|
Selbstbauer von neuen Booten und solche die es werden wollen. |
|
Themen-Optionen |
#1
|
||||
|
||||
Bootshydrostatik am Beispiel eines Katamarans
Heute, bei Sturm, Regen und Kälte ist meine Bootsbaumotivation recht gering. Ob ich – außer zum Nachsehen – noch in die Werft gehe, weiß ich noch nicht.
Nun habe ich gestern und vorgestern, jeweil abends, einige Stunden damit verbracht, meiner Website zur Bootshydrostatik endlich die Fähigkeit zu verleihen, die Wasserlinienflächen auch für Katamarane richtig darzustellen. In der Entwicklung der Site hatte ich nur Einrumpfboote im Blickfeld, deshalb wurde bei einem Kat Unsinn angezeigt. Im Zusammenhang damit, dass vor Kurzem hier wieder die Rede von LCB, LCG, LCF usw. war, will ich diese Größen am "beinahe praktischen" Beispiel näher erläutern.
__________________
Gruß, Günter
|
#2
|
||||
|
||||
Zur Website und zum Kat
Die Grafiken auf der Website, die die Zusammenhänge anschaulicher machen sollen, sind recht grobe Pixelgrafiken und das macht vielleicht den Eindruck, dass auf der Seite auch nur grobe Rechnungen durchgeführt werden. Das ist aber nicht so. Der Rumpf (bzw. die Rümpfe) werden mathematisch dargestellt (modelliert), indem sie in senkrecht stehende "Stäbchen" mit einem rechteckigen Querschnitt von etwa 10 mm * 17 mm aufgeteilt werden (Raster). Das ergibt ein Zahlenfeld von mehr als vierzigtausend Werten (für eine Bootshälfte).
Bei den hydrostatischen Berechnungen wird für jedes einzelne dieser Stäbchen, für das ganze Boot sind es über 80.000, geprüft, ob, und falls ja, wie tief, es ins Wasser eintaucht und ob es sogar ganz untergetaucht ist. Das Ganze wird dann zusammengefügt und bildet die Grundlage für die angezeigten Zahlen und die Grafiken. Das erklärt, warum die Antwortzeiten der Seite manchmal mehrere Sekunden dauern. Wenn jetzt das Programm selbständig die Gleichgewichtslage des Bootes finden soll, muss die ganze Rechnerei x-mal durchlaufen werden, weil das nur über einen rechnerischen Annäherungsprozess (Iteration) funktionieren kann. Das dauert besonders lange und wenn man Bedingungen eingibt, die dazu führen würden, dass sich einer der beiden Rümpfe komplett aus dem Wasser hebt, hängt sich das Programm auf. Der Kat, der hier als Beispiel dient, ist der "ECO62", ein Motor-Hausboot-Katamaran von Bernd Kohler, den ich zur Zeit baue. Die Hydrostatik-Website mit diesem Kat kann man aufrufen unter: http://www.bootsphysik.de/booteco62.php Das sieht dann etwa so aus, wie auf dem Bild unten. Wenn du "mitspielen" willst, ist es günstig, wenn du auf einem weiteren Tab deines Browsers die Seite aufrufst, damit du sie besser sehen und auch Eingaben machen kannst. Das Umschalten zwischen den Tabs ist ja mit einem Klick getan.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:19 Uhr)
|
#3
|
||||
|
||||
über die Einrichtung der Seite
Zunächst die grobe Übersicht:
