, Woolwortht Kik und Co. Viel zuviel Plastikmüll? Wir brauchen deutlich weniger Plastikverpackungen? Schade auch, Spankorbmacher, Korbflechter und co, einst handwerkliche Berufe, gibts leider nicht mehr sonst könnt man ja wieder "nachhaltige" Verpackungen herstellen statt die beschränkten Resourcen des Planeten für Müll zu verbrauchen. Meine Beispiele beziehen sich zar fast alle auf "ausgestorbene" Berufe, auch sehe ich natürlich Vorteile in modernen Materialien und Verarbeitungen, sehe aber auch deren teilweisen hirnrissigen Verwendungen in Bereichen, wo mit nachhaltigem und nachwachsenden Rohstoffen und handwerklichen Können jede Menge Müll und Resourcen eingespart werden könnte. Gut ne Tupperdose ist erstmal deutlich billiger als zb ne Holzdose mit Glasdeckel, zählt man aber die gesamten Kosten ( da hab ich als Verbraucher aber nicht direkt zu zahlen) ist das handwerkliche Gegenstück preiswerter. Erfordert allerdings auch mehr Sorgfalt beim Umgang.
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Geschafft ! 2025 werden wir mehr CO2 in der Luft haben wie der bisherige Höchststand vor3,3Mill Jahren. War bisher die heißeste Zeit der Erde
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#25
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Zitat:
Ich glaube, eine grosse Mehrheit hat immer noch nicht realisiert, dass kommende (nahe) Generationen da auf eine echte Katastrophe zusteuern. Und wir reden da nicht von Szenarien, die sich in Jahrhunderten abspielen, sondern (im besten Fall) in wenigen Jahrzehnten das gesellschaftliche Gefüge im Mark treffen werden. Wie Du richtig schreibst: anstatt mit Qualität, stopft sich die breite Masse den Kleiderschrank und die Schuhkommode lieber mit billigem Wegwerfzeugs voll. Und gleichzeitig ziehen ganze Heerscharen von Wanderameisen quer über den Planeten, auf der Suche nach immer günstigeren Produktionsländern, mit noch weniger Sozialstandards und hinterlassen dabei eine Spur der Verwüstung. Globalisierung sei Dank. Nachsatz: Und weißt Du, was mich dabei am meisten ankotzt: dass sich all die tollen Labels obendrein trotzdem ein schönes Nachhaltigkeits Mascherl umbinden, während sie 50.000 Näherinnen in zusammengetüdelte Bambus-Hochhäuser stecken und all ihre tollen Chemikalien einfach aus dem Fenster kübeln.
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Cheers, Ingo Geändert von Shearline (06.07.2017 um 10:17 Uhr) |
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