Die Grafik unten links ist recht gut erkennbar als Spantschnitt eines Katamarans. (Ein "Spantschnitt" ist jeder zeichnerische Schnitt quer (senkrecht) zur Längsachse eines Bootes, egal, ob an dieser Stelle tatsächlich ein Spant liegt, oder nicht.) Die Grafik unten rechts zeigt die Wasserlinie (korrekt: Wasserlinienfläche) des Katamarans. Die große Grafik oben zeigt nur eine Art waagrecht liegenden Balken, warum? Der Längsschnitt durch das Boot als ganzes wird an seiner Spiegelebene (Mittschiffsebene) gemacht und da liegt bei einem Katamaran eben nur das Brückendeck. Ich habe am mathematischen Modell ein bisschen gemogelt, was aber für die (normale) Hydrostatik keine Bedeutung hat. Die gesamten Aufbauten habe ich weggelassen, weil hier nur von Belang ist, was auch potentiell ins Wasser eintaucht. Und das Brückendeck habe ich etwas dicker gemacht, damit man es besser sieht; auch das taucht im normalen Bootsbetrieb nicht ein. Rechts ist die Spalte mit vielen Zahlen, Eingabefeldern und Klick-Buttons. Erstmal nur gucken, dann auch klicken, später dann Zahlen eingeben. Beginnen wir mal oben rechts mit dem "Rundgang". Der Bild-Ausschnitt zeigt eine Reihe von Buttons. unten: Ruhelage/Grundzustand setzen -> wenn man Eingaben gemacht hat und das Boot wieder in der aufrechten Ausgansposition haben möchte, klickt man hier. Eine veränderte Verdrängung bleibt aber erhalten. darüber: Neustart -> alle Veränderungen/Eingaben werden gelöscht, weil das Programm neu aufgerufen wird. Die Verdrängung ist auch wieder auf ihrem Ursprungswert. darüber: Reset -> hilft manchmal beim Plattmachen noch laufender Prozesse, wenn der Rechner sich bei der Geichgewichtssuche aufgehängt hat. Abbrechen mit Esc-Taste, dann Reset. (Der Server spielt aber nicht immer mit.) Mit dem Button Schnitte Bootsrumpf zeigen wird auf eine Darstellung umgeschaltet, die den überlagerten Längs- und Spant-Schnitten im Bootsbau gleicht, damit man eine bessere Vorstellung von der Rumpfform gewinnt. Mit dem gleichen Button, der jetzt Schwimmlage-Berechnung heißt, geht es wieder zurück zum Rechner.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:22 Uhr)
|
#4
|
||||
|
||||
Legende
Mit dem Button Legende anzeigen erzeugt man eine Erklärung der Linien und Punkte in den Grafiken.
__________________
Gruß, Günter
|
#5
|
||||
|
||||
angezeigte Daten (ohne vorherige Eingabe)
Was kann man an Daten bereits sehen, wenn sich die Seite gerade geöffnet hat?
Oben rechts die Hauptmaße des Bootes: Länge des Rumpfes und Breite des Rumpfes (gemessen an der längsten bzw. breitesten Stelle, nicht an der Wasserlinie), dazu die aktuelle Verdrängung (meist die Design-Verdrängung). Dazu der zu dieser Verdrängung gehörende, errechnete Tiefgang. (Für die "Verdrängung Volumen" wird Süßwasser angesetzt mit einer Dichte von genau 1,000 kg/dm³.) Die Masse des Bootes wird alltagssprachlich Gewicht genannt, ich werde aber in der Regel beim korrekten Ausdruck Masse bleiben. Wichtig: für hydrostatische Berechnungen wird der Tiefgang von einem fixen Punkt, meist dem Koordinatenursprung, hoch zur Wasseroberfläche gemessen. In Ruhelage ist das normalerweise auch der tiefste Punkt am Boot, weil man das Koordinatensystem so legt, dass der tiefste Punkt am Bootsboden die Höhe z = 0 hat, also die Basisebene geradeso berührt. Wenn das Boot aber vertrimmt ist, ist dieser hydrostatische Tiefgang nicht mehr automatisch die tiefste Stelle des Rumpfes!
__________________
Gruß, Günter
|
#6
|
||||
|
||||
die angezeigten Koordinaten
Jetzt wird es erstmal dröge, das Folgende lesen vermutlich in 26 Monaten 0,4 Personen, aber was soll's.
Schiffshydrostatik benötigt zwei Koordinatensysteme, darum kommt man nicht herum. Dazu ein paar Worte vorweg, mit denen ich ein solches Koordinatensystem anschaulich machen möchte für diejenigen, die wenig Übung damit haben (oder auch gar keine Ahnung). Wir denken uns eine leere Halle, deren Boden und Wände exakt eben und rechtwinklig zueinander gebaut sind und ziehen in der Mitte des Hallenbodens eine Linie von einer Stirnseite zur gegenüberliegenden. Mittig auf dieser Linie platzieren wir das Boot so, dass das Heck gerade an eine Stirnwand tippt und die tiefste Stelle des Rumpfes den Boden berührt. Die Wasserlinie des Bootes liegt genau parallel zum Hallenboden. Die Koordinaten in einem rechtwinkligen, kartesischen System haben die Formelzeichen x, y und z. Zu jedem Punkt am Boot gehört so ein Dreiersatz aus x, y und z. x ist der Abstand des Punktes zur Hallenwand, an die das Heck stößt, y der Abstand zur Mittelebene (eine gedachte, hauchdünne senkrechte Wand, die über der erwähnten Mittellinie steht und das Boot in zwei spiegelbildliche Hälften teilen würde) und z ist der Abstand des Punktes vom Hallenboden. All diese Abstände müssen immer genau senkrecht bzw. waagrecht gemessen werden und die Maßlinien laufen immer parallel zu zwei Wänden (bzw. zu Boden und Wand). Der Punkt B ist der Auftriebsmittelpunkt (B von Buoyancy = Auftrieb, der Punkt wird auch CoB = Center of Buoyancy, oder CB genannt.) Der Punkt G ist der Schwerpunkt des Bootes (Beladung, Bemannung usw. eingeschlossen) (G von Gravity = Schwerkraft, der Punkt wird auch CoG oder CG genannt). Also (siehe Bild unten) x, y, z mit dem Index B heißt, der Auftriebsmittelpunkt liegt 2716 mm vor der Stirnwand mit Heckberührung, er liegt 0 mm entfernt, also genau in der gedachten Mittelwand, und er liegt 158 mm über dem Hallenboden. Fast das Geiche gilt für den Schwerpunkt des Bootes G, nur, dass der 1500 mm über dem Hallenboden liegt. Zu den Koordinaten des erdfesten Systems, die gleich darunter stehen und im Moment die gleichen Werte zeigen, sage ich jetzt mal vorsichtshalber noch nichts.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:30 Uhr)
|
#7
|
||||
|
||||
Die Hebelarmkurve
So, der nächste Knopp, den man ohne vorherige Zahleneingabe betätigt, ist Hebelarmkurve.
Ein Klick fördert das untenstehende Bild zutage: das Brückendeck im Längsschnitt ist unbewegt, der Trimm ist also unverändert, Der Spantschnitt zeigt aber deutlich, dass das Boot gekrängt wurde. Oben rechts wird auch ein Krängungswinkel von 7° angezeigt. Die Grafik mit dem Wasserlinien wurde durch ein Diagramm ersetzt. Die Kurve darin geht steil nach oben (das ist ein typisches Merkmal der Katamarane) und endet kurz unterhalb von 600 mm. Jetzt muss man den Button Hebelarmkurve nochmal anklicken und, wenn die Antwort da ist, nochmal usw. bis das Diagramm gefüllt ist oder dessen Aussage sinnlos wird. (Dass das in Etappen geschehen muss, ist der Rechenzeit geschuldet, sonst macht der Server dicht.) Was sagt das Diagramm nun aus? Der Hebelarm ist ein Maß für das Rückstellmoment, mit dem das gekrängte Boot wieder in seine Ruhelage strebt. Schau dir den Spantschnitt an: der Hebelarm ist der Abstand zwischen den dünnen, senkrechten Linien in rot und blau. Das sind die Wirkungslinien der Auftriebskraft und der Gewichtskraft.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:34 Uhr)
|
#8
|
||||
|
||||
... Hebelarmkurve
Die nächsten Klicks auf Hebelarmkurve zeigen den weiteren Verlauf des Diagramms. Der Spantschnitt zeigt jeweils die Krängung des Winkels am Schluss des Schrittes.
Warum scheint die Kurve bei 15 ° Krängung geschrumpft zu sein? Ist sie aber nicht, die Skala links zeigt, dass die Kurve von knapp 600 mm auf über 700 mm gestiegen ist. (Der Maßstab des Diagramms passt sich der jeweiligen Kurvenhöhe automatisch an, sonst würde man mal kleines Gekrumpel kurz über der Null-Linie sehen und würde ein anderes Mal eine Kurve teilweise nicht sehen können, weil sie nach oben aus dem Bild gelaufen ist. Beides ist ja nicht informativ.) Das nächste Bild zeigt eine Krängung von 39°, man sieht im Diagramm, dass der Hebelarm fast auf Null geschrumpft ist, das Boot ist kurz vor dem Kentern. Der Spantschnitt zeigt ebenfalls, das die Wirkungslinien von B und G kaum noch einen Abstand haben. Wenn man genau hinsieht, ist auf der grünen Mittelachse (z-Achse), teils verdeckt durch den roten Bootsschwerpunkt G, ein violetter Kringel sichtbar, das ist das scheinbare Metazentrum (M), der Schnittpunkt zwischen z-Achse und der Wirkungslinie des Auftriebs (B). Die metazentrische Höhe ist die Distanz dieses Metazentrums vom Punkt G, gemessen entlang der z-Achse. Die metazentrische Höhe ist positiv, wenn M über G liegt, negativ, wenn G über M liegt. (In der Berufsschifffahrt, besonders der Seeschifffahrt, ist die metazentrische Höhe ein sehr wichtiges Stabilitätskriterium und es gibt Vorschriften über deren Mindestmaß.) Das letzte Bild zeigt den "quasi eingefrorenen" Kenterzustand: der Hebelarm ist negativ (Diagramm), die metazentrische Höhe ist negativ (das scheinbare Metazentrum ist jetzt gut sichtbar auf der z-Achse), die Wirkungslinie des Schwerpunktes liegt weiter draußen als der Aufgtriebsmittelpunkt. Das Boot schägt auf die Seite.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:43 Uhr)
|
#9
|
|||
|
|||
Hallo Günter,
danke für die Schulung, so kann ich vielleicht auch das Programm verstehen und nutzen. Kann man auch die Rumpfgeschwindigkeit des Katamarans berechnen? Grüße Max |
#10
|
||||
|
||||
Verdrängung verändern durch Entladen
Ein Klick auf Ruhelage/Grundzustand führt uns wieder an den Anfang. Die Hebelarmkurve ist verschwunden und die Krängung wieder auf Null gesetzt.
Jetzt verändern wir die Verdrängung, das geschieht durch "Beladen" des Bootes oder "Entladen". Wenn ein Crewmitglied oder Fahrgast an Bord kommt, heißt das auch "Beladen" des Bootes, ebenso, wenn eine Schlagpütz mit Wasser an Bord gehievt wird. Wenn nach einer Stunde Fahrt mit dem Verbrennermotor 40 kg Treibstoff verbraucht sind, ist das ein Fall von "Entladen" usw. Die erste Zahleneingabe. Rechts unterhalb der Mitte wird die Masse der Veränderung eingegeben. Die Input-Felder sind weiß hinterlegt, in das Feld Masse Zu-/Entladung geben wir die Zahl 445 ein, die halbe Bootsmasse (das Kilogramm als Maßeinheit ist fest vorgegeben). Die Input-Felder direkt darunter bleiben auf der angezeigten Null, was bedeutet, die Entladung erfolgt räumlich direkt aus dem Schwerpunkt G des Bootes. Der Button Entladen ist bereits eingefärbt, weil der (im Bild nicht sichtbare) Cursor darauf deutet. Der Klick auf Entladen führt zu einer veränderten Seite. Die Verdrängung (rechts oben) hat sich halbiert und entspricht etwa dem Leergewicht des Kats, der Teifgang hat sich dementsprechend auf 166 mm verringert, was man am deutlichsten an der Wasserliniengrafik am Heck sieht.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:46 Uhr)
|
#11
|
||||
|
||||
Leider nicht, Max. Bootsgeschwindigkeit ist ein Thema der Hydrodynamik. Bei der Hydrostatik, und nur darum geht es auf meiner Seite, steht eben alles still, Boot, Wasser, Luft.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (29.10.2017 um 21:25 Uhr)
|
#12
|
||||
|
||||
... und durch Beladen
Jetzt drehen wir die Sache um und beladen das Boot. Da die 445 kg im Inputfenster stehengeblieben sind, brauchen wir nur den Button Beladen klicken, um wieder auf dem Design-Masse von 890 kg zu sein und ein weiterer Klick bringt uns auf 1335 kg, weil wir damit nochmals 445 kg zugeladen haben.
Die Seite zeigt im Spantriss ein deutliches Einsinken und der Tiefgang beträgt jetzt 305 mm.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:47 Uhr)
|
#13
|
||||
|
||||
Verschieben von Massen auf dem Boot
Jetzt muss sich der Skipper mal wieder bewegen, damit Masse "verschoben" wird. "Verschieben" in diesem Sinne ist jede Veränderung des Ortes eines Gegenstandes (also einer Masse, die zur Bootsmasse gehört), auf dem Boot.
Wir nehmen an, das Boot sei in Ruhelage (Trimm und Krängung = 0), wenn der Skipper am Steuerstand sitzt. Zur Herstellung des Ausgangslage klicken wir auf Neustart. Danach laden wir 210 kg zu (gleiches Verfahren wie oben), damit wir auf eine Verdrängung von 1100 kg kommen, was vielleicht eine realistische Bootsmasse ist, wenn wir, wie sich bereits gezeigt hat, das Leergewicht um 100 kg höher ansetzen und noch eine um etwa 100 kg schwerere Beladung bzw. Ausrüstung (oder einfach als Sicherheitsmarge) einkalkulieren. Der Skipper (80 kg) soll also vom Steuerstand aufstehen und zur backbordseitigen Heckklampe gehen, dabei verschiebt sich sein Schwerpunkt in Längsrichtung (x-Richtung) um 4 Meter nach hinten (jede Verschiebung in Richtung Heck wird negativ gerechnet, = -4000 mm) und um 2 Meter in Querrichtung (y-Richtung) nach Backbord (positive Richtung = 2000 mm). Der Input sieht aus, wie unten im Bild dargestellt. Wenn man Masse verschieben anklickt, sieht man, wie sich die roten Punkte G im Längsriss und im Spantriss verschoben haben. Folgender Unterschied ist wichtig: die 80 kg des Skippers sind eine Teilmasse der 1100 kg des Bootes (Gesamtsystem Boot mit allem darauf). der Schwerpunkt der Gesamtmasse verschiebt sich natürlich weniger als der Schwerpunkt des Skippers. (Unten rechts bei den Koordinaten kann man die genauen Werte sehen. G ist in y-Richtung (Querrichtung, transversal) um 145 mm verschoben, in x-Richtung (Längsrichtung, longitudinal) um (2714 mm - 2425 mm =) 289 mm. Diese Koordinatenwerte werden auch so bezeichnet: LCG = 2425 mm (Longitudinal Center of Gravity) und TCG = 145 mm (Transversal Center of Grvity) genannt. Die Lage des Bootes ist zunächst beibehalten, damit man die Verlagerung von G in Ruhe ansehen kann, erst der nächste Schritt zeigt die Reaktion des Bootes.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (30.10.2017 um 14:51 Uhr)
|
#14
|
||||
|
||||
Reaktion auf die Masseverschiebung durch Lageveränderung
Das Boot reagiert auf die Verschiebung von G mit einer Änderung seiner Lage in der Weise, dass B wieder genau senkrecht unter G landet. Nur dann besteht ein Gleichgewicht.
Mit dem Klick auf Gleichgewichtszustand suchen (rechts unten) wird ein Iterationsprozess ausgelöst, der zur Anzeige der neuen Lage des Bootes führt (wenn er erfolgreich ist). Was man sieht, ist Trimm und Krängung in den Rissen und Zahlen (die Input-Fenster für die Winkel von Krängung und Trimm dienen auch als Ausgabefenster) und auch das leicht veränderte Wasserlinienbild.
__________________
Gruß, Günter
|
#15
|
||||
|
||||
Genial!
Wozu schlechtes Wetter doch gut ist...
BISLANG betrifft mich diese Problematik (noch) nicht, außer..... wenn sich das Programm auch auf unsymmetrische Katamarane anwenden ließe. Unsymmetrisch? Also ein Boot mit einem schmaleren Ausleger zur Stabilisierung. ( ich habe jetzt schon einige Bäume für mein nächstes Einbaumprojekt ausgesucht und warte nur noch auf das passende Unwetter...).
__________________
"Be strong, O paddle! be brave, canoe! The reckless waves you must plunge into. Reel, reel, On your trembling keel, But never a fear my craft will feel." von E. Pauline Johnson Geändert von kreuzberger (30.10.2017 um 17:37 Uhr) Grund: Einen mit meinen unförmigen Fingern versehentlich getippten Buchstaben eliminiert.
|
#16
|
||||
|
||||
Moin Günter,
eine ganz feine Arbeit, aber um ehrlich zu sein, "mir graut vor Dir" . Nur gut, dass es tausend Leute gibt, die tausend Sachen besser können als man selber. - gilt natürlich auch umgekehrt . Von daher wünsch ich Dir nach der theoretischen Durcharbeitung der Frage, warum und wie Dein Katamaranneubau schwimmen wird, dass er das auch im wirklichen Leben macht. Grüße Dietrich der jetzt erst mal ein schnödes Regal aufbaut
__________________
Feinblechner können machen aus feinen Blechen feine Sachen. ------------ Ich habe zu wenig Geld, um mir "billiges" Werkzeug kaufen zu können. ------------
|
#17
|
|||||
|
|||||
Zitat:
Wenn du deine Proa baust, schreibst du das entsprechende Programm für die Anwendung auf asymmetrische Boote, ich gebe dir dann Tips. Falls das Unwetter zur Bereitstellung der Einbäume zu lange ausbleibt, kannst du bei Bernd Kohler nach Proas oder Kataproa gucken.
__________________
Gruß, Günter
|
#18
|
|||||
|
|||||
Zitat:
kennst du die deutsche Multihull-Seite: http://www.multihull.de ? Da gibt es ein ganzes Kapitel über Proas und entsprechende Projekte, und das mal ausnahmsweise nicht auf englisch Unter dem Punkt Technik findet man auf der Seite auch eine Formelsammlung, die die wichtigsten für Multihulls relevanten Berechnungen zusammenfasst. Der Winter kommt, und Kreuzberger Nächte sind bekanntlich lang...
__________________
LG, Holger _\|/_ Das Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht _\|/_ Im Bau: Eco 65 classic "Galadriel" YachtClub Warnow e.V.
|
#19
|
||||
|
||||
Um den hydrostatischen Berechnungen für so ein Gebilde noch ein quäntchen mehr Herausforderung zu verleihen, würde ich dazu raten, auch noch einen möglichst bauchigen Hauptrumpf zu designen, der bei sich ändernder Krängung - insbesondere vom Ausleger weg - auch eine deutliche Änderung der Trimmlage einnimmt. Damit kann man einem verregneten Herbstwochenende locker das Schreckgespenst der Langeweile austreiben
__________________
Cheers, Ingo
|
#20
|
||||
|
||||
Vorgabe der Krängung
Man kann Krängung und Trimm über die Input-Fenster eingeben und sich mit dem Button Krängung/Trimm berechnen die Ergebnisse anzeigen lassen.
Die Eingabe eines Krängungswinkels von 11° mit anschließendem Klick führt zu folgendem Ergebnis (Bild). Die Wasserlinie zeigt, dass der Backbordrumpf nur noch mit den Bodenplanken eintaucht. Nach Vorgabe von Krängung und/oder Trimm ist das Ergebnis im Normalfall kein Gleichgewichtszustand! Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass im Spantriss die Wirkungslinien von G und B nicht übereinander liegen (TCG ungleich TCB), sondern weit voneinander entfernt. Interessant ist, dass auch im Längsriss die Wirkungslinien von G und B auseiandergegangen sind (LCG ungleich LCB), wenn auch vergleichsweise wenig. Wieso das, wir haben doch keinen Trimm eingegeben? Der Grund liegt darin, dass sich mit der Krängung B auch in x-Richtung (LCB) verschiebt. (Das wäre nur dann anders, wenn die Rumpfform von Vorschiff und Achterschiff in Bezug auf die Hauptspantebene spiegelgleich wären.)
__________________
Gruß, Günter
|
#21
|
||||
|
||||
Vorgabe des Trimms
Entsprechend kann auch der Trimm vorgegeben werden.
Ein bisschen willkürlich habe ich auch hier mal 11° genommen, das Ergebnis ist unten sichtbar. Es lassen sich eine ganze Menge von interessanten Sachen feststellen. Erstens bedeutet ein positiver Trimmwinkel, dass der Bug nach unten geht. (Umgekehrt bedeutet das, dass die übliche Erscheinung, dass ein Boot bei wachsender Geschwindigkeit die Nase hochschiebt, einen negativen Trimm zur Folge hat.) Zweitens sehen wir rechts oben einen negativen Tiefgang. Das heißt aber nicht, dass das Boot über dem Wasser fliegt, sondern nur, dass der Koordinatenursprung (der kleine, grüne Kringel am Kreuzungspunkt der grünen Koordinatenlinien x und z im Längsriss) oberhalb der Wasserlinie liegt. Drittens scheint der Spantriss anzuzeigen, dass das Boot kaum noch eintaucht. Der Spantriss stellt den Hauptspant dar, den Spant mit dem größten Querschnitt. Wo der liegt, ist im Längsriss an der dünnen violetten Linie zu sehen. Man sieht im Längsriss ganz gut, dass der Rumpf dort am Hauptspant nur wenig eintaucht, was die Darstellung des Spantrisses erklärt. Viertens zeigt die Wasserlinie einen merkwürdigen "Verbindungs-Balken" zwischen den Rümpfen im Bugbereich. Das ist der Teil der Wasserlinie, der durch das Eintauchen des Brückendecks entsteht. Der Bereich dicht am Steven ist hier nicht sichtbar, weil ein voll untergetauchtes Bootsteil keine Wasserlinie verursacht. Fünftens ist festzustellen, dass irgendein ausgewählter Winkel (im vernünftigen Bereich) als Trimmwinkel weit gravierendere Folgen für die Lage des Bootes hat, als der gleiche Winkel als Krängungswinkel. (zum Beispiel wäre eine Krängung von 3° sicherlich nicht wünschenwert und nicht komfortabel, aber das Boot sollte damit problemlos zu fahren sein. Ein Trimm von 3° würde jedoch bedeuten, dass das Vordeck so dicht über dem Wasser hängt, dass bei nur wenig Wellengang das Wasser andauernd auf Vordeck schwappen würde. (Bei einem Einrumpf-Segelboot ist das natürlich noch viel deutlicher.)
__________________
Gruß, Günter
|
#22
|
||||
|
||||
Hallo Günter,
ich hatte leider noch nicht genügend Zeit, mich mit der Seite zu beschäftigen. Ich habe aber mal "spaßeshalber" 2Tonnen zu geladen... Erstaunlicherweise schwimmt der CAT noch immer - nur daß es unter der Koje etwas plätschert... Mal sehen, wie Bernds "Gewichte" bis zum Bauende noch "ansteigen"... Ich hab mal die ~47% Mehrgewicht meines errechneten Rumpfgewichtes für das ECO 62 auf den ganzen Rumpf "draufgeschlagen" (400 kg...das wird es nie werden) ...und - in deinem Programm geht der Tiefgang gerademal auf 298 mm !! Sicher kann man mit dem Programm noch einiges mehr machen - Hochachtung erstmal von meiner Seite -, aber das wird erst für mich interessant, wenn die Staukästen mit Tanks, Batterien ... bestückt werden. Bis dahin muß der Taschenrechner zum Bauen reichen .
|
#23
|
||||
|
||||
LCG, LCB, LCF erläutert, erstmal wieder Theorie
Ich hatte ja am Anfang des Threads gesagt, dass auch die Bedeutung von LCG, LCB und LCF am Beispiel erläutern will. Nach dem gewohnt weitschweifigen Einführung, kommt das jetzt mal dran.
LCG ist die Längskomponente des "Center of Gravity", also die x-Koordinate des Schwerpunkts. Um für Ungeübte wieder das Bild von der Halle zu verwenden, das ich weiter oben zum Thema Koordinatensysteme bereits eingeführt habe, ist LCG der Abstand, den der Schwerpunkt des Bootes von der Hallenwand hat, an die das Heck anstösst. LCB ist entsprechend die x-Komponente des Auftriebsmittelpunktes B, LCF ist die x-Komponente des "Center of Flotation" (CF). Wenn ein Boot mit frisch lackiertem Rumpf länger im Wasser liegt, zeichnet sich ja ringsum mit der Zeit dort, wo sich Rumpf und Wasseroberfläche treffen, ein Schmutzrand ab. Das ist die vielleicht sinnfälligste Erklärung für die Wasserlinie. Nun ist zwar der Schmutzrand recht beharrlich, bis er beseitigt wird, aber die Wasserlinie ändert sich mit der Schwimmlage des Bootes. Die Wasserlinie eines Bootes besteht immer aus einer geschlossenen Kurve oder aus mehreren geschlossenen Kurven (Katamaran, Trimaran usw.). (Geschlossen ist die Linie des Buchstabens O, nicht geschlossen ist die Linie des Buchstabens U.) Die Fläche, die von der Wasserlinie eingeschlossen wird, ist die Wasserlinienfläche (Waterline Plane). Wenn man irgendeine Fläche aus Pappe ausschneidet und es schafft, diese auf einer Nadelspitze auszubalancieren, ist die Nadel am Flächenschwerpunkt. Im Fall der Wasserlinienfläche ist die Nadel am "Center of Flotation" CF, auf deutsch: Wasserlinienschwerpunkt.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (31.10.2017 um 21:45 Uhr)
|
#24
|
||||
|
||||
Bedeutung des CF und seine stete Veränderlichkeit
Was bedeutet nun CF? Ich wollte ja Praxisbeispiele liefern. Also das Boot liegt in der Box mit dem Heck zum Steg und es werden auf dem Achterdeck 400 kg Reiseproviant abgesetzt (ein bisschen reichlich, aber dann ist das Ergebnis deutlicher). Vom Schwerpunkt des Provianthäufleins zum CF ziehe ich eine gedachte Gerade und, entlang der Wasseroberfläche, durch den CF eine weitere Gerade, die im rechten Winkel zur ersten verläuft: das ist die "Drehachse" für den veränderten Trimm, der sich aus der Beladung mit Proviant ergibt.
Wenn wir annehmen, dass das Provianthäuflein in der Mitte des Achterdecks liegt, liegt die erste Verbindungslinie (Schwerpunkt Proviant zum CF) in der Mittschiffsebene, die Gerade im rechten Winkel dazu liegt also in einer Spantebene auf der Wasseroberfläche. Unten ist der Startbildschirm zusehen, dann das Ergebnis der Zuladung (rechts die Eingaben in die weißen Input-Felder, danach Klick Zuladen, dann Klick Gleichgewichtszustand suchen). Man sieht am Ergebnis zweierlei: die Lage von CF hat sich leicht zum Heck hin verschoben und die grüne, gekippte x-Achse zeigt am CF die "richtige" Tiefe, nämlich grafisch knapp 4 kleine Kästchen unter der Wasserlinie. Das bedeutet, dass der Teil des Rumpfes achtern von CF bei der Zuladung eingesunken ist, der Rumpfabschnitt zwischen CF und Steven hat sich aus dem Wasser gehoben. Wer genau mit dem Startbildschirm vergleicht, wird feststellen, dass x dort nur drei kleine Kästchen unter der Wasserlinie lag. Warum? Wenn man über Neustart die Ausgangslage wieder herstellt und dann die 400 kg Proviant ohne Längendistanz zu G zulädt, so, dass es keinen Trimm erzeugt, sieht man, dass der neue Tiefgang zur Verdrängung 1050 kg + 400 kg = 1450 kg knapp vier Kästchen beträgt. CF ist ein "Momentanwert", der sich bei Bewegungen des Bootes laufend ändert. Es hängt von der Rumpfform ab, ob diese Änderung sehr gering ist, fast unmerklich, oder ob sie sehr stark ausgeprägt ist.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (01.11.2017 um 09:27 Uhr)
|
#25
|
||||
|
||||
Die Drehachse geht immer durch CF
Das, was ich am Beispiel einer "einfachen" Zuladung, die nämlich nur den Trimm verändert, beschrieben habe, gilt für jede Bewegung des Bootes. Wenn ich also das besagte Proviantpaket an einem beliebigen anderen Punkt des Bootes abstelle, der nicht in der Mittschiffsebene liegt, geht die Drehachse der Bewegung, die dann sowohl Trimm, als auch Krängung verändert, wieder durch CF. Und sieht liegt im rechten Winkel zur Verbindungslinie der zugeladenen Last und dem CF.
LCF, Longitudinal Center of Flotation, ist das Entfernungsmaß des CF vom Nullpunkt am Heck entlang der (bzw. parallel zur) Mittellinie bis zum CF gemessen. Dazu gehört das TCF, Transversal Center of Flotation, das ist das Maß in Querrichtung von der Mittelachse aus gemessen zum CF.
__________________
Gruß, Günter Geändert von Heimfried (31.10.2017 um 23:40 Uhr)
|
|
|
Ähnliche Themen | ||||
Thema | Autor | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Schiffshydrostatik am Beispiel eines kleinen, leichten Bootes | Heimfried | Selbstbauer | 18 | 23.12.2016 15:48 |
Die "Genähte Bauweise" am Beispiel eines Kajaks | Simpelboot | Selbstbauer | 18 | 10.12.2009 16:03 |
Daran sollten sich deutsche Händler mal ein Beispiel nehmen. | Gerd1000 | Allgemeines zum Boot | 31 | 05.11.2003 10:12 |
Air France Flüge billig ersteigern (Beispiel Martinique) | Info | Kein Boot | 2 | 17.10.2002 09:20 |